Samstag, 28. Februar 2009

Kommentierte Fundstücke 01.03.2009, 18.04 Uhr

Auf YouTube wurde ein Mitschnitt von einem sehr interessanten Vortrag von Sahra Wagenknecht veröffentlicht.

Bernd Oswald von der SZ scheint es drauf anzulegen, noch den dümmsten Artikel des Februars schreiben zu dürfen: In der Wahl von TSG sieht er ein Hoch auf den Ypsilantismus und polemisiert auch sonst gegen die Frau als gäbe es kein Morgen.

Einen länglichen Artikel zum Thema gute und schlechte Unternehmen hat Brand1 im Angebot.

Ein Medizinprofessor wurde wegen Körperverletzung in mehrern Fällen schuldig gesprochen und bekommt 1,98 Millionen Abfindung. Er macht jetzt in Kanada auf Flugzeugmotoren.

Für Opel gibt es keine Zukunft, befindet die SZ. Ihre Argumente sind ganz interessant.

In der TP gibt es zwei interessante Interviews. Das eine, "Computerspiele sind keine moralfreie Zone" beschäftigt sich sehr objektiv mit den Auswirkungen von PC-Spielen, das andere, "Unsere Arbeitswelten sind gesundheitsschädigend" kümmert sich um die gesundheitlichen Auswirkungen der modernen Arbeitswelten.

Die SZ hat einen wunderbar unterhaltsamen Artikel über Packungsinnovationen und Qualität im Supermarkt geschrieben. Leichtgängig wie richtig.

In den USA sind Fotos von Särgen nicht mehr verboten. So weit, so banal, aber der Artikel liefert einige wissenswerte Hintergrundinfos über die Geschichte des Verhältnises der USA und ihrer Kriege mit.

Spiegelfechter berichtet über Journalisten, die sich vom BND kaufen ließen.

Freitag, 27. Februar 2009

Kommentierte Fundstücke 27.02.2009, 18.39 Uhr

akiaji schreibt zum Bewerten im Unterricht, dass Duckmäusertum belohnt wird. Ein User macht passend dazu auf diese Fabel aufmerksam.

Die jungeWelt schreibt über den Wahnsinn des Wettbewerbsföderalismus, wo die Bundesländer hunderttausende Euro investieren, um sich gegenseitig Lehrer abzujagen. Wie wäre es, das Geld mal ins Bildungswesen zu investieren, nein?

Neue Gefahr erwächst der SPD aus den "mitfühlenden Konservativen", von denen die taz einen in Norbert Röttgen vorstellt. Die nutzen im Endeffekt die Politik Schröders und Blairs, packen sie in rhetorische Watte und führen sie dann weiter.

Koch versucht gerade weiter, sich im ZDF einzumischen und dort Personal- und Inhaltsentscheidungen zu treffen. Dabei geht er geradezu frech offensiv vor. Scheint, als würde er wie Adenauer gerne einen regierungstreuen Sender schaffen. Mal sehen, wann das BVerfG interveniert...

Ein sehr interessantes Interview mit einem US-Militärexperten hat SpOn im Angebot. Der sagt, dass die Amis keine europäischen Truppen in Afghanistan wollen, weil die eh total inkompetent seien. Der Fokus der Europäer liege nur auf mehr Truppen, aber effektiv nutzen würden sie sie nicht. Gerade beispielsweise die Ausbildung der afghanischen Polizei, die die Deutschen betreiben, sei so schlecht, dass wir besser gar nichts gemacht hätten. Eine größere Bankrotterklärung für den Einsatz kann es eigentlich kaum geben.

Panorama berichtet über die Gurken vom Verfassungsschutz, deren NPD-Politik dermaßen schief gegangen ist, dass es auf keine Hutschnur geht. Die NPD NRW gibt es nur durch die Gehälter des Verfassungsschutzes, die der an die V-Leute bezahlt hat - und die damit die NPD aufgebaut haben.

Das BVerfG hat das bayrische Versammlungsrechts für unzulässig erklärt. Totalniederlage für die CSU und Sieg für die Demokratie.

In der SZ wird der Erfolg der FDP analysiert und darauf zurückgeführt, dass die CDU neoliberale Prinzipien verrate. Aus 2005 habe die CDU gar nichts gelernt, heißt es. So ein Bullshit.

Die SZ bringt außerdem einen schönen Artikel über das Akademikerproletariat.

In der FTD hab ich einen ganzen Haufen interessanter Artikel gefunden, die ich gesammelt abhandeln will: einen Abgesang auf den Liberalismus mit Gedanken an eine folgende Wirtschaftsordnung, eine Schelte für Steinmeier für seinen Opel-Populismus und eine Warnung von Heiner Flassebeck zur falschen Inflationsdebatte. Auch wenn ich nicht immer hundert Prozent zustimmen kann, so ist es doch interessant und diskussionswürdig.

In der Telepolis nimmt ein Autor Obamas Denkfehler auseinander, dass er Symptome bekämpft und nicht die Umverteilung von oben nach unten betreibt. Ich gehe nicht davon aus, dass das ein Denkfehler ist. Ich denke, das ist Absicht. Ein humoriges Fakt nebenbei, auch Heise: Der Hang der Amerikaner zu superweichem Klopapier ist deutlich klimaschädigender als ihre ganzen Hummerflotten.

Heribert Prantl kommentiert ebenfalls den Sturz des Versammlungsrechts.

Die SZ lässt sich darüber aus, dass CDU und SPD gerne den Internetwahlkampf Obamas kopieren wollen, sie aber dabei einfach keine Inhalte transportieren - nur zu wahr.

In den Blättern findet sich ein herausragender Artikel zum Dilemma der SPD.

Donnerstag, 26. Februar 2009

Kommentierte Fundstücke 26.02.2009, 13.35 Uhr

In der FTD wird Missmut über die angedachten Finanzregeln deutlich gemacht. International geht praktisch nichts.

Spiegelfechter beschäftigt sich noch einmal ausführlich mit dem 1,30€-Urteil.

In der SZ wird der Mythos vom dummen, fernsehguckenden Amerikaner zerpflückt.

Guttenberg polemisiert gegen General Motors. Als ob das irgendwas nützen würde. Populistische Gesten.

Heribert Prantl unkommentiert: "Politiker müssen keine Ökonomen, sondern Fachleute für Verantwortung sein. Sie müssen deshalb die Interessen der Bürger wahren - und nicht die des Kapitals."

Mittwoch, 25. Februar 2009

Der kranke Mann Deutschlands - Deutschlands Bildungssystem, Teil 1: Auftakt

Um die Jahrhundertwende galt die Türkei - damals noch das Osmanische Reich - als "kranker Mann Europas". Unfähig zu Reformen, innerlich verrottet und nicht mehr in der Lage, dem Verfall Einhalt zu gebieten oder seine Aufgaben zu erfüllen brauchte es die Niederlage im Weltkrieg und die radikale Verkleinerung des Staatsgebiets, um sich wieder zu rappeln.
Der kranke Mann Deutschlands ist unser Bildungssystem. Es ächzt und kracht an allen Ecken und Enden, ist verlottert und vermodert - und das nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich. Viele Schulen und Universitäten sind Dauerbaustellen, an denen fast nichts einwandfrei läuft. Und das betrifft nur die Infrastruktur, also etwas, das mit ein bisschen Geld (schätzungsweise 1% der täglich auftauchenden HRE-Verluste) zu beheben wäre. Wie sollen Schüler in einer solch kaputten Umgebung lernen, wie Lehrer lehren?
Doch wie gesagt, verlottert und verrottet ist das System auch von innen, dieses Mal metaphorisch. Die Bildungspläne sind ein Flickwerk, das verzweifelt versucht so viel vom alten Mist wie möglich mit neuen und unzureichend verstandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu vereinbaren. Reformen wie das achtjährige Gymnasium (G8) verraten eine hastige, von Unkenntnis geprägte Handschrift. Und die Entwicklungen im Universitätssystem sind kaum zu ertragen. Dies soll der Auftakt zu einer Serie sein, die sich mit dem Bildungssystem in Deutschland, seinen vielen Missständen, aber auch seinen Erfolgen befassen soll. Die Serie besteht aus den folgenden Teilen:

Teil 1: Auftakt
Teil 2: Welche Wurzeln hat unser Bildungssystem?
Teil 3: Schulformen
Teil 4: Infrastruktur
Teil 5: Lehrerbildung
Teil 6: Die Universitäten

Zitat des Tages

FDP-Chef Guido Westerwelle hat beim politischen Aschermittwoch seiner Partei in Passau angesichts der Wirtschaftskrise vor einer Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft gewarnt. "Ich warne vor einem schleichenden Sozialismus in Deutschland", sagte Westerwelle. Die entscheidende Frage im Superwahljahr sei: "Erhalten wir die soziale Marktwirtschaft, oder werden wir zu einer DDR light?"

Die FDP sei die einzige Partei, die noch für die soziale Marktwirtschaft stehe, betonte der FDP-Chef im vollbesetzten Saal vor etwa 300 Anhängern.

"Deutschland muss sich jetzt entscheiden, ob es den Weg in die entmündigte Republik mit Staats- und Planwirtschaft gehen will oder ob es den Weg der erneuerten sozialen Marktwirtschaft gehen will", forderte Westerwelle. "Es ist ein Riesen-Unterschied, ob nach der nächsten Bundestagswahl Herr Lafontaine was zu sagen hat, oder ob ich etwas zu sagen habe."

- Süddeutsche Zeitung

Kommentierte Fundstücke 25.02.2009, 22.41 Uhr

Auf Fembio findet sich ein ziemlich bescheuerter Artikel über Andrea Ypsilanti, der ihren Misserfolg darauf schiebt, dass sie eine Frau war. Das hat zwar bestimmt auch eine kleine Rolle gespielt, was aber nicht die Hauptsache. Die Medienkampagne hätte es, anders als der Artikel hier Glauben macht, auch gegen einen Andreas Ypsilanti gegeben. Ypsilanti scheiterte nicht am Geschlecht, sondern an einer Kampagne.

Der Spiegel weiß plötzlich, dass die Reformen in Großbritannien, die sie zehn Jahre lang bejubelt haben, doch keine so gute Idee waren und mit für die Finanzkrise verantwortlich sind.

In der jungenWelt plädiert man für die Insolvenz der HRE, weil diese keine systemrelevante Bank sei. Da sagen alle Wirtschaftler allerdings was anderes, und für Experimente ist das gerade eine eher dumme Zeit. Ich verlink den Artikel mal weil er der einzige ist, den ich zu der These bisher gelesen habe.

