Von Stefan Sasse
In Anbetracht des Eindrucks, den seine Worte bezüglich des Bundeswehreinsatzes für offene Handelswege gemacht haben, ist Köhler gerade zurückgetreten. Ich muss sagen, ich bin beeindruckt. Damit hätte ich wahrlich nicht gerechnet. Damit beweist er immerhin ein wenig persönliche Integrität, die er, sagen wir es höflich, in letzter Zeit hat vermissen lassen. Wir dürften bald wieder mit Artikeln überschwemmt werden, in denen seine ach so gute politische Führung gepriesen wird. Lassen wir die gerade noch mal Revue passieren, ehe wir uns den Konsequenzen des Rücktritts zuwenden.
Köhler hat einige Punkte auf der Haben-Seite, unter anderem zwei verweigerte Unterschriften gegen verfassungsfeindliche Gesetze. Umstritten war bereits seine Entscheidung, Schröders Neuwahlbegehren nachzugeben, und ein überparteilicher Bundespräsident war er wahrlich nie; er war immer fest auf der Seite von schwarz-gelb - das macht ihn altmodisch. Seine Rolle als IWF-Präsident darf uns ebenso negativ in Erinnerung bleiben wie seine wahrhaft unrühmliche und praktisch nicht aufgearbeitete Rolle als Hauptschuldiger bei der wirtschaftlichen Ruinierung des Ostens im Rahmen der Wiedervereinigung, war es doch Köhler, der die Ost-Banken den West-Banken zum Fraß vorgeworfen und die ganze dortige Industrie schneller an die Wand gefahren hat, als Westerwelle heute "sozialistische Planwirtschaft" sagen kann. Doch Köhler ist jetzt endgültig Vergangenheit, und irgendeinen Posten im Finanzgewerbe wird er schon bekommen. Und wenn nicht - er ist so jung, dass sein lebenslanges Bundespräsidentengehalt mit allen damit verbundenen Privilegien ihn sicher darüber hinwegtrösten wird.
Was also geschieht nun? Mit Rücktritt des Bundespräsidenten endet die Amtszeit, was bedeutet, dass die Bundesversammlung innerhalb der nächsten 30 Tage zusammentreten und einen neuen Präsidenten wählen muss. Und hier wird die Sache interessant, denn in NRW sind noch Koalitionsverhandlungen. Je nachdem, wie die ausgehen, ändert sich die Zusammensetzung der Bundesversammlung. Die Frage ist also, ob Rüttgers Mannen noch ihre Adlaten bestimmen oder schon eine neue, wie auch immer geartete Koalition. Ich würde wetten, dass es eine schwarz-gelbe Gesandtschaft wird.
Interessant ist auch, wen die Parteien innerhalb von 30 Tagen aufstellen wollen. Die SPD könnte wieder mal Gesine Schwan aufstellen und ohne die Stimmen der LINKEn wählen wollen, aber wen will die CDU aufs Tableu stellen? Oder wird wieder einmal ein FDP-Kandidat gekürt, eventuell sogar mit den Stimmen von SPD und Grünen gegen einen CDU-Kandidaten? Es wird interessant, so viel ist sicher.
Frage: Was ist denn, wenn die Verhandlungen in NRW in 30 Tagen noch nicht abgeschlossen sind? Das ist ja durchaus im Bereich des Möglichen.
AntwortenLöschenAbgesehen davon wäre ich dafür, wenn jetzt Frau Schwan den Job übernehmen würde. Oder weiß jemand Negatives über sie zu berichten?
Zu Herrn Köhler noch was Nettes aus dem Jahre 1992, da war er noch Staatssekretär im Finanzministerium. Seine Meinung zu einer gemeinsamen Währungsunion damals: »Es wird nicht so sein, dass der Süden bei den sogenannten reichen Ländern abkassiert. Dann nämlich würde Europa auseinanderfallen.«
Fähig dieser Mann.
Die Länderparlamente entsenden ihre Vertreter für die Bundesversammlung entsprechend ihrer Fraktionsstärke, so weit ich weiß. Welche Regierung gebildet ist oder wird, ist meines Wissens völlig wumpe. Ich habe gerade mal versucht, irgendwo eine aktuelle Hochechnung für die Zusammensetzung zu bekommen, ich finde aber nichts. Kann das jemand selbst nachrechnen?
