Sonntag, 27. Mai 2018

Netanjahu und die SPD respektieren den Federalist nicht, weswegen die Einkommensungleichheit unter AfD-Mitarbeitern zunimmt - Vermischtes 27.05.2018

Die Serie "Vermischtes" stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Sie werden mit einem Zitat aus dem Text angeteasert, das ich für meine folgenden Bemerkungen dazu für repräsentativ halte. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist meist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels erforderlich; ich fasse die Quelltexte nicht noch einmal zusammen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten.

1) Die SPD könnte ihren Star-Ökonom verlieren
Der 51 Jahre alte Ökonom galt in der SPD, aber auch in der Union, lange als Ausnahmetalent. Getragen von Förderern wie Sigmar Gabriel, Wolfgang Schäuble und Angela Merkel legte er eine Blitzkarriere hin. Er stieg im Bundesfinanzministerium zum Staatssekretär auf, schrieb die Gesetze zur Finanzmarktregulierung maßgeblich mit; er vertrat Bundesfinanzminister Schäuble während der Griechenland-Krise, beriet Kanzlerin Merkel zur Euro-Rettung. Im Jahr 2012 wurde er ins Direktorium der Europäischen Zentralbank berufen. Nach knapp zwei Jahren verließ er überraschend den prestigeträchtigen Posten bei der EZB, um als Staatssekretär der damaligen Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles in Berlin anzuheuern. Mit jedem Wechsel wuchs die Zahl seiner Gegner. Zu glatt, zu unverbindlich und auch zu selbstbewusst hatten ihn viele erlebt. [...] Bei Nahles blieb Asmussen ebenfalls nicht lange. Angeregt und unterstützt vom damaligen SPD-Parteichef Gabriel, leitete Asmussen seinen nächsten Wechsel ein - zur staatlichen KfW-Förderbank. Dabei jedoch pokerte er nach Ansicht von Beobachtern deutlich zu hoch - und verlor. Er bekam den Posten nicht, wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt, mithin arbeitslos. Der Karrierebruch war umso schlimmer, als es zuvor in seinem Leben beruflich stets aufwärts gegangen war. Nach dem Aus bei der KfW wollte ihn niemand mehr. Asmussen entschied sich für Übergangsjobs. Er beriet die irakische Regierung bei Reformen, arbeitete in einer Denkfabrik an deutsch-französischen Ideen zur Reform der Eurozone mit. Er heuerte bei einem Finanz-Start-up als Aufsichtsrat an. Zudem fing er als Berater bei der amerikanischen Investmentbank Lazard in Frankfurt an. Als die SPD sich Anfang des Jahres erneut zur großen Koalition entschloss und sich das Bundesfinanzministerium sicherte, soll Asmussen mit einem Spitzenjob geliebäugelt haben.
Wenn Jörg Asmussen ein Star-Ökonom ist, dann steht es um die SPD wahrlich schlecht. Die oben beschriebene Vita spricht auch nicht gerade dafür, dass die laut meinem Mitautoren Stefan Pietsch stets Ausnahmetalente anheuernde, erkennende und fördernde Privatwirtschaft ein großes Interesse an ihm hätte, das jenseits seiner politischen Kontakte liegt. Vielmehr scheint der Mann ein weiter Clement oder Sarrazin zu sein: heillos überschätzt, aber aufmerksamkeitsgeil und für die Jobs, die er hatte, im wesentlichen charakterlich ungeeignet. Wer im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen will, soll sich um ein Mandat bewerben.