Jean Ziegler
plädiert dafür, Wirtschaftsverbrechen wie Kriegsverbrechen zu behandeln, weil die Banker sicherlich mehr Leute auf dem Gewissen hat als die meisten afrikanischen Warlords. Zwar richtig, aber kaum durchsetzbar, schon allein, weil es juristisch nicht zu machen ist. Der Warlord gibt die Mordbefehle, die Banker schaffen nur die Umgebung, in der die Leute dann krepieren.

In Niedersachsen ist denen eine ganz tolle Idee gegen den Lehrermangel gekommen: das Referendariat endet ja normalerweise im Oktober. Die wollen einfach die ganzen Prüfungen zwei Monate vorher durchpeitschen (natürlich ohne Pensumskompensation) und die Referendare dann weiter zum Referendarsgehalt nutzen, während sie nen vollen Lehrauftrag haben. Kreative Lösungen, das muss man der Drecksbande lassen.

In der SZ kritisiert Heribert Prantl das Urteil, nach dem die fristlose Kündigung einer 31 Jahre lang angestellten Kassiererin wegen angeblich unterschlagener Pfandbons im Wert von 1,30€ rechtens ist. Der Mann ist wahrlich eine Bastion des Rechtsstaats, besonders weil er den Mund aufmacht und darauf hinweist, mit was für läppischen Urteilen Leute wegkommen, die Millionen unterschlagen.

In der taz werden die geplanten Sicherheitsmaßnahmen für den NATO-Gipfel in Baden-Baden beschrieben. Der Polizeistaat BaWü holt zum großen Schlag aus, hat bereits vier Amtshilfeersuchen an die Bundeswehr gestellt und Grundrechtseinschränkungen für Bürger beschlossen, Hausarrest inklusive. Ach ja, die FDP hat das alles abgenickt. 2007 haben sie aus der Opposition heraus noch die Sicherheitsmaßnahmen in Heiligendamm kritisiert.

akiaji
hat einen sehr interessanten Artikel über die Einmischung des Staates in sexuelle Orientierungen. Dabei geht es sowohl um Kinderpornographie, auch unter dem Zusammenhang der aktuellen Gesetzesentwürfe, als auch um Inzest oder homosexuelle Beziehungen.

Montag, 23. Februar 2009

Kommentierte Fundstücke 24.02.2009, 11.16 Uhr

In der SZ wird bitterbös der Mythos von der erfolgreichen Frau Schaeffler zertrümmert, die unverholen aufgefordert wird, sich aus der Firma zurückzuziehen und gefälligst auch mit ihrem Privatvermögen geradezustehen.

Ebenfalls in der SZ wird über eine neue Idee von Schavan berichtet, die mehr Quereinsteiger in den Lehrerberuf holen will anstatt endlich mal die Lehrerausbildung vernünftig zu reformieren. Dem Fass den Boden aus schlägst diese Frechheit mit der Begründung, viele Lehrer hätten nur ein mittelmäßiges Abitur. Was hat denn das Abi mit der Qualität eines Lehrers zu tun? Mit gleichem Recht könnte man davon ausgehen, die Berufung zur Ministerin hätte irgendwas mit Kompetenz zu tun...

In der jungenWelt wird über den stilgerechten Abgang von Thilo Sarrazin berichtet, der noch mal eben den sozialen Wohnungsmarkt kahlschlägt.

Und auf SpiegelOnline darf sich Klaus Kleber über die Union echauffieren, die gerade einen ihr genehmen ZDF-Chefredakteur einzusetzen versucht.

In der SZ redet Heribert Prantl dankenswerterweise noch einmal Klartext zum Thema Enteignung. Ich kommentier das nicht weiter, lest es einfach. Es lohnt sicht.

Inzwischen hat auch die BILD Schavans Entgleisungen entdeckt und legt gleich noch einen drauf. Wie dumm kann es eigentlich werden?

Das Land Berlin wurde von Olaf Scholz verklagt. Es sei zu großzügig und zwinge Hartz-IV-Empfänger nicht schnell genug zum Umzug. Dass das totaler Unfug ist, sagt Berlin und verteidigt sich auch juristisch.

Schäuble schlägt wieder zu: er will jetzt eine zentrale Datei für alle nicht-EU-Ausländer die ins Land kommen - und für diejenigen, die sie eingeladen haben. So soll Missbrauch von Visa vermieden werden. Datenkrake reloaded.

Das Forum Systemfrage hat eine grandiose Sammlung von Zitaten aus verschiedenen Fachbüchern zur Brüning'schen Wirtschaftspolitik bereitgestellt, unkommentiert. Das ist wirklich grandios, ich kann nur dringend empfehlen es zu lesen.

Die FR berichtet über die Möglichkeit für Anteilseigner, die Manager zu verklagen. Diese müssten dann mit ihrem Privatvermögen haften, was aber vermutlich nicht passieren wird, weil ein Gesetzespassus die Aussetzung des Ganzen erlaubt wenn alle schuldig sind, wie im Fall der Finanzkrise. Ich versteh den Passus zwar nicht ganz, aber die Chancen für eine Verurteilung waren schon davor schlecht.

Der Tagesspiegel berichtet über Scharping. Der PPP-Promoter soll jetzt zwischen Schaeffler und dem Bund vermitteln; eingeheiratet hat er sich in die Adelsclans ja. Er schlägt natürlich auch gleich Sachen vor, die seine eigenen Taschen füllen werden.

Howdy! Der erste vernünftige Artikel zum Schavan-Vorschlag des Tages.

In der Telepolis wird berichtet, dass in den USA Haftanstalten von Richtern privatisiert wurden und diese Richter sich danach bestechen ließen, viele Haftstrafen zu verteilen. Statt der üblichen zehn Prozent wurden 25% aller Jugendstraftaten mit Gefängnis geahndet, den Jugendlichen das Recht auf einen Anwalt verweigert und über 2,6 Millionen an Schmiergeldern eingestrichen. Das Leben der Jugendlichen ist unwiderruflich beschädigt. Mal sehen, wann wir erste Meldungen dieser Art aus Hessen kriegen.

Sonntag, 22. Februar 2009

Kommentierte Fundstücke 22.02.2009, 21.09 Uhr

In der SZ werden "Mißfelders Missstände" auseinandergenommen. Der Autor wirft Mißfelder dabei nicht nur vor, absolut beleidigenden Mist zu reden (wobei mal wieder die Plastikphrase "unerträglich" vorkommt), sondern auch, am Kern des Problems vorbeizugehen - willentlich. Das ist recht interessant, besonders weil er nicht für ein Rumschrauben an den Hartz-IV-Sätzen, sondern für Mindestlöhne und Einschränkung der Zeitarbeit plädiert. Und das in der SZ, Respekt.

Relativ interessant finde ich die geplante Einführung der elektronischen Fußfessel als Alternative zum Gefängnis hier in Baden-Württemberg. Heribert Prantl setzt sich ziemlich gut mit dem Thema auseinander, beleuchtet alle Seiten und zeigt vor allem potentielle Schwachstellen auf. Besonders interessant ist der Aspekt, dass eher gut beleumundete Bürger in den "Genuss" dieser Strafform kommen dürften und dadurch einer Klassenjustiz Tür und Tor geöffnet wird.

Freitag, 20. Februar 2009

Konkurs - wo liegt eigentlich das Problem?

Dieser Tage ist die Republik in Aufruhr: Schiesser pleite, Märklin pleite, Opel pleite, Schäffler pleite - überall stehen Firmeninsolvenzen an, Traditionsfirmen häufig auch, und es hängen Arbeitsplätze dran (ich erwähne das explizit, weil es bei manchem Politiker so klingt, als wäre dies eine überraschende Neuigkeit). Nun verlangen alle diese Unternehmen nach Staatshilfe. Bei manchen scheint dies mehr berechtigt als bei anderen. Aber es wird relativ selten die Frage gestellt, ob Staatshilfe für diese Unternehmen überhaupt berechtigt ist. Seit Frau Schäffler medienwirksam in die Kamera weint und einen Werkschutzmann umarmt, hat sich die Meinung über diesen Gierschlund, der sich schlicht verspekuliert hat, deutlich gedreht. Arme Frau Schäffler, Staat, blase zur Rettung! Ja, warum eigentlich?
Der Konkurs gehört zum Kapitalismus wie die Butter zum Brot. Jahrelang lagen uns die Neoliberalen in den Ohren, dass der Staat sich aus dem Geschäft der Wirtschaft herauszuhalten habe. Keine Subventionen, nie und nirgends, keine Beteiligungen, keine Einmischung. Das waren, klar, gute Zeiten damals. Es gab Gewinne, die in rauen Mengen an die Aktionäre ausgeschüttet wurden (die Arbeitnehmer wurden eher selbst ausgeschüttet, auf die Straße nämlich). Da hätte ein mitredender und vielleicht, vielleicht auf etwas mehr Nachhaltigkeit pochender Staat ja auch echt nur die Party versaut. Jetzt hat sich der Wind gedreht. Die Firmen liegen am Boden, haben sich zu großen Teilen verspekuliert (wie Schäffler oder Merckle), ihren Markt verloren (wie Schiesser) oder wurden von auswärts zugrundeberaten (wie Märklin). Gehen sie pleite, wird der Großteil ihrer Beschäftigten arbeitslos werden und es bei der aktuellen konjunkturellen Situation wohl auch bleiben. Nur bleibt die Frage im Raum stehen: warum sollte der Staat hier auch nur einen müden Cent krumm machen? Ist es nicht so, dass den einzelnen Firmen, so groß sie im Einzelfall auch sein sein mögen (Stichwort: Opel), keine systemrelevante Position inne haben wie, sagen wir, die HRE?
Genau so ist es. Das Argument, mit dem derzeit vor allem die Besitzer und Anteilseigner dieser Firmen hausieren gehen lautet, wie sollte es anders sein, Arbeitsplätze. In Deutschland mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen zu argumentieren ist in etwa so wie mit einem Priester das Wort Gottes anzuführen. Man erntet auf jeden Fall einmal ein zustimmendes Nicken. Häufig wird dann nicht genug weiter nachgedacht, und es bleibt bei dieser Zustimmung. Sehen wir uns beispielsweise den Fall Schaeffler an. Im Ernstfall hängen bis zu 80.000 Arbeitsplätze dran, sollte Conti und der ganze Rest ebenfalls mit in den Abgrund gerissen werden, den die reiche alte Frau um Nerzmantel aufgerissen hat, als sie auf die größenwahnsinnige Idee kam, Conti zu übernehmen. Sechs Milliarden Euro Privatvermögen besitzt sie, aber keinen Cent davon will sie in ihre Firma stecken; das soll der Staat machen. Unter sechs Milliarden kann man in Deutschland schließlich auch nicht würdig leben, das ist ja bekannt.
Die ganze Krux an der Sache ist, dass man es den Verantwortlichen zur allzusehr gönnen würde, wenn sie und ihre Firmen richtig krachend den Bach hinuntergehen. Dumm nur, dass diese längst überfällige Lektion mit tausend Einzelschicksalen verknüpft ist, die wirklich keine Schuld an dem Desaster tragen und im Zweifelsfall die Suppe ausbaden müssen. Die Arbeiter, die arbeitslos werden stehen nachher mit nichts da, verlangt Hartz-IV doch, alle Vermögenswerte aufzubrauchen, bevor man Staatshilfe in Anspruch nimmt. Für sechs Milliarden schwere, reiche alte Frauen in Nerzmänteln gilt das nicht. Sie hätte danach immer noch sechs Milliarden. Zugegeben, die müsste sie auch aufbrauchen, bevor sie Hartz-IV beantragen könnte. Aber vielleicht macht das Amt da ja dann eine Ausnahme.
Man kann also, ganz besonders im Superwahljahr 2009, nicht Firmen willens pleite gehen lassen, deren tausende Beschäftigte danach tausende saure Unbeschäftigte sind. Das wäre ethisch fragwürdig und politisch dumm. Dadurch allerdings begibt sich der Staat, mithin Treuhandanstalt unserer Steuergelder, in eine Situation vollkommener Erpressbarkeit. Man hat das bereits bei den Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre gesehen, wo das Argument um den Arbeitsplatzerhalt beständig dazu diente, irgendwelche neuen Zumutungen von der Belegschaft durch die Politik zu erpressen (und dabei auch noch gleichzeitig die Gewinnausschüttungen für die Anteilseigner in die Höhe zu treiben), aber in dieser Krisensituation tritt es noch viel offener zutage. Das Dilemma ist bei den Banken ja um ein vielfacher schlimmer, wo der Erpressbarkeit bis zur Verabschiedung des Enteignungsgesetzes kaum Grenzen gesetzt waren, aber in der so genannten Freien Wirtschaft kann das so nicht gleich weitergehen. Es muss in diesem System auch die Freiheit zum Konkurs geben.
Für die Beschäftigten aber existiert diese Freiheit nicht mehr. Spätestens Hartz-IV hat alle Brücken abgebrannt. Es heißt Erfolg oder Untergang. Hartz-IV ist der große Gleichmacher, denn egal wie viel man brav auf die Seite gelegt hatte in der Riesterrente oder in anderen Anlageformen (vielleicht sogar loyal in Firmenaktien), all das muss weg bevor der Staat einen rettet. Er hat keinerlei Chancen und ist ein reiner Spielball in den Elementen der Rezession um ihn herum. Man stelle sich vor, die neoliberalen Vordenker bei CDU und FDP hätten es geschafft, ihre Visionen im Investivlohn Gesetz werden zu lassen. Die Arbeiter wären damit enteignet worden, ohne dass der Staat erst hätte ein Gesetz dafür schaffen müssen. Das natürlich wäre auch eine Art Fortschritt gewesen.