AntwortenLöschenhttp://www.wahlrecht.de/lexikon/bundespraesident.html
AntwortenLöschenEventuell könnte rüttgers ja auch Kandidat werden. Ich tippe aber auf Schäuble. Mein persönlicher Favorit wäre ja nach wie vor, wenn es ein CDUler wird, Klaus Töpfer (aber das wird wohl nichts ...)
AntwortenLöschenWer sollte denn bei der FDP in Frage kommen?
Die Fraktionsstärke in den Landtagen ist die eine Hälfte der Abgeordneten; die andere wird von den Regierungen bestimmt. Daher kommt's ja, dass immer wieder so semiprominente Fußballer und ähnlicher Unfug da dabei sind.
AntwortenLöschenWenn vor der BP-Wahl keine NRW-Koalition zustande gekommen ist schickt schwarz-gelb, weil geschäftsführende Regierung, ist doch klar :)
Nach meiner ersten Schätzung hat schwarz-gelb immer noch die Mehrheit in der Bundesversammlung:
AntwortenLöschen- Im Bundestag hat die Koalition eine Mehrheit von 42 Sitzen
- In den Ländern verfügen die Oppositionsparteien über mehr Sitze als die Regierungsparteien (1219 zu 1203; eigene Berechnung)
- In der Bundesversammlung stellten die Länder bei der letzten BV 612 Sitze, dieses mal werden es aber 622 sein, weil ihre Zahl der Sitze des Bundestages entsprechen muss
- Nach meiner Schätzung liegt der Stimmenanteil der Regierungsparteien in der kommenden BV bei ca 635, die der Opposition bei 610. Das sind natürlich nur geschätzte Werte, da die Landesparlamente unterschiedliche Verfahren verwenden, um ihre Vertreter zu bestimmen.
Zu Herrn Köhler passen einige Verse des Dramatikers Peter Hacks
AntwortenLöschenAus seinem Trauerspiel Jona:
So nimm denn die Entscheidung hin:
Für schlechte Führung, minderwertgen Dienst
an deinem (einstmals) grossen Staat.
Denn wahrlich, auf zwei Herrschaftsweisen ist der Staat gegründet,
Auf Vernunft, die das Vorhandne regelt,
Und Vision, die ins Mögliche sich dehnt;
Doch was Deiner Herrschaft den Grund entzog, war unentschlossene Schlaubergerei:
Dies selbstverliebte Lügen,
Dies alles dulden und so alles kränken,
Dies immer eins tun und das andre auch
Und keines folglich ganz, dies nicht den ärmsten
Gewinn ausschlagen und am Ende jeden
verpassen:
So entsteht der Ekel und der Niedergang.
Das aber büße jetzt.
(Nach Peter Hacks)
Is doch alles ganz klar. Der Zeitpunkt ist ja auch kein Zufall: er will Platz für Lena machen. Hat der Westerwelle ja selbst gesagt, dass sie jetzt Deutschland repräsentiert. Das hat den Horst schwer getroffen.
AntwortenLöschenStefan Raab will ja, dass Lena nächstes Jahr den Titel verteidigt, aber wenn sie Bundespräsidentin wird, dann kann sie das schlecht. Dafür wird dann natürlich - das ist der Plan - der Bundeshorst nächstes Jahr für uns beim GrongPrie singen. Jede Wette, das steckt dahinter. Roger Whitacker schreibt gerade den Song für Horst. :-)))
Jou, wo er notatio.blogspot nicht mehr weiterführt, soll er jetze dem Horst mal das Guitarrespielen zeigen.
AntwortenLöschen@Stefan Sasse
AntwortenLöschenBevor Du derartige Aussagen postest, schau lieber mal in die Quelle!
Kleiner Tip: Artikel 54 Absatz 3
Darin ist die Wahl der Vertreter der Landtage zur Bundesversammlung eindeutig geregelt. Und von einer Einflussmoeglichkeit durch die Landesregierung steht dort nach wie vor NICHTS!
Wie waere es, wenn Du Dich mit diesem Beitrag und dem Ergaenzenden Post beim SPIEGEL oder bei Focus bewirbst.
Qualitaetsjournalisten und effektive Berichterstatter (bloss keine Zeit fuer aufwaendige Recherche verschwenden) werden dorch nach wie vor gesucht ;)
Da muss ich echt total mit dem falschen Fuß aufgestanden sein. Ich glaub dir jetzt einfach mal. Bewerbung an Spiegel ist raus.
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