Wer im Hintergrund geräuschlose und effektive Sacharbeit machen will, soll Staatssekretär werden. Aber in die Schlagzeilen drängen und Top-Staatssekretär werden wollen, noch dazu unter jemand wie Olaf Scholz, der mit genau der gleichen Strategie sein politisches Profil definiert - das kann nicht klappen. Wenn Asmussen das nicht sieht, ist er im Politikbetrieb noch weniger am Platz als ohnehin. Dass er die Partei nur verlassen will, weil er bei der Postenvergabe übergangen wurde, markiert ihn endgültig als einen selbstverliebten Gockel in der Reihe Clements und Sarrazins. Good riddance. 2) Als das heillose Schlachten begann - Der Dreißigjähige Krieg
Die Friedensschlüsse, einst als Brief und Siegel auf Deutschlands Untergang verdammt, werden heute als diplomatische Meisterleistung gewürdigt. Frankreich hatte sein Hauptziel, Habsburgs Dominanz zu brechen, erreicht. Die Schweden gewannen Gebiete am Ostseeufer, die Niederlande und die Eidgenossenschaft Souveränität. Bayern durfte die inzwischen errungene Kurwürde und die Oberpfalz behalten. Die religiösen Gegensätze entschärfte man mittels einiger einfacher Bestimmungen. So sollte im Reichstag keine Glaubenspartei die andere überstimmen können. Die Besitzstände der Konfessionen wurden nach dem Stand eines Stichjahres, 1624, bemessen. Schliesslich stellte man den Frieden unter die Garantie der Grossmächte. Eine Amnestie beugte Revanchegelüsten vor. Für fast anderthalb Jahrhunderte bescherte der Frieden den Deutschen ein halbwegs friedliches Dasein. Was hält der «Krieg der Kriege» an Lehren für die Gegenwart bereit? Sie sind eher schlicht und lauten: Einem Kardinal Khlesl gebührte eher ein Denkmal als dem Kurfürsten Maximilian; nichts geht über Verhandeln. Die Existenz von Rechtswegen und Institutionen trägt dazu bei, Kriege zu verhindern. Und: Missbraucht man das Kreuz als Feldzeichen, können die Folgen furchtbar sein. Religion ist Privatsache. Sie sollte ihren Ort in den Herzen haben und nicht in der Politik.
Der Artikel ist interessant, insofern er die traditionellen Klischees hinter dem Dreißigjährigen Krieg, die ich selbst als "richtig" abgespeichert hatte, hinterfragt, vor allem die Idee des vorherrschenden Traumas und des Krieges als Auslöser Deutschlands Unglück. Tatsächlich kann vor allem der folgende Westfälische Friede durchaus als positives Erbe des Krieges gezählt werden, denn die Zeit der großen Religionskriege war damit in Europa erst einmal vorbei. Dass sie durch die Ära der Nationalkriege abgelöst werden sollte, die noch wesentlich furchtbarere Auswirkungen haben sollten, bevor sich das Ganze im 20. Jahrhundert zum ideologisch motivierten Morden steigerte, ist kaum die Schuld der Böhmen 1618.

In letzter Zeit bringen vor allem amerikanische Denker immer wieder das Beispiel des 30jährigen Krieges als ein mögliches Ende der Konflikte im Nahen Osten: einen gewaltigen Kampf zwischen Sunni und Shia, der mit irgendeiner Art von belastbarem Status Quo endet. Es wäre der Region zu wünschen, dass ein solcher Konflikt ausbleibt. Sollte er auftauchen - und die aktuellen Reibereien um Iran, Saudi-Arabien, Syrien und Irak lassen dies als nicht völlig unrealistisch erscheinen - tun wir gut daran, uns rauszuhalten. Und dieses Mal frühzeitig auf den Ansturm von Flüchtlingen vorzubereiten.

3) Rechnungshofbericht zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr: alles noch ein bisschen schlimmer
Das Problem, dass die Logistik vor allem an der Übertragung der Datenbestände von alten Softwaresystemen in die – schon seit mehr als einem Jahrzehnt in der Einführung befindliche – neue Software SASPF leidet, hat nicht nur das Heer: Auch bei der Ersatzteilversorgung fliegender Waffensysteme liegen dem Bundesrechnungshof Erkenntnisse vor, wonach der Bundeswehr die Qualität der Daten, die sie aus ihren Altsystemen in das IT-System SASPF übertragen hat, erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Durch fehlerhafte Daten verzögerte sich nicht nur die Nachbestellung von Ersatzteilen, sondern es besteht auch das Risiko von Fehlbeschaffungen. Nicht einsatzbereit wegen fehlender Ersatzteile, das ist für den Bundesrechnungshof inzwischen schon eine eigene Kategorie. Eine weitere, über die materielle Verfügbarkeit der Waffensysteme hinaus, ist der Mangel an qualifiziertem Personal.
Wie Kommentatoren hier im Blog beständig von "Aufrüstung" reden können, wenn es um das 2%-Ziel der NATO geht, bleibt angesichts solcher Berichte völlig schleierhaft. Eine Erhöhung des Wehretats auf 2% - ohnehin völlig illusorisch - würde nicht einmal genügen, um die jahrzehntelange Mängelwirtschaft auszugleichen, ein ähnliches Problem, wie es die Infrastruktur des Bildungssystems auch hat, wenngleich nicht ganz so krass. Deutschland muss sich langsam entscheiden, ob es eigentlich eine Armee will, oder nur so tun, als ob es eine hat.