Kommentierte Fundstücke

Ich will heute wieder einmal einige ausgewählte Fundstücke kurz behandeln und dafür keine große Liste erstellen.

Der erste Artikel ist aus der SZ. Die HRE hat allem Anschein nach noch viele weitere Milliarden verloren, die außerhalb der Bilanz geführt wurden. Man hat sich ja an die großen Zahlen mittlerweile gewöhnt, aber eine BILLION Euro, die hier scheinbar fehlen, sind kaum mehr zu fassen. Allmählich sollte doch klar werden, dass es so nicht weitergehen kann.

Der zweite Artikel ist von Feynsinn. Er beschreibt dabei die Kapriolen im hessischen Landtag, wo die CDU nach einem Neonazi-Angriff eine Verurteilung boykottiert, weil sie lieber gegen "Linksextremisten" vorgeht. Wie Feynsinn richtig bemerkt ist die Prioritätensetzung der CDU schon...erstaunlich.

Der dritte Artikel ist aus der FTD, wo Thomas Fricke sich sehr sachlich mit der Abwrackprämie auseinandersetzt und zu interessanten Schlüssen kommt. Für alle, die an Hintergründen interessiert sind zu empfehlen!

Der vierte Artikel ist kein Artikel, sondern ein Video. Zapp, die bereits mit der Recherche zu unserem neuen Wirtschaftsminister äußerst positiv auf sich aufmerksam gemacht haben haben die Rolle der Medien im Falle Althaus untersucht. Sehr interessant und kritisch, gut recherchiert und rundheraus zu empfehlen.

Das fünfte Fundstück ist die neueste Ausgabe von "Neues aus der Anstalt". Immer wieder grandios, mit welchen Spitzen die auffahren können.

Das sechste Fundstück ist wieder ein Artikel, dieses Mal aus der WAZ. Es geht um die Ergebnisse einer neuen Studie, die tatsächlich alarmierend sind. Die Studenten sind politisch größtenteils desinteressiert und teilnahmslos, aber der Hammer ist das: "Einer Autokratie, also einer Herrschaft durch eine feste politische Elite, „würden die Studierenden keinen Widerspruch oder Widerstand entgegensetzen”, meinen die Autoren, und zwar, weil die Studenten „selbst Träger solcher Entwicklungen geworden sind”." Ich denke mal das hat vorrangig mit Bachelor und BWL zu tun.

Das siebte Fundstück ist aus der SZ und eine herrliche Zerpflückung des "liberalen Sparbuchs". Die lassen zurecht kein gutes Haar an der FDP. Unbedingt lesenswert!

Das achte Fundstück ist ein FR-Artikel zum Thema Staatsbankrott. Dort wird erklärt wie real die Gefahr eigentlich wirklich ist und warum dieser Tage beständig darüber geredet wird.

Das neunte Fundstück befasst sich mit Philipp Mißfelder, der einen erneuten Missgriff geleistet hat und die Hartz-IV-Empfänger diffamiert. Ihr erinnert euch vielleicht, das war der Kerl der gegen künstliche Hüftgelenke für 85jährige war, weil sie zu teuer sind. Er macht derzeit steile Karriere in der CDU.


Donnerstag, 19. Februar 2009

Fundstücke 19.02.2009, 11.11 Uhr

Was heute links ist
FR - In der Frankfurter Rundschau vom 6. Februar 2009 erläuterte Franz Müntefering aufschlussreich, knackig und spritzig, was heute links ist. Diese Frage ist heute aktueller denn je. Schließlich befindet sich der Neoliberalismus gegenwärtig in der Sackgasse, nachdem er dreißig Jahre weltweit gewütet und die soziale Entwicklung sowohl in reichen kapitalistischen Staaten wie in Ländern des Südens um Jahrzehnte zurückgeworfen hat. Statt mit dem versprochenen Wirtschaftswachstums sind wir mit der größten Finanz- und Weltwirtschaftskrise nach 1932 konfrontiert. Auch deshalb ist es politisch hoch aktuell, die Jahrhundertfrage, "was links ist", aufzuwerfen.
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Kurt Beck kritisiert zu hohen Anpassungsdruck
Welt - Vor fünf Monaten hat Kurt Beck den SPD-Vorsitz abgegeben – und er hat es nicht bereut. Wenn man beginne sich selbst aufzugeben, müsse man sich entscheiden, sagte Beck. Hart geht der rheinland-pfälzische Ministerpräsident mit der Politik ins Gericht. Sie lasse nur stromlinienförmige Leute zu und stoße alle anderen ab.
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Die Bilanz des Herrn M.
jW - Konzern zerschlagen, Strecken stillgelegt, Sicherheit untergraben, Beschäftigte bespitzelt: Zum bevorstehenden Abgang von Bahnchef Hartmut Mehdorn.
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Der Kapitalismus ruiniert sich selbst
taz - Von wegen Sozialismus! Nicht die Vermögen, die Schulden der Banken werden sozialisiert. Der Staat pumpt Steuergelder von morgen in ein kaputtes System. Das ist die eigentliche Krise.
Anmerkung: Lesebefehl!
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Unverfrorene Lobbyisten
FR - Der 18. Februar 2009 setzt einen neuen Tiefpunkt in der ökonomischen Debatte Deutschlands. Er macht die ganze Ignoranz - oder ist es Unverfrorenheit? - der tonangebenden Lobbyisten auf der Kapitalseite in diesem Land deutlich. Die Regierung beschließt ein Gesetz, das ihr die Möglichkeit gibt, eine wertlose Bank mit dem Geld der Steuerzahler problemlos retten zu dürfen. Der einzige Grund: die Finanz- und Bankenkrise einzudämmen, um noch schlimmere wirtschaftliche Verwerfungen von der Gesellschaft fernzuhalten sowie die Interessen der Steuerzahler zu wahren. Und was machen die Wirtschaftsverbände, die FDP sowie der sogenannte Wirtschaftsflügel der CDU? Sie schreien Zeter und Mordio, als ob sich die Republik von ihrem Gründungsmythos Ludwig Erhard und sozialer Marktwirtschaft verabschiedet hätte, als ob das Ahlener Programm der CDU, das die Vergesellschaftung vorsah, fröhliche Urstände feierte. Es ist unerträglich!
Anmerkung: Das kann man nur unterstreichen.
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Märklin - Der große Eisenbahnraub
FTD - Finanzinvestoren werden oft als "Heuschrecken" beschimpft, die in Unternehmen einfallen, abgrasen und weiterziehen. Was beim Spielzeughersteller Märklin unter dem Deckmantel der Sanierung geschah, war anders: noch schlimmer.
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De Adutio
ad sinistram - Ein Gespenst geht um in Deutschland, jeder spricht davon, viele entrüsten sich darüber, viele sehen den Untergang des Krämerlandes gekommen, erahnen schon Hammer und Sichel über den Eingangspforten deutscher Banken. Von Enteignung wird gesprochen, vom sogenannten Enteignungsgesetz; nun würde wieder enteignet in diesen Landen, gerade einmal zwanzig Jahre nach Mauerfall. Erst enteignet man Banken, dann womöglich Unternehmen, vielleicht will man sogar Schaeffler, sollte man der derzeitigen Medienkampagne zugunsten des Maschinenbauunternehmens doch noch erliegen, teilenteignen. Welch Frevel an den guten Sitten des freien Marktes!
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Geteilt und beherrscht
ad sinistram - Weil er seinen Lohn für zu dürftig hält, weil die Arbeitszeiten zu lang und die Arbeitsbedingungen zu schlecht sind, treibt es den Angestellten auf die Straße, treibt es ihn zum gewerkschaftlich organisierten Streik. Nun sei es an der Zeit höhere Löhne und bessere Arbeitszustände zu erzwingen. Am Rande des Geschehens steht ein Arbeitsloser, beobachtet das Spektakel, schüttelt verärgert den Kopf. Wie kann man nur in Zeiten wie diesen, in Zeiten millionenfacher Arbeitslosigkeit mehr Lohn fordern? Wieso zerstört der Angestellte mit seiner Forderung weitere Arbeitsplätze? Warum ist er nicht einfach froh, dass er überhaupt Arbeit hat?
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Wir werden umgefragt
Feynsinn - Gäbe es eine Produkthaftung für Prognosen und Umfragen sogenannter “Institute” und “Experten”, die Straßen wären mit ihren Leichen gepflastert. Dasselbe gilt umsomehr für Journalisten, die diesen kompletten Quatsch täglich unters Volk jubeln. Und selbst dieses sollte man allmählich mit Schimpf und Schande entlassen, weil es sich wissentlich solchen Mist vorsetzen läßt und ihn für bare Münze nimmt.
Anmerkung: Lesebefehl!
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Der Schutz der kritischen Infrastruktur und Einsatz der Bundeswehr im Inneren
TP - Mit dem Aufbau von Verbindungskommandos auf kommunaler und Landesebene haben sich weitgehend unbemerkt gefährliche Strukturveränderungen ergeben. Der Aufbau von Verbindungskommandos auf Kreis-, Bezirks- und Landesebene ist mittlerweile abgeschlossen. Sollten sich die Mehrheitsverhältnisse im so genannten Superwahljahr 2009 zu Gunsten der Befürworter des Bundeswehreinsatzes im Innern verschieben, so sind bereits Strukturen vorhanden, die diesen lokal effektiv koordinieren könnten.
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Der Stauffenberg-Effekt
SZ - "Selbstbewusste Bescheidenheit des Edelmannes": Wirtschaftsminister zu Guttenberg und Hitler-Attentäter Stauffenberg beleben den Glauben an die genetische Überlegenheit des Adels neu.
Anmerkung: Sehr interessante These.
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Revision für Afghanistan
SZ - Die Nato rutscht immer tiefer in einen Krieg, den sie nicht gewinnen kann. Noch ist Afghanistan nicht das Vietnam der Nato - aber es wird Zeit, das Engagement grundlegend zu überdenken.
Anmerkung: Wie lange sagen wir das schon? Und wenn es dann soweit ist kommt die neue Dolchstoßlegende von der Zersetzung an der Heimatfront.
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Mittwoch, 18. Februar 2009

