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Informationen zur politischen Bildung - Ländliche Räume Die ländlichen Räume sind in der öffentlichen Diskussion gerade etwas mehr in den Fokus gerückt, zumindest wenn man die Menge der Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung zum Anlass nimmt. Aber auch der Aufstieg der AfD hat ein leicht vermehrtes Interesse an den Lebensrealitäten ländlicher Räume bewirkt, dem kurioserweise ein ähnliches Interesse an urbanen Milieus bisher abgeht.
In diesem Heft werden vor allem formelle Grundlagen gelegt, sprich: Definitionen und Analysen. Was sind ländliche Räume eigentlich, wie viele davon gibt es in Deutschland, wie groß sind sie, welche Unterschiede zu städtischen Räumen gibt es, und so weiter. Der, um es milde auszudrücken, sachliche Tonfall dieser Passagen wird immer wieder durch Ausschnitte aus Reportagen etwa des Spiegels oder der Zeit gebrochen, die dann quasi den "menschlichen" Blick bieten. So ist für beide Seiten was dabei. Ich bin kein großer Reportagenfan und finde mich daher eher im analytischen Teil wieder.
Spannend ist vor allem, wie wenig Klischees über ländliche Räume pauschalisierbar sind. So gibt es ländliche Räume, in denen sehr wohlhabende Menschen leben (vor allem im Süden der Republik) und die gute Infrastruktur haben, und es gibt solche, auf die Klischees von desolater Infrastruktur und niedrigem Lebensstandard zutreffen (vor allem im Osten). Patentrezepte gibt es, wenig überraschend, dafür nicht.
Aus Politik und Zeitgeschichte - Corona
Die Beiträge in diesem Band befassen sich wenig überraschend nicht so sehr mit dem Virus als, wie der Titel es schon sagt, mit der einhergehenden Krise. Ich empfand das Gemisch der Beiträge als sehr schwankend. Manche Beiträge, wie das Interview mit Aladdin el-Mafalaani zur Bildungspolitik in Zeiten von Corona, sind sehr anregend und super interessant. Unbedingt lesenswert.
Andere dagegen, wie der Beitrag zum Föderalismus, kommen über Glückskeks-Rhetorik nicht wirklich hinaus. Ich habe nicht mal was gegen den Föderalismus, auf den der Beitrag ein Loblied singt, aber letztlich wird nur eine Reihe von Behauptungen aneinander gehängt, ohne eine Begründung mit anzubieten. Der Föderalismus habe für diese und jene Entwicklung der Krise super positive Effekte gehabt. Schon möglich, glaube ich auch gern, aber belegt wird das nicht.
Auch der Beitrag der verfassungsrechtlichen Perspektive, ein gerade in der Anfangszeit der Krise viel diskutiertes Thema, bleibt merkwürdig unscharf, kann sich nicht recht entscheiden, ob er einen allgemein Überblick geben oder die Frage fachlich untersuchen will und verliert sich in Verallgemeinerungen und wenig interessanten Statements.
Besser gefallen haben mir die Beiträge zum Thema politische Kultur und Parlamentarismus in Zeiten von Corona. Hier wird auch empirisch belegt, dass das oft behauptete Narrativ von einem Vertrauensverlust in Regierung und Medien nicht der Wirklichkeit entspricht. Die Datenlage hierfür ist überraschend gut, weil eine entsprechende Studie mit sehr großem Befragtenkreis (über 5000 Personen) über lange Zeit wöchentliche Befragungen durchgeführt hat. Das ist ziemlich stabil.
Insgesamt also ist die selektive Lektüre des Hefts durchaus zu empfehlen, aber die gennanten Beiträge kann man gerne überspringen. Alle Essays sind unter obigem Link auch online abrufbar.
Aus Politik und Zeitgeschichte - MilitärEin Problem, das in der deutschen Debatte über Militär und Militäreinsätze besteht, ist, dass es kaum etabliertes vernünftiges Vokabular und Verständnis für die Konzepte desselben gibt. Die tief verankerte Militärskeptik in Deutschland, so segensreich sie auch nach zwei Weltkriegen für Europa und die Welt war, behindert eine vernünftige Debatte. Daher ist dieses Heft für Interessierte wertvoll, weil es in einigen Teilen Grundlagen legt, etwa in den Beiträgen Nina Leonhards zum Wandel des Soldatenberufs (besonders im Hinblick auf Stabilisierungseinsätze und die damit verbundenen Anforderungen) und dem Victoria Bashams über "liberalen Militarismus", der durchaus als Komplementärstück verstanden werden kann und nüchtern die Tendenz liberaler Demokratien zu ebenso liberalem Einsatz ihres Militärs in der "dritten Welt" untersucht.
