Freitag, 21. Dezember 2007

Weihnachtsgruß an die Kinder

Erich Kästner - Weihnachtslied
Chemisch gereinigt

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte Euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch Eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht so weit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bißchen durch die Straßen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
Macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengrün mit Osrambirnen -
Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
Denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heil’ge Nacht -
Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt für’s Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit . . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Clement

Wolfgang Clement droht mit dem Austritt aus der SPD. Wie kommt er auf die Idee, dass ihn jemand aufhalten wöllte?

Fundstücke 20.12.2007

Der Tagesspiegel zum Rentenkomplott.
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Sehr Springer-kritischer Kommentar im Stern.
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Unfug der Mehrheitsmeinung

Im Freitag ist ein Artikel erschienen, der sich mit der Frage nach Managergehältern und der Gerechtigkeit in Deutschland beschäftigt. Er enthält dabei wenig aufsehenserregendes, bis auf diesen Absatz:
Der mehrheitliche Verdruss über die soziale Ungerechtigkeit hat reale Grundlagen und ist alles andere als imaginiert, wie uns das alberne Wort von der "gefühlten Ungerechtigkeit" glauben machen will. Mit Verlaub, wenn die Mehrheit in einer demokratischen Gesellschaft bestehenden Zustände für ungerecht hält, dann sind sie ungerecht! (Quelle)
Mit Verlaub, das ist Unsinn. Nur weil die Mehrheit etwas für richtig hält, ist es nicht richtig. In diesem Fall sicherlich; dass die Einkommensverteilung in diesem Land nicht auch nur im Ansatz gerecht ist ist keine Neuigkeit, für Leser dieses Blogs schon gar nicht. Aber die Verallgemeinerung der Aussage ist Unfug. Das "gesunde Volksempfinden" gibt es nicht; es wurde aber schon immer gerne missbraucht. Nichts gewinnt Richtigkeit, nur weil eine Mehrheit davon überzeugt ist, ob es sich um eine Demokratie oder eine Diktatur handelt. In einem demokratischen Gemeinwesen ist 2+2 immer noch 4, auch wenn eine demokratische Mehrheit der Meinung ist, es sei 5. Hier hätte Detlef Henschel etwas mehr Nachdenken vor dem Schreiben nicht geschadet.

Überstunden ohne Ende

Der Betriebsrat von Opel Rüsselsheim hat nachgerechnet: die vom Unternehmen stolz als Erfolg verkündete Million abgeleisteter Überstunden im letzten Jahr ersetzt 650 vollwertige Jobs. Die Gleitzeitkonten der Mitarbeiter waren zuletzt so voll, dass der Betriebsrat am 10. Dezember die Notbremse zog und keine weiteren mehr zuließ.
650 Jobs, die hätten entstehen können. 650 sozialversicherungspflichtige, Steuern zahlende Jobs. Menschen, die nicht ALG-II brauchen. Vertan.

Mittwoch, 19. Dezember 2007

Lafontaines Haushaltsrede Rede des Jahres

Das Rhetorische Seminar Tübingen hat Lafontaines Rede vom 12.9. zum Haushaltsplan 2008 zur Rede des Jahres gekürt:

Die „Rede des Jahres 2007“ hat Oskar Lafontaine gehalten. Das Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen zeichnet in diesem Jahr Lafontaines Debattenrede vor dem Deutschen Bundestag vom 12. September aus. Sie vereint alle rhetorischen Vorzüge: argumentiert überzeugend, scheut nicht vor unpopulärer Kritik zurück, formuliert scharf, anschaulich und gibt den Benachteiligten in unserer Gesellschaft eine wirkungsvolle Stimme.

Besondere Glaubwürdigkeit gewinnt die Rede dadurch, dass sie eine unermüdlich schönredende Regierungsrhetorik mit der Wirklichkeit in unserem Lande konfrontiert. Lafontaine beruft sich auf soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und das Völkerrecht, betont den Anspruch auf Bildung für alle und fordert nach inzwischen vergessener sozialdemokratischer Tradition, dass sich Leistung auch lohnen müsse. Er bezieht sich also auf Allgemeinüberzeugungen und Werte, ohne die keine Gesellschaft überlebensfähig ist, die aber in Deutschland mit bestürzender Schnelligkeit zerfallen und im politischen Handeln keine praktische Bedeutung mehr besitzen.

Leitmotivisch bewegt sich der Redner an dem Motto „Deutschland hat allen Grund zur Zuversicht“ der vorangegangenen Merkel-Rede entlang, denunziert es Schritt für Schritt als Leerformel, spart nicht mit Beispielen, mit sarkastischen, auch witzigen Urteilen und bringt ein zentrales Element politischer Rede zur Geltung: humanes Engagement als Handlungsmaxime demokratischer Politik. (Quelle)

Sehr begrüßenswert. Hinter dem Link finden sich das Video und der Text der Rede.

Zitat des Tages

Der Big-Brother-Award wurde wieder verliehen; er zeichnet als Negativ-Preis besonders eklatante Verstöße gegen Bürgerrechte durch Überwachungsmaßnahmen aus. Besonders hervorzuheben:
Kein Preisträger: Wolfgang Schäuble

Der Innenminister bekommt keinen Big-Brother-Award, da er sich nach Ansicht der Datenschützer durchaus beachtliche Verdienste um das Datenschutzbewusstsein der Bürger erworben hat: Sie gehen inzwischen zu Tausenden auf die Straße, organisieren Internet-Demos und kündigen
Massenbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gegen seine Pläne zum Bundestrojaner an. (Quelle)
Lol.

Dienstag, 18. Dezember 2007

Fundstücke 18.12.2007

NDS zum Thema Propaganda in der privaten Rente.
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Goldman Sachs fordert Lohnerhöhungen, Bofinger ebenfalls, dazu Gustav Horn. In der FR wird außerdem "Wettbewerb" neu und vernünftig definiert. Es scheint, als drehe der Wind.
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Der Bolognaprozess scheitert. Bachelorstudenten haben die höchste Studienabbrecherquote und es gibt bei weitem nicht genug Masterplätze.
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In der BILD wird wieder Hetze gegen Arbeitslose betrieben.
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Die taz zur Natur des Kapitalismus.
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Stuttgart versucht mit dubiosen Mitteln das Bürgerbegehren gegen Stuttgart21 abzuwehren.
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Die faz zu Springer und Mathias Döpfner.
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Freitag, 14. Dezember 2007

Neue StudiVZ-AGB

Langsam wird es kriminell:
Dass das Internet nichts vergisst, davor warnen Datenschützer und Wissenschaftler seit langem. StudiVZ lebt das in seinen neuen Geschäftsbedingungen konkret vor: Punkt 3.3 der neuen AGB erklärt, dass, wenn man aus dem Netzwerk aussteigt, zwar der Account mit den persönlichen Daten nicht mehr zugänglich sei, dafür aber alle Beiträge, die der "Nutzer öffentlich zugänglich gemacht hat".

Spätestens jetzt sollten sich Studenten zweimal überlegen, ob StudiVZ der richtige Ort ist, um sich über sexuelle Vorlieben oder Trinkgewohnheiten auszutauschen. (Quelle)


Ganzer Beitrag hier.

Du bist Deutschland - Reloaded

Die Bertelsmann-Stiftung hat mit zahlreicher Unterstützung ihrer Angestellten im Bundestag den zweiten Teil der Kampagne "Du bist Deutschland" aufgelegt. Dieses Mal geht es um unsere Zukunft: unsere Kinder. Denn wir tun nicht genug für Kinder. Deswegen geht es unseren Kindern schlecht, und deswegen haben wir immer weniger Kinder. Aber wenn wir alle, jeder für sich, mehr privates Engagement für unsere Kinder zeigen, dann, ja dann, wird unsere Welt ein Stückchen besser werden.
Schon einmal aufgefallen, wie viele "wir" und "uns" allein in dem Teil da oben stehen? So verhält es sich auch mit der Kampagne. Bertelsmann, ein vollkommen altruistischer Weltkonzern ohne jegliche materiellen Ziele, hat stolz verkündet, dass Merkel und von der Leyen bei der Vorführung ein paar Tränen verdrückt hätten. Dann muss es eine tolle Kampagne sein; die erste, die Begleitmusik für schwarz-gelb hätte werden sollen, hat nach Angaben von Bertelsmann 10 Millionen Menschen dazu gebracht, sich besser zu fühlen. Die neue soll das bei 20 Millionen schaffen. Wahrscheinlich sind wir nach diesem Szenario alle eine glückliche Bertelsmannfamilie und fragen uns nicht mehr, woher diese Phantasiezahlen kommen.
Aber befassen wir uns mit der Kampagne selbst. Der Sinn und Zweck ist dabei etwas diffizil. Eine Kampagne mit solchem Budget könnte in der Politik ein Erdbeben auslösen, ohne Frage. Die Familienpolitik in Richtung Antworten treiben. Aber genau das will die Kampagne dezidiert nicht. Was sie will ist vielmehr etwas anderes. Das offenbart sich auch schon im Bild: schöne, deutsche und weiße Kinder aus reichen Akademikerhaushalten blicken vom Zelluloid herab. Migranten- oder arme Kinder? Fehlanzeige. Alleinerziehende? Problemfamilien? Nichts von alledem.
Stattdessen findet sich in der Broschüre ein Hammerspruch:
Zugleich verknappen die sinkenden Geburtenzahlen das Rekrutierungspotential von Polizei und Bundeswehr und stellen damit deren Einsatzfähigkeit langfristig in Frage.
Scheint so, als ob Alice Schwarzer letztlich Recht behielte und tatsächlich wieder Kinder für den Führer geboren werden sollen. Nur verwette ich viel, viel Geld darauf, dass sie sich vollkommen mucksmäuschenstill verhalten wird.
Viel Schlimmer aber wiegt die eigentliche Botschaft der Kampagne, die angesichts der Initiation durch die Bertelsmann'schen Thinktanks nicht verwundern darf und geradezu dem neoliberalen Handbuch zu entspringen scheint: nicht der Staat hat hier durch vernünftige Familien- und Sozialpolitik etwas zu regeln, sondern die Menschen individuell und eigenverantwortlich (und damit letztlich im freien Friss-oder-Stirb-Wettbewerb stehend) dagegen vorzugehen. Jeder für sich und gegen den anderen. Die schöne neue Welt, die die Kampagne hier zu suggerieren versucht wirft die deutsche Gesellschaft erneut in ihrer Entwicklung um hunderte von Jahren zurück - eine sozialdarwinistische Utopie derer, die es sich leisten können, die mit Werbemillionen im Hochglanzpaket unter das Volk gemischt werden soll.