Managergehälter - wo liegt eigentlich das Problem?

Es ist eine interessante Debatte, das ganze Gerede um Gehälter von Managern und Bankern, von Boni und Aktienoptionen. Einige Mitglieder dieser "Elite" verdienen dermaßen viel Geld in einem Jahr, dass man den kompletten Bundestag eine Legislaturperiode davon durchfüttern könnte. Es fragt sich nur, ob das generell schlecht ist. Und es fragt sich vor allem, warum wir uns eigentlich nur bei Managern darüber aufregen, die hier pars pro toto auch für Banker und alles andere aus diesem Gewerbe der Hochfinanz stehen.
Manager sind schließlich nicht die einzigen, die so viel Geld verdienen. Hat einmal jemand angeschaut, welche Summen Michael Schumacher oder Will Smith verdienen? Was Johnny Depp für die "Fluch der Karibik"-Filme bezahlt bekommen hat oder was Podolski für's Balltreten bekommt? Diese Gehälter sind genauso jenseits jeder Skala, nur sind sie akzeptiert. Wir haben kein Problem damit dass Arnold Schwarzenegger für Terminator3 satte 30 Millionen kassiert hat, was bei Produktionkosten von rund 130 Millionen immerhin fast ein Viertel der Produktionskosten ist. Dass Schumacher 35 Millionen im Jahr verdient hat - reines Gehalt, keine Werbeeinnahmen gerechnet - stört niemanden; die BILD vergibt sogar das Prädikat "fair", und wenn die nicht weiß was gerecht ist, wer dann?
Warum also stört es uns bei den Managern? Eigentlich macht das keinen Sinn. Zumindest vor der Finanzkrise konnte man ja sogar damit argumentieren, dass die Manager auch noch Werte schaffen. Das Argument hat sich zwar in Luft aufgelöst, aber eine Berechtigung für die Spitzengehälter der Schauspieler und Sportler gibt es immer noch nicht. Das alte Märchen, bei schlechterer Bezahlung würden die einfach alle woanders arbeiten, das gerade z.B. wieder in der SZ von Marc Beise verbreitet wird, zieht bei Managern schon nicht, wo kaum 2% aller Manager Ausländer sind und wird vollends lächerlich bei Schauspielern (bei Sportlern hat es noch ein wenig Berechtigung).
Nach dieser Eingangsbetrachtung habe ich natürlich meine eigene Theorie zum Thema. Und die lautet folgendermaßen: zwar werden die Gehälter gerne mit dem Erfolg der jeweiligen Person begründet, mit dem Mehrgewinn, den der Ansteller durch sie hat, aber das ist nicht der vordringliche Grund. Wenn dem so wäre müsste der Bundeskanzler 50 Millionen im Jahr kriegen und nicht lächerliche 200.000 und der Finanzminister Anteile an den Steuereinnahmen bekommen. Doch obwohl das nicht so ist, wandern die Leute nicht ab (bzw. erst später). Das liegt einfach daran, dass Geld bei solchen Jobs nicht mehr der größte Motivator ist. Man macht den Job, weil er einem liegt und weil man Spaß daran hat (zumindest auf irgendeine verquerte Art, auch das Genießen von Macht gehört dazu). Man könnte Merkel auch gar nicht bezahlen und sie würde wohl trotzdem Bundeskanzlerin sein wollen. Bei den Römern musste man für die Spitzenämter sogar BEzahlen, und trotzdem mangelte es nie an Aspiranten.
Die absurden Gehälter sind vielmehr etwas anderes: sie dienen rein dem Status. Früher hat der König einem einen Orden an die Brust geheftet oder dem Feldherren wurde ein Triumphzug erlaubt, heute dient eben das Gehalt dazu anzuzeigen, dass jemand zur Elite gehört. Je mehr Geld er verdient, desto besser ist er, so der unterschwellig mitschwingende Anspruch. Wenn also Ackermann 14 Millionen verdient und dies damit rechtfertigt, dass seine amerikanischen Kollegen noch deutlich mehr verdienen, dann hat das für ihn und sein Milieu absolut Sinn. Dass weder er noch diese Kollegen so viel Geld brauchen, geschweige denn sinnvoll ausgeben können ist völlig irrelevant. Ackermann und mit ihm sein Milieu erkennen, dass es jemand gibt, der mehr Geld als sie verdient. Die Schlussfolgerung ist, dass dieser mehr wert ist als sie. Es gibt nun also nur zwei Möglichkeiten: entweder anerkennen, dass dem tatsächlich so ist, oder sein Gehalt erhöhen lassen, bis eine grobe Gleichstellung erreicht ist.
Für die Firmen, auf der anderen Seite, macht diese Gehaltsspirale ebenfalls als Statusgewinn Sinn. Wenn eine Firma in der Lage ist einem Manager absurd hohe Gehälter zu zahlen, drückt sie damit zweierlei aus: erstens, dass sie dieses Geld hat und damit blendend dasteht und zweitens, dass ihr Spitzenpersonal herausragend ist und über der Konkurrenz steht. So oder so wird damit ein Dominanzanspruch ausgedrückt. Nicht umsonst wird die Emanzipationsdebatte inzwischen immer häufiger auf die angeblich oder tatsächlich vorhandenen Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen reduziert.
Dieses Prinzip lässt sich auch auf die anderen Bereiche anwenden. Wenn Will Smith der bestbezahlte Schauspieler Hollywoods ist müssen die Filme, in denen er mitspielt ja wohl etwas taugen. Wenn Schumacher der bestbezahlte Rennfahrer ist, muss er ja auch der beste sein. So oder so stellt das letztlich eine selffulfilling prophecy dar. Das Geld dient dazu, Status anzuzeigen, sowohl des Angestellten als auch des Arbeitgebers.
Damit kommen wir zurück zum Anfang. Ist dies prinzipiell gut oder schlecht? In seiner derzeitigen Ausprägung halte ich das System für schlecht, weil es falsche Signale und Anreize setzt. Es suggeriert, dass eine sehr kleine Klasse Leute dermaßen über allen anderen steht, dass diese Gehälter in irgendeiner Weise gerechtfertigt wären (früher hätten sie zig Orden oder mehrere Triumphzüge bekommen, ohne dafür irgendetwas spezielles geleistet zu haben). Das aber ist schlicht nicht so und hat auch letztlich mit zu der Finanzkrise geführt, da sich die Leute überschätzt haben und ihre eigenen Motivationen nicht kritisch hinterfragen konnten, da ihr Status an das Geld, das sie verdienten gebunden war - und das Geld, das sie verdienten war an (volks-)ökonomisch sinnlose bis schädliche Entscheidungen gebunden.
Das System allerdings könnte durchaus auch positive Effekte hervorrufen. Dazu wäre es nötig, anstatt des shareholder value dem stakeholder value seine aktuelle Bedeutung zu übergeben. Man müsste dafür nicht einmal auf linke, potentiell staatsfeindliche Theoretiker zurückgreifen sondern könnte sich sehr bodenständig bei einem der Urväter des Kapitalismus bedienen, der mit seiner Profitpolitik und politischen Nähe zu Hitler und anderen Rechtsextremen sicher nicht unter Kommunismusverdacht steht: Ford. Von Ford stammen viele kluge und berechtigterweise bekannte Zitate ("Autos kaufen keine Autos", "Wenn die Leute unser Geldsystem verstehen würden, hätten wir morgen die Revolution", etc.), und er war es auch der die Maxime ausgab, dass nicht der Unternehmer höchstes Ansehen genießen solle, der seine Mitarbeiter am schlechtesten bezahlte, sondern der, der den höchsten Lohn ausgab. Für ihn galt es als erstrebenswertes Ziel, die höchsten Löhne der gesamten Umgebung zu bezahlen.
Möglicherweise ist dies nichts als eine fromme Legende, aber sie könnte wahr sein, denn Ford war kein Idiot und sicherlich kein Menschenfreund. Er hatte schlicht erkannt, dass das Bezahlen höherer Gehälter für alle Angestellten letztlich auch zu seinem Vorteil sein würde, weil es Kunden schafft - Kunden, die seine Produkte kaufen können. Die "Experten" von Hans-Werner Sinn bis Meinhard Miegel und Bert Rürup verstehen diese simplen Zusammenhänge nicht, ihre Erfüllungsgehilfen von Steinbrück bis Guttenberg noch viel weniger. Dabei wäre es ein leichtes, einen Paradigmenwechsel anzufangen. Es müsste nur einer anfangen und zugeben, dass der bisherige Weg ein Fehler war.

