Freitag, 31. August 2012

Post-Truth

Von Stefan Sasse

In meinem gestrigen Artikel "Seifenblasenwelten" schrieb ich über die Enstehung abgeschlossener Informationsblasen, in denen man sich nicht mehr mit der Außenwelt auseinandersetzen muss. Diese Seifenblasen ermöglichen eines der erstaunlichsten Phänomene des aktuellen US-Wahlkampfs, das von Progressiven als "post-truth" umschrieben wird: das völlig ungestrafte und völlig ungenierte Lügen und Verdrehen von Fakten. Das überrascht auch auf den zweiten Blick, denn im Gegensatz etwa zu deutschen Wahlkämpfen sind in den USA die so genannten "fact checkers" hoch im Kurs: mehr oder minder neutrale Institutionen, die Reden und Werbespots daraufhin abklopfen, ob die Aussagen - etwa über politische Gegner oder eigene Leistungen - der Wirklichkeit entsprechen. Aus den Wahlkämpfen sind sie nicht mehr wegzudenken, und trotzem besticht gerade die Strategie der Republikaner dadurch, grobe Lügen aufzutischen und damit durchzukommen. Ohne die Seifenblasenwelten wäre das überhaupt nicht denkbar. Beispiele? Die konservative "Birther"-Bewegung stellte die Behauptung, dass Obama gar kein Amerikaner, sondern Kenianer sei, so lange und so verbissen auf, bis Obama in einem Akt der Kapitulation seine Geburtsurkunde veröffentlichte. Das brauchte die Behauptung aber nicht zum Erliegen. Stattdessen behauptet die Bewegung einfach, die Urkunde sei gefälscht. Und dann haben wir da Paul Ryan. 

Donnerstag, 30. August 2012

Seifenblasenwelten

Von Stefan Sasse

Man kann den deutschen Medien vieles vorwerfen. Dass sie zu ungeheurer Sensationslust neigen, mangelhaft recherchieren und, vor allem, einen gewaltigen Grundkonsens teilen, was die Agenda-Politik betrifft. Ich habe schon öfter darauf aufmerksam gemacht, dass die "Gegenöffentlichkeit", die sich inzwischen gebildet hat, diesen Grundkonsens deutlich erschüttert hat (ebenso wie die Vorgänge der Finanzkrise). Inzwischen finden sich deutliche Abweichungen in den meisten gängigen Medien, von den Kolumnen bei SpiegelOnline bis hin zum Feuilleton der FAZ. Ein Phänomen allerdings fehlt der deutschen Medienlandschaft bislang, glücklicherweise, noch vollständig. Es ist das Phänomen Fox News. Der amerikanische TV-Sender ist wohl das erfolgreichste Gegenöffentlichkeits-Projekt, das sich denken lässt. Jahrenlang beschwerten sich die amerikanischen Konservativen über die Parteilichkeit in den Medien, den "liberal bias". Alles an der Medienwelt war ihnen zu liberal, zu weit weg vom "echten Amerika", ganz besonders natürlich Hollywood. Jetzt gibt es einen Fernsehsender, der so unliberal ist, wie es unliberal geht. Es gibt passende Radioshows (Rush Limbaugh oder Glenn Beck). Wer tickt wie die Tea Party, der braucht keine anderen Medien mehr, er wird rundumversorgt. Diese konservative Medien filtern außerdem heraus, welche Elemente der Welt da draußen sicher sind - nicht, dass man in einem aktuellen Hollywoodblockbuster am Ende subversivem liberalem Gedankengut ausgesetzt wird, wie etwa in The Dark Knight Rises wo der Bösewicht ganz klar nur deswegen Bane genannt wurde, damit negative Assoziationen zu Mitt Romneys Firma Bain Capital geweckt werden. 

Mittwoch, 29. August 2012

Rudolf Dressler im Interview (2010)

Von Stefan Sasse

Immer noch aktuell. Allerdings denke ich, dass Dressler und Detjen übersehen, dass das alte Arbeitnehmermilieu so nicht mehr existiert.