4) Trump's reckoning arrives
When a president speaks, others hear. When he acts, he sets in motion a chain of reactions. When he selects one option, he precludes others. This is why presidents are surrounded by elaborate staff systems to help them—and oblige them—to think through their words and actions. If we impose tariffs on Chinese products, how might they retaliate? What’s our next move after that? If we want to pressure Iran more tightly than our predecessors, what buy-in will we need from other countries? What will they want in return? What do we want from North Korea that we can realistically get? Team Trump does not engage in exercises like this. Team Trump does not do it because the president does not do it. His idea of foreign policy is to bark orders like an emperor, without thinking very hard about how to enforce compliance or what to do if compliance is not forthcoming.
David Frums vernichtende Kritik der Trump'schen Außenpolitik hier ist wichtig zu lesen. Die Never-Trump-Konservativen hatten ihr größtes Problem von Beginn an mit Trumps Außenpolitik; ihr Denken ist von daher hier am klarsten und widerspruchfreiesten. Dass sie alle früher begeisterte Neocons unter George W. Bush waren - David Frum ist der Erfinder der "axis of evil" - macht es oft schwierig, ihre Denke hier anzuerkennen.

Die Kritik ist trotzdem zutreffend. Denn Team Trump denkt tatsächlich nur äußerst kurzfristig in PR-Erfolgen. Eine echte Strategie steht hinter dem instinktgetriebenen Handeln oftmals nicht. Ich habe schon öfter betont, dass wir bisher das Glück hatten, dass Trump keine Krise zu bewältigen hatte. Die wahre Belastungsprobe für seine Art der Außenpolitik - und der Beweis, welche Seite Recht hat: die "ungewöhnliche aber brillante Strategie" oder "pures Bauchgefühl ohne Richtung" - kommt erst, wenn die USA sich einer Krise gegenüber sehen.

5) Young left out of booming US house market
More than 40 per cent of housing wealth is now concentrated in the hands of those aged 60 or more, according to the New York Fed. That compares with 24 per cent in 2006, on the eve of the financial crunch. At the same time people under the age of 45 now hold only 14 per cent of America’s housing wealth — down from 24 per cent in 2006. The figures underscore the fragile foundations of America’s economic recovery as inter-generational inequality increases alongside widening gaps between rich and poor. If younger and less well-off individuals have little wealth stowed away in the property or the stock market they will be heavily exposed when the next recession strikes. “Lower and middle income individuals are not benefiting as much from rising housing wealth and stock market values as in the past, and that means the main pillar of the economy is less robust than it used to be,” said Gregory Daco, head of US economics at Oxford Economics. “Lower and middle income individuals are the key driver in terms of spending and the overall economy’s fortunes.”
Die Generation der Millenials wurde von der Finanzkrise unglaublich stark getroffen, ohne dass das bisher groß thematisiert würde. Die Debatte konzentriert sich überwiegend auf das Schicksal der weißen Arbeiterschicht jenseits der 40, die durch den beständigen Strukturwandel ihre alten Jobs in der Industrie verloren haben. Die große Schicht der Jungen, die nie gute Jobs bekommen haben, spielt aus zwei Gründen keine große Rolle: der eine, selbstverschuldete, ist dass sie nicht beziehungsweise nicht in ausreichender Zahl wählen, der andere, dass Dinge die nie erreicht wurden wesentlich schwieriger zu begreifen sind als solche, die verloren gingen.

Dieser Mechanismus ist es, der gerade die älteren Wähler in allen Demokratien so mächtig und gefürchtet macht. Da sie im Normalfall im Nachkriegsboom zu Wohlstand kamen, spüren sie jeden Einschnitt besonders stark. Dasselbe gilt für Babyboomer, die ebenfalls noch mächtig profitierten. Die Millenials dagegen wuchsen mit der Agenda2010 und der Finanzkrise auf. Sie kannten den materiellen Wohlstand und die Sicherheit nie, die die Erfahrung der Babyboomer und ihrer Eltern kennzeichnet.