Update: Der Freitag hat sich des Themas auch angenommen.

Fundstücke 18.02.2009, 13.13 Uhr

Was links ist
Michael Schöfer - Der Parteivorsitzende der SPD, Herr Müntefering, entwirft für uns die "Politik der Zukunft". Er erklärt uns, links sei der "konsequente Weg zum Fortschritt" und "soziale Gerechtigkeit", die er "eben auch Verteilungsgerechtigkeit" nennt. Für Müntefering sind "sittenwidrige niedrige Löhne" eine "Provokation". In seiner Sicht gibt der "Sozialstaat verlässliche Sicherheit im Wandel", er müsse sich jedoch auch "wandeln, um diese Sicherheiten" auch zukünftig zu gewährleisten. "Die linke Idee setzt ... auf Reformen" meint Müntefering und pocht auf den "Primat der Politik". Europa wird von ihm zu einem "Projekt" für "Frieden und Wohlstand" erklärt. Nach seiner Sicht ist die Sozialdemokratie die "Verantwortungs-Linke und die "Gestaltungs-Linke", die "aktiv gestalten", die "verändern und erneuern" will, mit "Verantwortung für das Ganze und mit Augenmaß für das Machbare".

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Wer sich Verbrechen leisten kann
taz - Der Fall des Steuerhinterziehers Zumwinkel hat es wieder gezeigt: Je wohlhabender der Delinquent und je trickreicher die Tat, desto milder die Justiz. Das soll jetzt Gesetz werden.

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Schrumpft sie!
FTD - Die Finanzkrise ist eine Folge des weltweit aufgeblähten Bankensektors. Deshalb wäre es besser, den Instituten jetzt eine Schrumpfkur zu verordnen, als sie für den Wettbewerb zu stärken.

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Die Drecksbank
Stern - So nennt Deutschlands oberster Finanzaufseher die Hypo Real Estate. Das marode Institut brauchte schon mehr als 90 Milliarden Euro an Steuergeldern und soll jetzt sogar verstaatlicht werden. Ein Lehrstück über Maßlosigkeit und Unfähigkeit zweier deutscher Banker.

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Zur Rechten Gottes
SpOn - Die Grenzen zwischen katholischen Eiferern und politischen Rechten sind fließend. Gemeinsam träumen Fundamentalisten von einer "Gegenrevolution". Die Kirche sieht bisher weg.
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Vom Ruhm eines Attentäters
taz - Zwei unterschiedliche Biografien, eine gemeinsame Idee. Beide wollten Hitler töten, doch einer brachte es nur zu Ruhm: der Militarist Graf von Stauffenberg und nicht der Tischler Georg Elser.
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Kritik am Begriff "Gegen den Terror"
NZZ - Acht Juristen haben in Genf einen im Auftrag der International Commission of Jurists verfassten Bericht vorgestellt. Darin wird die Aufhebung des Begriffs «Krieg gegen den Terror» gefordert, der vielen Verstössen gegen die Menschenrechte Vorschub geleistet habe.
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Linke mit angezogener Handbremse
jW - Vorsichtige Kritik an Verschuldungsverbot. Klartext kommt vom hessischen Landesverband.
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Für ein ministry of silly indications
FTD - Es gibt gute und weniger zuverlässige Frühindikatoren dafür, wie sich die Konjunktur in den nächsten Monaten entwickeln wird - ob Krisen aufhören oder sich verschärfen. Das ZEW-Konjunkturbarometer, das heute mal wieder veröffentlicht wurde, zählt mit Sicherheit zu den miesesten. Der Index könnte auch beinahe am Verstand von Finanzanalysten zweifeln lassen, zumindest am Herdenverstand.
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Zur Kasse, bitte!
FR - Es ist was faul in aller Welt. Banker und Top-Manager haben die globale Wirtschaft an die Wand gefahren, doch die betrogene Masse muckt nicht auf. Dabei ist es längst an der Zeit, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen.
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Erhard reicht nicht
FTD - Der neue Bundeswirtschaftsminister verbreitet unbegründeten Optimismus. Das ist schädlich.
Anmerkung: Lesebefehl der absoluten Art! Schonungslose Abrechnung.
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Was kann man an der HRE noch enteignen?
Volker Pispers.
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Deutsche Phantomschmerzen
Weißgarnix - Phantomschmerzen sind Gefühle bezüglich nicht mehr vorhandener Gliedmaßen. Ähnliche Phantomschmerzen hat zur Zeit die deutsche Öffentlichkeit bei der Frage nach der Enteignung von Banken.Von der Bundesregierung bis zum letzten Kommentator sind sich alle einig: Die Enteignung der Aktionäre eines insolventen Kreditinstitutes dürfe nur das letzte Mittel sein. Alle haben Bauchschmerzen ordnungspolitischer Art. Gegen Bauchschmerzen hilft vielleicht Kamillentee. In chronischen Fällen auch eine Diät. Aber gegen Phantomschmerzen hilft nur eins: Die Einsicht, dass die Schmerzen zwar real sind, aber nur einen unwiederbringlichen Verlust zum Ausdruck bringen. Das Bein ist weg. An dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei. Trotz der Schmerzen. So ähnlich ist das bei unserem privaten Bankensystem. Das ist auch weg.
Anmerkung: Superguter Artikel, unbedingt lesen!
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Dienstag, 17. Februar 2009

Fundstück

Äußerst unterhaltsames Interview mit Rudolf Hickel.

Der Marx-Krieg

Nicht nur ein Krieg um die Deutungshoheit um Ludwig Erhard tobt derzeit, auch "Marx" und "Sozialismus" und sämtliche damit verbundenen Assoziationen sind derzeit Schlachtfelder auf dem Medienmarkt. Das zeigt beispielhaft das folgende Zitat aus dem Stern:
Ziemlich genau 20 Jahre nach dem Fall der Mauer ist der Sozialismus zurück in Deutschlands Wirtschaftsordnung: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück lässt die Enteignung und Verstaatlichung von Banken vorbereiten. Ein entsprechendes Gesetz könnte schon bald vom Kabinett verabschiedet werden. Es geht darum, die entfesselten Kräfte des Kapitals zu zügeln. Karl Marx lässt grüßen. (Quelle)

Ziemlich genau alles daran ist Mist, abgesehen von der Datumsangabe. Wo erkennt Jan Boris Wintzenburg hier bitte Sozialismus? Verstaatlichung ist nicht Sozialismus. Und Marx hätte sicher auch nicht dazu geraten, die marode HRE zu verstaatlichen. Und grüßen lassen hätte er die unfähige Bande, die derzeit an den Schalthebeln sitzt sicherlich auch nicht. Sein Etikett und das des Sozialismus wird leider gerade wieder freizügig verwendet als wären wir in einer CDU-Werbekampagne. Sind wir aber nicht. Deswegen sollte der Herr Wintzenburg vielleicht einmal nachdenken, bevor er seinen reißerischen Aufmacher schreibt. Solche Aufmacher sind derzeit en vogue, ich habe das obige in leicht veränderter Form schon mehrere Male bei den unterschiedlichsten Zeitungen gelesen. Richtiger wird es dadurch nicht.
Lasst Marx und seine Ideen doch einfach in Frieden ruhen. Sie wurden durch die "realsozialistischen" Ostblockländer ohnehin auf Jahre diskreditiert, da braucht es nicht noch eine Riege semiintellektueller Journalisten, die irgendwelche Schlagworte in den Raum werfen, um dumpfe Gefühle zu wecken. Das nennt man, glaube ich, Populismus.

Der Erhard-Krieg

Von vielen unbeachtet tobt in der Republik gerade ein Spin-Krieg, für dessen Führung Schäuble nicht einmal das Grundgesetz kippen müsste. Es handelt sich um den Erhard-Krieg, es kämpft die CDU gegen die Wahrheit. Und es sieht gut aus für die Krieger, denn Widerstand regt sich eigentlich nirgends.
Um was geht es konkret? Die CDU versucht gerade mit aller Kraft, die Geschichte neu zu schreiben. Ludwig Erhard, das haben CDU-Spindoktoren richtig erkannt, ist in der BRD ausnehmend positiv konnotiert, so wie etwa auch Willy Brandt (den Lafontaine ständig für sich zu instrumentalisieren versucht). Nichts liegt also näher, als die vermurkste Politik der Gegenwart mit der erfolgreichen Politik der Vergangenheit zu verknüpfen und so ein bisschen des alten Glanzes auf den neuen Müll zu werfen. Die CDU muss das nicht alleine tun; die INSM macht auch kräftig mit. Es ist aber die CDU, die das ganze auch personalpolitisch unterfüttern kann. Das Schöne für sie ist, dass außer der SPD keine andere Partei versuchen kann, Erhard für sich zu reklamieren, und die SPD verbleibt in ihrer politischen Totenstarre. Bereits Glos hat sich eine Erhard-Büste ins Büro gestellt (wie nach seinem Abgang in den Zeitungen höhnisch vermerkt wurde. Es ist ohnehin interessant, dass zwar nach Glos' Abgang plötzlich alle wussten wie unfähig er eigentlich war, davor aber nie), nun erklärt auch Guttenberg, dass er sich in der Tradition des großen Wirtschaftsministers sehe. Guttenberg! Ein Mann, der von sich selbst sagt, er sei "eher marktliberal" und radikal für die praktisch vollständige Abschaffung des Sozialstaats eintritt, sieht sich in der Tradition Erhards? Wie lächerlich ist das?
Leider nicht besonders. Denn den Spindoktoren ist es in der vorgehenden Kampagne gelungen - niemand sollte sagen, die Leute würden nicht professionell arbeiten -, Erhard umzudichten. Besonders die INSM kann sich hier den Erfolg auf die Fahnen schreiben, denn sie hat als Meinungsimpulsgeber die Marschrichtung vorgegeben und Erhard als ersten Neoliberalen etabliert. Dass das so ziemlich das Gegenteil dessen ist, was Erhard vertreten hat fiecht sie nicht an; sie reißt einfach ein paar Zitate aus dem Zusammenhang, die ihre Version zu unterstützen scheinen, werfen ein paar Werbemillionen in den Ring und fertig ist das neue Geschichtsbild. Kritisch hinterfragt wird dies in der Presse natürlich nicht. Erstens müsste man sich dafür mit ziemlich mächtigen Leuten anlegen, zweitens mit der CDU und drittens auch noch ein bisschen denken und recherchieren. Anstatt also Spott und Hähme über Guttenberg auszugießen, der sich hier mit gänzlich unpassenden fremden Federn zu schmücken versucht, plappert man fröhlich alle seine hohle Phrasen nach und verweist nebenher noch auf seine elf Vornamen, die leider nur zehn sind. Aber das macht nichts, denn das ist der Qualitätsjournalismus, der den Blogs ja um Längen überlegen ist.
Was aber bedeutet das Ganze für die SPD, die ich vorher als einzige potenzielle Gegner im Erhard-Krieg erwähnt habe? FDP und Grüne können sich Erhards genausowenig bemächtigen wie die LINKE. Obwohl letztere programmatisch durchaus Ähnlichkeiten entdeckten könnten (zumindest so viele wie die INSM), wäre der Versuch publizistischer Selbstmord. Nein, die Linke wird weiter versuchen SPD-Legenden für sich zu reklamieren. Bald wird Gisy noch seine innige Liebe zu Helmut Schmidt erkennen, ich sehe es kommen. Die SPD ist allerdings näher an Erhard, als es den Anschein hat. Würde sie wirklich den Konflikt mit der CDU suchen und ernsthaft ein Profil bilden anstatt mit ritualisierten Phrasen den Gegner zu attackieren (was in den Medien allerdings auch für Schlagzeilen reicht) könnte sie diesen Fehdehandschuh aufnehmen. Obama hat das sehr erfolgreich mit Lincoln gemacht und den Republikaner so ihre Gründungsfigur genommen und für die Demokraten umgedreht. Das ginge auch hier, aber die SPD ist schlicht unfähig oder nicht willens, auf inhaltlicher Ebene irgendetwas zu versuchen und bleibt in der Hoffnung in der Defensive, vielleicht doch die Große Koalition weiterführen zu können.