Montag, 27. August 2012

The day after - Krisenkommunikation bei den Konservativen

Von Stefan Sasse

Die Krisenkommunikation zur Euro-Rettung gleicht dieser Tage einer wahren Kakophonie. Jens Weidmann, seines Zeichens Bundesbankchef, beschwört den Untergang des Abendlandes, wenn die EZB mit der Rückendeckung aller anderen Staaten tatsächlich Staatsanleihen aufkauft um die Zinsen zu stützen. CSU-Generalsekretär Dobrindt und sein Chef Seehofer kritisieren lautstark Merkels Krisenpolitik (die sie im Bundestag unterstützen) und fordern den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Aus allen Ecken und Enden des konservativen Spektrums entlädt sich ein wahres Sperrfeur an Warnrufen und Forderungen gegen den neuen Rettungskonsens Mario Draghis, dem sich inzwischen alle Euro-Staaten außer Deutschland angeschlossen haben. Michael Spreng vergleicht das mit einem Haufen Hühner. In Wahrheit steckt System dahinter. Die Protagonisten haben sich längst mit den aktuellen Rettungsmaßnahmen abgefunden. Der strikte Austeritätskurs, den Deutschland propagiert hat, ist nicht durchzuhalten. Das Heraushalten der EZB in der luftigen Höhe des ordnungspolitischen Elfenbeinturms ist vorbei. Die marodierenden Zinsen Italiens, Spaniens und Portugals sind nicht mehr zu tolerieren. Das alles ist auch den Querschützen bewusst. Warum also trotzdem dieses rhetorische Sperrfeuer aus allen Rohren? 

Freitag, 24. August 2012

Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt - unsere Kinder

Von Christian Sickendiek

In diesen Tagen jähren sich die fremdenfeindlichen Übergriffe von Rostock-Lichtenhagen. Während andere, ähnliche Vorfälle in Vergessenheit geraten sind, die NSU praktisch keine Konsequenzen nach sich gezogen hat, bleibt Rostock-Lichtenhagen den Menschen besonders im Gedächtnis. Der Grund: Während Menschen um ihr Leben fürchteten, sie gejagt wurden, ihre Wohnungen in Brand gesteckt wurden, klatschten rund 3.500 Anwohner den Rechtsradikalen Beifall und skandierten "Zugabe!".

Das Dritte Reich ist kein dunkles Kapitel in unserer Geschichte, sondern in den Köpfen der Menschen noch immer weit verbreitet. Umfragen zufolge können sich rund 20% der Menschen in diesem Land vorstellen, eine fremdenfeindliche Partei zu wählen. Der Osten Deutschlands ist für Migranten eine No-go-Area: In den neuen Bundesländern sind rund 1% der Bürgerinnen und Bürger fremd aussehend, während es im Westen rund 18% sind. Den größten Erfolg feiern NPD & Co. nicht in der Tatsache, in den einen oder anderen Landtag eingezogen zu sein, sondern darin, dass Ostdeutschland praktisch von weißen Deutschen bevölkert wird. Der weiße Arier hat in Ostdeutschland noch die Herrscherkrone auf.

Donnerstag, 23. August 2012

Darf man Begriffe benutzen, die bisher der Beschreibung der Verhältnisse in der Nazizeit vorbehalten waren?

Von Stefan Sasse

Unter dieser Überschrift fragten die NachDenkSeiten rhetorisch am 4. Juni nach. Dass ich den Artikel so lange mit mir herumschleppe, hat seine Gründe, denn die Beantwortung der Frage ist alles andere als einfach. Konkret geht es den NachDenkSeiten hauptsächlich um den Begriff der "Gleichschaltung", mit dem sie den großen, übergreifenden Reformkonsens in den Medien beschreiben. Weitere verwendete Begriffe sind "Stürmer-Methoden" (BILD) und "völkisches Denken" für den Rassismus, der besonders mit der Euro-Krise wieder salonfähig wurde. Die Frage wurde von den NachDenkSeiten eher rhetorisch gestellt und auch gleich beantwortet: ja, man darf es verwenden, und die Tabuisierung hat nur dazu geführt, dass diese Methoden quasi unter dem Deckmantel der political correctness salonfähig wurden und nicht als das benannt werden dürfen, was sie sind. Ich möchte dieser Argumentation widersprechen, aus zwei Gründen. Der eine ist eine verkappte Zustimmung zum letztgenannten Punkt, während der andere tiefer geht. Ich möchte daher mit dem ersten beginnen, der sich pragmatischer gebärdet und schlicht der politischen Kommunikation entstammt: Nazi-Vergleiche sind ein Verliererthema. Immer. Wer den Nazi-Vergleich benutzt, verliert (ich habe dazu bereits geschrieben). Es ist deswegen in höchstem Maße ratsam, von der Benutzung abzusehen. 

