Donnerstag, 29. Juni 2006

Zur Nationalismusdebatte

Und wieder einmal musste ich erkennen, doof gewesen zu sein. Warum? Ich habe den Massenmedien geglaubt, die alle munter verbreitet haben, was die GEW für dämliche Forderungen erhoben habe, und wie dumm sie es begründet hätte. Wie im Fall Hohmann und auch Möllemann zeigt sich, dass man am besten einfach den Originaltext liest, zumindest mal den der Einleitung. Da werden nämlich plötzlich ganz andere Argumente angebracht als die, die man dauernd zu hören bekommt und die man als doof in den Wind schlägt (was auch richtig gewesen wäre).
Ebenfalls Themenzugehörig hier und hier.

PS: Der Link zum Originaltext funktioniert aus mir nicht bekannten Gründen immer noch nicht. Klickt auf den Link von "Warum" und scrollt den Artikel runter, dort steht in Klammern und ohney Hyperlink die Adresse.

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

In Hamburg haben rund 3000 Studenten gegen Studiengebühren demonstriert. Begleitet wurde die Demo wie langsam üblich von stark repressiver Polizeiaktion. Gleichzeitig demonstrierten in Wiesbaden rund 7000 Studenten.

Schulische Repression
in Sachsen: Wahlmöglichkeiten für Schüler soll es nicht mehr geben, die Pflichtfächer werden ab sofort (natürlich mit Naturwissenschaften) besetzt. Es sei ein Fehler gewesen, den Schülern die Wahl zu überlassen, so Sachsens Offizielle.

Da zu befürchten steht, dass einige SPD-Abgeordnete ihre demokratischen Grundrechte und -pflichten wahrnehmen und nicht für die Föderalismusreform stimmen wollen, unternimmt die SPD nun alle Anstrengungen, um ihre Widerspenstigen "auf Linie" (O-Ton) zu bringen. Die Zeit bezeichnet den jetztigen Entwurf als Tauschgeschäft mit minimalen Änderungen.

Neue "Einsparungen": Pendlerpauschale und zahlreiche andere steuerliche Vergünstigungen für den deutschen Bürger fallen weg. Die Große Koalition beseitigt systematisch jegliche Grundlage des Sozialstaats. Doch zum Glück regt sich Widerstand: der Bund der Steuerzahler hat einen Gang zum Bundesverfassungsgericht angekündigt, da das neue Gesetz in weiten Teilen verfassungswidrig sei.

Die Linkspartei gibt bekannt, dass sie die unter Verschluss gehaltenen Akten über den BND-Skandal notfalls einklagen wird.

Die Militaristen versuchen, über ein zu geringes Kriegsbudget zu meckern, aber immerhin sind auch sie vom Sparzwang betroffen.

Der Sparkassenstreit von Berlin nimmt langsam die drohenden Dimensionen einer Präzedenzfallentscheidung an.

Bernd Rürup (ausgerechnet!) warnt vor drohender Altersarmut. Warum er das tut, und warum ausgerechnet jetzt, findet sich in diesem Artikel.

Die Schattenseiten der Gesetzesänderung für das Diskriminierungsgesetz treffen besonders Atheisten und Agnostiker hart, da diese nun im Gegensatz zu Gläubigen nicht mehr geschützt werden.
Gesundheit:

Die Grünen fordern ein Rauchverbot im Bundestag. Man darf das als einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem allgemeinen Rauchverbot sehen.

Wirtschaft:


Immer noch IW: In einem Welt-Interview sagt der Direktor des wirtschaftsnahen Instituts aus, dass der Staat dringend eingreifen muss, auf dass die Deutschen wieder mehr Kinder bekommen. Der Zynismus dieser Forderung ist kaum zu ertragen.

Eine vergleichsweise gute Nachricht: etwa 30.000 Menschen weniger als im Juni letzten Jahres sind arbeitslos.

Politk (Ausland):

Der türkische "Metro"-Ableger versucht mit den inzwischen allseits bekannten repressiven Mitteln, eine Gewerkschaft zu verhindern. Um was für Methoden es sich dabei handelt, steht im Artikel, der übrigens ein lehrreiches Beispiel für unsere deutschen Filialbesitzer ist.

Und gleich noch mal Türkei: einige Geheimdienstler wurden dabei erwischt, dass sie einen Anschlag fingieren wollten. Dafür wandern sie nun für 40 Jahre hinter Gitter, und zwar - wegen Anstiftung zu öffentlichen Unruhen. Ein Schelm, wer da an andere Gebiete in der Region denkt.

Der Totalitarismus hat viele widerliche Fratzen, und besonders ekelerregend zeigt er sich gerade in Israel: nachdem die israelischen Streitkräfte rücksichtslos Wasser- und Stromversorgung Palästinas zerstört haben, wurde nun über ein Drittel der palästinensischen Regierung (selbstverständlich nur die Hamas) verhaftet und in Eilprozessen abgeurteilt. Gerechte Urteile sind genausowenig zu erwarten wie irgendwelche Verhandlungen, die sogar kategorisch ausgeschlossen werden. Weitere repressive Gesetze beschneiden die Handlungsfreiheit Palästinas erheblich. Die einzig vertretbare Reaktion der so genannten "zivilisierten Welt" wäre eine UNO-Resolution gegen die israelische Aggression, jedoch stattdessen überschlägt man sich mit Hilfsangeboten oder schweigt. Die Presse macht dabei eifrig mit und wirft alles in einen Topf, dabei mit der Rhetorik der offiziellen israelischen Stellen in höchst beunruhigendem Maße übereinstimmend. Ebenfalls seltsam: der Überfall begann keine 14 Stunden, nachdem die Palästinenser - und auch die Hamas! - übereinstimmend erklärt hatten, Israel anerkennen zu wollen.

Die Stimmung im Kongo schwankt zwischen Euphorie und Vorfreude auf die Wahlen unter dem Schatten von UNO-Truppen bis hin zu blanker Angst vor einsetzendem Chaos. Trotz logistischer Probleme beim Ablauf der Wahl soll diese termingerecht beginnen.

In Afghanistan wird die Bundeswehr immer häufiger das Ziel von Attentaten. Nicht weiter verwunderlich.

Die Kubaner versuchen gegen den Schulterschluss zwischen EU und USA zu protestieren, der ihre Lage noch einmal deutlich verschärfen wird.

Dienstag, 27. Juni 2006

Fundstücke

Auf der Seite www.uerbergebuehr.de finden sich diverse Artikel zum Thema (und gegen das Thema) Studiengebühren. Hier eine kleine Auswahl:
1) Ein Interview mit dem Soziologen Michael Hartmann, in dem dieser sich gegen Eliteunis ausspricht.
2) Elite ist das Gegenteil von Innovation - wozu die Elitendiskussion wirklich da ist.
3) Agitation bildet! - effektiv ein Aufruf zum Widerstand.
4) Humankapital wird zur Kasse gebeten - eine Abrechnung mit dem Begriff an sich und der schleichenden Korrumpierung der Wissenschaft.
5) Hochinterssant: Argumente gegen Studiengebühren. Die häufigsten Argumente der Studiengebührenbefürworter werden auseinandergenommen.
6) Eine Gerichtsentscheidung, wonach Studierenden kein ALG-II zusteht.
7) Viele Fakten zum Thema "Langzeitstudenten".
8) Optimiert studiert - noch ein Artikel zum Thema Verfall der Wissenschaft.

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Der zweite Teil des Berichts vom Hartz-IV-Empfänger, der seine Wohnung aufgeben soll.

Schäuble setzt zum Angriff auf die Pressefreiheit an: Journalisten sollten aufpassen, nicht zum Mittel der Terroristen zu werden und deswegen Einschränkungen in Kauf nehmen, um sich vor dem Terrorismus zu schützen. Die Behörden wagen sich dabei auch immer weiter ins Privatleben der Bürger vor und üben Druck auf Zeitungen aus, dem besonders kleinere Zeitungen nicht gewachsen sind.

Schlechte Neuigkeiten zum Thema Föderalismusreform: eine Einigung rückt in greifbare Nähe. Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Hochschulen wurde kaum aufgeweicht, nur in Fällen der Forschung, in denen alle Länder (!) zustimmen, darf eine Förderung erfolgen. Struck mahnt an, dass er nicht für eine geschlossene Abstimmung der SPD garantieren könne. Was sich an und für sich wie eine Freudesnachricht für jeden aufrechten Demokraten liest - eine Art freie Entscheidung, wie im GG verankert - führt zu Entrüstungsstürmen der Union, die die Durchsetzungsfähigkeit Strucks anmahnt. Durch den faulen Bildungskompromiss ist diese Art der Meinungsäußerung nun leider weiterhin gefährdet.

Die Union pocht auf eine Änderung des Gleichstellungsgesetzes, der ich vorbehaltlos zustimmen kann: bisher sollen laut dem Entwurf auch gegen den Willen des "Opfers" Klagen wegen sexueller Diskriminierung oder Belästigung eingebracht werden können. Diese wurde nun von der SPD abgewunken, die im Gegenzug ihre Änderungen bei der Föderalismusreform durchsetzen darf.

Wirtschaft:

Auf nicht ganz 0,2% beziffern Experten bekanntlich das Wirtschaftswachstum, das uns die WM beschert hat. Vollkommen überheizt sei der Hype gewesen, effektiv bringe sie wenig. Sicher ist jedoch etwas anderes: die Lebenshaltungskosten sind um 0,2% gestiegen. Das sind Erfolge, die sich sehen lassen können.

Ich habe darauf gewartet: der Einzelhandel fordert eine Ausweitung der Öffnungszeiten auch nach der WM. Begründet wird dies nicht mit gesteigerten WM-Umsätzen - schließlich bringen die verlängerten Öffnungszeiten fast nichts - sondern mit der Freiheit. Die ist bekanntlich eine Hure und lässt sich vor jeden Karren spannen, so auch vor diesen, und die Spanner sind sich auch nicht zu schade dafür, das zu tun.

Die Wirtschaft hat ihre Liebe zur Familie entdeckt: die vielen "ausbildungsschwachen" Schüler sind nicht die Schuld der Schulen, sondern der Familien. Damit weist die Wirtschaft erfolgreich alle Schuld von sich und überlässt das Feld einmal mehr der Politik, dieses Mal Frau von der Leyen, um was draus zu machen.

Katastrophale Neuigkeiten aus der Rüstungsindustrie: Waffensysteme aus dem Kalten Krieg sollen beschafft werden, so beispielsweise die Panzerabwehrrakete "Pars 3". Der Bundesrechnungshof interventiert und vermutet zu Recht Monopolisierungsbestrebungen von EADS und Thyssen-Krupp hinter dem Projekt, ebenso Wettbewerbsverzerrung.