6) The irredeemable irresponsibility of The Federalist
Does The Federalist believe it is simply impossible for any administration to fairly investigate wrongdoing and criminality on the part of members of the other party? If so, that would of course leave it entirely up to each party to police its own members, with Democrats overseeing Democrats and Republicans overseeing Republicans. In a circumstance like the one that prevailed in 2016, that would mean the Obama administration's Justice Department (including the FBI) could investigate Hillary Clinton but not Donald Trump. If that were a serious proposal, it would create an incoherently lopsided system in which the party out of power in the executive branch could get away with all kinds of criminality without fear of investigation. But of course this isn't a serious proposal at all, and not only because there's zero chance that The Federalist would support a Republican administration turning a blind eye to evidence of wrongdoing on the part of Democrats. It's also unserious because Trump himself is currently being investigated by his own Justice Department and FBI, the leadership of which is uniformly Republican, and by a special counsel who is also a Republican. The only principle in play at The Federalist would therefore appear to be that no one of either party should ever investigate Donald Trump.
Es ist immer wieder gut zu sehen, dass die wenigen verbliebenen moderaten Konservativen ihre radikalisierten Kollegen für ihre Kollaboration verantwortlich zu machen suchen. Im Gegensatz zum National Review hat der Federalist wenigstens von Anfang an keinen Hehl aus seiner Position gemacht. Das Magazin hat von Anfang an die Democrats als das Böse schlechthin gesehen, die zu besiegen jedes, absolut jedes, Mittel Recht ist. Was FOX News im TV-Bereich ist, oder Rush Limbaugh und Alex Jones im Radio-/Podcast-Segment, das ist der Federalist im gedruckten Bereich: ein Propagandablatt im Dienste der Regierung, das ähnlich er Pravda jede noch so tolldreiste Lüge der Regierung als Wahrheit ausgibt. Es ist wichtig, dass immer wieder darauf hingewiesen wird, dass diese Kollaborateure genau das tun. Denn wie immer will es am Ende keiner gewesen sein.

7) Why Democrats can't win the "respect" of Trump voters
In the endless search for the magic key that Democrats can use to unlock the hearts of white people who vote Republican, the hot new candidate is “respect.” If only they cast off their snooty liberal elitism and show respect to people who voted for Donald Trump, Democrats can win them over and take back Congress and the White House. The assumption is that if Democrats simply choose to deploy this powerful tool of respect, then minds will be changed and votes will follow. This belief, widespread though it may be, is stunningly naive. It ignores decades of history and everything about our current political environment. There’s almost nothing more foolish Democrats could do than follow that advice. Let’s take, for instance, Barack Obama. Can you think of another president who spent more time reaching out to the other side and showing respect for them? You might or might not like his policies, but nobody tried harder to be respectful than Obama. And Republican voters had eight years to watch him.
Das. Das ganze Gerede vom Zurückgewinnen der Trump-Wähler ist auch aus wahltaktischer Sicht nicht sonderlich zielführend. Diese Wähler sind verloren, und "Respekt" wird sie nicht zurückbringen. Der Respekt, den ihnen Obama stets entgegenbrachte, den auch Hillary Clinton öffentlich immer wieder zur Schau stellte - er brachte rein gar nichts. Auf der Gegenseite zahlte nicht ein einziger republikanischer Kandidat, und ganz sicher nicht Donald J. Trump, einen Preis für den abgrundtiefen Mangel an Respekt, den sie demokratischen Wählern zukommen ließen. Die werden auch heute nicht respektiert. Ihre Stimmen gelten als weniger wert, weniger echt als die von Republicans. Dass sie offensichtlich die Mehrheit im Lande sind und diese Mehrheit wegen wahlpolitischer Verzerrungen nicht ausüben können, wird einfach als Naturgesetz hingenommen. Don't talk to me about respect.