Dienstag, 21. August 2012

Vereinbarkeit von Familie und Beruf - Die Lebenslüge einer Gesellschaft

Von Stefan Sasse

Anne-Marie Slaughter war so eine Art Vorzeigefrau des amerikanischen Feminismus. Sie war Planungschef im Stab von Außenministerin Hillary Clinton - eine extrem anspruchsvolle Aufgabe, entscheidend in den Abläufen von Politik. Sie war die erste Frau auf dem Posten. 2011 ist sie zurückgetreten, zugunsten einer Professorenstelle in Princeton. Weder vom Anspruch, noch von den Arbeitszeiten, noch vom Gehalt her war dieser Schritt ein besonders schwerer Bruch. Schwer war vielmehr die Begründung, die sie in einem Gastartikel des "Atlantic" gab. Die Überschrift: "Why Women Still Can't Have It All". Darin erklärt sie, dass sie es nicht länger habe ertragen können, die Beziehung zu ihren Kindern und auch ihrem Mann so verkümmern zu sehen und dass Frauen damit eben mehr Probleme hätten als Männer, weswegen sie eben immer noch nicht "alles" haben könnten, Familie und Beruf. Der Artikel hat hohe Wellen geschlagen, viele Feministinnen betrachteten ihn als Verrat - was Quatsch ist, denn eine Professorin in Princeton ist nicht gerade ein Feigenblattposten, um eine Rückkehr hinter den Herd zu verbergen (Kommentar Slaughter: "I can't even cook"). Um eine Argumentation à la Hermann geht es Slaughter offensichtlich nicht. Sie lamentiert eigentlich nur, dass die aufreibenden Top-Jobs an der Spitze von Unternehmen oder Staaten für Frauen nicht mit einer Familie vereinbar seien. Und genau an dieser Stelle ist der Knackpunkt, denn sie sitzt der Lebenslüge einer ganzen Gesellschaft auf und verbreitet sie weiter, der Lebenslüge, die die Familienpolitik der letzten zehn Jahre geprägt hat: dass Familie und Beruf überhaupt "vereinbar" seien.

Montag, 20. August 2012

Ein Echo von Weimar - Bundeswehr im Inland

Von Stefan Sasse

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Inlandseinsätze der Bundeswehr im Falle einer Extremsituation, die den Bestand der BRD oder einer ihrer Bundesländer bedroht erlaubt, hat hohe Wellen geschlagen. Die Erlaubnis als solche wäre eine Katastrophe, denn das Schreckensszenario einer Bundeswehr, die à la Heiligendamm 2007 eingesetzt wird um unliebsame Prosteste im Inland zu unterdrücken verursacht Magenschmerzen der heftigsten Sorte. Allein, die Aufregung ist nicht angebracht. Das Urteil aus Karlsruhe hat für den politischen Alltag wenig verändert. Das mag auf den ersten Blick überraschen. Aber die Richter haben mit ihrer Definition einer möglichen Einsatzsituation bereits klare Schranken eingezogen und auch befunden, dass eine Demonstration, selbst wenn sie außer Kontrolle geraten und von der Polizei nicht bewältigt können werden sollte, den Einsatz nicht rechtfertigt. Als politische Waffe ist die Bundeswehr damit nicht zu gebrauchen. Die einzige Situation, in der ich mir so etwas vorstellen könnte, wäre ein bewaffneter kommunistischer Umsturz oder etwas ähnliches - und das ist so irreal, dass man nicht einmal darüber nachdenken muss. "Wehret den Anfängen!" werden jetzt wahrscheinlich einige rufen. "Das ist ja erst der Anfang!" Und ist es nicht auch so, dass es im Ermessen der Bundesregierung liegt, diesen Einsatzfall festzustellen? Ja, sicher. Trotzdem ist das alles nicht dramatisch. 