Gesundheit:

Immer noch keine Einigung im Gesundheitsstreit: die Finanzierung des Gesundheitswesens ist immer noch unklar. Pläne liegen für Kinderfinanzierung (SPD dagegen), Steuerfinanzierung (CDU dagegen), Verschlankung der Krankenkassen (Krankenkassen dagegen) und vieles mehr vor. Laut der Welt hat sich die Koalition jedoch schon weitestgehend geeinigt.

Auch ein Problem der Globalisierung: in Ballasttanks der großen Frachtschiffe werden Tiere und Pflanzen durch die Welt geschippert, die verheerende Folgen für die natürliche Biosphäre in dem jeweiligen Bestimmungsland haben können. So sind Ostseetiere in die amerikanischen Seen eingeschleppt worden und dezimieren dort aufgrund des Fehlens natürlicher Feinde den Fischbestand; Choleraepidemien in Südamerika werden ebenfalls versträkt auf Mikroorganismen aus den Ballasttanks zurückgeführt.

Politik (Ausland):

Die Verfassungsänderung in Italien wurde mit rund 60% abgelehnt. Dies bedeutet eine herbe Schlappe der Rechten unter Berlusconi. Das unausgegorene Verfassungswerk hätte vor allem den Unterschied zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden zementiert und zudem den Regierungschef mit starken Befugnissen ausgestattet. Die Föderalismusreform in Deutschland hingegen wird wie gewohnt ohne Referendum und gegen den Willen des Volkes über die Bühne gehen.

Kaum zu glauben, was gerade im Nahen Osten geschieht: die israelischen Panzer sind aufmarschiert, zusammen mit diversen Infanterie- und Artilleriebrigaden, um einen massiven Militärschlag in den Gazastreifen zu unterstützen. Der Plan: Unterbindung von Elektrizitäts-, Wasser-, Nahrungs- und Treibstoffversorgung in Gaza. Die Agenda: keine Verhandlungen, keine Kompromisse, alles oder nichts. Das Ziel: die Befreiung des gefangenen Soldaten. Fällt irgendjemand eine LEICHTE Unverhältnismäßigkeit der Mittel auf?

Die USA wollen nun einige Guantanamo-Häftlinge freilassen, doch es gibt ein Problem: deren Ursprungsländer wollen sie nicht mehr haben. Nur eine weitere skurille Randbemerkung in der Demontage einer Supermacht.

Nicht nur die UNO hat erkannt, welche Probleme der Handel mit Kleinwaffen bereitet. 60%-90% der Todesfälle in bewaffneten Auseindersetzungen entstammen ihnen. Ein Spitzenreiter im Handel mit Kleinwaffen ist - Deutschland. Nun will die UNO einen Vertrag aushandeln, der den Handel restriktiver handhabt und vor allem gegen die illegale Verbreitung der Waffen gerichtet ist. Die USA lehnen diesen Vertrag als unnötig ab.

Kommentar

Im Spiegel ist ein Artikel erschienen, der sich besonders mit dem Phänomen des linken Widerstandes gegen die WM im allgemeinen und den Deutschpatriotismus im Speziellen auseinandersetzt. Einmal abgesehen davon, dass der Artikel reichlich undifferenziert und opportunistisch nur feststellt, dass man sich die tolle WM-Stimmung nicht von "Linksextremisten" verderben lassen will und einmal mehr die Gefahr von Anschlägen heraufbeschwört, ist die Sache doch einer genaueren Betrachtung wert.
Um eines gleich klarzustellen: ich halte nichts von diesen bornierten Linken, die immer noch glauben, schwarz-rot-gold stehe nur verkappt für schwarz-weiß-rot, und das Hakenkreuz auf der Flagge sei nur aus Pietätsgründen entfernt worden und wehe im Geiste noch mit im Wind. Diese Übervorsicht ist gänzlich unangebracht. Die Forderung der GEW, das Deutschlandlied abzuschaffen, weil die dritte Strophe ja auch im Nationalsozialismus gesungen wurde und damit für NS-Opfer nicht erträglich sei ist schlicht und einfach Bullshit. Im Nationalsozialismus wurde auch deutsch gesprochen, und trotzdem ist die Sprache, abgesehen von ein paar israelischen Ultra-Rechten, vollkommen erträglich für die meisten NS-Opfer, ebenso, wie es deutsches Geld ja auch war (selbst für Israels Ultra-Rechte).
Die Linksparteiabgeordnete Julia Bonk versuchte, die Autowimpel durch Tausch gegen Anitfa-T-Shirts aus dem Weg zu ziehen. Scheinbar hat sie dafür mehr als nur Rüffel durch ihre Vorgesetzten bekommen ("Das ist nicht die Linie der Partei"), einmal abgesehen davon, dass die Aktion kein besonders großer Erfolg war. Als Begründung taucht dabei aus diesen speziellen Kreisen unisono die Begründung auf, Deutschland habe eine "spezifische Vergangenheit" und könne deswegen nicht "normal" mit seiner Fahne umgehen. Auch hier: Bullshit. In wenigen Jahren wird es keine Zeitzeugen aus dem Dritten Reich mehr geben. Wie lange muss es dauern, bis wir diese "spezifische Vergangenheit" bewältigt haben? Ja, es ist wichtig auf den Holocaust aufmerksam zu machen, denn was in Ländern geschieht, deren dunkle Flecken begraben bleiben sieht man in Japan, sieht man in den USA, sieht man in England. Aber Aufarbeitung ist nicht gleich Aufarbeitung. Ist es ein Argument gegen das Deutschlandlied, dass von Fallersleben Antisemit war, wie Benjamin Ortmeyer nicht müde wird zu betonen? Henry Ford war ebenfalls Antisemit, und zwar ein mit Sicherheit deutlich krasserer als von Fallersleben, trotzdem ist es für Juden problemlos möglich, einen Ford zu fahren.
Aber zurück zum Thema. Auch wenn ich den Kampf der Linken gegen den Fußball-Patriotismus nur sehr bedingt unterstützen kann, halte ich die Art, wie in dem Spiegel-Artikel alles (unter dem Ressort "Linksextremismus"!) in einen Topf geworfen wird für schlichte Demagogie. Diese Leute vertreten auch nur ihre Meinung, und diese weicht eben von der der Mehrheit ab. Man sollte respektieren, dass es auch Leute gibt, denen der allgemeine Deutschland-Fußball-Taumel nicht behagt und ihnen die Luft zum Atmen lassen, ohne ihnen wie der Artikel demagogisch "Landesverrat" vorzuwerfen.

Montag, 26. Juni 2006

Fundstücke

Die Zeit hat einen Artikel eines NPD-Experten veröffentlicht, der auch ein Buch darüber geschrieben hat und berichtet, wie sich eigentlich die Rechten derzeit in Ostdeutschland festsetzen und warum die bisherigen Versuche, sie aufzuhalten allesamt scheitern (müssen).

Eine Übersicht des Stern über die Studiengebührenmodelle anderer Nationen ist mehr als nur interessant.

Die Seite www.uebergebuehr.de bietet interessante Infos rund um das Thema Studiengebühren - so zum Beispiel einen Praxisbericht aus Australien.

In der Linken Zeitung findet sich eine blendende Analyse des Grundes für die USA, beständig Kriege zu führen. Dem Artikel zufolge sei es nicht das Streben nach Öl (das er als völlig blödsinnig entlarvt), sondern vielmehr eine rein ideologisch motivierte Angelegenheit. Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, aber der American Dream spielt eine entscheidende Rolle.

Falls es wen interessiert: deutsche Verfassungsgeschichte von 1990-1994 aus der Perspektive der jungenWelt.

Arne Hoffmann hat einen brillanten Artikel über Prostitution, Zwangsprostitution und die feinen Unterschiede und Klischees geschrieben. Unter anderem werden Gründe für die Horrorzahlen bisheriger Studien und fundierte Argumente dagegen gebracht, ebenso eine Auseinandersetzung mit der Prostitution an sich.

An alle die, die eine "hilft doch alles eh nix" Mentalität an den Tag legen, hier ein Gegenbeispiel.

Die Amerikaner haben ihre 230 Seiten starke Studie über den Irakkrieg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine hochinteressante Analyse des Irakkrieges.

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Als man einer 39jährigen Frau endgültig den Befehl zum Zwangsräumen ihrer Wohnung überbringen wollte, tötete diese ihren Sohn und dann sich selbst. In den Medien wird allerdings derzeit lieber über den Tod von Bruno berichtet.

Selbst bayrische Berufsoptimisten hätten nicht erwartet, dass Stoiber ein solch glanzvolles Comeback erleben würde. Mit viel traditionellen Forderungen und einer gehörigen Offensive gegen die CDU und SPD gleichermaßen lässt er die Umfragewerte für die CSU in die Höhe schießen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die reaktionäre Tendenz in Bayern auch auf andere Gebiete der BRD ausbreiten wird.

Vielen Städten geht das Geld für Ein-Euro-Jobber aus. Soweit die gute Nachricht, jedoch wird, um die Verluste einzusparen eben den Arbeitslosen die Kohle gestrichen.

Das Justizministerium hat mit sehr zwielichtigen Methoden versucht, Berichterstattung durch kritische Journalisten abzuwehren. Ein Abgeordneter hat dagegen geklagt.

Ohne dass ich das weiter kommentieren möchte berichtet die Zeit über Probleme bei der Föderalismusreform.

In Stralsund ist wegen des für Juli geplanten Bush-Besuchs quasi der Ausnahmezustand gegeben: weiträumige Gebiete werden abgesperrt und großen Polizeikontingente herangeschafft.

Die Welt liefert in einem Artikel einen weiteren der zur Zeit häufigen Warnrufe für die Familienpolitik: die Ehescheidungen in Deutschland liegen im oberen Drittel des EU-Durchschnitts, bald jede dritte Ehe wird geschieden. Die finanziellen und emotionalen Folgen sind enorm, was allen bekannt ist, die Scheidungsraten jedoch nicht ändert. Änderungsbedarf sieht die Politik allerdings immer noch nicht.

Gesundheit:

In einem Interview wird deutlich, warum eigentlich die Lage in den Krankenhäusern - besonders in Berlin - so ist, wie sie ist und welche immanenten Mechanismen dahinter stecken.

Das Einstiegsalter für Cannabis sinkt, derweil immer mehr und immer jüngere Jugendliche die wachsenden Depressionen mit Alkohol bekämpfen. Eine alarmierende Studie geht beinahe unter.

Die Finanzierung des Gesundheitssystems ist immer noch unklar. Während die SPD bei ihrer Steuerfinanzierung bleibt, hatte die CDU dies abgelehnt. Nun scheint sich ein fauler Kompromiss anzubahnen.