8) Für Benjamin Netanjahu ist das der Frieden
So sieht Netanjahu mit der Verlegung der US-Botschaft das Ende der Bigotterie gekommen. Eine Tatsache werde nun als Tatsache anerkannt, so denkt er. Die Palästinenser, die in den vergangenen Jahren dazu übergegangen sind, jegliche historische Verbindung des jüdischen Volkes zu Jerusalem zu leugnen, müssten sich nun endgültig damit abfinden, dass die jüdische Präsenz in Al-Kuds, wie Jerusalem auf Arabisch heißt, eine nun auch anerkannte Realität ist, um die man nicht mehr herumkommt. Nur so, denkt Netanjahu, könne man realistisch den Frieden verhandeln. Aber ist das wirklich so? Keine Frage, Donald Trumps Entscheidung ist ein Geschenk an den israelischen Premier, aber zugleich brachte Trump die USA aus der Vermittlerrolle zwischen Palästinensern und Israelis heraus. Der ehemalige US-Botschafter in Israel, Dan Shapiro, ein Obama-Mann, sagte am Montag, dass es eigentlich kein Problem sein sollte, eine amerikanische Botschaft für Israel in Westjerusalem zu eröffnen, wenn denn Trump nur gesagt hätte, dass man dereinst eine zweite Botschaft in einer zukünftigen palästinensischen Hauptstadt Ostjerusalem eröffnen werde. Dass Trump genau dies nicht getan hat, ist für die USA politisch kurzsichtig. Bibi kann es aber egal sein. Er hat ein wichtiges Ziel erreicht.
Ich habe immer mehr das Gefühl, dass von "Frieden" oder "Friedensprozess" zu reden im Nahen Osten ohnehin nur noch Makulatur ist. Es gibt weder eine irgendwie für alle Seiten akzeptable Lösung, noch Parteien die willens wären, sie zu verfolgen. Netanjahu scheint dem alten römische Motto folgen zu wollen, eine Wüste zu schaffen und es Frieden zu nennen. Angesichts der Unnachgiebigkeit und genozidalen Gewaltbereitschaft ihrer Kontrahenten scheint das aber ohnehin die einzige Version von "Frieden" zu sein, die die Region bekommt. Dass die USA unter diesen Bedingungen auch offiziell zum parteiischen Spieler werden und eine Vermittlerrolle praktisch ausschließen, ist da nur konsequent.

Man sehe sich die Ergebnisse des Friedensprozesses nur einmal an. Intifadas, Provokationen, Gegenprovokationen, Siedlungen, Anschläge - nichts lässt irgendwie darauf schließen, dass hier eine Lösung gefunden werden könnte. Wie soll die auch aussehen? Vermutlich ist es auch hier am besten, wenn wir uns überwiegend heraushalten und ansonsten das Existenzrecht Israels schützen. Es ist kein Widerspruch, beide Seiten für doof zu halten und trotzdem Israel zu schützen, denn die haben wenigstens nicht vor, ihre Gegner komplett zu vertreiben oder zu vernichten.

9) Eine ganz normale (Nazi-)Partei
Diesmal ist es der rechtsextreme parlamentarische AfD-Mitarbeiter Marcel Grauf, dessen Chatprotokolle der vergangenen vier Jahre der Wochenzeitung Kontext vorliegen - und die ein geschlossenes faschistisches Weltbild belegen. Grauf arbeitet für die AfD-Abgeordneten Christina Baum und Heiner Merz im baden-württembergischen Landtag. Internetkorrespondenz aus vier Jahren des "Mitdreißigers" konnte von Kontext ausgewertet werden. Unter seinen Dialogpartnern waren neben AfDlern "Neurechte, NPD-Funktionäre, Mitglieder rechter Studentenverbindungen". Die Korrespondenz wurde von 2013 bis Ende 2017 unter Pseudonym auf einem zweiten, anonymen Facebook-Account Graufs geführt. Grauf, der Mitglied der Burschenschaft Germania Marburg war, ist verbunden mit Philip Stein, der im parteiinternen Netzwerk um den Strippenzieher Götz Kubitschek aktiv ist. Er leitet die Bewegung "Ein Prozent für unser Land", die sich selbst als "Deutschlands größtes patriotisches Bürgernetzwerk" versteht. In dem Bürgernetzwerk sind laut Kontext Identitäre, Neonazis, Hooligans und weitere ausländerfeindliche Parteiströmungen organisiert. In seiner Internetkorrespondenz bringt Grauf seine Verehrung für Adolf Hitler und Mussolini zum Ausdruck, er äußert sich zustimmend zum Massenmörder Breivik und zum Rechtsterrorismus. Die Chatprotokolle sind gespickt mit ausländerfeindlichen, antiislamischen und antisemitischen Äußerungen. Afrikaner werden als Neger beschimpft, Araber als Sandneger, Muslime sollen generell zum "untermenschlichen Verhalten" neigen, was an ihrer "Rasse" liege. Behinderte werden als "Mongos" beschimpft. Geldprobleme ließen sich durch die Besteuerung von Juden lösen, so Grauf, der einen Bekannten im Februar 2016 fragte, ob er lieber Sophie Scholl oder Anne Frank vergewaltigen würde.
Es ist ungeheuer entlarvent, dass die AfD noch immer nicht so behandelt wird wie LINKE, was ihre verfassungsfeindlichen Elemente angeht. Abgeordnete der LINKEn wurden überwacht, weil sie als Anwälte für die Rote Hilfe gearbeitet haben. Hier dagegen wird immer noch ein Eiertanz um die Frage aufgeführt, ob die AfD vielleicht als rechtsextrem eingestuft werden könnte, während eine komfortabel zweistellige Anzahl ihrer engsten Mitarbeiter offensichtlich verfassungsfeindliche Extremisten sind und die Partei das überhaupt nicht juckt.