Unberührt jeglicher Sachkenntnis und unter der Flagge heiliger Empörung

Bei einer Probeabstimmung hat die CDU überwiegend für den Postmindestlohn votiert, das Gesetz ginge durch. Grund genug für die Mindestlohngegner, noch einmal schwere Geschütze aufzufahren. Während Nahles mit einer locker-leichten Rückhand den Englandverweis anbringt und damit die politischen Gegner entkräftet, weiß Westerwelle wieder einmal als Witzfigur zu überzeugen:
Dagegen übte FDP-Chef Guido Westerwelle Grundsatzkritik an der geplanten Regelung, über die das Parlament später abstimmen wollte. "Das ist eine der folgenschwersten Entscheidungen gegen die soziale Marktwirtschaft", rief er.

Nach dieser Entscheidung könne man künftig die Löhne auch gleich staatlich festsetzen. "Das ist dann DDR, nur ohne Mauer!"


So sehen Gewinner aus

Ein Gastbeitrag von J

Der Ring politischer Jugend (RpJ), als Zusammenschluß parteipolitischer Jugendverbände Deutschlands, hat es sich zum selbsterklärten Ziel gemacht, Menschen zu freien Staatsbürgern heranzubilden. Was die Junge Union, die Jusos, die Grüne Jugend und Junge Liberale unter einem freien Staatsbürger verstehen, haben sie mehrfach unter Beweis gestellt. Weniger Bildung zum mündigen Menschen, als Ausbildung zum staatstreuen Untertan, der nicht das Warum und Wieso erfahren möchte, sondern anpackt und umsetzt, was sich innerhalb dieser Gesellschaft als Norm und Konvention darstellt.

Wie sehr das Demokratentum innerhalb dieses gutbürgerlichen Zusammenschlusses in Agonie liegt, läßt der Bundesvorsitzende der Jungen Union sichtbar werden. In selbstgerechter Dekadenz mimt er den braven Deutschen, der sich gewissenhaft der neuen Linksproblematik annimmt.
"Die Junge Union Deutschlands hat als einzige Jugendorganisation gegen die Aufnahme der Linksjugend ['solid] in den RPJ gestimmt. Da im RPJ das Einstimmigkeitsprinzip gilt, wird die Linksjugend ['solid] damit nicht aufgenommen. [...] ['solid] hat sich Zeit seiner Existenz als grundsätzliche, antikapitalistische, außerparlamentarische und in Teilen antiparlamentarische Systemopposition verstanden, die das bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu überwinden suchte." - Philipp Mißfelder, Bundesvorstand der Jungen Union
Wir müssen Mißfelder, so sympathisch er auch lächelt, aus seiner Rolle heraus begreifen. Als Apparatschik der RpJ und der Jungen Union, d.h. durch seine Ausbildung zum treuen Staatsbürger, der die gegebenen Zustände als die einzig wahren und verfechtenswerten begreift, kann er niemand dulden, der die herrschenden Zustände verändern möchte. Der Konservative will die Konservierung des Gegebenen - Mißfelder predigt insofern aus der Konserve. Ohne nach dem Wieso zu fragen, ohne erfahren zu wollen, warum der Verfassungsschutz überhaupt eine Berechtigung hat, eine Partei mit demokratischen Programm zu observieren, stützt er seine Entscheidung auf zweifelhafte Praxis eines Repressionsapparates. Eines Apparates, der seit nunmehr fünf Jahrzehnten jegliche linke Opposition - ob parlamentarisch oder außerparlamentarisch - gängelt, drangsaliert und in die Ecke des Terrors stellt.

Wir tun aber Mißfelder Unrecht, wenn wir ihn in die Rolle des Bewahrers pressen wollen. Sehr wohl durchdenkt er gesellschaftliche Abläufe und macht innovative Vorschläge, es künftig anders - aus seiner Sicht: besser - zu machen: "Ich halte nichts davon, wenn 85jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen." Damit wollte er "auf die Probleme künftiger Generationen hinweisen". Ausnahmsweise entfernt er sich also in dieser Frage vom conservare. Lediglich die Negation der Würde älterer Mitmenschen, sein Ja zur Selektion durch unterlassene Hilfe erinnert an Szenarien, die dieses Land so und ähnlich schon über sich ergehen lassen mußte. Der Konservative Mißfelder ein Konservierter?

Gestern machte ihn die BILD-Zeitung zum "Gewinner des Tages", weil er "Linksextremisten keine Staatsknete" zukommen läßt. Für jemanden, der Menschen die Hilfe verweigern würde, spricht dieser Herr recht unbekümmert von Extremisten. Die "Staatsknete" soll den treuen Staatsbürgern und ihren Parteien vorbehalten bleiben. Immerhin hat Mißfelder noch eine lange Karriere vor sich, die abgesichert sein will. ['solid] indes sollte froh sein, diesem dünkelhaften Gleichschrittsverband entkommen zu sein.

Überhaupt muß die Frage gestellt werden dürfen, ob und wie notwendig Parteien sind, wenn es darum geht, Menschen zu Freiheit und Mündigkeit anzuleiten.

Fundstücke 14.12.2007 [Update 2]

Guter Artikel zu den Vorgängen in der Schweiz.
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Auf den NDS hat sich eine Bremer Lehrerin zu den horrenden Zuständen an der Schule geäußert.
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Dummheit der OECD-Studie.
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Die FTD berichtet begeistert über ein perverses Kindergartenprojekt.
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Die EU-Eliten ignorieren das Volk.
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Wer einmal einen Tiefpunkt des Journalismus' in Deutschland sehen will, klicke hier.
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Schon etwas älter, aber trotzdem abstoßend und widerwärtig.
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Die Maschen der Post-Konkurrenz sind ja kaum noch erträglich, aber wer es sich geben will: hier.
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Donnerstag, 13. Dezember 2007

Jürgen Trittin zum Mindestlohn

Im BILDBlog äußert sich Jürgen Trittin (wahrscheinlich einer der wenigen kompetenten Minister, die wir je hatten) zum Mindestlohn und der BILD-Berichterstattung. Lesenswert!

Zu geistigem Dünnschiss aus Politikermund

Zwei Zitate heute, beide von ausnahmslos unsympathischen Gesellen:
Ein überraschender Beitrag zu der Debatte [um zu hohe Managergehälter, Anm. d. Verf.] kommt vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Seiner Ansicht nach verdienen führende Politiker zu wenig Geld. "Die Besoldung für Politiker ist eindeutig nicht angemessen, etwa im Vergleich zu dem, was wir Verwaltungsdirektoren von Kliniken oder Sparkassendirektoren bezahlen", sagte Koch, der auch stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender ist, in der "Frankfurter Rundschau". "Das ist politisch aber auf überschaubare Zeit nicht zu ändern", sagte Koch. "Neid ist mir ohnehin fremd." (Quelle)
Natürlich. "Mein Gehalt ist im Vergleich zu dem, dem und dem zu niedrig, es müsste viel höher sein, aber Neid ist mir fremd."
Oswald sagte, die Vergütung müsse nicht nur die Verantwortung berücksichtigen, sondern auch das Risiko, die Stellung zu verlieren. "Ein Weltkonzern kann keine niedrigen Gehälter zahlen, sonst bekommt er nicht die besten Leute." Wer Managergehälter kritisiere, solle erst einmal nachweisen, dass er die Arbeit besser machen könne, sagte Oswald. (Quelle)
Klar. Ich finde das eine gute Idee, wenn man nur kritisieren darf, was man nachweislich besser machen könnte. Dann nehmt mal euren Hut, Schäuble, Glos und all ihr anderen, die ihr nicht mal den Internet Explorer bedienen könnt. Eine bessere Legitimation für euren Rücktritt bekommt ihr nie.
Davon abgesehen: seit wann wird im Niedriglohnbereich das Risiko, seine Stelle zu verlieren, vergütet?