Wirtschaft:

Die IW hat einen alarmierenden Bericht herausgegeben: um das deutsche Bildungssystem steht es katastrophal. Das ist an und für sich keine Neuigkeit, aber immerhin hat IW einige Patentvorschläge parat: besser ausgebildete Lehrer und Gesamtschulen, beispielsweise. Na, dann wird ja bald alles gut.

Das sind Nachrichten, die man gerne liest: Multimilliardär Buffet spendet 85% seines Gesamtvermögens. Damit katapultiert er sich in die Weihen der größten Philantropen und macht alle Untaten der Vergangenheit vergessen. Das ist eine weitaus bessere Methode, als einfach nur abzukassieren, auch wenn sicherlich Eigennutz dahinter steht. Die Bill-Gates-Stiftung, der das Geld zugute kommt, steht nun mit einem Kapital von 60 Milliarden Dollar da.

In Südkorea erlitten mehr als 1500 Schüler eine Lebensmittelvergiftung durch Schulkantinenessen. Der Belieferer, CJ Food, war ein profitorientiertes Unternehmen. Nun fordern insbesondere Eltern, dass die Versorgung der Schulkantinen durch den Staat übernommen wird.

Politik (Ausland):

In Italien steht ein Referendum über eine noch von Berlusconi geplante Verfassungsänderung bevor: effektiv ähnelt sie unserer Föderalismusreform und würde den armen Süden, der derzeit noch vom reichen Norden alimentiert wird, in direkte Konkurrenz zu diesem setzen. Je nachdem, welche der beiden Reformen eher durchkommt, werden Italiener die Katastrophe in Deutschland oder eben umgekehrt beobachten dürfen - und vielleicht doch noch rechtzeitig den Nothebel ziehen.

Nach dem Überfall auf einen israelischen Posten, pardon, einen israelischen Posten, hat Israel nun härteste Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Rechten in der Regierung überschlagen sich mit Kriegsrhetorik: Palästina habe den Krieg erklärt, es gäbe keine Immunität für niemanden, man solle den palästinensischen Staatschef nach Israel verschleppen und was der rhetorischen Entgleisungen mehr sind. Nichts genaues weiß man dabei immer noch nicht: die Regierenden in Tel Aviv "wissen" aber immerhin "sicher", dass der militärische Zweig der Hamas den gefangenen israelischen Soldaten in ihrer Gewalt habe. Woher, wo er sich befindet oder sonstwelche verwertbaren Informationen besitzen sie natürlich nicht.

Weiterhin unklar ist, was der Iran mit seiner Holocaustkonferenz bezweckt.

In Afghanistan verfällt man in alte Untugenden aus dem Vietnamkrieg: der Wert einer Offensive wird nach dem Bodycount bemessen. Jede Offensive präsentiert als Bekenntnis eine getötete Zahl "radikalislamischer Kämpfer", die jedoch nichts weiter aussagt - es sind eben noch hundert weitere Tote in einem längst verlorenen Krieg.

Die USA machen scharf gegen Nordkorea: die Drohungen gegen das Entwicklungsland werden immer heftiger, ohne dass viel passieren würde.

Sonntag, 25. Juni 2006

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Über die Finanzierung all der schönen Reformen ist man sich bei der SPD wie der CDU nicht einig. Steuern ausgerechnet für das Gesundheitsystem einzusetzen kommt für die CDU bei einer geplanten Unternehmerentlastung um fast 10% natürlich nicht in die Tüte.

Mehr Zentralismus! fordert ein Leitartikel der Zeit. Der sieht nicht in einer Mehrheit einer bestimmten Partei das Problem des Bundesrats, sondern vielmehr in der allgemeinen Struktur des Förderalismus und die dazugehörige Reform für gnadenlos verfehlt.

Das muntere Raten um Hartz-IV-Missbrauchszahlen geht weiter: Struck schätzt sie nun auf 5% und fordert eine Ächtung der Abzocker, um den Missbrauch einzudämmen. Wie das aussieht, weiß er natürlich nicht. Außerdem wäre unter Schröder ohnehin alles besser gewesen.

Ein BW-Grüner (also einer aus der rechten Ecke) hat einen Artikel über die Staatsgläubigkeit der Großen Koalition geschrieben. Hach, was für ein selten gewordenes Exemplar der Fortschrittsgläubigkeit - der Markt wird es schon richten. Etwas so reaktionäres ist man von den Grünen doch gar nicht gewohnt.

In einem Zeitinterview rollen SPD und FDP die Frage nach einer rot-gelben Koalition auf und geben sich selbst rosige Aussichten. Besonders die Feststellung, dass die CDU fast ein unnatürlichterer Partner wird als die SPD, ist interessant. Eher mit Grausen muss ich Feststellungen lesen, wie dass die Förderung von sozial schwachen nicht aus sozialen, sondern aus wirtschaftlichen Gründen geboten ist.

Familiensplitting, Ehegattensplitting, nichts davon? Der Streit spaltet die Gemüter, und effektiv wird nur einmal mehr Sokrates sich selbst ins Fäustchen lachen, wenn die Politiker sich auf seinen Satz berufen müssen: Ich weiß, dass ich nichts weiß.

In einem Welt-Interview mit der Programmchefin von RTLII wird klar, dass der Niveauabfall des deutschen Fernsehens noch lange nicht zu Ende ist: man will verstärkt auf Emotionen setzen. Welche Folgen das beim bisher ja praktisch nicht emotionalisierten Fernsehen hat ist leicht abzusehen.

In Hessen hat sich die Spirale der Gewalt weiter gedreht: Studenten warfen Müllcontainer auf die Gleise, die Poliezi setzte Schlagstöcke ein und überfuhr Studenten. Auch der inzwischen schon fast gewohnheitsmäßig gebrachte Vorwurf, Fensterscheiben seien eingeworfen und Mülleimer angezündet worden findet sich erneut. Bewiesen werden konnte er wie immer nicht.

Fußballfans der anderen Art: Das "Bündnis Spielverderber 2006" wendet sich gegen Kommerz und "Sicherheit" des Fußballs. Prompt geraten sie bei der Polizei unter Gewaltverdacht. Altbekannt aus der Weimarer Republik ist die Taktik, gegen Linke vorzugehen und Rechte Rechte sein zu lassen.

Gesundheit:


Seit heute läuft der Streik in den kommunalen Krankenhäusern.

Politik (Ausland):

Die USA haben einen neuen Massenmordanschlag vereitelt, der auf Chikago abzielte. Oder eben auch nicht. Die Zeit nimmt den Fall auseinander, der mehr heiße Luft als Substanz zu haben scheint.

Ein anonymer Beitrag zeigt die Brualität des Krieges in Isreael und Palästina: ohne zu wissen, auf wen geschossen wird oder ob er oder sie überhaupt Feind und/oder bewaffnet ist, wird gefeuert. Gleichzeitig thematisiert die jungeWelt in einem Artikel die brutale Politik Israels.

Die japanischen Truppen haben mit dem Rückzug aus dem Irak begonnen. Gleichzeitig begehen die Amerikaner bei der Eroberung von Ramadi die gleichen Kriegsverbrechen wie bereits vor Falludscha, so beispielsweise Aushungern der Zivilbevölkerung, um diese zur Flucht zu zwingen.
Saddam Hussein bietet den Amerikanern seine Hilfe bei der Befriedung des Irak an. Nur, um ihn zu diesem Angebot zu zwingen habe man die Todesstrafe gefordert. Dabei verzichtet er sogar großzügig darauf, wieder Staatschef zu werden. Gleichzeitig schieben die Amerikaner erste Abzugspläne nach.

Der Iran startet eine neue Runde im allgemeinen Provokationswettstreit: die fast schon vergessene Holocaustkonferenz wird auf den Oktober angesetzt.

Neuigkeiten zur Gleichberechtigung

Ich hab ein bisschen in Genderama gewildert und einige interessante Artikel rausgesucht, die ich euch nicht vorenthalten will:

1) Die Financial Times Deutschland hat berichtet, dass laut einer aktuellen Studie Frauen rund 7% mehr verdienen als Männer.
2) Die FAZ Net bietet einen hervorragenden Hintergrundartikel über das Gender Mainstreaming, in dem dessen Geschichte, Intention und wahre Bedeutung sowie diverse Probleme aufgezeigt werden.
3) Freier sensibel, Politiker nicht, titelt die taz zum Hype um die Zwangsprostitution während der WM.
4) Der Main-Rheiner berichtet, dass der ganze Hype um die Zwangsprostitution sich als Lufblase herausgestellt hat.

Samstag, 24. Juni 2006

Mal ne Behauptung in den Raum geworden...

In der Netzeitung gefunden: bisher gab es keine Übergriffe auf Ausländer durch irgendwelche Rechte. Überhaupt verlief die WM bisher "erstaunlich" ruhig. Nun ruft Schäuble diejenigen, welche von No-Go-Areas sprachen dazu auf in sich zu gehen und den Grund ihrer Hysterie zu finden. Den Grund auszumachen erscheint mir leicht, man lenke seinen Blick nur an eine gewisse Potsdamer Polit- und Justizblamage. Kanzleramtschef de Mazière kommentiert die Bemerkungen von Schäuble nun foldendermaßen:
"Dass nichts passiert, liegt vor allem an der massiven Anstrengung der Polizei und der anderen Sicherheitsbehörden im Hintergrund."
Also, bisher habe ich nichts von festgenommenen Attentätern oder Glatzen gehört. Die einzige mir bekannte glorreiche Polizeiaktion war die Unterdrückung einer Antikriegsdemonstration. Aber man kann die Behauptung ja einfach mal in den Raum werfen, denn wenn sie da steht macht sie es sich schnell bequem. Und solch ungeliebte Gäste wird man nicht besonders gut wieder los. Den Beweis der Behauptung bleibt de Mazière schuldig. Muss er auch, schließlich gibt es keinen. Und warum ausgerechnet paranoide Sicherheitskräfte Anschläge verhindern sollen ist nach den Erfahrungen von London, Madrid, Bagdad, Tschetschenien usw. eine Frage, auf die ich gerne eine plausible Antwort hören würde.

Fundstück

Artikel 20/79 [Widerstandsrecht] Die BRD ist ein sozialer Bundesstaat. Eine Änderung ist unzulässig. (Ewigkeitsklausel)
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand.

Quelle: Grundgesetz der BRD

Fundstück

Oberschicht unter sich in deutschen Schlüsselämtern


Die Schaltstellen der Macht in Wirtschaft und Politik sind immer häufiger mit Personen der Oberschicht besetzt. Das zeigt sich zum Beispiel in Merkels Kabinett oder in den Vorstandsetagen der 100 größten deutschen Unternehmen. Und der Trend dürfte sich noch verstärken.