Montag, 16. Februar 2009

Bitte an die Kollegen Blogger

Die studentische Gruppe Wildcard macht derzeit eine Umfrage unter Bloggern für ein Uniprojekt und bittet um Teilnahme. Ich leite diesn Aufruf einfach weiter :)

Fundstücke 16.02.2009, 11.46 Uhr

So wäre Rot-Grün
FR - Vor 100 Tagen sollte Andrea Ypsilanti Regierungschefin werden. Wie sähe Hessen aus, wäre Rot-Grün an die Macht gekommen? Ein Überblick.
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Wie Müntefering die SPD auf Linie bringt
FTD - Während es in der Union rumort und die Führungskraft von Angela Merkel infrage gestellt wird, ist es in der SPD fast unheimlich ruhig. Parteichef Franz Müntefering sorgt für neuen Optimismus und Disziplin unter den Genossen.
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Die Niederlage von Dresden
taz - Die Gegenseite hingegen zeigte sich zerstrittener denn je. In üblicher Manier weigerte sich die sächsische CDU, bei den Vorbereitungen mit Antifas und Vertretern der Linkspartei in einem Bündnis zu sitzen. SPD, Linke und Grüne, die mit ihren Bundesspitzen vertreten waren, hatten erkannt, dass es sich in Dresden nicht um einen beliebigen Aufmarsch handelt, den Neonazis - schlimm genug - inzwischen nahezu jedes Wochenende in irgendeiner Kleinstadt abhalten. Die CDU-Spitze hingegen überließ die Aufgabe allein ihren sächsischen Vertretern. Und denen war nichts wichtiger, als sich von allen linken Kräften abzugrenzen.
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Fast wie immer im Februar in Dresden
TP - Schon in den Abendstunden des 13. Februar marschierten gut 1.100 Neonazis im Fackelschein – allerdings mit sich und der Polizei allein – am Rande des Zentrums der sächsischen Landeshauptstadt. Dabei war eine bemerkenswerte Homogenität des Aufzuges zu registrieren, der vorwiegend von jugendlichen Vertretern aus dem Spektrum der freien Kameradschaften getragen wurde. Offizielle Partei-Vertreter der NPD waren an diesem Abend augenscheinlich nicht vertreten. In den Vorjahren konnte dieser originär am 13. Februar stattfindende Aufmarsch noch als Gegenentwurf der so genannten Freien Kräfte zu eher partei-geprägten Veranstaltungen eingestuft werden. Dieser Status wurde in diesem Jahr so deutlich wie nie zuvor überwunden, zumal begründet davon ausgegangen werden kann, dass fast alle Teilnehmer des Abends dann auch am 14. Februar im rechten Demonstrationszug zu finden waren.
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Kampfverweigerer Steinmeier
FTD - Der Kanzlerkandidat der SPD führt den Wahlkampf, wie er Außenpolitik betreibt: nüchtern und staatstragend. Keine Spur von Münteferings "heißem Herz". Für einen Sieg wird das nicht reichen.
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Auf sie, mit Gebrüll
SZ - "Ihr könnt Euch Stacheldraht in den Hintern schieben": Die Internetplattform "The Pirate Bay" ermöglicht das kostenlose Herunterladen von Filmen. Nun geht Hollywood in einem spektakulären Prozess auf Piratenjagd.
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Die Bilanz auf einen Klick
SZ - "Ihr sollt mich zur Rechenschaft ziehen", forderte Barack Obama im Wahlkampf. Das macht sueddeutsche.de - mit Hilfe des "Obameters", einem Internet-Tool, das mehr als 500 der Wahlkampfversprechen des US-Präsidenten analysiert.
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Hessen streicht "sozial" aus dem Ministerium
NDS - „Als bisher einziges Bundesland hat Hessen das Wort Soziales aus dem bisher kurz „Sozialministerium“ genannten Ressort getilgt. Auf ausdrücklichen Wunsch des neuen Ressortchefs Jürgen Banzer heißt es nun offiziell: „Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit“… „Sozialministerium klingt abstrakt, theoretisch und nach Metaebene“
Der CDU-Politiker, der das Ressort von der acht Jahre lang nur „Sozialministerin“ genannten Parteifreundin Silke Lautenschläger übernahm, hat inoffiziell sogar einen noch neueren Namen kreiert. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagte Banzer: „Es ist für mich das ,Gesellschaftsministerium`, es ist das Haus, in dem Gesellschaftspolitik gemacht wird“, berichtet die FAZ. Dem Wirtschaftsministerium steht somit in Hessen kein Sozialministerium mehr gegenüber. Die hessische CDU streicht also das „Soziale“ aus der „sozialen Marktwirtschaft“.
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Von der Leyen: "Wenn die Wirtschadt schwankt, hat die Familie Konjunktur"
NDS - Mit jedem Kind steigt das Armutsrisiko. Führt die Wirtschaftskrise zu mehr Schwangerschaftsabbrüchen?
URSULA VON DER LEYEN: Nein, die Zahl sinkt. Wenn die Zeiten rauer werden, sagen dreiviertel der Menschen: Mein wichtigster Halt ist meine Familie. Wenn die Wirtschaft wankt, hat die Familie Konjunktur. Das zeigt sich auch daran, dass die Scheidungen weniger werden und die Zahl der Singlehaushalte konstant bleibt. Außerdem ändert sich die Vaterrolle. Die Männer wollen heute mehr Zeit mit der Familie verbringen.“
Schlussfolgerung also: Die wankende Wirtschaft stärkt den Familiensinn und sie fördert nebenbei auch noch die Zahl der Geburten. Somit hat selbst die größte Wirtschaftskrise doch noch ihre guten Seiten.
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Sonntag, 15. Februar 2009

In eigener Sache

Ein User hat mich angeschrieben, er hätte Probleme beim direkten Seitenzugriff auf das Blog. Haben andere Leute ähnliche Probleme? Bitte schreibt mir, stefan_sasse@gmx.de.
Liebe Grüße
euer Oeffinger Freidenker

Von den Charakterlosen

Eine bittere Geschichte erzählt Klaus Max Smolka in der FTD. Es geht um Berlin, wie die "vom reichen Westen durchgefütterte, hoch subventionierte Hauptstadt in Randlage mit einwohnerschwachem Zuzugsgebiet". Berlin nämlich wirbt, wie andere Ostländer übrigens auch, Institutionen und Firmen aus dem Westen ab. Suhrkamp, BILD, Bahn, Bundestag - nehmt sie als pars pro toto, sie alle ziehen nach Berlin. Wowereit, der böse Rote, steht gewissermaßen feixend da und nimmt mit der einen Hand das Geld des Westens, das er mit der anderen ausgibt, um eben diesen Westen auszutrocknen. Das sei, befindet Smolka abschließend, charakterlos.
Nun, fein ist es gewiss nicht. Aber auch maximal die halbe Wahrheit. Smolka unterschlägt nämlich zwei wichtige Dinge, die man in diesem Fall bedenken muss. Das eine ist der desolate Zustand des Ostens, der hauptsächlich von der völlig verbockten Einigungspolitik herrührt - Stichwort Treuhand. Das andere aber ist wichtiger, und hier muss sich Smolka auch persönlich Vorwürfe gefallen lassen. Seit mehreren Jahren schon - nehmen wir als Startdatum einfach mal 2001, Gründungsdatum der ISNM - wird der Wettbewerbsgedanke hochgehalten. Beständig heißt es, dass alle im Wettbewerb stehen müssen, überall, ständig - nur das bringe die besten Ergebnisse. Auch das Stichwort vom Wettbewerbsföderalismus ist hier schon öfter gefallen; die USA haben schlechte Erfahrungen damit gemacht, warum sollten also nicht auch wir damit auf die Schnauze fliegen? Jetzt macht Berlin genau das, nämlich im Wettbewerb zu versuchen so viel möglich an sich zu raffen, indem man die Standortvorteile nutzt - und dann ist das plötzlich charakterlos. Aha. Wir merken uns: es ist nur dann gut, wenn die richtigen gewinnen.
Aber das haben wir ja auch schon bei den Chinesen gemerkt.

Freitag, 13. Februar 2009

Sex am Arbeitsplatz


Die neue SPD-Wahlkampfstrategie von Zeitgeist.

Drei Artikel

Es scheint so, als würde heute nicht genug Material für eine vernünftige Fundstücksammlung zusammenkommen. Deswegen will euch drei Artikel kurz so vorstellen und kommentieren.

Der erste Artikel entstammt der Feder von Thomas Fricke von der FTD, der sich bereits seit vielen Monaten um kritische und interessante Artikel verdient macht, die mit ökonomischem Sachverstand den ganzen Quatsch von SpOn und Konsorten auseinandernehmen. Es geht darin um die Rolle der Banken in der Rezession, eine bisher kaum gestellte Frage: welche Rolle spielen die Banken eigentlich bei der Erholung aus der Krise? Und wie verantwortlich sind sie mit der aktuellen Kreditklemme überhaupt an der Rezession? Fricke bringt einige äußerst interessante Fakten, die die bisherige Politik etwas...deplatziert erscheinen lassen. Das allein ist keine große Überraschung, aber seine Argumentation ist äußerst interessant.

