Dienstag, 31. Juli 2012

Konsequent zu Ende gedacht: The Avengers

Von Stefan Sasse

(c) Marvel
Viele Fantasie-Welten aus Buch, Comic, Film und Videospiel erschaffen neue Welten oder ändern die bestehende soweit ab, dass sie zu einer Art Parallelwelt wird. Diese Welten werden, wie das Star-Wars-Universum, oftmals als Storyvehikel geschaffen; sie sind dazu da, dass sich die Geschichte in ihnen Bahn brechen kann. Nur wenige Welten werden, wie Mittelerde, darüber hinaus stärker ausgebaut. In einer neuen Artikelserie "Konsequent zu Ende gedacht" will ich untersuchen, in wie weit solche Welten überhaupt halbwegs funktionstüchtig sind und wie das Leben in ihnen aussehen würde, wenn der große, klimatische Kampf vorbei ist. Wie wird Mittelerde aussehen, nachdem Sauron besiegt wurde? Wie lebt es sich auf Coruscant, wenn gerade keine Klonkriege oder Rebellion herrschen? Wie interagiert eine Figur wie Batman wirklich mit ihrer Umwelt? Nur selten werden in Fantasiewelten solche Fragen beantwortet (exemplarisch geschieht dies in "Watchmen"). Dabei können sie uns den Blick auf unsere eigene Welt öffnen. Im fünften Teil dieser Serie befassen wir uns mit den Avengers.

Als Marvel die großartige Idee hatte,selbst Filme zu produzieren und ihre Franchises von Machwerken wie "X-Men Origins" zu retten, da entwarfen sie eine radikale Vision: nach einem jeweils einführenden Film für jede ihre Figuren sollten diese in einen großen zusammengeworfen werden. Das Kernteam der "Avengers" (Rächer) besteht aus vier solchen Heroen: dem genetisch veränderten Supersoldaten "Captain America", dem genialen Wissenschafler und Milliardär Tony Stark, der in einem selbst konstruierten Jet-Anzug als "Iron Man" unterwegs ist, Bruce Banner, ein Wissenschaftler der sich wenn er erregt ist in den "Unglaublichen Hulk" verwandelt und "Thor", Mitglied einer außerirdischen Rasse (den Bewohnern von Asgard) und den Menschen besser als Donnergott bekannt. Vom für Superhelden zuständigen Geheimdienst S.H.I.E.L.D. gegründet bringt die "Avenger Initiative" diese vier Individuen zusammen, denn das Bündnis des Asgard-Bewohners Loki mit einer intergalaktischen Macht erfordert eine Gegenmaßnahme der besonderen Art. Unterstützt werden sie von zwei menschlichen Agenten, Black Widow und Hawkeye, hier der Vollständigkeit halber erwähnt. Am Ende des Films ist Loki besiegt und die Avengers blicken neuen Taten entgegen. Wohlweislich schweigt sich der Film darüber aus, wie es auf den Trümmern des während der Kämpfe demolierten New Yorks weitergeht. Denn das sieht nicht ganz so nett aus wie der sonnendurchflutete Park am Ende des Films. 

Montag, 30. Juli 2012

Das Geld-Paradoxon

Von Marc Schanz

Es gibt mehr als tausend und eine Geschichte über das goldene Kalb der Moderne, unser geliebtes Geld. Viele davon sind wahr, denn Geld hat viele Gesichter, doch noch mehr davon sind unwahr. Gerade in Krisenzeiten verbreiten sich die dümmsten Geschichten unter ihnen und das ist äußerst gefährlich. Einerseits bedeutet Geld nahezu unbegrenzte Freiheit, andererseits kann es zu einem vollständigen Verlust derselben führen. Leider ist es möglich, Unfreiheit als Freiheit zu verkaufen - einfach deshalb, weil nur die Wenigsten von dieser Gefahr ahnen und noch weniger die Konsequenzen ökonomischer Entscheidungen verstehen.