Zitat des Tages

Bei der Diskussion um das Postmonopol ist der Umweltaspekt bisher kaum diskutiert worden. Seit der Freigabe des Paketmonopols habe ich bis zu sechs verschiedene Fahrzeuge von Paketdiensten auf meinem Hof. Ein fast normaler Tag sieht bei mir so aus: 9 Uhr: UPS bringt einen Umschlag mit Fotos. 10.15 Uhr: die gelbe Post kommt mit ein paar Briefen und einem Päckchen. 11 Uhr: der Hermes Paketdienst bringt ein Ersatzteil für mein Labor. 12 Uhr: Iloxx bringt einen Umschlag mit Fotos. 13.30 Uhr: FedEx bringt noch einen Umschlag mit Fotos. 16.45 Uhr German Parcel bringt ein Päckchen Fotochemie.

Da ich außerhalb eines Ballungsgebietes wohne, kann ich mir leicht ausrechnen, dass meine Postzustellung mit sechs Fahrzeugen etliche Liter Sprit kostet und damit viele Emissionen verursacht. Mir graut schon vor dem Gedanken, dass dieser Verkehr durch die Briefpostfreigabe noch drastisch weiterwächst. Meine Hofauffahrt muss ich dann wahrscheinlich monatlich ausbessern lassen.

Die meisten Postzusteller können nur mit ergänzender Sozialhilfe leben. Somit subventioniert der Staat (das sind wir) diese Postzustellungen auch noch. Ich bin auch gegen Monopolisten, die uns ausbeuten, aber das Postmonopol muss einer staatlichen Lenkung unterliegen, sonst ersticken wir am Verkehr und an den Folgekosten. (Quelle: taz-Leserbrief)

Verdopplung der Staatsschuld Sachsens?

Der sächsische CDU-Ministerpräsident Milbradt hat durch das selbstverschuldete Bankdesaster um die Sachsen-LB die Aussicht, die Staatsschuld um satte 1000 Euro pro Bürger zu heben - 4,3 Milliarden Euro - und damit faktisch zu verdoppeln. Und da sage noch irgendjemand, die Linken könnten nicht mit Geld umgehen.

Nachtrag: Die Süddeutsche hat einen netten Artikel zum Thema verfasst.

Fundstücke 13.12.2007

Mal wieder Argumente gegen den "demographischen Wandel".
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Zehn Argumente für hohe Managergehälter. Zum Brüllen.
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Die Studiengebühren bringen bisher praktisch keine Verbesserung, weil das Geld zurückgehalten wird - illegal.
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Rüttgers knickt vor der FDP ein.
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Das Arbeitsgericht stellt keinen Anwalt. Damit besteht keine Chance für Arme, ihre Rechte durchzusetzen.
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Und die EU-Verfassung ist unterzeichnet. Ein Referendum gibt es nur in Irland. Ohne Umschweife, offen und gnadenlos wird die Demokratie abgeschafft.
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Wer ein richtig krasses Beispiel für deutsche Zensur sehen will, der klicke hier.
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Telepolis zu Managergehältern.
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Wieder Journalisten wegen "Terrorverdacht" verhaftet.
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BILDBlog-Nachtrag zum BILD-Erbschaftssteuerreformartikel.
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Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.
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Zum Verhältnis der CDU und der Kirchen.
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Beunruhigendes vom "Schweizer Schäuble" Blocher.
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Mittwoch, 12. Dezember 2007

BILD auf Kreuzzug, Teil XX

In der BILD hat Dirk Hoeren einen Artikel verfasst (falls man diese intellektuelle Unterforderung auf zehn Zeilen überhaupt so nennen kann), in dem er gegen die neue Erbschaftssteuerreform wettert. In dem plappert er davon, dass die Politik eine "Chance" vertan habe, nämlich die, die Erbschaftssteuer ganz abzuschaffen. Dafür hätte sie einfach nur "nichts tun" müssen, da das BVerfG-Urteil - das eine Revision gefordert hatte - diese dann kassiert hätte.Die Begründung ist:

Dem weiteren Abkassieren einer Steuer auf bereits mehrfach besteuertes Vermögen ist damit auf Dauer der Boden bereitet.
Damit zeigt sich wieder einmal das wahre Klientel der BILD. Denn das schnuckelige Eigenheim, dass die Zeitung daneben abdruckt, ist natürlich grob irreführend. Denn die Freibträge sind so hoch, dass Omas Eigenheim nicht in Gefahr ist; 80% eines geerbten Betriebes sind ebenfalls steuerfrei. Die Agitation, die Hoeren hier betreibt, kommt wie üblich den reichsten zwei Prozent zugute, denen, die massenhaft unverdientes Vermögen erben würden. Nicht gearbeitet, keine Hindernisse im Leben dank Papas Kohle, und vom Staat dafür die Garantie für lebenslangen Bestand - so sieht die BILD-Vision der Gerechtigkeit der Zukunft aus.

Fundstücke 12.12.2007

Managerschelte kommt in Mode, befindet die Telepolis. In der Tat ist der Trend befremdlich, dass Managerschelte als Blitzableiter für soziale Probleme gewählt wird.
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Roland Koch redet mal wieder Mist.
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Fachkräftemangel und Studiengebühren

Jetzt ist es amtlich: alle Hochschulen, die Studiengebühren erheben, haben sinkende Studentenzahlen, solche, die keine erheben, steigende. Das passt natürlich gut zur Lamtentiererei um die fehlenden Fachkräfte, die im internationalen Vergleich absurd niedrige Studentenquote und der soziale Schere.

Dienstag, 11. Dezember 2007

Fundstücke 11.12.2007

Anti-Alkohol-Werbung wirkt kontraproduktiv.
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Vom Kopftuchstreit, schöne Analyse.
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Die FTD bekennt sich zur Regulierung des Finanzmarkts.
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Kritische Wissenschaft fällt Bologna zum Opfer.
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Springer in Not.
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Wie die BILD Oettinger im Griff hat.
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Zur neuen Erbschaftssteuer.
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Schäubles Verständnis vom Rechtsstaat

Der Annalist hat ein Spiegelinterview mit Schäuble auseinandergenommen, das ich euch nicht vorenthalten will:

Es gibt Dinge, denen ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Bundesinnenminister Schäuble und US-Heimatschutzminister Chertoff diese Woche im Spiegel-Interview:

"Guantanamo ist nur ein Symbol"

Spiegel: (...) Können Sie sich wenigstens dazu durchringen, dass Guantanamo keine Lösung ist?

Schäuble: Jeder in Europa stimmt zu, dass Guantanamo nicht die Lösung sein kann. Da gibt es für mich kein Augenzwinkern. Gegen Guantanamo zu sein ist einfach, die Entwicklung konstruktiver Vorschläge ungleich schwieriger. Aber all das führt uns doch dazu, dass wir offen darüber nachdenken müsen, was die Alternativen sein können. Das tun wir.

Spiegel: Her Chertoff, sind Sie bereit, Guantanamo zu schließen?

Chertoff: Präsident George W. Bush hat es so gesagt: Es wäre wunderbar, wenn wir Guantanamo schließen könnten. Aber darum geht es nicht. (...)

(...)

Chertoff: Zu Einzelfällen möchte ich mich nicht äußern, aber hier ist das Problem: Im amerikanischen Gerichtssaal unter amerikanischem Recht müssen wir Beweise in einer für alle Parteien nachprüfbaren Weise sammeln und Zeugen präsentieren. Wir können doch nicht in Afghanistan rumlaufen und die Taliban bitten, uns in Ruhe Tatortfotos schießen zu lassen.

Spiegel: Was ist denn mit den Berichten über die Misshandlungen von Gefangenen durch das sogenannte Waterboarding etwa, bei derm der Häftling fürchten muss zu ertrinken? Das ist doch der wahre Grund, warum Sie die Gerichte scheuen.

Chertoff: Nein. Für uns ist zum Beispiel schwierig, dass jeder Verdächtige in amerikanischen Verfahren das Recht auf einen Anwalt und Aussageverweigerung hat. (...)

Spiegel: Mit Verlaub, aber das Recht auf einen Anwalt ist eine der fundamentalen Errungenschaften des Rechtsstaats.

Chertoff: Nicht im Krieg. (...)

Spiegel: Herr Schäuble, fürchten Sie nicht, dass der Kollateralschaden für den Rechtsstaat durch diese Praxis gewaltig ist?

Schäuble: Wir haben uns ja genau deshalb zusammengesetzt und ringen um Lösungen, um das zu verhindern. Sie sehen doch an diesem Gespräch: Es ist schwierig und genau deshalb werde ich keine Denkverbote akzeptieren.

(...)

Spiegel: Wie definieren Sie die derzeitige Situation? Bekämpfen wir den Terrorismus - oder befinden wir uns in einem Krieg gegen den Terrorismus, wie es die amerikanische Regierung seit Jahren behauptet?

Schäuble: Das ist doch eine Frage der Semantik. Die Vereinten Nationen haben den USA jedenfalls das Recht zugesprochen, sich gegen einen bewaffneten Angriff zu verteidigen.

(...)

Spiegel: Können Sie denn zumindest die Sorge nachvollziehen, dass, während Sie noch nach Regeln suchen, die Menschenrechte verlorengehen?

Schäuble: Ja, aber ich glaube, wir bemühen uns alle, dass genau das nicht geschieht. Und ich will daran erinnern, dass eines der fundamentalen Menschenrechte auch das Recht auf Sicherheit ist.

(...)

Der Spiegel, 50/ 2007, S. 27

Quelle

Bei Anruf Abzocke

Vor einiger Zeit erschien in der Zeit ein Artikel über Wallraffs Recherche bei Callcentern, heute abend läuft um 21 Uhr im ZDF die zugehörige Fernsehreportage. Anschauen!