Leinfelden - 1966 führte Kurt Georg Kiesinger als Bundeskanzler eine große Koalition, genau wie heute Angela Merkel. Die Politiker galten damals als volksnah - nicht zuletzt wegen ihrer kleinbürgerlichen Herkunft: Der Kanzler selbst war der Sohn eines kaufmännischen Angestellten, sein Vizekanzler Willy Brandt gar der uneheliche Spross einer Verkäuferin.

Innenminister Paul Lücke stammte aus dem Haushalt eines Steinbruchmeisters und der Vater von Finanzminister Franz Josef Strauß war Metzger. Lediglich zwei der sechs Schlüsselpositionen waren damals von Kindern des Bürgertums besetzt, insgesamt dominierten Handwerker, Angestellte und Beamte aus niedrigen Hierarchien den beruflichen Hintergrund der Kabinettsmitglieder.

Das ist heute anders, berichtet der Soziologieprofessor Michael Hartmann in der Juli-Ausgabe des Magazins "Bild der Wissenschaft".

Diese Veränderung spiegelt laut Hartmann einen grundlegenden Wandel der Gesellschaftsstrukturen wider: Kiesingers Kabinett repräsentierte ein Volk, das vom Kleinbürgertum und einer starken Mittelschicht dominiert war. Merkels Regierungsmannschaft ist dagegen in einer Zeit im Amt, in der die Schere zwischen "arm" und "reich" immer weiter auseinander klafft - und die politische Elite gehört mittlerweile größtenteils in die Kategorie "reich".

Die Folgen bekommen die Volksparteien bereits zu spüren: Da sich ein großer Teil der Bevölkerung nicht mehr repräsentiert fühlt, verlieren SPD und CDU/CSU so viele Mitglieder wie kaum zuvor. Während das Bürgertum die politische Elite jedoch gerade erst zu dominieren beginnt, sei eine solche Übermacht unter Wirtschaftsbossen und Juristen schon lange gang und gäbe, schreibt Hartmann.

So sind 80 Prozent der Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen Firmen Kinder von Vätern, die Unternehmer, leitender Angestellter, höherer Beamter oder akademischer Freiberufler waren.

Hat sich das Bürgertum einmal etabliert, würden diejenigen, die bereits in der Führungsetage sitzen, immer wieder Menschen mit einem ähnlichen familiären und sozialen Hintergrund als Mitarbeiter wählen, betont Hartmann. Denn diese lassen sich sehr viel leichter einschätzen als diejenigen, die in ihrer Kindheit völlig andere Erfahrungen gemacht haben.

Besonders ausgeprägt sei die Dominanz des Bürgertums dort, wo es um Macht und gesellschaftlichen Einfluss gehe, schreibt der Soziologe.

Vor diesem Hintergrund würde die Verschiebung der Regierungszusammensetzung einige Risiken enthalten, unterstreicht Hartmann in "Bild der Wissenschaft". Denn wo Politiker und Wirtschaftsbosse in den gleichen höheren Kreisen verkehren, steige die Wahrscheinlichkeit für "Absprachen unter vier Augen". (Das Gefühl habe ich schon lange)

Gleichzeitig nehme das Verständnis für die Sorgen des Normalbürgers ab. Das haben sowohl SPD als auch CDU/CSU im vergangenen Jahr zu spüren bekommen: Niemals seit 1949 haben die beiden Volksparteien so wenig Stimmen erhalten wie bei der letzten Bundestagswahl.

Quelle: Manager-Magazin

Freitag, 23. Juni 2006

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Der erste Teil eines Berichts eines Hartz-IV-Empfängers, der seine Wohnung aufgeben soll. Abgesehen vom wirtschaftlich einfach nur nutzlosen Aspekt ist die menschenverachtende Bürokratie wieder einmal eine Erwähnung wert.

Man kann sich fragen, ob die Nachricht bei "Politik" wirklich richtig aufgehoben ist, aber egal: Sabine Christiansen hört auf. Nachfolger wird Günther Jauch. Die Vorstellung, dass ausgerechnet er Politiktalk moderiert...ich weiß nicht.

Merkel indessen rudert mit voller Kraft zurück: ihr Gerede vom "Sanierungsfall Deutschland" sei eigentlich gar nicht so, aber auch nicht anders und mit Sicherheit nicht wie in der dritten Option gemeint gewesen. Was Merkel letzten Endes nun damit eigentlich gesagt haben will ist besonders durch die ungewollte Schützenhilfe anderes politischen Personals mehr als unklar.

Die Föderalismusreform droht nun doch ein weiteres mal zu scheitern: die SPD stellt sich quer. Streitpunkt ist wie bereits 2004/5 das Kooperationsverbot von Bund und Schulen. Allerdings sind möglicherweise Zusagen aus der FDP zu erwarten.

Mit viel Begeisterung wird in Frankfurt die erste große schwarz-grüne Koalition gefeirt, es werden Phrasen gedroschen bis zum Abwinken. Welche Ergebnisse das haben wird, wird sich zeigen.

Wenig überraschend: der Rentenbericht von 2005 enthielt zahlreiche unangenehme Wahrheiten über den Regierungsstil der etablierten "Volks"parteien. Dieser Bericht wurde bis heute nicht veröffentlicht.

Zuerst wird über Jahrzehnte das Image der Familie demontiert und der sog. "Individualismus" in unbezifferbare Höhen geschraubt, und wenn es ernst wird rudern alle hastig zurück: ein weiterer warnender Artikel der Dauerbrennerserie "Deutschland bekommt zu wenig Kinder".

SPD-Fraktionschef Struck hat bemerkt, dass die Mehrwertsteuererhöhung für das Sozialprogramm nicht notwendig gewesen wäre, bekennt sich nun jedoch nachträglich dafür. Ein wehmütiger Blick zum SPD-Wahlprogramm wird wieder einmal von der Realpolitik verstellt, oder dem, was man dafür hält.

Einer der vielen kleinen GG-Brüche in der letzten Zeit: per Notverordnung wird es eben mal außer Kraft gesetzt, um einen neuen Haushalt zu finanzieren.

Obwohl er Muslim ist, hat man keine Zweifel an der Integrität el-Masris. Die Vernehmung des Belastungszeugens für die CIA-Entführungen brachte die ganze erschütternde Geschichte noch einmal zu Tage.

In Frankfurt hat die Polizei die Uni gestürmt, weil sie "Gefahr im Verzug" sah. Angeblich war eine Fensterscheibe zu Bruch gegangen und es hatte eine Mülltonne gebrannt. Beweise fand man keine, aber bei dem Einsatz gingen zahlreiche Fensterscheiben und viele Einrichtungsgegenstände zu Bruch.

Katastrophal geht es gerade auf dem Sektor des Asylrechts zu: zahlreichen Asylanten wird das Asylrecht aberkannt, sie können jedoch nicht in ihre Heimatländer zurück, was eine effektive Verschlechterung ihres Status' bedeutet.

Das Sparen allerorten wird auf einen neuen traurigen Höhepunkt getrieben: in den Ostländern wird die Bemessensgrenze für staatlich geförderte Abtreibung nach unten reguliert. Bis zu einem eInkommen von 662 Euro wird Hilfe gegeben, da der Staat bisher rund 80% aller Abtreibungen bezahle. Bei den heutigen Verhütungsmethoden seien ungewollte Schwangerschaften kaum mehr vorstellbar, heißt es. Überraschenderweise nicht von einem Mann, sondern von einer Frau, die es eigentlich ja besser wissen sollte. Na dann.

Schäuble versucht sich mit Humor und bezeichnet seinen Rollstuhl als Polizeifahrzeug, weil er ja schließlich der oberste Polizist des Landes sei. Ich würde lachen, wäre es nicht so verdammt richtig.

Ungemein überraschend: Deutsche haben eine schlechte Meinung von Muslimen, das hat eine aktuelle Umfrage ergeben.

Wirtschaft:

Scheinbar verlangen Teile der amerikanischen Broker-Welt einen Angriff auf den Iran, um die Börsenkurse zu verbessern. Der Text klingt ein bisschen abwegig, ist aber nichtsdestotrotz interessant.

Aktuell wird eine neue Disziplin an den Universtitäten gelehrt: Neo-Marketing. Effektiv wird dabei versucht herauszufinden, welche Prozesse unterbewusst beim Betrachten von Werbung ablaufen. Ob das wervolle Ergebnisse bringt oder nur moderne Kaffeesatzleserei ist, darüber sind sich die Experten derweil allerdings noch nicht einig.

Gesundheit:

Der Marburger Bund hat einen neuen, flächendeckenden Ärztestreik beschlossen. Dieses Mal geht es um die kommunalen Kliniken, nachdem der Abschluss für die Unikliniken unter Dach und Fach gebracht worden war. Die Arbeitgeber zeigen sich hart: Die Kommunen könnten sich das nicht leisten, Ärzte verdienen ohnehin genügend, und überhaupt wird das ganze ja "auf dem Rücken der Patienten ausgetragen". Man sollte überlegen, wer es soweit hat kommen lassen. Die desaströsen Zustände in Krankenhäuser sind schließlich kein Produkt der letzten Tage, Wochen oder selbst Monate.

In den USA fällt das Verbot für Pestizidversuche an Menschen. Abgesehen vom moralischen Verfall und den Auswirkungen auf Einzelschicksale steht dem immerhin derselbe positive Aspekt gegenüber wie bei den Versuchen des Dr. Mengele.

Die Steuern sollen zur Finanzierung des Gesunheitswesens noch einmal erhöht werden, berichtet wie Welt. Die CDU ist allerdings dagegen.

Das Rauchverbot könnte möglicherweise auch auf Züge ausgeweitet werden, wie es scheint. Derzeit scheint sich gerade auf diesem Sektor erstaunlich viel zu bewegen. Sollte es sich um eine Idee handeln, deren Zeit reif ist? An und für sich ist nur zu hoffen, dass der Tabak über kurz oder lang ganz verboten wird und danach der Alkohol an der Reihe ist.

Politik (Ausland):

Ein Musterbeispiel der Geschichtskitterung. Aktuelles Beispiel: der Iran. War noch bis vor kurzem jedermann bekannt, dass im Irak-Iran-Krieg von 1980-1986 der Irak die Rolle des bösen Angreifers, unterstützt vom Westen, innehatte, so beginnt nun eine Revision. Der Iran bekommt dabei die Rolle des Bösewichts zugeschrieben, der Kinder als Gottessoldaten gegen den Irak schickte. Der Spiegel-Artikel drückt schwer auf die Tränendrüse und versucht dabei eigentlich gar nicht wirklich, sich vom BILD-Niveau zu entfernen.