Natürlich ist das nicht alles. So legt Benajmin Ziemann einige Grundlagen für die geschichtswissenschaftliche Untersuchung des Wechselspiels von Militär und Gesellschaft, während Herbert Obinger zurecht darauf hinweist, dass man die Rolle des Militärs als Impulsgeber für die Sozialpolitik weder ignorieren noch zu hoch ansetzen sollte - beides Extrempositionen, die sich leider im Diskurs immer wieder finden.
Johannes Varwicks Beitrag zu Trendwenden zeigt vor allem noch einmal den Status Quo der vielen Baustellen der Bundeswehr auf, vor allem was Finanzierung, Personal und Ausrüstung anbelangt, vergisst darüber hinaus aber auch nicht die fehlende politische Einbettung.
Die Beiträge Klaus Naumanns zu Rechtsextremismus in der Bundeswehr und Aurel Croissants und David Kuehns zu der Verbindung von Militär und Politik in Autokratien fallen vor allem durch ihre empirische Basis auf. Naumann weist nach, dass rechtsextremistische Einstellungen in der Bundeswehr nicht stark überrepräsentiert sind - wohl aber rechtskonservative Einstellungen. Beides kann nicht sonderlich überraschen, und der erste Befund ist, wie auch bei der Polizei, kaum Anlass zur Beruhigung.
Croissant und Kuehn hingegen haben gute Nachrichten im Gepäck; der Anteil der Militärdiktaturen hat weltweit abgenommen, und gleiches gilt für die Einmischung beziehungsweise den Einfluss des Militärs auf die Politik. Oft besteht das gegenteilige Problem in Autokratien: die Politik hat sich das Militär unterworfen und nutzt es als Unterdrückungswerkzeug.
Aus Politik und Zeitgeschichte - Parlamentarismus
Im ersten Beitrag dieses Hefts von Claudia Gatzka, der ostentativ den Bundestag als Erinnerungsort parlamentarischer Kultur untersucht, sehen wir wie unter dem Brennglas die ganze Thematik vereint: die Deutschen hatten immer ein problematisches Verhältnis zu ihrem Parlament. Ein Sehnsuchtsort war es nie, und die Kritik der "Schwatzbude", die Verachtung des Kompromisses und der Wunsch nach einer starken Exekutive war immer schnell zur Hand. Die aktuelle APuZ ist daher wohl zeitlos aktuell zu nennen.
Stefan Marschalls Beitrag zu Corona und Parlamentarismus dagegen ist alles, aber nicht zeitlos. Die Diskussion zu diesem Thema beherrschte auch das oben besprochene Corona-Heft, und ich habe ehrlich gesagt wenig Neues mitgenommen; die Tatsache, dass das Parlament sich zu großen Teilen aus der Corona-Krisenpolitik herausgenommen hat, ist glaube ich wenig bestritten. Marschall zeigt allerdings noch einmal detailliert die entsprechenden formalen Hintergründe auf, und parlamentarisches Formalwissen ist dünn gesät, weswegen der Beitrag seine Relevanz hat.
Spezifischer wird es mit Suzanne Schüttemeyers Untersuchung der parlamentarischen Arbeitsfähigkeit des 19. Bundestags. Man hat es über Corona beinahe schon vergessen, aber sowohl der Parlamentseintritt der AfD als auch die viermonatige Regierungsfindung haben die Arbeitsfähigkeit stark belastet.
Joachim Behnke beschreibt einen Dauerbrenner anderer Art: die Größe des Bundestags. Es ist eine Diskussion, die mich ehrlich gesagt nicht sonderlich reizt, aber Behnke fasst den aktuellen Stand und die Lösungsansätze sehr konzise zusammen.
Benjamin Höhnes Beitrag zu Frauen im Parlament fand ich ungleich interessanter. Einerseits liefert Höhne viel Empirie zum Thema, andererseits diskutiert er auch die strukturellen Ursachen für den niedrigen Frauenanteil über fast alle Parteien (selbst die Grünen kommen nur auf 40%). Relevant ist einmal mehr der Fokus auf Care-Arbeit: Da diese nach wie vor den Frauen überlassen bleibt, die Politik aber sehr viele Auswärtstermine zu Zeiten erfordert, die auch Hochzeiten für Care-Arbeit sind, sind Frauen oft außen vor. Gleichberechtigung ist eben ein integriertes Feld.
Frank Decker zuletzt befasst sich mit der geheimen Wahl von Regierungen im Parlament. Es ist eine spannende Debatte, ob man dieses Relikt beibehalten sollte oder nicht. Schließlich gehört es nicht unbedingt zu den demokratischsten Mechanismen, dafür aber zu den parlamentarischsten. Und das ist eben nicht immer deckungsgleich.
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