Montag, 10. Dezember 2007

Feministischer Staatssozialismus

Hierzulande warnt nicht nur die FDP gebetsmühlenartig vor Mindestlöhnen als einem Schritt in den Sozialismus, unser Land sei zu reguliert und überhaupt total unfrei. Dass auf der anderen Seite Frauenquoten und ähnliches Unfug akzeptiert werden, macht keinen Sinn, ist aber so. Eins drauf setzen dabei die Norweger, bei denen ein Gesetz Gültigkeit erhält, nachdem 40% der Vorstandsmitglieder auch bei Privatunternehmen weiblich sein müssen - ohne Ausnahme. Ein Unternehmen, das sich nicht an dieses Gesetz hält, wird aufgelöst. Punkt.
Und das Ganze geht vollkommen ohne Aufschrei von der Bühne. Der norwegische Unternehmerverband hat inzwischen eine elitäre Kaderschmiede entwickelt, die ausschließlich Frauen für Vorstandsaufgaben ausbildet. Die Absolventinnen können sich, gleich welcher Qualifikation, über eine sichere Stelle freuen - dem Gesetz sei Dank. Wahrscheinlich tut dieses Gesetz wirklich viel für Gleichberechtigung und ein besseres Verständnis zwischen Frau und Mann, wenn die ersten paar hundert männlichen Vorstände trotz guter Leistungen wegen der Quote plötzlich auf der Straße stehen.

Nachtrag: In der Zeit wird darauf ein Loblied gesungen, angeblich fördere es die Demokratie.

Nieder mit dem Rechtsstaat!

In der Welt (Springerpresse) ist ein Bericht erschienen, der eine gewaltige Zunahme an Verbrechen in Deutschland suggeriert und eine dringende Notwendigkeit aller möglichen Überwachungsmethoden impliziert. Man muss sich davon Ausschnitte auf der Zunge zergehen lassen, um es zu glauben. Offen wird hier gegen die Verfassung und geltendes Recht verstoßen, und die Täter sitzen nicht in Moscheen, sondern im Bundestag.
Das Ausmaß der organisierten Kriminalität werde unterschätzt, vor allem sei die Gesetzgebung zu schwach. In Italien sei die akustische Wohnraumüberwachung das zentrale Mittel der Fahnder, Tausende Mafiosi seien dank der Verwanzung von Wohnungen festgenommen worden. In Deutschland dagegen könne die Technik - von Gegnern mit dem Schmähbegriff "Großer Lauschangriff" versehen - kaum eingesetzt werden. "Die Mafia weiß das, sie studiert minutiös die rechtlichen Möglichkeiten der Polizei", sagte Scarpinato. Nach seiner Erkenntnis expandiere die Cosa Nostra gerade deshalb gen Norden, weil sie ihre Geschäfte dort gefahrloser abwickeln könne.
Wo der Terror offensichtlich als Thema ausgelutscht ist, kommt plötzlich die Mafia ins Spiel. Sie ist in Deutschland natürlich wirklich ein drängendes Problem. Scarpinto, der sizilianischer Staatsanwalt ist und sich dem Welt-Artikel zufolge unter Lebensgefahr nach Deutschland begab, um den dortigen Beamten diese Weisheiten nahezubringen - man beachte den unfreiwilligen Humor -, will, dass überall ungehemmt der Staat herumschnüffelt. Das geht hier in Deutschland, bedauernswerterweise, nicht, weil:
In der Tat wird die akustische Wohnraumüberwachung seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem März 2004 hierzulande kaum noch eingesetzt. Abgehört werden darf seitdem nur noch, sofern nicht der "Kernbereich privater Lebensführung" tangiert wird. Sobald die belauschten Verdächtigen ein intimes Wort fallen lassen, müssen die Wanzen abgeschaltet werden. "Damit wurde uns ein wichtiges Werkzeug quasi aus der Hand geschlagen", sagt Klaus Jansen, Bundesvorsitzender des Bundes der Kriminalbeamten (BdK). "Durch dieses wirklichkeitsfremde Urteil findet die Wohnraumüberwachung praktisch nicht mehr statt." Die Fahnder seien frustriert, die organisierte Kriminalität vor dem Staat geschützt.
Wirklichkeitsfremd. Wirklichkeitsfremd. Wirklichkeitsfremd. Man muss das Wort wirklich mehrmals lesen, es steht wirklich hier. BdK-Chef Jansen macht sich hier wirklich selbst zum Kriminellen, mit einer absurden, verhetzenden und geradezu widerwärtigen Rhetorik.
Aber man kann sich auf die Welt verlassen, sie bringt auch andere Meinungen ein, schließlich ist das ja seriöser Journalismus:
"Will der Staat, ja wollen wir alle, dass in Fällen schwerster Kriminalität den Strafverfolgungsbehörden ein brauchbares Ermittlungsinstrument zur Verfügung gestellt wird, dann ist eine handhabbare und schlagkräftige Wohnraumüberwachung geradezu unverzichtbar", sagte Breidling.
oder:
Führende Vertreter von Bundes- und Landeskriminalämtern gehen noch weiter. In einem vertraulichen Bericht an die Innenministerkonferenz, die diese Woche in Berlin tagte, fordern sie neben der akustischen auch eine Videoüberwachung von Wohnungen. BdK-Chef Jansen sieht außerdem die Notwendigkeit, auch die heimliche Durchsuchung von Wohnungen zu ermöglichen.
Führende Vertreter, na, dann muss es ja stimmen!
Ginge es allein nach der Union, könnten viele dieser Forderungen umgehend umgesetzt werden. "Der Schutz der Privatsphäre ist zu einem Schutzschild für Verbrecher geworden, das Deutschland zu einem Biotop für Terroristen und organisierte Kriminelle macht", sagt der rechtspolitische Sprecher der Union, Jürgen Gehb. Er plädiert dafür, Karlsruhe immer wieder neu mit dieser Thematik zu konfrontieren. "Vielleicht gibt es irgendwann einen Erkenntnisgewinn", so Gehb.
Jetzt wird es endgültig abenteuerlich. Dass die Union den Willen zur politischen Umsetzung hat, zweifle ich keine Sekunde an; dass sie offen droht, das BVerfG in seiner Arbeit zu behindern ist wirklich krass. Das BKA fordert derweil im Übrigen den "Großen Spähangriff" und das Feindstrafrecht.

Und diese Leute beschützen Deutschland! Gute Nacht.










Quo vadis, Sozialstaat?

Der Antritt Olaf Scholz' zu seiner neuen Stelle als Sozial- und Arbeitsminister ist bezeichnend. So operiert er gleich zu Beginn am Rande und außerhalb geltenden Rechts. Beispielhaft ist hierfür, dass im Krankenhaus liegenden ALG-II-Empfängern rechtswidrig die Leistungen gekürzt wurden, weil diese ja im Krankenhaus umsonst äßen und deswegen die Esskosten nicht bräuchten.
Ebenfalls vortrefflich ist eine Initiative auf EU-Ebene, die erlaubte Höchstarbeitszeit von derzeit 48 Stunden/Woche auf bis zu 60 (!!!) Stunden/Woche auszudehnen.
Interessant dürfte in diesem Zusammenhang sein, dass es aus Hart-IV kaum ein Entkommen gibt und auch niemand verschont wird. Im SZ-Magazin findet sich der Bericht eines arbeitslosen, hochqualifizierten Managers, der nicht mehr aus ALG-II herauskommt - und der frösteln lässt und wieder einmal die Unwirksamkeit der Reformen und ihren menschenverachtenden Habitus herausstellt.
Im Spiegel (ausgerechnet!) findet sich dagegen ein Bericht eines PIN-Mitarbeiters, der von den katastrophalen (und teilweise ebenfalls offen illegalen) Arbeitsbedingungen bei der hoffentlich pleite gehenden PIN-Group berichtet. Erschütternd.

Merz zur FDP?

Die FDP hat Merz angeboten, zu ihr zu wechseln (was dieser abgelehnt hat). Einmal davon abgsehen, dass derzeit alle asozialen Politiker ein Angebot zum Parteiwechsel von der FPD zu bekommen scheinen, überrascht eine Phrase der FPD zum Wechsel selbst:
"Jeder aufrechte, freiheitlich denkende Verfechter der sozialen Marktwirtschaft ist uns willkommen. Daher würde ich mich über einen Wechsel von Friedrich Merz freuen", sagte Pinkwart der "Bild am Sonntag". (Quelle)
Na dann.

Samstag, 8. Dezember 2007

In eigener Sache

Quasi passend zur Vorweihnachtszeit möchte ich an dieser Stelle ein dickes "Dankeschön!" an alle Leser aussprechen. Am 5.12. habe ich meinen bisherigen Besucherrekord verbuchen können - 1314 Besucher. Ich möchte die Gelegenheit auch gleich nutzen, euch einige alte Angebote zu erneuern: wenn ihr Verbesserungsvorschläge habt, Kritik, Ideen - schreiben. Entweder als Kommentar oder als Mail. Wer Lust hat, darf auch gerne Gastbeiträge hier veröffentlichen, sei es, weil ihm ein Thema unter den Nägeln brennt oder weil er eine Replik oder Gegenrede auf einen hier veröffentlichten Beitrag schreiben will. Sofern gewisse formale Anforderungen (Rechtschreibung, Unterlassen von Beleidigungen) gewahrt bleiben, werde ich den Beitrag in jedem Fall online stellen.
Und nun - einen schönen Tag noch, viel Spaß auch weiterhin beim Oeffinger Freidenker und bleibt dabei! ;)

Aus für PIN?

