Samstag, 17. Juni 2006

Nachrichten des Tages

Deutschland, teuer Land: Arbeitgeberpräsident Hundt beklagt sich in Bild am Sonntag:
"Ein neuer Gesundheitsfonds, auf den sich die Koalition anscheinend bereits verständigt hat, löst keines der Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung. Er ist vielmehr nur das traurige Ergebnis einer verzweifelten Suche nach einem gemeinsamen Nenner. Vor allem ändert sich im Kern nichts an der falschen Finanzierung der Krankenkassen über Löhne und Gehälter. Außerdem kann ein Gesundheitsfonds nichts dazu beitragen, die hohen Ausgaben der Krankenkassen zu senken. Das ist aber bitter nötig, schließlich hat Deutschland das teuerste öffentlich finanzierte Gesundheitswesen der Welt."
Schlimm, schlimm. Ein Gesundheitssystem, das tatsächlich für Gesundheit sorgt. Vermutlich schwebt Hundt ein System wie in den USA vor: Wer Geld hat, kann zum Arzt. Alle anderen sitzen es halt aus. Stück für Stück werden unsere gesamten zivilisatorischen Errungenschaften abgebaut, wir begeben uns in einen Zustand hoch technisierter sozialer Primitivität zurück.

Noch zur Familiendebatte: Im Spiegel beschreibt ein Artikel eine Doppelverdienerfamilie mit zwei Kindern, die effektiv nichts von ihren Kindern haben, aber ständig im Stress liegen. Dafür stellen sie für 500$+ eine Nanny ein. Schöne neue Welt.

Endlich ist auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer um satte drei Prozentpunkte durch den Bundesrat. Dass das ein Punkt mehr ist, als noch im Wahlkampf angekündigt wurde, interessiert kaum. 19,4 Milliarden Mehreinnahmen pro Jahr werden erwartet. So weit die frohe Kunde aus Berlin. Unter dem Anschein einer völlig unzusammenhängenden Meldung wird von einer Senkung der Unternehmersteuerlast berichtet, die als wichtiger Schritt im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gefeiert wird. Dass durch die ein Großteil der Mehreinnahmen sofort wieder aufgefressen wird, verschweigt man gerne. Effektiv handelt es sich also um eine große Umverteilungsaktion von unten nach oben.

Nebenbei werden übrigens die Gehälter bei VW rücksichtslos gekürzt.

In Berlin zeigten sich auf die krasse Art die Konsequenzen der ständigen Budgetkürzungen: in einem Krankenhaus starben zwei ältere Herren. Der eine war über drei Tage lang in einem Fahrstuhl gefangen, ohne entdeckt zu werden, die Leiche des zweiten fand man erst Tage nach dem Tod in einem Technikraum. Für die Linke Zeitung ist dies eine klare Folge des seit 1991 anhaltenden Lohndumpings, des kontinuierlichen Personalabbaus und nicht zuletzt der Reduzierung der Klinikbetten um gut die Hälfte.

Obwohl immer neue Misshandlungen aus Guantanamo ans Licht kommen - EInzelhaft in käfigengen Zellen, 17 Tage Wasser&Brot - , sieht der zuständige General keinen Grund für Disziplinarmaßnahmen: „Die Soldaten haben falsch gehandelt, aber es liegt kein absichtlicher Mißbrauch vor.“

Eine lustige Sache am Rande: der derzeitige Deutschlandflaggenboom sorgt für Engpässe bei den Händlern. Währen die CSU von Schäuble Staatsbeflaggung fordert ("Ganz Berlin soll ein schwarz-rot-goldenes Fahnenmeer sein!") verzweifeln viele Kunden an der chinesischen Billigware, die, produziert für rund 17 Cent und hier für 5 Euro verkauft, nicht allzu lange hält. Spätestens bei Tempo 100 sei Ende der Fahnenstange, so Lo Cicero: "Auf der Autobahn Köln-Aachen liegen die Dinger reihenweise am Fahrbahnrand." Trotz offensichtlichen Bedarfs will man aber nicht vom chinesischen Billigramsch auf einheimische Produktion umsteigen, denn die wäre ja teurer. Wo es ans Geld geht ist das Ende der Fahnenstange vom schwarz-rot-goldenen Patriotismus schnell gekommen.

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