Freitag, 17. August 2012

Deutschland sucht keinen SPD-Kandidaten

Von Stefan Sasse

Das wäre einmal eine TV-Show: eine riesige Bühne, drei großmäulige Juroren, drei großmäulige SPD-Kanzlerkandidaten, und kein Publikum und keine Einschaltquote. Wäre das taktische Dilemma, in das die SPD sich hat hineinmanövrieren lassen eine TV-Show, sie würde so aussehen. Die Juroren wären die Medien, die mit den üblichen obskuren Formulierungen ihre eigenen Meinungen und Wünsche hinter "in der SPD mehren sich Stimmen" oder "Zustimmung für [Kandidat] wächst" verstecken. Die Kandidaten wären, nun ja, Steinmeier, Steinbrück und Gabriel. Die leeren Stühle im Publikum und die nicht vorhandene Einschaltquote wären die Chancen der SPD, Angela Merkel als Kanzlerin abzulösen. Die allgemeine intellektuelle Qualität des Formats wäre entsprechend dem Stand der politischen Debatte in Deutschland. Aber glücklicherweise ist die SPD-Kandidatenkür ja keine solche Show, weswegen wir davon verschont bleiben. Das aktuelle Problem der Sozialdemokraten wird von ihren drei Kandidaten aber geradezu verkörpert: es ist ein kalter Krieg der Flügel, der aus Parteiräson nie ausbrechen durfte und beständig schwelt. Nach der Wahlniederlage 2009 schien es unbedingt nötig zu sein, die Reihen geschlossen zu halten, eine Aufgabe, die gelungen ist. Der Preis dafür ist die 30%-Marke, die die SPD in Umfragen konsequent verfehlt. Man mag sich nun am Kopf kratzen: welcher Kalte Krieg der Flügel? Habe ich etwas nicht mitbekommen? Ausgerechnet die SPD, die ihre Hoffnung, die "Mitte" in Deutschland zu repräsentieren, inzwischen geradezu zu einem pathologischen Fall gemacht hat? Oh ja. 

Mittwoch, 15. August 2012

Artikelhinweis

Von Stefan Sasse

Anstatt was selbst dazu zu schreiben verlinke ich nur mit einem großen ! auf diesen Artikel: klick

Dienstag, 14. August 2012

Der Knappheits-Defekt

Von Marc Schanz

Der Markt ist eine Arena des Kampfes. Es wirkt harmlos, wenn die anonymen Massen zum Einkauf in die Konsumtempel strömen, aber in Wahrheit sind es Krieger auf dem Weg zur Front. Gekämpft wird mit allen Mitteln, bis zum bitteren Ende, bis Liquidität fließt. In den glitzernden Shops stehen sich die Kontrahenten gegenüber: die Händler, die mit kalter Skrupellosigkeit und unbarmherziger Brutalität ihren Gewinn maximieren, und die Kunden, die ihr teures Geld mit Zähnen und Klauen verteidigen. Ein Kauf auf dem Markt ist ein darwinistischer Kampf um das Geld, bei dem der Stärkere gewinnt.
Dieser martialische Kampf lässt sich sehr schön am altertümlichen Feilschen beobachten. Es wird gekämpft, getrickst und getäuscht. Die Kontrahenten feilschen solange, bis der Verlierer endgültig fest steht und in seine Niederlage einwilligt.