Die EU plant auf Weltmachtniveau: für künftige Militäreinsätze sind nun auch wie selbstverständlich Atombomben im Gespräch. Wahrscheinlich dienen diese der Sicherung von Wahlen, aber man kann ja nie wissen.

Die britischen Fernsehsender strahlten ein Überwachungsvideo aus, auf dem der Totschlag an einem Medizinstudenten zu sehen ist. Ausgestrahlt wurde auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern, als Abschreckung. Ob derartige Apelle an die Öffentlichkeit ihre Wirkung haben wird sich zeigen; eine bessere Methode als ein mit spannungsgeladener Musik unterlegter MTV-Strip ist es jedoch sicherlich.

Einmal mehr zeigt sich die EU demokratisch: 105 Millionen Euro fließen unter Umgehung der Hamas nach Palästina. Teile davon werden noch eine ganze Weile brauchen, bis sie ankommen, da man Anspruchsberechtigungen klären muss. Da man aber nur mit der oppositionellen Fatah zusammenarbeitet, steht der Missbrauch eigentlich schon fest.

Im Taumel der Fußball-WM geht die Nachricht, dass die Kongo-Abteilung der BW und EU am 18. Juli ihre Mission aufnehmen wird, beinahe unbeachtet unter. Ein Schelm, wer da an Absicht denkt. Weiterhin ist die Aufgabe offiziell, die "Wahlen zu sichern".

Im Irak hat in Bagdad eine neue Welle des Terrors begonnen, zahllose Opfer sind zu beklagen. Allein die Gewöhnlichkeit dieser Meldung ist dramatisch. Die irakische Regierung indessen hat den Ausnahmezustand beschlossen.

Nichts Neues im Lande östlich des Irak: eine Konferenz der Außenminister von Deutschland und Iran blieb wie erwartet erfolglos. Deutschlands Position bewegt sich ebensowenig wie die des Irans. Ob irgendeine Seite überhaupt an einer Lösung interessiert ist, darf getrost bezweifelt werden.

In den USA hat der erste Offizier den Marschbefehl in den Irak verweigert, weil er den Krieg als völkerrechtswidrig und falsch ansieht. Der Hawaianer wurde daraufhin unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor ein Militärtribunal gestellt.

Noch mal USA: ein Artikel der jungenWelt berichtet anschaulich vom Verbalnarkotikum des "Krieges für die Demokratie".

In Afghanistan hat sich der Präsident gegen die amerikanische Kriegspolitik gestellt. Fünf- bis sechshundert Tote allein in den letzten Wochen seien nicht vertretbar, die allgemeine Strategie für den Krieg gegen den Terror müsse überdacht werden. Prompt bekommt er eins auf die Mütze: ABC sendet Informationen, die sie angeblich auf dem Markt für 200 Dollar gekauft hätten und die eine Verstrickung ins Drogengeschäft des Präsidenten belegen sollen.

Und da sage einer, religiös und konservativ zu sein hat nix Gutes: auf den Philippinen wurde die Todesstrafe abgeschafft. Die Präsidentin, die heute ihre Unterschrift unter das neue Gesetz setzte, ist tiefgläubig und kann die Todesstrafe nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.

Im Manöver mit japanischen Truppen haben die Amerikaner eine Mittelstreckenrakete abgeschossen, um so Nordkorea überdeutlich die kriegerische Bereitschaft zu signalisieren. Ob das Kim Jong-Il abhalten wird, darf bezweifelt werden.

Links, rechts, Mitte, oben, unten, hinten, vorne

Aus aktuellem Anlass will ich hier mal kurz eine kleine Grundsatzdiskussion führen. Die aufgetauchte Frage war: sind links und rechts nicht ähnlicher, als man gemeinhin denkt?
Bevor man diese Frage beantworten kann, sollte man sich erst einmal klarmachen, was "links" und "rechts" überhaupt sind.
Die meisten Menschen verbinden "links" wahlweise mit UdSSR und DDR oder aber den 68ern. Gänzlich falsch wäre es, dabei an die SPD zu denken.
"Recht" hingegen sind bei den meisten sofort Glatzen, schwarz-weiß-rot und der deutsche Osten im gedanklichen Bild.
Wenn ich Begriffe von "rechts" und "links" meine beziehe ich mich größtenteils auf die Einteilungen des politischen Kompasses. In diesem Falle würden links und rechts hauptsächlich für die Wirtschaftsapolitik stehen, derweil wir die Reihe noch um "oben" und "unten" erweitern, nämlich liberal und autoritär. Und wenn wir dieses Fadenkreuz zugrunde legen sind die meisten der Kommentarposter hier definitiv rechts, was aber nichts mit den Fahnenschwingenden und gröhlenden Glatzen oder gar einem gewissen Österreicher zu tun hat.

Mittwoch, 21. Juni 2006

Uniwahlen in Tübingen

Heute und morgen sind in Tübingen Wahlen für die Astas und den Senat. Die Wahlbeteiligung dürfte gewohnt niedrig um die 20% stagnieren, was aber auch nicht weiter verwundert: die Informationsarbeit ist mehr als dürftig. Außer ein paar beliebigen Flyern in Mensen und Cafeterien war es dem Wähler kaum möglich, sich zu informieren. Nicht einmal die HP der JuSos bot ein Wahlprogramm. Wenn also nicht einmal vergleichsweise professionelle Gruppierungen es hinbekommen, wie soll sich dann jemand überzeugen lassen?

Nachrichten des Tages

Politik (Inland):

Mit einem tiefen Griff in die Mottenkiste des Fußballvokabulars verteidigte Merkel gestern den Reformkurs der Bundesregierung: der "Sanierungsfall" (Wortlaut gegenüber der Industrie) Deutschland muss nun mit der "Blutgrätsche" der Steuererhöhungen endlich gerettet werden. Auch die anderen Parteien standen in nichts nach, die FDP erklärte das Schwenken schwarz-rot-goldender Farben für eine politische Bekenntniserklärung: schwarz und rot reichten nicht, es müsse auch gelb dabei sein. Schützenhilfe erfährt Merkel dabei von Steinbrück, allerdings ohne Fußball-Metaphern.

Merkel kündigt (ganz ohne Fußball) Nullrunten für die Rentner "für viele oder zumindest etliche Jahre, jedenfalls so weit ich voraussehen kann" an. Bei der angenommenen Fähigkeit zur Voraussicht Merkels könnte also morgen bereits eine Rentenerhöhung winken, darf jedoch als unwahrscheinlich angenommen werden, da Merkel Berater zur Seite stehen.

Föderalismusreform doch noch auf der Kippe: Die SPD fordert weitere Nachbesserungen, besonders beim Kooperationsverbot in der Bildung. Beeindruckend: die entsprechende Forderung ist von Seeheimer Kreis, Netzwerkern und Linkem Parlament unterzeichnet.

Neues Grundsatzurteil für Arbeitslose: Visitenkarten von Firmen oder Zeitungsannoncen gelten nicht als Nachweis für Eigeninitiative bei der Jobsuche.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Verfassung geht vor Religionsfreiheit; die Eltern des hessischen Paares müssen in die Schule und erhalten keinen christlich-bibeltreuen Heimunterricht.

Gleich hinterher eine schlechte: Neben einer Verbesserung der Zusammenarbeit mit Russland ("strategische Partnerschaft") erfährt man quasi nebenbei, dass ausgerechnet Deutschland vom EU-Gipfel in Brüssel beauftragt wurde, einen neuen Verfassungsentwurf auszuarbeiten - bis Juni 2007.

Vergeblich versucht die Datenschutzbehörde, sich aus dem BND-Skandal zu winden: Man sei eine Behörde und nicht auf Konfrontation aus, es passiere ja so viel in der Welt usw. Letzten Endes wird hier wieder einmal klar, dass in den Rechtsstaat (durchaus doppeldeutig) gesetzte Hoffnungen genausogut den Schweinen in den Trog gelegt werden könnten. Selbst explizit zur Kontrolle angelegte Behörden verweigern eben diese. Im Fall der Datenschutzbehörde hat diese von ihrem Recht, unangekündigte Besuche beim BND zu machen absichtlich und bewusst keinen Gebrauch gemacht.

Die jungeWelt macht gegen das Ehegattensplitting scharf und unterstützt damit den derzeitigen Kurs der Bundesregierung. Ihre Argumente jedoch zeigen einmal mehr eine starke ideologische Voreingenommenheit, die sie ihrerseits bei ihren Gegnern anprangert. Schade eigentlich.

Einmal mehr zeigt sich, dass der Abbau des Sozialstaates die Rechten stärkt: die NPD weitet ihre Sozialhilfe auf den Westen aus, die ihr bereits im Osten viel Unterstützung eingebracht hat.

Ein Kabarettist macht sich im Spiegel-Interview über Stoiber lustig. "Ich bin Protestant. Ich bin selbst eine Gotteslästerung."

Bei den allfällig-manipulierenden Umfragen sackt die CDU weiter ab, während Grüne und SPD zunehmen.

Die PDS-Jugend in Sachsen hat gegen die massive Verbreitung von Deutschlandflaggen demonstriert. Unnötig wie ein Kropf.

Ein Aufruf zum eigenständigen Wahlantritt der WASG in Berlin fordert trotzdem noch immer die Vereinigung mit der LPDS.

Der Spiegel bringt einen großen Artikel über den Fall el-Masri.

Gesundheit:

Ebenfalls ohne Fußball wird ein Warnruf zur Fettleibigkeit abgegeben: jedes zehnte Kind ist bei der Einschulung zu dick, bei der Ausschulung schon jedes fünfte. 41% der Erwachsenen träfe dasselbe Problem. Fettleibigkeit habe bereits den Charakter einer Epidemie und zähle zu den 10 größten Gesundheitsproblemen in Deutschland. Ein Schelm, wer an die grassierende Zunahme von Discountern mit ihrem Billigfraß denkt.

Im Bundestag wird ein neuer Anlauf für ein allgemeines Rauchverbot unternommen. Wie die Chancen stehen, ist derzeit nicht bekannt, insbesondere wegen der geteilten Kompetenzen, aber auch, weil in der Frage immer noch ein tiefer Riss durch die Bevölkerung läuft. Der Ruf nach einem Nichtrauchergipfel wächst. Ein solches Verbot wäre jedoch stark zu begrüßen.

Sehr gute Nachricht: nach den aktuellen Plänen sollen für die Gesundheitsreform Besserverdienende deutlich mehr zur Kasse gebeten werden. Ausgerechnet die SPD gräbt eine gewisse Ader sozialer Gerechtigkeit wieder aus. Leider hat das Papier noch keinen bindenden Charakter, und die CDU gräbt sich bereits hinter schweren Geschützen in gut befestigten Stellungen ein.