Ich erzähle euch heute eine Geschichte über das Geld, die ihr so noch nicht gehört habt. Ich werde euch die Frage beantworten, worin der Wert des Geldes besteht und am Ende werdet ihr wissen, dass ihr ihn selbst bestimmt.

Freitag, 27. Juli 2012

Die Geschichte des "Supreme Court of the United States", Teil 2/3

Von Stefan Sasse

Dies ist der zweite Teil einer Serie zum "Supreme Court of the United States". Teil 1 findet sich hier. Darin wurde skizziert, wie der Supreme Court sich seine eigene Jurisdiktion schuf, die Frage der Sklaverei zu beantworten versuchte und in nie gekannte Tiefen abrutschte, indem er die Rassentrennung legalisierte.

Edward Douglas White
Wer gedacht hätte, dass es danach progressiver würde und aufwärts ginge, hatte sich allerdings getäuscht. Unter Edward Douglass White fällte der Supreme Court mehrere Entscheidungen, die Arbeitsschutzregelungen einzelner Staaten kippten. Von einer Washington, D.C.-Mindestlohnregelung bis hin zu Arbeitszeitbegrenzungen in New York fielen zahlreiche zaghafte Gehversuche einer amerikanischen Sozialgesetzgebung dem Supreme Court zum Opfer. Jedes Mal wurde sie als ein unzulässiger Eingriff in die Recht der Unternehmer gesehen. Whites Nachfolger William Howard Taft (vormaliger US-Präsident) änderte an dieser Praxis wenig, hatte aber über weniger solcher Fälle zu entscheiden. Stattdessen urteilte er in mehreren Präzedenzfällen, dass die Bill of Rights auch die Einzelstaaten binde und verwarf damit eine Rechtssprechungspraxis aus der Marshall-Ära, die nur die Bundesregierung daran gebunden gesehen hatte – ein entscheidender Schritt in Richtung der wegweisenden Entscheidungen zur Stärkung der Bürgerrechte ab den 1950er Jahren, auch wenn das kaum Tafts Intention gewesen sein dürfte. 

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Donnerstag, 26. Juli 2012

Idiotenstunde

Von Stefan Sasse

Es gibt Rituale, die sind so eingefahren, verstaubt und enervierend, dass es einen schmerzt - und doch werden sie ein ums andere Mal abgefahren. Wenn ein Regierungspolitiker beispielsweise etwas sagt, dann kann man sich sicher sein, dass ein Oppositionspolitiker es in Bausch und Bogen verdammen wird, in möglichst starken Worten. Und wenn irgendwo ein Vollidiot um sich schießt und Menschen umbringt, dann kann man sich sicher sein, dass die Debatte auf einem beängstigend niedrigen Faktenlevel die unverstandene Popkultur als Schuldigen ausfindig machen wird. So war es jetzt mit dem Massaker in Aurora, Colorado, der Fall, wo James Holmes bei der Premiere von "The Dark Knight Rising" über ein Dutzend Menschen tötete. Noch bevor man irgendetwas wusste, lief die Gerüchteküche heiß, und zahllose Schreiber fühlten sich berufen, Predigten zu halten über etwas, das sie selbst weder verstanden noch verstehen wollten. Die Wurzeln dieser Art von Kulturkritik lassen sich bis ins 18. Jahrhundert verfolgen, wo der Lektüre von Büchern durch die Jugend die Wurzel des bekannten jugendlichen Starrsinns zugeschrieben wurde, der heute als Pubertät bekannt ist. Später waren es die bösen Romane (mit denen heute im Schulunterricht Kinder gequält werden, weil sie sich wider Erwarten doch als qualitativ hochwertig herausgestellt haben), dann die Abenteuergeschichten, an die die Generation 60+ heute mit nostalgieverklärtem Blick zurückdenkt, dann ärgerte man sich über die Expressionisten (heute würde man vor Freude an die Decke springen, interessierten sich Jugendliche für sie), dann waren es Rock'n Roll (Bill Healy und Elvis Presley), dann die Beatmusik, dann Comics, dann MTV, dann Computerspiele, inzwischen Facebook. Irgendwas ist immer, und es ist immer etwas, das diejenigen nicht verstehen, die darüber schreiben. 