Montag, 13. August 2012

The man on the ticket

Von Stefan Sasse

Es muss eine gewisse Euphorie in den Wahlkampfzentralen der Demokraten geherrscht haben, als Mitt Romney an diesem Wochenende seinen Vizepräsidentschaftskandidaten verkündete. Vor der geschickt gewählten Bühne des alten Schlachtschiffs "Wisconsin" verkündete er erst fälschlich den "nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten" statt dem nächsten Vizepräsidenten, doch die Begeisterungsstürme kannten trotzdem kein Ende: der Mann, der in jugendlichem Elan auf die Bühne joggte war kein anderer als Paul Ryan. Das ist eine Wahl, die überrascht, und eine Wahl, die aller Wahrscheinlichkeit nach Obamas Wiederwahl einen guten Schritt nach vorne gebracht hat. Paul Ryan ist der Darling der Tea-Party-Bewegung und quasi eines ihrer seriöseren Aushängeschilder (in einem Sinne in dem Rainer Brüderle ein seriöses Aushängeschild der FDP ist). Auf ihn geht der berüchtigte Haushaltsplan zurück, der bereits während der Vorwahlen für Furore sorgte. Ryans Plan sieht gigantische Ausgabenkürzungen vor, vor allem im Bereich der in den USA ohnehin nicht sonderlich ausgebauten Sozialsysteme. So will er etwa Medicare effektiv abschaffen und durch eine nicht näher definierte private Einrichtung ersetzen, wodurch voraussichtlich Millionen Rentner ihre Krankenversorgung verlieren würden. Der einzige Bereich, in dem Ryan mehr ausgeben will als bisher ist, erwartungsgemäß, das Militär. Was bewog Romney, einen solchen Extremisten zu seinem Vizrepräsidentschaftskandidaten zu machen?

Donnerstag, 9. August 2012

Ein Branche am Pranger

Von Christian Sickendieck

Vodafone erlebt auf Facebook derzeit einen Shitstorm, der es in den letzten Tagen bereits in die etablierten Medien geschafft hat. Wenn man sich allerdings die Kommentare anschaut, steht nicht Vodafone am Pranger, sondern eine gesamte Branche - immer wieder wird darauf verwiesen, dass die angesprochenen Probleme nicht nur Vodafone betreffen, sondern auch alle anderen Anbieter wie die Telekom, O2 und E-Plus.

Die einfachste Lösung wäre es nun, in das Geheul der Wölfe mit einzustimmen. Dafür war ich noch nie der Typ. Vielmehr möchte ich der Gesellschaft ein "Selbst schuld" und den Kunden ein "Lest Eure Verträge" zurufen.

Dienstag, 7. August 2012

Sippenhaft

Von Christian Sickendieck

Die deutsche Ruderin Nadja Drygalla hat das Olympische Dorf verlassen und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Dies geschah, weil ihre Beziehung zu dem Rostocker Neonazi und NPD-Politiker Michael Fischer bekannt geworden ist. Nun wird an vielen Stellen "Sippenhaft" geschrien. Dabei ist der Schritt richtig und konsequent: Drygalla hätte gar nicht nach London mitreisen dürfen.

Laut Medienberichten führen Drygalla und Fischer bereits eine langjährige Beziehung, nach einem Gespräch mit dem Innenministerium hat sie sogar den Polizeidienst aufgegeben. Eine langjährige Beziehung führt man nicht mit einem Menschen, dessen Ideologie man nicht teilt. Ich halte es für gefährlich, von politischer Einstellung zu sprechen. Rechtsextremismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen, eine zutiefst menschenverachtende Ideologie.

Donnerstag, 2. August 2012

Die Geschichte des "Supreme Court of the United States", Teil 3/3

Von Stefan Sasse


Dies ist der dritte und letzte Teil einer Serie zum "Supreme Court of the United States". Teil 1 und Teil 2 findet sich hier und hier. Darin wurde skizziert, wie der Supreme Court sich seine eigene Jurisdiktion schuf, die Frage der Sklaverei zu beantworten versuchte und in nie gekannte Tiefen abrutschte, indem er die Rassentrennung legalisierte. Danach verhinderte er lange Jahre eine Sozialgesetzgebung in den USA, ehe er unter Roosevelt mit liberalen Richtern besetzt  wurde und die New-Deal-Maßnahmen passieren ließ. In den 1950er und 1960er Jahren wurden zahlreiche Urteile gefällt, die die Bürgerrechtsbewegung entscheidend voranbrachten und die politische Landschaft der USA bis heute prägen. Seit dem Rücktritt Earl Warrens 1969 ist allerdings eine graduelle Rechtsverschiebung wahrnehmbar, die mit Ronald Reagans Regierungsantritt 1981 stark zunehmen sollte.