Wirtschaft:

Noch eine gute Nachricht: das Pilotprojekt zur Privatisierung der Bundeswehr ist gescheitert. Jung hat die Zusammenarbeit auf dem Feld der Truppenverpfelgung aufgekündigt. Die Soldaten haben anscheinend das Essen verschwendet und das Personal wollte sich nicht unterordnen.

Die Deutsche Bank übernimmt die Berliner Bank und verspricht ein besseres Klima für Investitionen. Allein die Tatsache, dass Ackermann sich freut, macht das zur schlechten Nachricht.

Politik (Ausland):


Der Bush-Besuch in Österreich, das derzeit den EU-Vorsitz innehat, sorgt für viele Probleme. Eine riesige Sperrzone, Massendemonstrationen und unangenehme Themen sorgen für eine angespannte Atmosphäre. Dabei wurde eine weitere Adresse nach Teheran gerichtet, die scheinbar erste Erfolge erbrachte.

Noch ist nicht die erste Bombe auf den Iran gefallen, da macht Bush bereits gegen den nächsten Gegner scharf: die neue "größte Bedrohung" ist da. Dieses mal handelt es sich um Weißrussland, dessen Präsident mit 81,5% von der Bevölkerung gewählt wurde. Wie schon in Palästina zeigt sich die Doppelmoral der so genannten Demokratisierung. Wenn die gewählte Regierung den herrschenden Größen des Westens nicht gefällt, ist es vorbei mit der Demokratie. Letzten Endes reduzieren sich die amerikatreuen ehemaligen Ostblockstaaten (mittlerweile "befreit" und "demokratisch") auf den Status bloßer Marionettenstaaten.

Die EU möchte künftig zur Eindämmung der illegalen Zuwanderung Flüchtlingsboote vor den kanarischen Inseln abfangen. Abgesehen davon, dass man nicht lange auf erste Tragödien warten werden muss, zeigt sich hier einmal wieder der alte Zynismus der Ex-Kolonialmächte: nachdem sie das Land eine Weile ausgebeutet haben, überlassen sie es nun dem Chaos.

Beinahe im Schatten der Öffentlichkeit in Europa wird in den USA gegen einen weiteren neuen Feind scharf gemacht: den Sudan. Der soll neben dem beiläufigen Völkermord in Dafur auch ein terroristischer "failed state" sein.

Eine Versammlung 51 afrikanischer Staaten befürwortete eine Intervention ausgerechnet in Somalia, das die erste Friedensphase seit 1991 erlebt. Auch die EU war bei dem Treffen anwesend, in welcher Rolle ist noch unklar.

Während im Kongo öffentlich die Bereitschaft für bewaffneten Widerstand bekundet wird, verkündet Jung nun - unter Empörung der jungenWelt - auch Falschirmjägerinnen einsetzen zu wollen. Selbstverständlich nur im Sanitätsdienst. Warum, das wissen wahrscheinlich weder die jungeWelt noch Jung.

In der Linken Zeitung findet sich ein lesenswerter Artikel, der gute Gründe aufführt, Vietnam nicht mit dem Irak zu vergleichen und gleichzeitig einige düstere Prognosen wagt.

Nach einer Offensive in Afghanistan, bei der mehr als 20 "Taliban" getötet und einfach liegengelassen wurden, erwartet man nun gelassen einen "Anstieg der Gewalt", der auf solche Offensiven folge. War nicht das eigentliche Ziel einmal, dem Land Frieden zu bringen?
Dazu passt, dass bei den Verteidigern der Zivilisation Homosexualität immer noch als Geistesstörung gilt und in der Armee per se verboten ist. Immerhin haben sie sich für die Menschenrechte im Kampf gegen den Terror verpflichten lassen. Das ist auch bitter nötig, wie der neueste Guantanamo-Report zeigt. Bush bekräftigte darauf seinen Willen zur Schließung, lässt jedoch keine Taten folgen.

Während Nordkorea sein Recht zum Raketentest verteidigt, bereiten sich die Amerikaner auf den Abschuss der Testrakete vor. Südkoreanische wie amerikanische Geheimdienste zweifeln indessen daran, dass Nordkorea über genügend Benzin zum Befüllen der Rakete verfügt.

Dienstag, 20. Juni 2006

Nachrichten des Tages

Japan hat überraschend entschlossen, seine Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Die für humanitäre Hilfseinsätze im Süden stationierte Truppe habe "ihre Aufgaben erfüllt" und werde deswegen nun abgezogen. Der Rückzug der italienischen Truppen geht dabei weiter. In Amerika wird vor übertriebenem Optimismus gewarnt, der sich nach dem Tode Abu Mussab al-Sarkawis breitmachte.

SPD-Politiker Ploß nannte Köhler einen Besserwisser: die derzeitige Kritik an den Reformen von Bundespräsident bis Bundesbankpräsident helfe in der realen Politik nicht weiter. Köhler forderte so irriges wie die Erhaltung des Sozialstaatsprinzips bei allen Reformen. Klar, dass so etwas im realen Politikalltag nichts zu suchen hat.

Die UNO hat nach Abschaffung der ineffizienten Menschenrechtskommission nun einen Rat für Menschenrechte geschaffen, der gestern seine Arbeit aufnahm. Die USA gehören - nicht dazu. Die offizielle Begründung: die Reformen gehen nicht weit genug, es sei nur ein weiteres ineffizientes Instrument. Des Weiteren gehörten dem ganzen Länder an, in denen Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind, so China, Pakistan, Russland, Kuba, Algerien, Saudi-Arabien und Nigeria. Auf dieser Liste würde Deutschland zwar noch fehlen, aber die können sich recht sicher fühlen: Deutschland hat in dem Rat die meisten Stimmen einer westlichen Nation und dürfte allzu kritische Untersuchungen gut vermeiden können.

Spiegel berichtet, dass die Polizei el-Masris Handy abgehört habe, angeblich, um seinen Entführern auf die Spur zu kommen. Zur Erinnerung: Der Deutsch-Libanese el-Masri war 2003 in Mazedonien von der CIA verschleppt worden und nach einer Odysse durch amerikanische Dunkelgefängnisse 2004 in Albanien freigelassen worden. Nun wird er mit seinem Anwalt vor dem BND-Untersuchungsausschuss aussagen. Die Argumentation der Polizei ist mehr als lückenhaft: wurde etwa erwartet, die CIA melde sich noch einmal bei ihm? Wöllte man herausfinden, wer ihn entführt hat, so müsste man wohl eher in Pullach Handys abhören als bei ihm...

Ein weiterer Schlag für den Datenschutz: nach dem Fall einer Gesetzesvorlage, die der EU die Weitergabe von Passagierinformationen an die USA erlaubt hätte, wird nun ein neuer Vorstoß gemacht. Blankes Entsetzen hatte ja bereits bei der Begründung der ersten Ablehnung geherrscht, die lediglich die Gesetzesgrundlage, nicht aber den Inhalt der Verordnung angriff. Nun wird genau dieser Sachverhalt als Vorwand für einen neuen Angriff benutzt.

Auch die Kirchen verurteilen Stoibers Vorstoß für härtere Strafen gegen Gotteslästerer: Man sehe keinen Grund für eine Verschärfung des Strafrechts. Zur Erinnerung: Stoiber hatte gesagt, er halte den Paragraphen 166 für "völlig stumpf und wirkungslos, weil er eine Bestrafung nur dann vorsieht, wenn der öffentliche Frieden gefährdet ist und Aufruhr droht". Na dann, Prost Mahlzeit. Es ist geradezu offenkundig, dass hier eine Waffe gegen politische Gegner geschaffen werden sollte. Schließlich sind die meisten Linken eher atheistisch. Der Auslöser für Stoibers Vorstoß: die Demonstration für Väterrechte beim Sorgerecht.

Die Debatte um den Haushalt 2006 endet im Bundestag heute um 15:30 Uhr. Diese ungewöhnliche Zeit wird mit dem um 16 Uhr beginnenden Deutschland-Spiel erklärt. Während der Spiegel an anderer Stelle eruiert, wie es um die rechtliche Situation des Guckens am Arbeitsplatz beschaffen ist, genehmigen sich die Volksvertreter einfach einmal einen frühen Feierabend, ehe sie am nächsten Tag weitere Reformen in Angriff nehmen, um ihr Volk auszupressen.

Die Töne bezüglich der Gesundheitsreform laufen Richtung Einigung: Die CSU, die vor Tagen noch verkündete, das Fondmodell sei eine "totale Fehlkonstruktion" meinte nun, es "kommt auf die Details an". Aha. Beck erklärt, die SPD werde von ihrem Herzblut, dem Solidarprinzip nicht abrücken, auch die PVKs sollten ihren Anteil leisten. Das hört man gerne, aber man wird sehen, wie es sich weiter entwickelt.

Neues zum Thema Rauchverbot: die Bundesregierung inklusive Merkel macht sich öffentlich für eine Ausweitung des Rauchverbotes stark. Ein wunderbares Beispiel für Papiertiger: durch die Föderalismusreform gehen die Kompetenzen auf die Länder über, zumindest was die Gaststätten betritt, so dass die Bundesregierung hier viel fordern kann; ist ja billig, kostet nix und wird nie umgesetzt werden müssen. Es handelt sich übrigens um die selbe Merkel mit derselben Bundesregierung, die erst vor Tagen vor dem EU-Gerichtshof mit einer Klage gegen das Verbot von Tabakwerbung gescheitert sind. Kaum zu glauben, aber wahr. Seehofer bekommt derweil leider starken Gegenwind.

Wenn man gerade mal wieder groß rauskommen will, kann man ja einfach ein Verbot für gewaltverherrlichende Computerspiele fordern. So geschehen in Hessen. Starken Gegenwind für diesen Unfug bekam man aus der USK, die den Vorstoß mit dem Etikett "Populismus" behaftete und den Politikern "mangelnde Sachkenntnis" vorwarf, da gewaltverherrlichende Spiele bereits verboten sind und für alles andere die Altersfreigaben und die Möglichkeit der Indizierung existierten. Am Ende des Welt-Artikels findet sich - neben weiteren Verweisen im Text - der völlig sinnfrei Einwurf zu den Ereignissen von Erfurt. Als Beispiel für gewaltverherrlichende Spiele wird - na? - natürlich Counterstrike genannt.

Die CSU entfernt sich weiter von der CDU: "Die Ehe ist ein Wert an sich", so erteilen ihre Vertreter dem Ehegattensplitting eine klare Absage. Eine Verkoppelung zwischen Ehe und Kindern wolle man nicht. Man wolle, dass "möglichst viele junge Menschen heiraten". Gleichzeitig warf die CSU der CDU eine zu große Großzügigkeit gegenüber der SPD vor. Dabei erhält Stoiber Unterstützung von seiner Bevölkerung.