10) Trump's racist immigration policy is backfiring on him
If you are so cynical as to assume white voters are simply too racist to care, think again. The visceral power of harm to children and families can overcome deep-rooted racism. In the early and mid-19th century, abolitionists emphasized how slavery tore apart African-American families, causing revulsion among white northerners who were assuredly quite racist on the whole. The emotional power of the stories of families torn apart by Trump’s policy has an unknown, but vast, potential. [...] The general operating method of Republican politics is to use ethnonationalist resentment to generate support for elite-driven anti-government policy. That is, there is one basket of issues Republicans use to harvest votes — talking tough against communists or terrorists; defending the flag; posturing against criminals; getting tough on welfare cheats — and then the different basket of policy objectives they spend their political capital on — tax cuts for the rich, deregulation for business. We have implicitly slotted Trump’s border demagoguery in the former category. But there’s little reason to believe this particular form of populism is actually popular.
Ich glaube, Chait macht es sich hier zu einfach. Zwar ist seine Grundidee unzweifelhaft korrekt - nichts befeuerte die Willkommenskultur 2015 so sehr wie das Bild eines toten Dreijährigen an einem türkischen Strand - aber solche Gefühle werden schnell von der generell abgeneigten Haltung gegenüber Einwanderern aller Art überdeckt, wie man ja auch hierzulande gesehen hat. Denn egal was Chait hier meint - eine harte Haltung gegenüber Immigranten IST populär. Es ist wie bei so vielen Politiken: niemand sieht gerne, wie die Wurst hergestellt wird, aber üblicherweise sieht das auch keiner. Wenn es kurz in die Schlagzeilen kommt, hat man für ein, zwei Wochen, vielleicht auch einen Monat eine Welle der Sympathie - aber das kann man nicht planen, und darauf kann man nicht bauen. Wenn so ein Ereignis, bei dem ICE-Agenten irgendein süßes spanisches Kind misshandeln, Ende Oktober in die Schlagzeilen kommt, dann wird Chaits Szenario eintreffen. Wenn nicht ist seine Grausamkeit gegenüber Migranten eine sichere Bank für Trump gegenüber seinen eigenen Anhängern und von wenig Bedeutung für den Rest der Wählerschaft.
Solange Seehofer nicht für Klarheit sorge, werde er sich kritische Fragen gefallen lassen müssen, sagte Nahles. In den Ländern gibt es Vorbehalte gegen die vorerst an bis zu sechs Standorten geplanten zentralen Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen (Abkürzung: „Anker“). Das gehöre unweigerlich zur Willkommenskultur dazu. „Sie funktioniert nur zusammen mit einem durchsetzungsstarken Rechtsstaat“, so Nahles. Wer Schutz brauche, sei willkommen. „Aber wir können nicht alle bei uns aufnehmen. Dazu müssen sich auch die Grünen im Bundesrat bewegen“, forderte die SPD-Chefin. (Welt)
Nicht einmal die CSU schafft es, mit dem widerlichen Appeasement relevante Stimmenanteile von rechts wiederzubekommen. Was reitet die SPD zu glauben, dass sie das schaffen würde? Karl Lauterbach schwadroniert von "sinkender Akzeptanz", die dann irgendwie Abschiebungen erforderlich mache - weil nichts die Akzeptanz von Flüchtlingen so steigert, wie sie abzuschieben? Anstatt einen vernünftig-pragmatischen Gegenpunkt zu setzen, unterstützt die Partei das Narrativ der Rechten und akzeptiert deren hohle Prämissen. Abschiebung wird inzwischen nur noch als Panacea eingesetzt, um die Frage, wie viele Abschiebungen tatsächlich rechtlich durchgeführt werden müssen und wie das bewerkstelligt werden kann geht es längst nicht mehr. Die SPD macht bei der Demontage des Begriffs vom "Rechtsstaat", wie ihn CSU und AfD vorantreiben, fleißig mit. Es ist dieselbe Idiotie wie "im Felde unbesiegt". Keiner wird es der Partei danken. Alles, was sie erreicht, ist den Brunnen mit zu vergiften. Man verzweifelt wirklich über diesen Laden.

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