Am Montag soll bei Springer darüber entschieden werden, ob die PIN aufgelöst wird - indem man ihr den Geldhahn abdreht und sie so in die Insolvenz rutschen lässt, was die billigste Lösung ist. Zeit wäre es. Unternehmen die völlig unnachgefragte Leistungen anbieten und die nur bestehen können weil sie Löhne zahlen, die deutlich unter dem Existenzminimum liegen, sind nicht nur schlicht überflüssig - sie sind auch gefährlich. Denn die Differenz zwischen dem Brosamen, den PIN als Lohn verkauft (Löhne von unter 4,50 Euro!) und dem, was ein Mensch nun einmal zum Überleben braucht, wird aus der Steuerkasse bezahlt - via Hartz-IV. Das bedeutet, dass alle Deutschen dafür bezahlen, dass ein raffgieriges und asoziales Unternehmen Geld mit etwas verdienen kann, was überflüssig wie ein Kropf ist - nämlich Briefe austragen, wo es bereits Leute gibt, die die Strukturen dafür haben.
Selbst wenn durch diesen "Wettbewerb" (der keiner ist, weil PIN massiv vom Staat subventioniert würde!) zu Preissenkungen führte (was ich nicht glaube), dann würde das den Bundesbürgern gar nicht, wirklich gar nichts, bringen, weil diese Preissenkungen, die PIN möglicherweise anbieten könnte, aus dem allgemeinen Steuersäckel gegenfinanziert werden. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie widerwärtig ich dieses Geschäftsgebahren finde. Es ist Zeit für einen flächendeckenden Mindestlohn von mindestens 7,50€, besser 8€ und mehr. Andere Länder haben vorgemacht wie es geht, ohne dass auch nur ein Arbeitsplatz weggefallen wäre.
Und wer jetzt das Trauerlied von den armen PIN-beschäftigten anstimmt, die jetzt ihre Jobs verlieren - der Wert eines Jobs, von dem man nicht leben kann und der miserable Bedingungen bietet, mit einem Arbeitgeber, der einen zu Demonstrationen gegen Lohnerhöhungen zwingt - der rangiert bei 0 oder darunter. Davon abgesehen hat die Post wohl bereits angekündigt, Mitarbeiter von PIN übernehmen zu wollen. Das wäre zu begrüßen, dann könnten sie vielleicht vom Geld sogar leben.

Nachtrag: Blogsgesang beschäftigt sich mit seinem Artikel "Der Mindestlohn als Ordnungsfaktor" ebenfalls dezidiert mit dem Thema.

Gesetz gegen zu hohe Managerabfindungen?

Im Rennen um den Titel "Krass sozialste Partei von ganz groß weit Deutschland" (oder so ähnlich) fordert die SPD nun ein Gesetz gegen zu hohe Managerabfindungen. Die Argumenation, die sich hier, hier, hier und hier nachlesen lässt, ist durchweg richtig - nur warum bleibt das Gefühl, dass hier Nebelkerzen geworfen werden? Vielleicht, weil sich Teile der Industrie auch dahinter stellen, die selber Dreck am Stecken haben? Wer weiß...

Fundstücke 8.12.2007

Lesenswerter Artikel zur BILD-Mindestlohn-Politik im BILDBlog.
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In den USA gibt es wieder eine neue tolle Polizeitaktik: zur besten Geschäftszeit marschieren vier vollbewaffnete und gepanzerte SWAT-Leute (das "Hercules-Team") in einen Büroturm wie das Empire State Building und schauen böse. Währenddessen wird die ganze Show von einem Intelligence-Typen beobachtet, der schaut, ob jemand besonders erschreckt aussieht. Der ist dann verdächtig und wird überwacht. Sinn des Ganzen ist daneben auch, die Leute in Furcht zu versetzen. Natürlich nur die "richtigen".
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Die Kreationisten haben wieder zugeschlagen.
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Die FDP versucht drei arbeitnehmerfreundliche Gesetze zu stoppen und verprasst dabei Steuergelder.
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Polizisten gegen Polizeigewalt.
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Bush stärkt den amerikanischen Liberalismus.
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Im Stammland

Hessen war immer Stammland der Sozialdemokraten, wie Roland Koch gerne betont. Der CDU-Mann hat das Land 1999 auf die nicht ganz koschere Art gewonnen, indem er "gegen die Ausländer unterschreiben" ließ (vielfach gehörtes Originalzitat an den CDU-Wahlständen zur Unterschriftensammlung gegen die doppelte Staatsbürgerschaft). Rechtspopulistisch gegen Ausländer Stimmung zu machen half auch bei der zweiten Wahl 2003. Dieses Mal wird es wohl nicht reichen - derzeit liegt schwarz gelb bei 47%, rot-rot-grün käme auf eine Mehrheit - rechnerisch.
Grund genug für Roland Koch, sich auf die Pfade von CSU-Langweiler Erwin Huber zu begeben, noch einen drauf zu setzen und vor einem wirklich drängenden Problem zu warnen: die Kommunisten stehen vor den Toren! Wer sich nun verwundert die Augen reibt, dürfte das zu Recht tun. Die Kommunisten? Wo?
Für Koch stehen "Kommunisten" für
- die SPD (etwa 36%)
- die Grünen (etwa 9%)
- die Linke (etwa 6%)
Während die Linke ihm beinahe mit den Gefallen getan hätte, indem sie einen bekenennden Kommunisten zum Spitzenkandidaten wählte (was irgendjemand mit wahltaktischem Verstand glücklicherweise rückgängig machte), entbehren die anderen beiden nun wirklicher jeder Logik. Ebenfalls bezeichnend: Hubers Schmähung dieser ach so linken Parteien als Sozialisten reicht Koch nicht aus, für ihn sind es gleich Kommunisten, Rote Horden quasi, die aus dem Dunkel des Ostens über sein braunes Musterland herzufallen und die freiwillige Gesamtschule einzuführen drohen. Das Ganze wird mit dem im Januar einsetzenden Wahlkampf wohl noch viel bizarrer werden als ohnehin. Wehe den Hessen, wenn Koch wieder gewinnt.

Donnerstag, 6. Dezember 2007

Einbrüche in der Automobilindustrie

Die deutsche Automobilbranche hat in diesem Jahr herbe Einbrüche hinnehmen müssen; ganz besonders Opel, aber auch andere. Verwundern muss das nicht. Um 1902 hat Henry Ford erkannt, dass Autos keine Autos kaufen. Er formulierte, dass der Ehrgeiz eines jeden Unternehmers sein müsse, die höchsten Löhne in der Umgebung zu bezahlen. Durch die halbwegs ordentliche Bezahlung seiner Mitarbeiter konnten diese auf einen Ford sparen, und die Firma wurde zum Global Player.
Nun, da die Löhne ständig sinken und der Druck von außen ständig zunimmt, an jeder Ecke geschrieben wird, dass Zurückhaltung nötig ist und weitere Zumutungen nötig sind, die Mehrwertsteuer erhöht wurde, die Inflation steigt ohne dass die Löhne mitziehen würden - wen verwundert, dass niemand Geld in einen Neuwagen investieren will?
Auch 2007 kaufen Autos keine Autos.

Fundstücke 6.12.2007

In Telepolis ist ein fundierter Artikel zum Thema Managergehälter, Managermoral und Managerprobleme erschienen. Sehr empfehlenswert, da ruhig und unhysterisch.
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Welche miesen Tricks die Regierung beim Thema Schleichwerbung einsetzt, findet man hier.
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Auch die Linke kann echt albern werden.
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In der Welt wird über Managergehälter philosophiert, was Feynsinn treffend kommentiert.
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Zitat des Tages

10 easy steps to create an enemy and start a war:
Listen closely because we will all see this weapon used in our lives.
It can be used on a society of the most ignorant to the most highly educated.
We need to see their tactics as a weapon against humanity and not as truth.

First step: create the enemy. Sometimes this will be done for you.

Second step: be sure the enemy you have chosen is nothing like you.
Find obvious differences like race, language, religion, dietary habits
fashion. Emphasize that their soldiers are not doing a job,
they are heartless murderers who enjoy killing!

Third step: Once these differences are established continue to reinforce them
with all disseminated information.

Fourth step: Have the media broadcast only the ruling party's information
this can be done through state run media.
Remember, in times of conflict all for-profit media repeats the ruling party's information.
Therefore all for-profit media becomes state-run.

Fifth step: show this enemy in actions that seem strange, militant, or different.
Always portray the enemy as non-human, evil, a killing machine.

[Chorus:]
THIS IS HOW TO CREATE AN ENEMY. THIS IS HOW TO START A WAR.
THIS IS HOW TO CREATE AN ENEMY.

Sixth step: Eliminate opposition to the ruling party.
Create an "Us versus Them" mentality. Leave no room for opinions in between.
One that does not support all actions of the ruling party should be considered a traitor.

Seventh step: Use nationalistic and/or religious symbols and rhetoric to define all actions.
This can be achieved by slogans such as "freedom loving people versus those who hate freedom."
This can also be achieved by the use of flags.

Eighth step: Align all actions with the dominant deity.
It is very effective to use terms like, "It is god's will" or "god bless our nation."