Einigung bei der Föderalismusreform: Kooperationsverbot für Schulen bleibt bestehen, für Universitäten wird das Gesetz gelockert. Der Rest des Reformpakets bleibt bestehen. Warum dieser Kompromiss nun unter Rot-Grün nicht zu erreichen war bleibt schleierhaft. Der Anteil bundesratgenehmigungspflichtiger Gesetze wird von 60% auf 30§ halbiert, dafür erhalten auch die Länder mehr Kompetenzen. Die Nichteinmischungspolitik auf dem Bildungssektor ist dabei massiv eine Forderung unionsgeführter Länder, die eine Richtungsanweisung aus Berlin mittels des "Goldenen Zügels" vermeiden wollen. Typisch schwarz kocht man das eigene regionale Süppchen, und wenn in den anderen Bundesländern alles vor die Hunde geht - wen kümmert's schon in BaWü?

Auf starken Druck der EU will Schäuble bis Ende des Jahres die EU-Richtlinien zur Asylpolitik umsetzen. Diese hatte bemängelt, dass Deutschland seit Jahren den kleinsten gemeinsamen Nenner mit der EU umsetze und so trotz des historischen Tiefstandes der Asylbewerberzahlen seit 26 Jahren in Deutschland unnötige Hürden in den Weg gelegt würden.

Schlag für die Arbeitnehmerrechte: Quasi per richterlicher Anordnung wurden die Ein-Euro-Jobber auf den Status bloßer Lohnsklaven herabgewürdigt. Gegen die Nichteinbeziehung der Betriebs- bzw. Personalräte in die Besetzung der Ein-Euro-Stellen hatten diese in Mainz geklagt. In zweiter Instanz wurde abgelehnt: Ein-Euro-Jobs fehle ein "Mindesbestand an arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen". Daran etwas zu ändern fiele niemand auch nur im Traum ein. Weitere "Nachbesserungen" an Hartz IV sollen folgen, die diesen Zustand weiter zementieren.

Das Rhinozeros ist aktiv: Peer Steinbrück geht mit seinen Vorhaben teilweise weit über den Koalitionsvertrag hinaus. Alles, was "zu Passivität und übertriebener Anspruchshaltung" führt, muss weichen. Dazu gehört praktisch der gesamte Sozialstaat. Demgegenüber steht ein Ausbau dessen, was "aktivierend wirkt", so die Programme zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Bildungspolitische Offensiven. Heilige Kuh Steinbrücks ist dabei der Etat, der ihm über alles geht. Dabei verkündet er stolz, er werde nicht den Eichel machen und umkippen. Zu hoffen wäre es.

Nun werden Arbeitslose als Erntehelfer verpflichtet, zumindest in BaWü. Es bleibt zu sehen, welche Auswirkungen dieses Gesetz haben wird.

Beamte haben einen türkischen Fan verprügelt, angeblich, weil dieser sie beschimpft hatte, nachdem sie ihn zum Verlassen eines bestimmten Gebietes aufgefordert hatten. Nachdem sie ihn "zu Boden gebracht" hatten, schlugen sie auf ihn ein und ließen ihn dann liegen. Mission accomplished, würde Bush das nennen.

Nach Ende des Uniklinikenstreits werden nun wohl kommunale Kliniken streiken.

Die Proteste gegen Studiengebühren werden radikaler, zumindest in Hessen. Das bisherige kreuzbrave Demonstrationsverhalten soll nicht mehr weiter eingehalten werden. Aktionen wie die Besetzung des NRW.Bank-Schiffs oder die Blockade von Autobahnen, Rektoraten und Parteizentralen sollen weitergeführt werden. Ziel sind "französische Verhältnisse", sowohl im Protestverhalten als auch in der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, die sich bisher über Solidaritätserklärungen hinaus nicht groß haben einbinden lassen. Aus Frankreich kommt nun Hilfe: Nachhilfe vom westlichen Bruder soll den Deutschen gegeben werden. Hoffen wir, dass sich daraus eine fruchtbare Zusammenarbeit entwickelt. Dieser Kurs wird von der Linksfraktion unterstützt.

Die jungeWelt berichtet ausführlich über die Nicht-Koppelung von Wirtschaftswachstum und Arbeitslosigkeit sowie über die Steuerlüge der Großen Koalition: die Unternehmen sind steuerlich ohnehin bereits überdurchschnittlich begünstigt.

Am EU-Verfassungsentwurf wurden nun die "Rechte der Frauen" verschlimmbessert.

Ist das nicht süß: Klinsmann spricht mit den Soldaten der ISAF in Afghanistan und erklärt ihnen, dass sie "einen tollen Job" machen. Nach einer kurzen Fragerunde erkennt er, dass es die Nationalspieler besser hätten. Ach?

Gleichzeitig plant die Bundesregierung ein Denkmal für im Dienst gefallene Soldaten. Wie viele werden das bisher sein? Hundert? Zweihundert? Hah! 2600! Verblüffende Zahl, die man hier so nebenbei erfährt.

Japan ist drauf und dran, das Walfangverbot zu kippen. Noch steht die Zweidrittelmehrheit nicht, die absolute haben sie nach ausreichender Bestechung zahlreicher Bananenrepubliken bereits.

Die USA drohen Nordkorea mit harten Sanktionen im Falle eines Raketentests. Welche, das wollen sie nicht verraten. Vermutlich wissen sie es selbst nicht.

Die britischen Tories werden in ihrer Germanophobie mehr als nur ausfallen. Haben sie Angst vor einer neuen Invasion?

Israel verspricht, die Grenzen zu "überprüfen" und damit auch palästinensische Belange "stärker mit einzubeziehen". Das gilt auch für die gebauten Teile des Zauns, der natürlich nicht der Festsetzung von Gebietsansprüchen, sondern lediglich der Sicherheit Israels diene.

Die USA haben nach der Angriffswelle im Irak stolz verkündet, dass die erste Provinz voll von den irakischen Sicherheitskräften kontrolliert werden solle. 17 andere Provinzen bleiben US-kontrolliert - oder eben nicht. Die Folgen der Operation sind wie üblich desaströs. Zwei US-Soldaten wurden ermordet. Inzwischen ist ein vertrauliches Memorandum aufgetaucht, in dem die desaströsen Zustände in Baghdad thematisiert werden. Unter anderem wird starker Druck auf Amerikaner ausgeübt, sich den Landessitten entsprechend zu kleiden. Man fragt sich, was sie erwartet haben...

Montag, 19. Juni 2006

Fundstücke

Schon etwas älter, aber Gerhard Wisnewski ist immer wieder für einige nette Texte gut.
Edit: Sind nun doch etwas mehr geworden. Ich hab hier nicht alle Texte eingestellt, sondern eine Auswahl an dem getroffen, was ich für interessant halte.

Theorie Nr. 1: Die Osthoff-Entführung war geplant. Ich halte die Theorie für arg abwegig, ließt sich aber sehr interessant.
Theorie Nr. 2: Die Amerikaner kämpfen im Nahen Osten nicht für Öl, sondern für den Dollar als Leitwährung. Klingt realistisch; den Wahrheitsgehalt kann ich aber nicht beurteilen.
Theorie Nr. 3: Infotainment dient der Niederhaltung von Information und Diskussion. Allseits bekannt, aber schön dargestellt.
Theorie Nr. 4: Die Änderungen am Urheberrechtskonzept resp. der Urheberrechtsabgabe dienen der Verflachung der Medienlandschaft. Bisher nicht gewusst, leuchtet aber ein.
Theorie Nr. 5: Die Wahlen in Italien waren manipuliert. Glaubt man unbesehen.
Theorie Nr. 6: Merkel macht scharf für kommende Kriege. Die These wird besonders durch die implizierte Mitschuld Lafontaines interessant.
Theorie Nr. 7: Der Kongoeinsatz dient der Sicherung der Rohstoffe. Das gibt sogar die SPD zu, aber hier haben wir es ansprechend verpackt.
Theorie Nr. 8: Die Panikmache um No-Go-Areas hat politischen Zweck. Fällt sogar Blinden auf.
Theorie Nr. 9: Eine Auseinandersetzung mit Ahmadinedschads Brief an Bush wurde von den Massenmedien erfolgreich verhindert. Ich predige es schon lange, aber hier auch der Brief im O-Ton.
Theorie Nr. 10: Die Fußball WM ist ein Riesenspitzelereignis. Ach wirklich?
Theorie Nr. 11: Dick Cheney Hauptverdächtiger für 9/11. Etwas dünn, aber lesenswert.
Theorie Nr. 12: Der Rechtsstaat löst sich auf. Nichts Neues, aber lesenswert.
Theorie Nr. 13: Die Autobahnmaut dient der Überwachung der Bürger. Nicht wirklich neu, aber pointiert auf den Punkt gebracht.
Theorie Nr. 14: Al-Qaida gibt es gar nicht. Vor ein paar Jahren undenkbar, mittlerweile durchaus realistisch.

Kommentar 1: Meine Herren - Sie sind Arschlöcher! Eine Abrechnung mit seinen Medienkollegen, der man nur zustimmen kann.
Kommentar 2: Deutschtest - Stellen Sie drei Fragen, die an Schwachsinn grenzen! Ebenfalls reine Zustimmung.
Kommentar 3: Die Mohammedkarikaturen sorgten für einiges Aufsehen. Um was geht es wirklich, und sind es überhaupt Karikaturen?
Kommentar 4: www.bundesregierung.de - der geheimnisvolle Relaunch.
Kommentar 5: Ein Interview mit dem Feind ^^
Kommentar 6: Deutschlands Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt. Beißend und polemisch, aber irgendwie wahr.
Kommentar 7: Auch hier wird auf den schleichenden Werteverfall der Demokratie aufmerksam gemacht.
Kommentar 8: Journalisten also Soldaten? - Bezogen auf den Irak.
Kommentar 9: Umgekehrt lief das ganze in Bosnien.
Kommentar 10: Schäuble und Folterinfos. Kurz und knapp.
Kommentar 11: Ahmadinedschad ebnet den USA den Krieg. Agent provocateur?
Kommentar 12: Zum Tod von Tookie Williams, hierzulande eher unbekannt.
Kommentar 13: Folter zerstört den Rechtsstaat.
Kommentar 14: Entführer in Nadelstreifen? Terrorgefängnisse und die deutsche Rolle dabei.
Kommentar 15: Die Nichtaufklärung des Spiegel im Falle der entführten und gefolterten Deutschen.
Kommentar 16: Die Große Koalition wurde nie gewäht. Oft gehörte Interpretation der Wahlergebnisse.