William Rehnquist
Der auf Burgers Rücktritt 1986 folgende Rehnquist-Court war einer der konservativsten Gerichtshöfe der letzten Jahrzehnte. Viele seiner Richter wurden von Ronald Reagan ernannt, und einige von ihnen sind heute noch aktiv. Interessanterweise sind einige sehr liberale Entscheidungen in seiner Zeit gefallen ein Zeichen dafür, dass die Richter tatsächlich sehr unabhängig von den Politikern sind, die sie ernennen. So erlaubte der Supreme Court explizit das Verbrennen von US-Flaggen unter dem ersten Verfassungszusatz (Texas v. Johnson, was zu einer bis heute bestehenden Bewegung für die Einführung eines Verfassungszusatzes, der Flaggenverbrennungen verbietet, führte), verbot öffentliche, von Schülern geführte Schulgebete (Lee v. Weisman), legalisierte Abtreibungen auch nach dem dritten Monat, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist (Stenberg v. Cahart) und erlaubte Sodomie (Lawrence v. Texas). Ebenfalls in diese Reihe gehört Grutter v. Bollinger, eine Entscheidung, die die Praxis der affirmative action, also der bevorzugten Einstellung von Schwarzen, legitimierte.

Weiter geht's auf dem Geschichtsblog. 

Risse im G8-Fundament

Von Herbert Danziger

Im aktuellen Tagesspiegel schreibt Marion Rück-Raab, dass das achtjährige Gymnasium - G8 - sich inzwischen bundesweit in der Kritik befindet und immer mehr Länder eine Rückkehr zu G9 überlegen oder alternativ das G9 an größeren Schulen anbieten. Immer wieder wird die extrem hohe Arbeitsbelastung angebracht, die G8 mit sich bringt - 40-Stunden-Wochen für die Schüler, beispielsweise. Selbstverständlich wurden auch einige gute Aspekte im Rahmen der G8-Reformen eingeführt, die man nicht zu kurz kommen lassen sollte, etwa die Profilwahl zum Ende von Klasse 7 oder die Reduzierung der Test auf vier bzw. zwei pro Schuljahr und die Stärkung von anderen Leistungsbeurteilungen wie den GFS (die praktisch alles sein kann, aber vom Aufwand her einem Test entsprechen muss). Problematisch bleibt aber die gewaltige Stoffmenge, die G8 den Schülern aufbürdet. Denn der Stoff, der vorher in neun Schuljahren bewältigt werden musste steht nun größtenteils ungekürzt in acht Schuljahren an. Dies führt zu einigen Effekten, an denen bereits seit mehreren Jahren herumgedoktort wird, ohne dass ein Durchbruch hätte erzielt werden können - was kaum verwundert, ist doch die Grundidee mit einigen entschiedenen Makeln behaftet. 

Mittwoch, 1. August 2012

Ein potenzieller Gamechanger

Von Stefan Sasse

Mitt Romney (Symbolbild)
Mitt Romneys Weigerung, seine Steuerbescheide zu veröffentlichen, ist eine dauerhafte Belastung für ihn im Wahlkampf. Das bisschen, das er bisher veröffentlicht hat zeigt, dass er mit rund 15% einen deutlich niedrigeren Steuersatz zahlt als seine Sekretärin, um den beliebtesten Vergleich zu verwenden. Bisher weigert sich Romney standhaft, die Abrechnungen der letzten Jahre zu veröffentlichen - man kann trotz seines Versuchs, sich mit dem Argument der Prinzipienfestigkeit à la "Was geht das Obama an?" die Lufthoheit zu verschaffen davon ausgehen, dass diese ihn nicht gut aussehen lassen. Seit Wochen läuft das Spielchen so ab, dass die Demokraten fordern, er möge sie herausgeben, und das Romney-Team eisern schweigt und Standardfloskeln ablässt, wohl in der Hoffnung, dass dem Thema die Puste ausgehe. Das ist aber erkennbar nicht der Fall. Seit den Vorwahlen schleppt sich das Thema von Romneys Steuern nun schon durch den Wahlkampf, ebenso wie seine Vergangenheit bei Bain Capital, die er ebenfalls nicht einfach wegschweigen kann, wie er dies ursprünglich wohl geplant hatte, oder einfach als Neid-Debatte gegen das Obama-Team richten. Nun aber haben die Demokraten den Einsatz noch einmal schwer erhöht: der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Harry Reid, hat verkündet, dass ein Bekannter bei Bain Capital ihm gesteckt habe, dass Romney in den letzten zehn Jahren überhaupt keine Steuern bezahlt habe.