Ninth step: Design propaganda to show that your soldiers
have feelings, hopes, families, and loved ones.
Make it clear that your soldiers are doing a duty; they do not want or like to kill.

Tenth step: Create and atmosphere of fear, and instability
and then offer the ruling party as the only solutions to comfort the public's fears.
Remembering the fear of the unknown is always the strongest fear.

[Chorus (repeat)]

We are not countries. We are not nations. We are not religions.
We are not gods. We are not weapons. We are not ammunition. We are not killers.
We will NOT be tools.

Mother fuckers
I will not die
I will not kill
I will not be your slave
I will not fight your battle
I will not die on your battlefield
I will not fight for your wealth
I am not a fighter
I am a human being!!!
- Anti Flag, Anatomy of the enemy

Mittwoch, 5. Dezember 2007

Forsa

Wie der Forsa-Chef mit geradezu der Brechstange versucht, mit seinen Zahlen Politik zu machen sieht man hier.
Sogar Oettinger hat gemerkt, dass Fachkräfte rar sind. Im allseits bekannten Niveau hat der Spiegel einen seiner üblichen aus den bekannten Satzbausteinen zusammengefügten Artikel hinterhergeschickt, der sich ebenfalls der Frage widmet und unreflektiert wie eine Presseerklärung des BDI wirkt. Besonders auffallend dieser Teil:
Für viele Betriebe sei der einzige Weg aus der Fachkräftemisere, das eigene Personal weiterzubilden. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen habe die Mitarbeiter zu Seminaren geschickt, um sie für weitere Aufgaben fit zu machen.
Ich muss sagen, das ist schon echt rasend innovativ. Für die Genialität dieses Vorschlags sollten die Manager mindestens eine Gehaltsverdopplung anstreben. Man könnte ja statt Leute rauszuwerfen die auch fortbilden...Man, da haben die Köpfe aber geraucht!

Und wieder Mindestlohn

Auf die Unsinnigkeit eines Kombilohns, wie ihn nu Rürup wieder versteckt mit seinem Vorschlag von den 4,50€ Mindestlohn (!) gefordert hat, habe ich bereits mehrfach hingewiesen. Deswegen nur in Kürze der Hinweis auf diese beiden Artikel in Zeit und Financial Times Deutschland, die eindeutig Position gegen den Kombilohn und für den Mindestlohn beziehen - auch über 8 Euro hinaus.

Generelle Gedanken zum Postmonopol

Das Lehrbuch ist eindeutig: Monopole sind schlecht, weil teuer und ineffizient. Der freie Wettbewerb verspricht Abhilfe, weil dann viele Mitbewerber um die Gunst der Kunden mit Service und niedrigen Preisen rangeln.
In der Praxis regieren Servicewüsten, Preisabsprachen und Unübersichtlichkeit. Das Paradebeispiel ist der Energiemarkt, aber auch Wasser oder Telekom bieten kein wirklich besseres Bild.
Nun also auch die Post. Abgesehen von den Briefen war bereits alles liberalisiert worden. Wenn ich mir den Paketversand ansehe, ergibt ein interessantes Bild. Allein aus dem Kopf fallen mir als Zusteller ein: DHL (damit die Post), FedEx, UPS, TNT, Hermes Versand, DPD, Iloxx, GLS. Ohne lange nachzudenken. Im Netz findet man außerdem haufenweise Vergleichsseiten. Für den Normalkunden ist das verwirrend. Er hat nicht die Zeit, um sich mit all den Angeboten auseinanderzusetzen, und die verschiedenen Zusteller aufzusuchen um das Paket aufzugeben kostet mehr Geld als er spart. Und da kaum ein Vergleich möglich ist, sind die Preise furchtbar hoch und der Service furchtbar schlecht.
Doch für den Normalkunden hat das noch weitere Nachteile, nämlich dann, wenn er Pakete bekommt. Im Extremfall klingeln nämlich zehn Paketzusteller an einem Tag. Irgendwann möchte man dann nur noch schreien. Das mag kein Problem von Otto Normalbürger sein, aber wenn man wie ich und meine Verlobte als Chefredakteur für Rezensionssparten zuständig ist und deswegen ständig von den Verlagen Rezensionsexemplare bekommt, kriegt man irgendwann den Koller.
Bei den Briefen würde das weniger auffallen, aber warum in aller Welt sollten vier oder fünf verschiedene Briefzusteller das gleiche Gebiet ablaufen? Das ist doch totaler Irrsinn! Rentieren kann sich dies, wie Albrecht Müller treffend bemerkt hat, allenfalls betriebswirtschaftlich. Volkswirtschaftlich und auch einfach rational gesehen ist es vollständiger Unsinn. Unteilbare Güter sollte man nicht teilen. Es macht schlichtweg keinen Sinn.

Zitat des Tages

Zum Postmindestlohn:
In der jetzt erkennbaren Entwicklung wird sichtbar, wie grotesk eine Privatisierung ist, die dazu führt, mehrere Briefträger und Paketzusteller hintereinander durch eine Straße laufen oder fahren zu lassen. Allenfalls betriebwirtschaftlich scheint das irgendwie sinnvoll – und auch nur deshalb, weil z.B. von den neuen Anbietern Kosten auf die Allgemeinheit abgeschoben werden. Volkswirtschaftlich betrachtet landet man bei der alten Erfahrung, dass die Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die mit sogenannten Unteilbarkeiten verbunden sind und damit mit sinkenden Stückkosten arbeiten, besser in öffentlicher Regie betrieben werden. Alles andre führt zu absurden Konstrukten – wie etwa zu den Regulierungsbehörden. Undinger! Und die Folgen sind aufgeteilte Märkte mit privaten Monopolen wie etwa bei der Energiewirtschaft. (Albrecht Müller)

Zumwinkels Aktiendeal

Nachdem der PIN- und TNT-Ausstieg beschlossen ist, hat Post-Chef Zumwinkel eben mal Kasse gemacht und Aktienoptionen im Wert von 4,73 Millionen Euro eingelöst. Ein höchst unredliches Verhalten, über das es eigentlich nicht mehr zu schreiben gibt als die Süddeutsche Zeitung (wahrlich kein Kampfblatt der prekären Massen) hier, hier und hier geschrieben hat.

Dienstag, 4. Dezember 2007

Noch mehr zum Mindestlohn

Eines ist sicher: der Mindestlohn kommt. Die Frage ist nur wie, und wie hoch. Verzweifelt versuchen manche Ökonomen nun umzuschwenken: lehnten sie vorher einen kategorischen Mindestlohn ab, so ist nun ein "existenzsicherender" Mindestlohn von 4,50 Euro im Gespräch. Man muss sich die Zahl auf der Zunge zergehen lassen. 4,50€. Bei einem Acht-Stunden-Tag sind das 36€, in einer fünf-Tage-Woche 180 Euro, im Monat etwa 720 Euro. Und das, um Miete, Elektrizität, Wasser, Nahrung und die Fahrt zur Arbeitsstelle zu bezahlen. An diesem Punkt ist der Mensch nur ein Roboter, der für die Arbeit lebt und ansonsten allenfalls überlebt, aber eigentlich eher vegetiert. Bert Rürup sieht so etwas nicht. Er sieht Zahlen.

Zitat des Tages

China will jetzt aufhören, Frauen zu verhaften, weil sie Kondome bei sich haben. Der Hintergrund ist AIDS. Bisher galten Kondome bei Frauen als Zeichen für Prostitution.

China ist damit offiziell aufgeklärter als der Vatikan. (Fefe)