Montag, 23. Juli 2012

Einschneidende Debatte

Von Stefan Sasse

Manche Debatte kommen über die Bundesrepublik wie ein Sommergewitter: plötzlich und völlig unerwartet, aber doch irgendwie reinigend. Die aktuell durch ein regionaler Urteil ausgelöste Debatte zur religiösen Beschneidung von Jungen ist so eine. Vor dem Urteil hat niemand je darüber nachgedacht. Jetzt sind wir in einer Grundsatzdebatte zur Abwägung verschiedener Grundrechte, vor allem dem Recht auf körperliche Unversertheit auf der einen und der Freiheit der Religionsausübung auf der anderen Seite. Solche Debatten sind gut, weil sie uns zwingen, unsere eigenen Werte zu reflektieren und manchmal auch ungeahnte Schattenseiten der Gesellschaft aufzeigen. So ging es auch mir. Als ich das erste Mal von dem Urteil gehört habe, bedachte ich die Nachricht mit kaum mehr als einem müden Grinsen. Eine kleine Systemverirrung, so schien es. Aber nach einigem Nachdenken und dem Lesen vieler kluger Artikel (vgl. Twitter Timeline) habe ich meine Meinung geändert. Tatsächlich ist es so, dass die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen einen Anachronismus darstellt, den zu tolerieren es eigentlich keinen vernünftigen Grund gibt. Ich will im Folgenden darlegen, warum ich dieser Meinung bin und zwei pointierte Gegenmeinungen kritisch betrachten.

Samstag, 21. Juli 2012

Währungsunion des Wahnsinns

Von Marc Schanz

Wäre der Euro als das Kind europäischer Eliten ein Wesen aus Fleisch und Blut, dann wäre es ein genetischer Müllhaufen – so verstehe ich zumindest die Euro-Kritik des großen Eugenik-Experten mit Bänkerlaufbahn, Thilo Sarrazin. Weiter möchte ich in seine abstruse Erklärungs- und Rechtfertigungswelt nicht eindringen, eine fundierte Kritik an der Währungsunion muss nicht mit frankophoben Verschwörungstheorien begründet werden, einfache Logik und Vernunft reichen vollkommen aus.
Der Euro hat einen Geburtsfehler, diese Offensichtlichkeit ist dank Sarrazins klarer Aussage nun selbst im Mainstream ein Fakt geworden. Schauen wir uns diesen Fehler etwas genauer an, ohne uns durch historisches Geschwurbel oder primitive Populismen blenden zu lassen.

Donnerstag, 19. Juli 2012

Die Geschichte des "Supreme Court of the United States", Teil 1/3

Von Stefan Sasse

Wappen des Supreme Court of the United States
Nach der Gründung der Vereinigten Staaten und der Verabschiedung der Verfassung schwebte die junge amerikanische Republik in dem typischen Schwebezustand, in dem sich neue Staatswesen immer befinden. Eine Verfassung war zwar verabschiedet, mit hehren Prinzipien, in Artikel gegossen, aber wie diese sich in der Realität bewähren würden war noch völlig offen. Es ist ein Problem eines jeden neuen politischen Systems, dass die Rolle der einzelnen Institutionen und Akteure noch nicht klar ist. Das Grundgesetz etwa weist Parteien und Bundeskanzler keine so herausragende Rolle zu, wie diese sie in der bundesrepublikanischen Realität haben. Als die US-Verfassung vorlag, war das Verhältnis der Bundesstaaten zur Zentralregierung ebenso ungeklärt wie die Kompetenzen des Präsidenten oder des Kongresses. Niemand dachte damals jedoch daran, dass der Supreme Court of the United States, den zu schaffen die Verfassung vorschrieb, eine besonders wichtige Rolle einnehmen würde. Als Thomas Jefferson sein Amt als dritter Präsident mit der offiziellen Agenda einer Stärkung der Einzelstaaten antrat, lehnte er eine dominante Stellung von Bundesorganen ab. Am Ende seiner Amtszeit aber mussten sich Exekutive und Legislative dem Primat der Judikative bereits beugen. Seit diesen Tagen an der Dämmerung des 19. Jahrhunderts hat der Supreme Court im Guten wie im Schlechten die Geschichte der USA maßgeblich mitbestimmt. Dieser Artikel soll die Geschichte dieser Institution nachzeichnen, ihre wichtigsten Entscheidungen, die Bedeutung, die diese hatten, und sich der Frage widmen, wie der Supreme Court eigentlich zu bewerten ist. 