Der zweite Artikel ist Veit Medick bei SpOn erschienen. Ich kenne den Autor nicht, deswegen hier keine weiteren Infos. Es geht in dem Artikel darum, dass die SPD derzeit Wahlkampfideen bei der LINKEn klaut. Diese hat z.B. im Februar 2007 den Antrag in den Bundestag eingebracht, die Börsenumsatzsteuer, die die Regierung Kohl 1991 abgeschafft hat, wieder einzuführen (USA und GB haben übrigens auch eine, genauso wie fast alle unsere Nachbarn). Unverantwortlich hieß es, totaler Quatsch - jetzt fordert die SPD es selbst.

Der dritte Artikel ist aus der taz, von Sebastian Heiser. Er beschreibt die Mühen eines Staatsanwalts, der im Jobcenter mit einem bestimmten Fachbearbeiter verbunden werden will. Da die Durchwahlnummern oder gar Namen nicht genannt werden dürfen, kämpft er sich durch endlose Warteschleifen und wird rüde behandelt. Nach einem Brandbrief müssen die ARGEN jetzt freundlicher zu anderen Ämtern sein - die Hartz-IV-Empfänger bekommen immer noch nicht die Durchwahl ihres Sachbearbeiters.

Neues Blog

Hallo Leute,
es gibt immer wieder neue Blogs da draußen. Ein Konzept, dass ich bisher eher selten gesehen habe verfolgt dabei "Mein Polit-Blog", das interessante Fundstücke aus dem Netz zusammensucht und weniger versucht, eigene Meinungen und Analysen zu erstellen. Also, schaut mal vorbei und holt euch Informationen und Ideen.
Liebe Grüße
Euer Oeffinger Freidenker

Unser neuer Wirtschaftsminister

Nein, ich habe keine Lust auf der etwas albernen Geschichte mit dem Vornamen herumzureiten (jemand hat auf dem Wikipedia-Artikel einen elften Vornamen für den bereits zehn Stück tragen zu Guttenberg eingeschleust, der von allen Zeitungen abgeschrieben wurde). Es geht vielmehr um etwas anderes. Wie Zapp herausgefunden hat, ist unser geliebter neuer Wirtschaftsminister (den die BILD bereits in höchsten Tönen lobt) nicht ganz der Mann der Stunde, der er zu sein vorgibt. Nach dem Desaster mit Glos wollte die CSU wohl (erfolglos) unbedingt den Eindruck erwecken, dass man diesesmal einen kompetenten Mann ausgewählt hat. Dieter Hundt lobt ihn in den höchsten Tönen, was eigentlich schon mal ein sicheres Zeichen für Inkompetenz ist. Eines der größten Argumente aber, die zu seinen Gunsten eingebracht werden ist seine Erfahrung in der Freien Wirtschaft, war er doch Chef im Familienbetrieb. Dumm nur, dass das schlicht gelogen ist.
Zapp hat überall nachgefragt: im Wahlkreis, im Abgeordnetenbüro, im Ministerium und bei der CSU. Niemand konnte sagen, wo der gute Mann eigentlich seine vielbeschworenen Erfahrungen gesammelt hat. Einige nannte eine Baustoffe Firma Guttenberg, aber die hat damit nichts zu tun. Das ist etwas merkwürdig, ließ uns die BILD doch zusammen mit einigen anderen unserer stets kritischen und recherchebereiten Blätter wissen, dass Guttenberg auch noch sich nicht hinter seinem Namen verstecke, sondern von seinen Eltern zur Leistung erzogen wurde. Seine Biographie mit dem Familienunternehmen soll diese Version seiner vita untermauern. Dumm nur, dass Zapp zuletzt herausfand, wo der gute Mann eigentlich tätig war: er war der Chef einer "Firma" mit insgesamt drei Angestellten, die sich einzig und allein mit der Verwaltung des Familienvermögens beschäftigte. Na ein Glück, dass Guttenberg zu Leistung erzogen wurde und in seinem Leben schon richtig hat arbeiten müssen. Ich mach die Verwaltung von meinem Vermögen noch als unbezahlten Nebenjob.

Donnerstag, 12. Februar 2009

Ruhe vor dem Sturm

Jede gute Geschichte, die auf die eine oder andere Art vom Untergang handelt, kennt dieses Gefühl der Ruhe vor dem Sturm. Jeder weiß, dass noch irgendetwas kommt und die aktuelle Ruhe vollkommen unnatürlich ist und nicht lange anhalten kann. Es besteht eine gewisse surreale Atmosphäre, das Gefühl, dass die aktuelle Stimmung irgendwie unpassend ist. In den Geschichten bricht dann der Sturm (oder dasjenige, für was er als Metapher dient) über die Protagonisten herein. In der Realität ist das nicht zwingend, aber häufig der Fall.
Ich könnte mir vorstellen, dass in der FDP gerade eine solche Stimmung herrscht. Obwohl die FDP seit 1982 hemmungslos neoliberale Positionen vertritt und eigentlich als Mithauptverantwortlicher dieser Krise gelten dürfte, ist sie permanent der große Gewinner aller letzten Wahlen und rückt in die Nähe des noch 2002 als spinnert angesehenen Ziels 18%. Die SPD tut das auch, aber sie freut sich nicht ganz so darüber. Ich könnte mir vorstellen, wie Dirk Niebel und seine Crew die neuesten Umfragen reinkriegen, auf denen die FDP sich wieder einmal deutlich der 10% positioniert, ungläubig blinzeln und sich dann unsicher lächelnd ansehen. Alle schauen ein wenig betreten, wissen, dass sie sich eigentlich freuen sollten, aber verstehen den Grund nicht so recht. So muss sich jemand fühlen, der vor sich einen Patienten mit einer Allergie hat, ihm beständig das füttert worauf er allergisch reagiert - und der Patient hasst zwar das Mittel, aber er mag irgendwie doch den Doktor, weil er so nett aussieht, während er das Zeug in den Rachen stopft.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie derzeit so viele Leute ausgerechnet zur FDP überwandern. Die CDU findet nach all den Jahren endlich in die von ihr vielbeschworene Mitte zurück, und die Leute hören auf, sie zu wählen. Das ist als wenn Lafontaine plötzlich für die Abschaffung aller Sozialleistungen wäre und ihn die ganzen Arbeitslosen dann wählen würden. Total weird. Gleichzeitig gewinnt die einzige Partei, die überhaupt Alternativvorschläge hat (ob sie alle gangbar sind einmal dahingestellt) und deren Hauptkonkurrent Verantwortlicher in der ersten Reihe für die Misere ist nichts dazu und der Verantwortliche verliert nichts.
Das ist der Deutsche, würde Volker Pispers jetzt sagen. Das ist der Deutsche.

Siehe auch Rheinische Post.

Mittwoch, 11. Februar 2009

Fundstücke 11.02.2009, 16.01 Uhr

Triumph für Livni
FTD - Die israelische Außenministerin darf sich feiern lassen: Auf der Zielgeraden hat sie Oppositionsführer Netanjahu abgefangen. Der könnte da landen, wohin es auch Altkanzler Schröder nach der Wahl 2005 verschlagen hat: in den Ruhestand.
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Schlüsselstellung für die Partei der Intoleranz
TP - Zum Zünglein an der Waage in der israelischen Innenpolitik wurde mit Avigdor Lieberman ein Politiker, der mit seiner ultranationalistischen Partei Israel Beitenu bei vielen liberalen und linken Israels als Gefahr für die Demokratie gesehen wird. Dass diese Partei zur drittstärksten Gruppierung in der neuen Knesset wurde und die Sozialdemokraten, eine alte israelische Traditionspartei, überrundete, wird als Alarmsignal gesehen.
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Wie man Massen steuert
TP - Massenaufmärsche, Fackelzüge, gemeinsamer Gesang: Wissenschaftler erforschen, wie Propaganda funktioniert, im Guten wie im Bösen. Bevor Sie diesen Artikel lesen, bittet der Autor um ein paar einfache Vorbereitungen. Schreiben Sie zunächst "Telepolis-Fan" auf ein Post-It und heften Sie sich das Papier deutlich sichtbar auf T-Shirt, Bluse, Hemd oder notfalls auch auf den nackten Oberkörper. Setzen Sie sich gerade hin und fangen Sie an zu singen: "Hoch auf dem gelben Wa-ha-gen…" Wie fühlt es sich an, wenn Sie wissen, dass es Ihnen in diesem Moment tausende andere Telepolis-Leser gleichtun?
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Wird häusliche Gewalt gegen Männer unterschätzt oder tabuisiert?
TP - Nach Statistiken des britischen Innenministeriums werden junge Männer mindestens ebenso häufig wie Frauen zu Opfern ihrer Partner.
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Mit dem Wohlstand wächst das Gewicht
TP - Den Iren scheint der schnell eintretende Wohlstand gut bekommen zu sein. Mit dem Wachstum des BIP nahm auch das der Bäuche zu. Nach der im Journal of Epidemiology and Community Health erschienenen Studie "The heights and weights of Irish children from the post-war era to the Celtic tiger", für die drei landesweite Messungen der Größe und des Gewichts von irischen Schulkindern im Alter zwischen 4 und 14 Jahre in den Jahren 1948, 1970 und 2002 ausgewertet wurden, haben die Kinder innerhalb von 50 Jahren 24 kg zugelegt.
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Parteien wollen Spendenregeln für Bundestagsabgeordnete lockern
SWR - Union, SPD und FDP sollen sich in der Rechtsstellungskommission des Bundestags für eine Lockerung der Spendenregeln für Bundestagsabgeordnete ausgesprochen haben. Laut Teilnehmern soll ein Entwurf der Bundestagsverwaltung, der dem ARD-Politikmagazin REPORT MAINZ exklusiv vorliegt, in dem Gremium auf breite Zustimmung gestoßen sein. Darin heißt es: „Geldwerte Zuwendungen für Reisen in Ausübung des Mandats gelten nicht als Spenden.“ Somit könnten Abgeordnete künftig Zuwendungen – auch von Unternehmen in Staatshand - in unbegrenzter Höhe annehmen, ohne dass dies veröffentlicht werden müsste. Auch „Zuwendungen zur Teilnahme an Veranstaltungen zur politischen Information“ oder „als Repräsentanten des Deutschen Bundestags“ sollen nach dem Entwurf künftig nicht mehr als Spenden gelten.
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Der große Keynes-Check
HH - John Maynard Keynes feiert sein Comeback. In der Krise interveniert die Politik so stark in die Konjunktur wie schon lange nicht mehr. Aber wie viel Keynes steckt wirklich im Konjunkturpaket II? Das Handelsblatt hat führende deutsche Keynsianer befragt. Und deren Antwort ist erstaunlich eindeutig.
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Bibeltreuer Lehrplan
SZ - In den USA haben Evolutions-Zweifler unter Bush an Einfluss gewonnen. Auch hier gibt es Schulen, an denen kreationistische Ideen verbreitet werden - und immer mehr Lehrer, die an Darwins Theorien zweifeln.
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Zur Psychologie des Neoliberalismus
Feynsinn - In der gegenöffentlichen Debatte spielt der Begriff des “Neoliberalismus” eine zentrale Rolle. Er bezeichnet die Ideologie der westlichen Marktwirtschaft, des zeitgenössichen Kapitalismus. Protoptypisch ist diese Ideologie in Deutschland formuliert und institutionalisiert worden. Dafür stehen Think Tanks wie die “INSM”, politische Großprojekte wie die “Agenda 2010″ und das Grundkonzept des deutschen Neoliberalismus, das Lambsdorff-Papier. Seit dem Ende der sozialliberalen Koalition hat sich ein Konzept etabliert, das auf einigen simplen Grundannahmen beruht und ebenso effizient wie aggressiv umgesetzt wurde. Ein wichtiger Aspekt der Umsetzung des Konzepts ist schon in diesem selbst angelegt: Der Zwang zum Optimismus, die Rede vom “Aufschwung”. Zunächst aber zu den Grundpfeilern des Konzepts.
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Koalition will Mehdorn halten
SZ - Die Erschütterungen können offenbar gar nicht so groß werden, dass es für Bahn-Chef Mehdorn gefährlich werden könnte. Ein Rücktritt spielt kaum noch eine Rolle.
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Link zum Gegner
SZ - Normalerweise informiert Innenminister Wolfgang Schäuble auf seiner Website über CDU-Politik. Wer die Homepage heute Morgen aufrief, bekam jedoch Erstaunliches zu sehen.
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Präsidentenwahl: "Ich bin ein Magnet"
SZ - Sie will Bundespräsidentin werden und plädiert für direkte Volksabstimmungen der Deutschen in Sachen EU: Gesine Schwan. Die SPD-Kandidatin über ihre Chancen, die Personalpolitik der CSU und unappetitliche Erfahrungen im Wahlkampf.
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Wenn sich König Karl etwas wünscht
SZ - Er kam durch die VIP-Einfahrt, mit Sonnenbrille und Handschuhen: Karl Lagerfeld hatte eine Bitte an die EU-Kommission - und ließ sie warten.
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Montag, 9. Februar 2009