Oettinger und der Mindestlohn

In der SZ ist ein Interview mit Oettinger zum Thema Mindestlohn erschienen. Oettinger redet dabei so einen Unsinn zusammen, dass es zumindest in Ausschnitten kommentiert sein will. Zuerst lässt er sich allgemein über den Post-Mindestlohn aus, plappert wie ein dressierter Papagei die Phrasen von Springer, PIN und TNT nach: Wettbewerb werde verhindert, und Wettbewerb ist toll. Außerdem würden ja Arbeitsplätze vernichtet (was eine unhaltbare Aussage ist). Interessant wird erst der zweite Teil des Interviews:
sueddeutsche.de: Sie [Merkel] hat aber deutlich die Löhne der Zeitarbeitsbranche im Fokus.
Günther Oettinger: Ich halte die Zeitarbeit in keinem Fall geeignet für einen Mindestlohn. Die Zeitarbeit muss ein Instrument bleiben, mit dem Arbeitslose in Beschäftigung kommen und mit dem Zeitarbeiter eine Chance auf Festübernahme in dem Betrieb bekommen, in dem sie eingesetzt werden. Für mich wäre die Zeitarbeit die Branche, bei der ich massiv gegen einen Mindestlohn eintreten würde.
Die Zahl der Zeitarbeiter, die tatsächlich fest übernommen werden, lässt sich an wenigen Händen abzählen. Die Unternehmen sehen in Zeitarbeitern schließlich kein Reservoir, aus dem dann die talentiertesten ausgewählt werden, um sie mit einer Festanstellung zu beglücken - sie sind eine beliebig austauschbare, schnell anwerb- und kündbare Truppe für Zeiten der Spitzenproduktion. Zeitarbeit vernichtet reguläre sozialversicherungspflichtige Jobs, sie schafft sie nicht.
sueddeutsche.de: Es gibt auch Unionspolitiker die sagen, es könne nicht sein, dass etwa in einzelnen Industriekonzernen 40 Prozent der Mitarbeiter Zeitarbeiter sind.
Günther Oettinger: Wichtige Branchen der industriellen Fertigung wie der Fahrzeugbau haben einen großen Mangel an Fachkräften. Da finden Sie gar keine geeigneten Zeitarbeiter. Dort mache ich mir nicht die Sorgen.
Jetzt kommt die Oettinger-Taktik, er wiederholt sie mehrfach. Zeitarbeit ist toll, weil sie niedrigqualifizierte zu Dumpinglöhnen in Arbeit bringt, was besser sei als Arbeitslosigkeit. So weit, so Meinung. Nun aber fängt Oettinger plötzlich mit dem Fachkräftemangel an. Natürlich gibt es keine Fachkraftleiharbeiter, das hat ja damit auch gar nichts zu tun! Aber durch diese Bemerkung hat er geschickt von dem Skandal der 40% abgelenkt.
sueddeutsche.de: Was ist dann Ihre Sorge?
Günther Oettinger: Die Zeitarbeit ist im heutigen Ausmaß nur durch den unflexiblen Kündigungsschutz möglich geworden. Wer also beim Kündigungsschutz nicht flexibler wird, der wird die Zeitarbeit nicht stoppen können. Insoweit ist die Zeitarbeit ein Ventil auf einem zu starren Arbeitsmarkt, das wir genau deshalb dringend brauchen.
Natürlich wird die Zeitarbeit überflüssig, wenn der "viel zu starre" Kündigungsschutz aufgelöst wird. Dann gibt es nämlich praktisch nur noch Zeitarbeit, und spezialisierte Unternehmen wären überflüssig. Da würden sich Adecco und Clement aber freuen! Wie üblich propagiert Oettinger hier einfach einen gewaltigen Arbeitsplatzschub durch die Lockerung des Kündigungsschutzes, der aber jeder Grundlage entbehrt - inzwischen auch wissenschaftlich bewiesen, was aber einen Oettinger nicht stören muss.
sueddeutsche.de: Sie haben sich auf dem Parteitag sehr engagiert gegen den Mindestlohn geäußert. Woran liegt es, dass Sie da kaum Unterstützer an Ihrer Seite hatten?
Günther Oettinger: Ich bekomme von vielen Delegierten Zustimmung. Aber die Mindestlohnfrage ist rechtlich und ökonomisch eine schwierige Angelegenheit. Im Wahlkampf ist es wirklich schön, einen Mindestlohn zu fordern. Und für den, der einen Arbeitsplatz hat, bringt das Sicherheit und Lohnsteigerung.
Aber die mittelfristigen Wirkungen für den Arbeitsmarkt und die Volkswirtschaft werden kaum gesehen, nämlich die Vernichtung und Verlagerung von Arbeitsplätzen, die zunehmende Automation, wachsende Schattenwirtschaft. Wenn wir Mindestlöhne differenziert und distanziert sehen, dann, das gestehe ich zu, haben wir ein Problem in der Argumentation: Man braucht einen Satz, um für Mindestlohn zu sein. Man braucht aber zehn Sätze, um dagegen zu argumentieren.
Jetzt kommt zum ersten Mal etwas Substanz in Oettingers Rede. Denn die Argumentationsproblematik besteht durchaus, da hat er Recht. Sie speist sich aber auch aus der moralischen Unterlegenheit der Mindestlohngegner.
Der Rest dieses Absatzes ist dagegen schlicht und ergreifend Unsinn: Vernichtung und Verlagerung von Arbeitsplätzen entsteht durch Mindestlöhne nicht, das ist praktisch bewiesen, nicht nur durch die aktuelle Studie, sondern auch durch das Beispiel zahlreicher Nachbarländer oder auch der USA. Wachsende Automation ist keine Lohnfrage. Es ist eine Frage der Innovation und gehört zur Wirtschaft seit spätestens der Industriellen Revolution. Dadurch wird es nur zu einem weiteren, bedrohlich wirkenden Satzbaustein in Oettingers Untergangsszenario. Die Schattenwirtschaft schließlich bringt wieder ein reales Problem auf. Auch hier ist der Zusammenhang mit den Mindestlöhnen allerdings oberflächlich. Viele Unternehmen könnten mit Schattenwirtschaft kaum operieren, sie bliebe ein gefährliches Phänomen der Randbereiche der Ökonomie, besonders des vielgepriesenen Dienstleistungssektors. Hier allerdings muss die Politik durch Kontrolle und Bestrafung ansetzen. Die Probleme der unterbezahlten Schattenwirtschaft hat schon Wallraff in den 1980er Jahren beschrieben; daran ändert auch ein Mindestlohn nichts.
sueddeutsche.de: Sie lehnen also Mindestlöhne generell und auf ganzer Linie ab?
Günther Oettinger: Mindestlohn führt ganz rasch dazu, dass wichtige Beschäftigungsverhältnisse gar nicht mehr entstehen. Der Langzeitarbeitslose, der Schulabbrecher oder derjenige ohne Berufsausbildung wird kaum noch in den Arbeitsmarkt zu integrieren sein. Wir haben in Deutschland weit über eine Millionen Aufstocker. Diese Menschen hätten gar keine Arbeit, gäbe es nicht die Finanzierung über den Arbeitslohn und einen staatlichen Zuschuss. Der Erfolg der Aufstocker zeigt, dass der Mindestlohn der falsche Weg ist. Ein Mindestlohn von 9,80 sprengt die Regeln der Marktwirtschaft und richtet mehr Schäden an, als dass er Nutzen bringt.
Dieser Absatz ist wichtig für den folgenden, widerlegt wurde die Argumentation oft genug.
sueddeutsche.de: Das Gegenargument ist, dass die Unternehmen immer niedrigere Löhne zahlen, wenn der Staat den Rest oben drauf legt. Wie wollen Sie das verhindern?
Günther Oettinger: Wir werden in den nächsten Jahren einen immer größeren Fachkräftemangel haben. Wenn ein Unternehmen drei Euro bietet, wird es keine Leute finden, weil andere sechs Euro bieten. Aber eben nur sechs Euro, aber nicht zehn Euro, weil sie so viel nicht kalkulieren können. Ich vertraue auf die Regeln des Marktes. Wir können aber gerne darüber reden, was sittenwidrige Löhne sind. Die sind schon jetzt nicht erlaubt. Wir können schon heute dagegen vorgehen, wenn Löhne gezahlt werden, die deutlich von dem nach unten abweichen, was in der Branche üblich ist.
Und wieder die Oettinger-Taktik. Der Mindestlohn ist für Fachkräfte überhaupt nicht von Belang, da ihre Löhne ohnehin über dem Mindestniveau liegen (sollten). Der blinde Glaube an die Gesetze des Marktes, den Oettinger hier mit der Unbelehrbarkeit eines Kirchenprälaten der Aufklärung vorträgt, ist schlicht Unsinn. Warum sollte ein Unternehmen sechs Euro zahlen, wenn es auch drei zahlen kann? Für Oettinger als Verfechter des Kombilohns ist die Rechnung klar, der Staat zahlt den Rest drauf, was in diesem Fall gut, beim ALG aber böse ist - dem Weltbild eines Oettinger zufolge zumindest. Die Vermischung von Fachkräften und Unqualifizierten verwirrt Zuhörer häufig, spaltet die Arbeiter (da die "Fachkräfte", von denen Oettinger spricht, nicht genauer spezifiziert werden) und sichert somit seine Position, weil er nicht wirklich angreifbar wird.

Reformen am Arbeitsmarkt weitgehend wertlos

Eine richtig interessante Studie hat das Wirtschaftsministerium durchführen lassen; sie sollte die Auswirkungen von Agenda 2010 und Hartz-IV auf den Arbeitsmarkt untersuchen. Die Studie ist nicht veröffentlicht worden, wird unterdrückt. Das Ergebnis entspricht nämlich nicht den Erwartungen und Hoffnungen der Auftraggeber - und wo die Wirklichkeit sich nicht gemäß der Ideologie verhält, hilft bei Glos und Gefährten scheinbar die Vogel-Strauß-Taktik.
Die Reformen haben nämlich effektiv keinen Effekt auf den Arbeitsmarkt. Die Millionen Menschen, die seither drastische Einbußen hinnehmen mussten, in nicht gutzumachender Bevormundung des Staates zu Arbeit unter widrigsten Verhältnissen gezwungen wurden - sie alle leiden vollständig umsonst. Die Reformen sind nutzlos, sie bringen keinen positiven Effekt, sie schaden eher. Jetzt hat man es auch wissenschaftlich schwarz auf weiß. Aber es passt nicht ins Weltbild, also verdrängt man es.