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Der Neue und das Alte

Von Stefan Sasse

Die Entscheidungsprozesse innerhalb der schwarz-gelben Koalition geben ein ums andere Mal Anlass zum Kopfschütteln. Nachdem im Zuge der NSU-Affäre zahlreiche Spitzenbeamte von Posten des Verfassungsschutzes zurückgetreten sind und dessen katastrophaler Aufbau ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt wurde, gab es eigentlich niemanden mehr, der ernsthaft der Meinung sein konnte, der Verfassungsschutz könne so weitermachen wie bisher. Sogar in den großen Zeitungen wurde die Frage, ob er nicht besser vollstänig abgeschafft werden könne, diskutiert - eine Frage, die im Übrigen eine große Berechtigung hat. Nun aber hat die Koalition ihr großes Trumpfblatt in dieser Krise enthüllt. Hans-Georg Maaßen, ein bislang eher unbekannter Ministerialdirigent im Innenministerium, der die Bundesregierung im NSU-Ausschuss vertrat, soll künftig die Behörde führen. Ein "ausgewießener Experte" sei er, und "ein brillanter Jurist". Doch kaum wurde die Personaille bekannt gegeben, weht Schwarz-Gelb bereits heftiger Gegenwind entgegen, denn Maaßen ist kein gar so unbeschriebenes Blatt: in der Kurnaz-Affäre war er die treibende Kraft hinter den Kulissen, die dafür sorgte, dass Kurnaz in Guantanamo eingesperrt blieb. Man fragt sich, ob der Koalition ein solcher Hintergrund als Ausweis brillanter Juristerei gilt oder ob man schlicht nicht besonders gut überprüft hat, wen man da an die Spitze einer der umstrittensten Behörden des Landes setzen will.

Montag, 16. Juli 2012

Mein 14. Juli

Von Stefan Sasse
In der aktuellen Euro-Debatte drängt sich ein Argument bei der Verteidigung der deutschen Krisenpolitik immer mehr auf die Agenda: dass die Verteidigung deutscher Interessen die vorrangige Aufgabe nationaler Politik sein müsse. Dieses Recht wird zwar meistens nur den Deutschen zugebilligt, da diese quasi den Weltengeist auf ihrer Seite haben. Aber das Argument klingt sehr vertraut und wird tatsächlich von den Nachbarn, besonders Großbritannien, bereits seit langem und erfolgreich benutzt. Es scheint eine solche Selbstverständlichkeit zu besitzen, dass es kaum hinterfragt wird. Hinterfragt wird hauptsächlich, was denn die deutschen Interessen konkret sind - liegen sie eher im Erhalt oder in der Auflösung des Euro? Dabei müssen wir uns eigentlich längst eine andere Frage stellen. Ich hatte dazu dieses Wochenende ein Erlebnis, als ich bei einem Aufenthalt im Elsass Gelegenheit hatte, an den französischen Feierlichkeiten zum 14. Juli teilzunehmen.