Diskussionsbeitrag

Im Gespräch mit einem Freund vorher kam die Frage auf, ob Menschen in Deutschland per se Anrecht auf eine Stütze (in diesem Fall: ALG-II) hätten. Die eine vertretene Meinung war, dass Menschen, welche einen längeren Zeitraum in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt hätten, durchaus ein Anrecht haben, derweil solche, die ohne Bildung und Job noch nie etwas für die Gesellschaft einbezahlt haben kein Anrecht darauf hätten.
Ich selbst bin immer noch der Meinung, dass jeder Mensch in Deutschland, was für ein Trottel er auch immer sein mag, Anrecht auf ein menschenwürdiges Dasein hat. Die vollkommen richtige Feststellung, dass der Lebensstandard in Deutschland vergleichsweise hoch ist, leitet aus meiner Sicht erst recht diese Argumentation her. Gerade angesichts des hohen Lebensstandards und des immer wieder beschworenen Grads zivilisatorischer Errungenschaften gehört zu einem menschenwürdigen Dasein mehr als nur ein Dach über dem Kopf und einen Kanten Brot zwischen den Zähnen. Unsere Zivilisation sollte weit genug fortgeschritten sein, um auch Solidarität zulassen zu können.
Dieser Beitrag ist für eine Diskussion gedacht, also lasst dem freien Lauf: Was meint ihr zu dem Thema? Und gebt euch bitte einen Namen, damit man die Beiträge zuordnen kann.

In eigener Sache

Ich begrüße es ja durchaus, dass in den Kommentaren diskutiert wird, aber auf das Niveau bloßer Beleidigungen lasse ich mich nicht ein. Derartiges wird ab sofort einfach kommentarlos gelöscht. Ein Beispiel (Rechtschreibung und Interpunktion hinzugefügt):
"Junge, Junge. Stefan Sasse, du dummer Schmogg! Du meinst wohl, du bist ein ganz Toller, bist aber der letzte Dreck! Du bist kein Oeffinger und wenn du für Oeffingen schreibst, besudlest du unser wunderschönes Dorf, du Volltrottel! Also lass die Scheiße!" Kurz darauf: "Sasse stinkt!"
Verwundert es jemand, dass der tapfere Schreiberling anonym unterzeichnete?

Nachtrag zum Nokia-Siemens-Geschäft

Gerade kommt die Nachricht: Die Börsenkurse von Nokia und Siemens haben kräftig zugelegt. Die Konzerne haben mehr als nur ehrgeizige Ziele. Diese werden auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen; nach einer Schätzung des Spiegel stehen bis zu 9000 Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Majonäse

Gut möglich, dass man die nach der Neuen Deutschen Rechtschreibung inzwischen so schreibt. Prinzipiell eignet sie sich für eine kleine Betrachtung:
Gestern gab es in unserer DSA-Runde Fladenbrot, also lecker Fladenbrot aufgeschnitten, Majo drauf, Schinken und Käse drauf, Salat und beliebig Grünzeug drauf. Nun, aus der Majonäsetube geht ein Gutteil nicht raus. Klar, ist ja normal, schon in der Grundschule bringt man uns bei wie man Tuben optimal ausnutzt. Aber ist es normal, dass 20-30% (!) des Inhalts nicht rausgehen, ohne die Tube komplett aufzuschneiden?

Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt

In der Linken Zeitung findet sich ein Artikel der, nimmt man einige ideologisch überzogene Phrasen heraus, durchaus von starkem Interesse ist: es geht um die neuen Kriege des 21. Jahrhunderts und ihre Bedeutung für die Industrienationen. Ich will nicht viel vorwegnehmen, aber Afghanistan, Irak und Kongo liegen durchaus auf der gleichen Linie...

Nachrichten des Tages

Nokia und Siemens haben die Fusion ihrer Telefonnetzwerke angekündigt. Dadurch wollen sie in dem Geschäft rund 1,5 Milliarden Euro sparen. "Das könnte auch bedeuten, dass Arbeitsplätze zur Disposition stehen", so die Welt. Der Spiegel wird da schon deutlicher: 10% bis 15% der Arbeitsplätze sollen stufenweise abgebaut werden. Mit den Gewerkschaften hat man sich nocht nicht geeinigt. Warum hier der Konjunktiv gebraucht wird, ist mir schleierhaft. Wieder einmal zeigt sich, dass steigende Gewinne und Konsolidierung von Unternehmen nichts, nichts, nichts mit der Schaffung, sondern meist eher mit der Vernichtung von Arbeitsplätzen zu tun haben. Ebenfalls interessant die bereits als Endergebnis vorgesehene Einigung mit den Gewerkschaften.

In der Gesundheitsreform geht der Streit weiter: Die Welt berichtet, dass Merkel noch immer für das Fondsmodell ist. Es scheint fast, als ob die Einigung weniger wegen Parteiinterner Querelen nicht erzielt werden könne, sondern vielmehr, weil die PVKs um ihre Existenz fürchten. Auch die Zeit reiht sich mit ein.

Der Ärztestreik dagegen stößt in seinem Ergebnis besonders im Osten auf Unmut: Die Ost-West-Angleichung der Gehälter wurde auf 2010 vereinbart.

Stoiber fordert eine härtere Strafe für Gottesläster: "Stoiber meinte, wer bewußt auf den religiösen Empfindungen anderer Menschen herumtrampele, müsse mit Konsequenzen rechnen - in schweren Fällen mit bis zu drei Jahren Gefängnis. Der CSU-Chef argumentierte, der Streit um die Mohammed-Karikaturen zeige auf alarmierende Weise, wohin die Verletzung religiöser Gefühle führen könne." Ausgerechnet Stoiber, einer der größten Scharfmacher gegen den islamischen Glauben, schwingt sich nun zum Schutzherr der Religionen auf. Bedenkt man seine bisherigen Handlungen und seine politische Einstellung, so wird dieses Gesetz wohl den Muslimen weniger helfen als vielmehr schaden.

Massive Eingriffe ins Wirtschaftsleben, die den kleinen Leuten einmal mehr massiv schaden sind aus Berlin zu vermelden: die Privatisierung der Sparkasse ist mehr als nur ein Schritt zur Sanierung der Kassen. Ärmeren Schichten würde das Recht auf ein Girokonto verloren gehen. Diese und weitere Ergebnisse im Interview.

Noch einmal Berlin: Rund 30% der ALG-II-Empfänger müssen ihre Wohnungen verlassen, werden zwangsumgesiedelt. Korrekte Zahlen werden, wohl absichtlich, von der Landesregierung nicht erhoben. Wieder einmal kommen die Jobcenter ihren Aufgaben nicht nach, werden Menschen absichtlich nicht informiert.

Die CDU steht weiterhin im Widerstreit mit sich selbst, was man an der Debatte um das Ehegatten- resp. Familiensplitting sehen kann: Während man versucht, sich modern und aufgeklärt zu geben, muss man gleichzeitig auf die Beharrungskräfte Rücksicht nehmen und weiterhin das alte Ehebild wenigstens auf dem Papier erhalten. Die beunruhigende Tendenz zurück zum Kaninchenorden nimmt dabei ebenfalls weiter zu. Zum Glück melden sich immer mehr kritische Stimmen zum aktuellen Vabanquespiel.

Die Skepsis an der Großen Koalition wächst weiter.

Eine positive Entwicklung aus der Ecke CSU: Seehofer schließt sich dem Trend zum Rauchverbot an.

Im Fernen Osten geht es heiß her: Japan macht gegen die nordkoreanischen Scharfmacher scharf. Laut Spiegel wollten die Nordkoreaner eine Langstreckenrakete mit 6000km Reichweite testen. Die Japaner, unterstützt von den USA, denken bereits über Abwehrmaßnahmen nach. In diesen Kontext passt auch die derzeitige Aufrüstung in Japan und ihr Vorstoß, zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg ein Verteidigungsministerium zu schaffen und die Armee entscheidend aufzurüsten.

Die gleichen Demokraten, die in den USA einst den "Krieg gegen den Terror" und den Patriot Act mitbefürwortet haben bereiten nun eine Resolution vor, die einen Truppenabzug der Amerikaner aus dem Irak fordert. Das Schicksal des Irak spielt dabei keine Rolle. Die Republikaner bezeichnen dies u.a. als Schlag gegen den Krieg gegen Terror.
Im Irak werden von den USA vermehrt Söldner aus Lateinamerika und den Fidschiinseln für die verlustreichen Sicherungsaufgaben verwendet. Die Söldnerfirma wurde von Ex-Soldaten gegründet und hat dank guter Beziehungen zur Bush-Regierung zahlreiche lukrative Aufträge für den Irak einstreichen können.

In den Föderalismusreformverhandlungen hat sich ein erster Kompromiss abgezeichnet: Das Kooperationsverbot für Hochschulen wurde aufgehoben, bleibt für Schulen jedoch weiterhin bestehen.

Die Ursachen und geringe Substanz des Streits um die Nationalhymne werden in der Zeit thematisiert.

Kleine Probleme: Bürger protestieren gegen den Abbau einer Leninstaute.

In Palästina hält der Finanzboykott der selbsternannten "zivilisierten Welt" unvermindert an. Staatsangestellte erhalten immer noch kein Gehalt. Die USA verhindern eine Auszahlung sogar an Angestellte der Bereiche Umwelt und Gesundheit. Lediglich an "die Ärmsten" soll Geld ausbezahlt werden. Die Nichtachtung demokratischer Beschlüsse wird einmal mehr deutlich.

In der Labourpartei werden die Richtungskämpfe stärker. Der eher linke Brown, bisher als Nachfolger des neoliberalen Blairs gehandelt, bekommt parteiintern starken Gegenwind. Old und New Labour bekämpfen einander. Noch ist offen, wer den Kampf gewinnen wird.

Studenten in NRW haben eine pfiffige Aktion gegen Studiengebühren gestartet und als Piraten verkleidet das PR-Schiff der NRW.Bank geentert.

In Dortmund wurde mit repressiven Methoden eine Antifaparty verhindert.

Durch den Einsatz ungelernter Hilfskräfte wurden in der Vergangenheit in den verschiedensten Branchen Tarifverträge unterlaufen. Nun trifft es auch den Lehrerstand: in Hessen will die Landesregierung Ungelernte massiv einsetzen, angeblich, um die Fehlstunden zu senken. Schulleiter, die sich gegen diese Einrichtung von "Pools" wehren, sollen bestraft werden, vorrangig durch Abkommandierung ins Schulamt. Dass das Schulamt selbst das als Strafe bezeichnet muss nicht übermäßig verwundern.

Noch mal Spiegel: Der Studentenberg wächst, und die Unis haben immer weniger Geld. Seit den 80er Jahren ignoriert die Politik laut dem Artikel gekonnt das Problem. Kommt die Föderalismusreform wie beschlossen, so verschärft es sich wegen des Kooperationsverbot noch weiter.