Die PISA-Studie

Einige Zahlen und Infos zur PISA Studie hat Telepolis sauber aufbereitet. Wirklich interessante, weil bisher eher unbekannte Fakten hinter den Kulissen dieses statistischen Blendwerks erfassen die Nachdenkseiten in zwei Artikeln hier und hier.
Dabei ist der ganze Rummel so oder so von untergeordneter Bedeutung. Der Bereich, in dem PISA wirklich Aussagekraft hat wird nämlich immer wieder unter ferner liefen unter den Tisch fallen gelassen: dass die soziale Selektion in Deutschland beachtlich ist, dass das Elternhaus und dessen Reichtum maßgeblich den Bildungserfolg bestimmt und dass ein Aufstieg kaum möglich ist - ebensowenig wie ein Abstieg, im Übrigen.
Stattdessen schießt sich die CDU nun auf den Koordinator ein, weil der es wagte, sich für Gesamtschulen auszusprechen - was der CDU in ihrem Beharren am dreigliedrigen Schulsystem ein Sakrileg ist. Dabei gebärdet sich die CDU, als würde sie behaupten, die Erde sei flach. Ungetrübt von jeglicher Sachkenntnis salbadern die CDU-Politiker vor sich hin, preisen das deutsche Schulsystem wieder alle Fakten und erinnern damit unangenehm an andere verbohrte Ideologen vor ihnen. Wäre die Geschichte um Galilei wahr - sie wären die katholische Kirche.
Dabei hat PISA im eigentlich beanstandeten Teil kaum Aussagekraft, hilft das hastige Herumdoktorn kaum weiter. Den damaligen PISA-Test 2000, der schon beinahe legendären Charakter besitzt, habe ich selbst mitgemacht. Ich könnte den Initiatoren einige Gründe nennen, warum er so schlecht ausfiel. Dazu gehört Triviales; wer 15jährigen sagt, dass der Test anonym ist, nichts zählt, sie an dem Tag keine Schule haben und zudem gehen dürfen, wenn sie fertig sind, braucht sich kaum über das Ergebnis zu wundern. Dazu kommt faktisches, wie die Abstimmung der Fragen auf das angelsächsische Bildungscurriculum (das einfach unbesehen hier hastig einreformiert wurde), die im Unterricht hierzulande nicht besprochen worden waren. Die Fragen, die Form der Fragen, der Stoff der Fragen - sie alle waren für Schüler eines anderen Landes konzipiert, zu guten Teilen noch nicht einmal besprochen worden. Zudem nivellierten sie mit ihrer Konzentration auf technisch-naturwissenschaftliche Fragen (die, typisch angelsächsisch, anwendungsbezogen waren, wo hierzulande eher allgemeine Zusammenhänge gelehrt werden) jegliche Unterschiede im Bildungssystem und setzten relativ selbstherrliche Standards fest.
Letztlich sollte Deutschland aus der Studie aussteigen. Sie hat keine Aussagekraft, führt zu überhasteten Reformen und kostet nur Geld, das eine ganze Industrie von Testunternehmen bekommt.

CDU entdeckt den starken Staat

Die CDU schießt sich gerade auf einen neuen Gegner ein: ausländische Staatsfonds, wobei damit russische und chinesische gemeint sind. Das Feindbild ist alt, aber xenophobische Resentiments und diffusen Nationalismus wecken konnten die Konservativen immer schon. Nicht, dass die Übernahme der heimischen Unternehmen durch solche Staatsfonds irgendwie wünschenswert wäre - aber die Wirtschaft mehr zugrunde richten als ihre eigenen Manager oder Fonds der Güteklasse Cerberus könnten sie auch nicht.

Erwin Huber, der Ewiggestrige

Nachdem das Redetalent Edmund Stoiber hauptamtlicher Lobbyist in Brüssel geworden ist, haben die Bayern ein weiteres Talent in ihren: Erwin Huber, den neuen Chef im Ring. Der gute Junge hat dabei auch echt einige Vorteile auf der Habenseite: vom Blatt ablesen, dauermonotone Stimme, seltsame Gestik. Zu dieser unschlagbaren Kombination gehört die biedere Erscheinungsform, die sogar des unfreiwilligen Humors eines Stoiber entbehrt.
Scheinbar möchte Huber dieser rhetorischen Leerstelle auch noch eine inhaltliche anfügen, indem er Front gegen "die Sozialisten" macht. Und da ein Bayer keine halben Sachen macht, sind "die Sozialisten" wie zu den besten Springerzeiten auch die SPD, die Grünen (!) und die Linke. Richtig markige Sätze finden sich in seinem Pamphlet, wie: "Die Sozialisten scheuen keinen Wortbruch, um an die Macht zu kommen!" Wahnsinn. Oder: "Offensichtlich ist es dem sozialistischen Esel wieder zu wohl und er wagt sich auf das Eis der gescheiterten Illusionen." Geradezu tragende Bedeutung. Warum muss ich nur unwillkürlich an die blühenden Landschaften Kohls denken? An die sicheren Renten Blüms? Oder an den Transrapid Stoibers?
Huber ist ein Mann, der nichts zu verlieren hat. Die Wahl ist in Bayern so oder so sicher, und Talente hat er keine. Er wird unaufgeregt seine Karriere vorantreiben und irgendwann irgendeinen hoch bezahlten Posten annehmen. Das ist so vorhersehbar wie das Amen in der Kirche. Es steht arm um die politische Kultur in Deutschland, wo kaum eine Partei mehr irgendwelche Spitzenpolitiker in ihren Ränken hat.
Die CSU schiebt den talentlosen Huber vor, die CDU hat mit Merkel ein Sympathiemonster der besonderen Art an ihrer Spitze (dessen Beliebtheit meiner Prognose nach sehr bald abflachen wird, weil sie nun tatsächlich mal etwas tun muss, statt ständig nur drüber zu reden), die SPD bietet Kurt Beck auf, der immerhin feist grinsen kann, und die Grünen...Die einzige Partei, die derzeit gute Politiker an ihrer Spitze hat - und ob ihre Positionen gut sind, das steht nicht zur Debatte - ist die Linke, denn Gysi und Lafontaine kann rhetorisch kein anderer Politiker derzeit das Wasser reichen - nicht einmal im Ansatz. Man wage sich nur ein TV-Duell zwischen Lafontaine und Merkel vorzustellen - die Frau würde zerfetzt.

Montag, 3. Dezember 2007

Niederlage Chavez'

Chavez hat das Referendum zur Ausweitung seiner Macht und der Festschreibung des Sozialismus' in Venezuelas Verfassung knapp verloren. Die Opposition, die dieses Mal ganz ohne Putschversuch auskam, jubelt. Für die venezuelanische Demokratie - die ohne Chavez faktisch nicht bestünde - ist das ein guter Tag, denn tatsächlich hat sich nicht nur Chavez äußerst demokratisch verhalten, sondern zur Abwechslung auch einmal die Opposition. Besonders auffällig ist das extrem knappe Ergebnis von gerade einmal 51% gegen Chavez' Pläne: eine Wahlmanipulation durch die vollkommen von der Regierung kontrolliere Wahlbehörde wäre ein Leichtes gewesen. Aber Chavez hat darauf verzichtet. Das gibt ihm Größe.

Wettbewerb über alles?

Wie erwartet versuchen sich TNT und PIN nun mit einer Kampagne gegen den Mindestlohn für Briefzusteller, beschwören den Untergang tausender Arbeitsplätze und ihrer eigenen Firmen, dass man meinen könnte, der des Abendlandes stünde bevor. Mit Grabesstimme verkünden sie den Abbruch ihrer Pläne für die Briefzustellung, malen mit Krokodilstränen in den Augen die tollsten Wunderszenarien der neuen Welt der Briefzustellung an die Wand, die nun - leider, leider - nicht kommen wird. Kein "normaler" Wettbewerb könne entstehen, solange die "völlig überhöhten Mindestlöhne" bestünden (8€ im Osten, 9,80€ im Westen), so TNT-Chef Mario Frusch.
Die Frage ist: wollen wir diesen "normalen" Wettbewerb überhaupt? Stellen wir uns doch in einem Gedankenexperiment die Frage, was passieren würde, käme der "völlig überhöhte Mindestlohn" nicht. Dann würden PIN und TNT für 4,50 Euro die Stunde Briefzusteller beschäftigen, die nebenher Hartz-IV beantragen müssen. Dieses Hartz-IV kostet die Steuerzahler Millionen. Die Post würde sozialversicherungspflichtige (und damit Hartz-IV-Beiträge finanzierende) Stellen abbauen (nur so können die Phantasiezahlen von neuen Jobs von TNT und PIN überhaupt erreicht werden) und gleichzeitig ihre Löhne drastisch senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig würden die Preise für Briefe noch weiter in die Höhe schießen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Da die Wettbewerber um jeden Preis Kosten sparen müssten, würde die Zahl der Filialen und der Arbeitsplätze rasant sinken (und auf niedrigem Niveau weiterbestehen, sowohl bei Qualität als auch Quantität) und der Service degenerieren, für den die Post jetzt schon nicht berühmt ist.
Und ich kann wirklich meine Hand für diese Entwicklung ins Feuer legen, denn sie entstand überall, wo ehemalige Staatskonzerne privatisiert und ein "normaler Wettbewerb" ohne "völlig überhöhte Mindestlöhne" geschaffen wurde: Energie, Wasser, Telefon, Paketzustellung - die Liste der Beispiele ist endlos.
Dazu ist Frusch ohnehin extrem unaufrichtig mit seiner Kritik: TNT ist die deutsche Tochter des ehemaligen niederländischen Staatspostwesens. Und in den Niederlanden sind die Mindestlöhne verhältnismäßig höher als hier, ohne dass sich TNT jemals beschwert hätte. Immerhin darf Merkel sich rühmen, sich total für "normalen Wettbewerb" ohne "völlig überhöhte Mindestlöhne" einzusetzen. Sie betreibt lieber den normalen Staatsbankrott mit völlig schädlichen Dumpinglöhnen.

Samstag, 1. Dezember 2007