Sonntag, 15. Juli 2012

Meinungen und Stimmungen zur Euro-Krise. Was denkt das Volk? Das Bürgerforum auf krisentalk.de

Von M. O. Scheele

Es scheint kein Ende mit der Euro-Krise zu nehmen. In Griechenland gibt es keine Verbesserungen. Der Euro-Austritt rückt näher. Spanien scheint ebenfalls in einer hoffnungslosen Krise zu stecken. Die starken EU-Länder, allen voran Deutschland, schnüren weitere Milliardenrettungspakete und lassen sich dadurch immer tiefer in die Schuldenkrise ziehen. Es gibt keine politische Lösung für die bisher schwerste Krise in Europa in diesem Jahrtausend. Es wird nach dem Motto verfahren: Wir zahlen weiter, drucken neues Geld und erkaufen uns Zeit (und wahrscheinlich auch eine Wiederwahl). Es braucht nicht viel Phantasie sich vorzustellen mit welcher Wucht das Kartenhaus zusammenfallen wird. Wie hat es ein englischer Politiker in einer eindrucksvollen Rede vor ein paar Tagen im europäischen Parlament zusammengefasst: Die Euro-Titanic hat den Eisberg gerammt und es stehen nicht genug Rettungsboote zur Verfügung.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Parlamentarische Ränkespiele in 57 Sekunden

Von Stefan Sasse

Die schnelle Abhandlung der Gesetzesvorlage zum neuen Meldegesetz, das effektiv die Daten jedes Bürgers an die Adressmafia ausliefern würde, hat für gewaltigen Wirbel gesorgt. Nicht nur spülte sie das Thema des Gesetzes selbst an die Oberfläche und sensibilisierte die Öffentlichkeit für Datenverkäufe. Die Blitzumsetzung in nur 57 Sekunden, inklusive zweier Lesungen und Abstimmungen, rief darüber hinaus, milde ausgedrückt, Unverständnis hervor. Dank dem Video-Beweis konnten sich zahllose Menschen direkt davon überzeugen, wie ein solches Gesetz manchmal verabschiedet wird. Soweit kennt die Affäre nur Verlierer. Die Regierungsfraktion musste sich schleunigst von ihrem eigenen Enwurf distanzieren, die Opposition hatte das 57-Sekunden-Desaster ebenfalls mitgemacht, und die eigentlichen Gewinner des Gesetzes, die Adressenmafia, steht nun im grellen Rampenlicht. Einen Gewinner kennt die ganze Affäre daher nicht. Was also war geschehen? Handelt es sich um ein Totalversagen des Parlamentarismus, stellt die ganze Angelegenheit eine tiefe Krise innerhalb des Systems bloß? Vieles scheint dafür zu sprechen. Die Reden beispielsweise wurden zu Protokoll gegeben, nicht gehalten, die fixen Abstimmungen waren geradezu automatisiert, und anwesend waren nicht einmal 30 Abgeordnete (zum Vergleich: für eine Beschlussfähigkeit des Parlaments müssten 311 Abgeordnete anwesend sein; diese Unterbesetzung hatten SPD und Grüne kürzlich genutzt, um das Erziehungsgeld zu verzögern). Bevor eine Bewertung vorgenommen werden kann, muss aber erst einmal die Funktionsweise des Parlaments in diesen Angelegenheiten geklärt werden.

Dienstag, 10. Juli 2012

Das Konzept von Ehre in der Welt von Westeros

Von Stefan Sasse

Vorwort: 
Ich habe den folgenden Artikel eigentlich für den "Tower of the Hand" geschrieben. Während der Arbeit an etwas, das ursprünglich eher ein typisches Geek-Projekt war, wurde mir immer mehr bewusst, welche Implikationen das Konzept von "Ehre" eigentlich auch auf unsere heutige Welt hat. Wer sich vor dem Hintergrund einer fiktiven Welt damit befassen kann, wird, so denke ich, einige interessante Schlüsse daraus ziehen können. Wem das nicht ernsthaft genug ist, der möge von einer Lektüre einfach absehen. Genug geredet, in medias res:

If there is one thing constituting the Westerosi society, it’s the generally adhered concept of honor. Engulfing the world into a tight torso of rules, people falling short of keeping up with the things expected of them are held in disdain, while people living up to its principles are regarded as paragons of virtue, at least officially. But what exactly constitutes honor in Westeros, how does one gain it, and how does one lose it? And, most importantly: how much is it worth?

Montag, 9. Juli 2012

Der Euro und sein Systemfehler

Von Marc Schanz
Die europäischen Währungsunion hat einen Systemfehler. Die Steuerung der Geldmenge der einzelnen Euro-Länder, die für eine Fiat-Währung existentiell ist, erfolgt nicht mehr über eine neutrale Notenbank, sondern wird von den Finanzmärkten bestimmt. Die Neutralität des Geldes wird zerstört und die demokratische Kontrolle der Staatsausgaben und -schulden wird hierdurch ausgehebelt.
Ein dumpfes, zermürbendes Gefühl breitet sich aus, es hat sich mehr und mehr zu einer Gewissheit verfestigt. Die Euro-Krise führt zu einem Demokratieabbau, zu Freiheits- und Wohlstandsverlusten, dessen ganzes Ausmaß noch nicht ersichtlich ist, aber uns wohl noch für mehrere Jahrzehnte belasten wird. Die Ursache liegt nicht allein in der Postmoderne, den Boulevardmedien oder volksfernen Politikern, es ist die Euro-Krise an sich und ihre unheilvolle Dynamik, die für diese Zerstörungen in Europa verantwortlich ist. Ohne ein Verständnis einer Währungsunion, ohne das Wissen der katastrophalen Konstruktionsfehler, ohne Bekämpfung der wahren Ursachen, kann diese Krise mit ihren verehrenden Auswirkungen nicht gestoppt werden.

Freitag, 6. Juli 2012

Ein Fraktionsquorum: Vermeidung des Fraktionszwangs durch neue Abstimmungsregeln

Von Hauke Laging
 
Der Konflikt zwischen Gewissensentscheidung und Stabilität der Regierungsmehrheit soll aufgelöst werden, indem die heutige parlamentarische Realität dadurch formell ins Auszählverfahren übernommen wird, dass eine große Mehrheit innerhalb einer Fraktion als einstimmige Fraktionsentscheidung gezählt wird (so dass Beschlüsse auch mit einer Minderheit an Einzelstimmen gefasst werden können).

Einer der wesentlichen Gründe für das schlechte Image der Parlamente dürfte sein, dass jedenfalls die normalen Abgeordneten kaum als individuelle Persönlichkeiten wahrgenommen werden, weil ihr entscheidendes politisches Wirken – Wie stimmen sie ab? – aus Sicht des Bürgers im voraus feststeht: Der Abgeordnete stimmt so ab, wie es ihm seine Fraktion vorgibt. Ausnahmen sind selten. Dafür gibt es das unschöne Wort Fraktionszwang, manchmal verharmlost zu Fraktionsdisziplin. Alle fänden es toll, wenn der einzelne Abgeordnete immer seinem Gewissen folgen könnte, aber wie soll man – zumal bei knappen Mehrheiten – regieren, wenn ständig unklar ist, ob die eigene Mehrheit steht? Unerklärlicherweise ist das Gewissensproblem bei Abstimmungen nämlich sehr asymmetrisch: Es tritt immer nur bei den Regierungsfraktionen auf. Oppositionsabgeordnete können es anscheinend immer mit ihrem Gewissen vereinbaren, einem Gesetz nicht zuzustimmen. Es gibt zwar die Forderung nach Abschaffung des Fraktionszwangs, etwa durch die Piratenpartei, aber diese Forderung krankt bisher daran, dass sie ohne Lösungsvorschlag für das zugrunde liegende Problem daherkommt.

Dienstag, 3. Juli 2012

"The Newsroom" - "The West Wing" auf Drogen

Von Stefan Sasse

Auf HBO ist kürzlich eine neue Serie angelaufen: "The Newsroom". Geschaffen wurde sie von Aaron Sorkin, der dem Einen oder Anderen ein Begriff sein mag: Sorkin ist nicht nur verantwortlich für das Drehbuch zum brillanten Fincher-Film "The Social Network", sondern auch der Erschaffer der wohl besten Politikserie bis dato, "The West Wing". In seiner neuen Serie "Newsroom" widmet sich Sorkin erneut dem Politischen, dieses Mal allerdings aus der Perspektive der Medien. Das Setting dreht sich hauptsächlich um die Figurenkonstellation Will McAvoy (Jeff Daniels), dem erfolgreichen News-Anchorman des fiktiven Senders ACN, und seiner Produzentin MacKenzie (Emily Mortimer). McAvoys Programm ist sehr erfolgreich, weil er jede Festlegung vermeidet und "klassische" Nachrichten macht: nicht tiefschürfend nachfragen, emotionalisieren und möglichst unparteiisch. Sonderlich zufrieden ist er damit nicht, und als seine Ex-Freundin MacKenzie zu seiner Produzentin wird und versucht, ihn von den Quoten wegzubringen, sind Konflikte praktisch vorprogrammiert. Flankiert werden die beiden von diversen Figuren aus McAvoys Stab, so etwa der tollpatschig-netten Maggie, dem etwas schleimigen Don und dem nerdigen Jim. Auch ein indischer IT-Spezialist und andere Klischeerollen fehlen nicht. Die Markenzeichen der Serie sind dieselben wie bei "West Wing": eine liberale Mission, fast religiöser Idealismus der Charaktere und scharfer, schneller Dialog. Streckenweise schaut sich "Newsroom", als ob es eine von Sorkin-Kritikern geschaffene Parodie wäre -  "West Wing" auf Drogen. Und das ist kein Kompliment. 

Montag, 2. Juli 2012

Der Weg zum "europäischen" Grundgesetz

Von Stefan Sasse

Einige besonders hellsichtige Zeitgenossen haben bereits im September 2011 die Möglichkeit eines neuen Grundgesetzes nach Artikel 146 ins Spiel gebracht, um die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Grenzpfeiler für eine weitere europäische Integration umzustoßen. Ich habe bereits damals den Gedanken konkretisiert, eine Art Verfassungskonvent einzuberufen. Inzwischen jedoch ist der Artikel 146 in aller Munde und keine reine Gedankenspielerei mehr. Spätestens seit Schäuble verkündet hat, dass er sich eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung vorstellen könne, dämmerte es auch dem letzten Beobachter, dass die Euro-Krise für Deutschland wohl mehr als monetäre Folgen haben wird. Die Diskussion drehte sich dabei hauptsächlich um das Schäuble-Wort vom Volksentscheid, das Merkel in einem ihrer üblichen Wischi-Waschi-Dementis entschärfte. Der Geist ist seither kaum in die Flasche zu bekommen, und die mannigfaltige Kritik kommt aus allen Richtungen. Eher konservative, der Regierung und ihren Vorhaben nahestehende Kräfte befürchten eine Ablehnung durch den uninformierten Mob, eher links gerichtete Kritiker befürchten eine Verfassungsänderung in konservativem Sinne durch die Hintertür. Die Zögerlichkeit Merkels, die Volksabstimmungsidee aufzugreifen, passt zudem gut in die Vorwürfe der Entdemokratisierung von Politik im Rahmen Europas. In diese Stimmung platzte nun Bundestagspräsident Lammert, der erklärte, dass es eigentlich keiner Volksabstimmung bedarf, sondern auch eine verfassungsgebende Versammlung reiche. Dieses Argument ist dasselbe, das bereits Steinbeis in seinem Artikel vergangenen September gebracht hat. Es muss keinesfalls demokratiekritische Reflexe wecken, denn eine solche Versammlung wäre keinesfalls undemokratischer als eine Volksabstimmung. Tatsächlich spricht vieles dafür, dass das Ergebnis sogar demokratischer wäre.