Fundstücke 09.02.2009, 18.50 Uhr

Gestalter der Macht
TP - Der Designer Andreas Koop befasst sich in NSCI mit dem visuellen Erscheinungsbild der Nationalsozialisten von den Anfangstagen der Hitler-Partei bis zum Ende des Dritten Reiches. Das aufwändig bebilderte Buch zur Corporate Identity (CI) der "Bewegung" verfolgt Entwicklungen von der Sprache und der Architektur über das Logodesign und die Uniformen bis hin zu Typographie und Farbe.
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Der Galbraith-Moment
FTD - In Washington ist Wunschkonzert. Das Stimulusprogramm wird auch der Einstieg in eine dauerhaft größere Rolle des Staates. Aber für die Konjunktur bringt es zu wenig.
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Wenn ein Großaktionär warnt
FTD - Die Forderung des Bundesfinanzministers, Unternehmen sollten keine Dividende zahlen, ist unsinnig. Es gibt allerdings einen Fall, in dem Ministersorgen verständlich wären.
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Minister Ohnemichl
FTD - Der Wirtschaftsminister geht, weil er persönlich abgemeldet war, aber auch, weil sein Ressort keinen Einfluss mehr hat.
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Banker sind überbezahlt - wie schon 1929
HH - Seit Mitte der neunziger Jahre sind die Gehälter im Finanzsektor dramatisch angestiegen, zeigt eine neue Studie von zwei US-Ökonomen. Warum ein Großteil dieser Entwicklung ökonomisch nicht gerechtfertigt war - und auf welche erstaunlichen historischen Parallelen die Wissenschaftler gestoßen sind.
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Wenn das Ausland streikt
FTD - Stell dir vor, dein Laden ist prima - keiner kauft ein. Die deutsche Wirtschaft kann nicht überleben, wenn die Kundschaft aus dem Ausland nicht mitmacht.
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Sparen - das deutsche Mantra
FR - Als Sternstunde des Föderalismus, als Ende eines langen Marsches in den Schuldenstaat feiert die Koalition ihre Schuldenbremse. Das sind große, ja großspurige Worte. Richtig ist, dass die Parteien Gewaltiges auf den Weg gebracht haben, das in die Politik und das Leben der Menschen stärker eingreifen wird, als viele sich heute vorstellen können. Dass sich die Beschlüsse positiv auswirken, ist leider stark zu bezweifeln.
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Hohe Schulden müssen weiter möglich sein
FR - Die Geldpolitik wurde mit dem Euro bereits nationalstaatlicher Kontrolle entzogen. Jetzt schaffen CDU/CSU und SPD auch noch die den Euroländern verbliebene Fiskalpolitik in Deutschland ab. Denn mit der geplanten "Schuldenbremse" ist in Zukunft eine seriöse und rationale antizyklische Fiskalpolitik nicht mehr möglich. Bei acht Milliarden Euro Verschuldungsspielraum reicht es nicht einmal mehr aus, die automatischen Konjunkturstabilisatoren voll wirken zu lassen. Kein anders EU-Land verhält sich wirtschaftspolitisch so borniert wie Deutschland. Selbst die neoliberal ausgerichtete EU erlaubt im Stabilitätspakt eine Neuverschuldung von drei Prozent.
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Angela Merkel Barbie doll highlight on German toy fair
Guardian - She is tall, blonde and curvy, has cornflower blue eyes and implausible anatomical proportions. Meet Angela Merkel, the Barbie doll.
Anmerkung: Ich kann meinen Kopf gar nicht oft genug auf die Tischplatte hauen.
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Plastsch und Plump
Feynsinn - Was tut eine Regierung, die eine gigantische Wirtschaftkrise zu bewältigen hat? Man sollte meinen, daß alle Ressorucen gebündelt werden, möglichst kompetente Leute sich zusammensetzen und offen beratschlagen, welche Möglichkeiten des Krisenmanagements bestehen und welche davon die besten sind. Federführend in diesbezüglichen Bemühungen sollte der zuständige Minister sein, im Falle der Bundesregierung eben der Bundeswirtschaftsminister.
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Europa zwischen Traum und Trauma
SZ - Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über Deutschland, über Europa und über seine eigene Zukunft. Ist der Vertrag von Lissabon verfassungswidrig?
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Arbeits-Unrecht
NDS - Rechtsbrüche, Unrechts-Gesetze, rechtliche Grauzonen, öffentliche Diskriminierung, Erpressung: Beschäftigte wie Arbeitslose werden ausgequetscht und erniedrigt. Bestandsaufnahme und Widerstand sind nötig.
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Offenbarungseid statt Befreiuungsschlag
SZ -
Massiv verspekuliert: Die Schaeffler-Gruppe geht mit einem dramatischen Appell an die Öffentlichkeit - doch der Hilferuf erfolgt viel zu spät.
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"Wir sind keine Kolonie"
SZ - Präsident Hamid Karsai über das oft verletzende Verhalten der Soldaten aus dem Westen und das Gefühl der Angst, das sich unter den Afghanen ausbreitet.
Anmerkung: Mit solchen Partnern wird das nie klappen.
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Der Freiherr - kein Erhard, nirgends
SZ - Auf dem direkten Weg in die Bedeutungslosigkeit: CSU-Chef Seehofer und Bundeskanzlerin Merkel richten das einst so wichtige Wirtschaftsministerium zugrunde.
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Freitag, 6. Februar 2009

In eigener Sache

Ich hab mal wieder ein paar neue Spielereien installiert, die total nutzlos sind aber euch vielleicht trotzdem Spaß machen: in der rechten Sitebar kann man sich jetzt offiziell als "Oeffinger Freidenker"-Fan outen und mit "Blog verfolgen" als regelmäßiger Leser eintragen. Das bringt euch bestimmt auch irgendwas, aber fragt mich nicht, was. Es geht auf jeden Fall.
Unter jedem Post finden sich drei mögliche Reaktionen, die ihr anklicken könnt (dummerweise alle drei, also lasst das bitte, auch wenn's geht): Gut, Geht so und Schlecht. Damit könnt ihr ohne Umwege mitteilen wie euch ein spezieller Artikel gefällt, ohne gleich die Kommentarfunktion zu nutzen. Braucht zwar keiner, aber jetzt gibt es das hier auch. Nicht, dass ich noch Wettbewerbsnachteile erleide, wenn ich das nicht habe. Alle anderen Blogger müssen sich jetzt auch so ne dumme Leiste installieren, sonst kommen ihre Leser nämlich nur noch hierher...ha, bin ich nicht ein schlaues Kerlchen?

Welche Wurzeln hat die LINKE?

Die LINKE feiert derzeit 90 Jahre Nationalversammlung. Zur Erinnerung: die Nationalversammlung war die verfassungsgebende Versammlung der Weimarer Republik. Thorsten Denkler, einer der neoliberalen Vordenker der SZ, befindet, dass dies frech sei. Schließlich sei die KPD die Vorgängerpartei der LINKEn, und die sei ja erstens strikt antidemokratisch gewesen und zweitens nicht einmal Mitglied der Nationalversammlung. Konnte sie auch gar nicht, sie war ja damals noch nicht gegründet, aber solche Details müssen Denkler nicht interessieren. Auch ob ihm eine Feier der KPD-Gründung lieber gewesen wäre, lasse ich einmal dahingestellt. Für diese Leute ist alles, was die LINKE tut, falsch. Bekennt sie sich zu Rosa Luxemburg, hat sie das antidemokratische Erbe offenbar nicht überwunden, bekennt sie sich zur Demokratie, ist das frech.
Aber zum Thema. Kann, darf sich die LINKE mit der Nationalversammlung identifizieren, mithin der Geburtsstunde der deutschen Demokratie?
Unbestritten gehört die KPD zum Erbe der LINKEn ebenso wie die SED. Aber darin erschöpfen sich die Erblinien nicht. Die LINKE hat auch Elemente der 1946 liquidierten Ost-SPD in sich vereint, und seit 2005 hat sie weitere Elemente der Sozialdemokratie und Gewerkschaften aufgenommen, während die kommunistisch-sozialistischen Traditionslinien immer mehr in den Hintergrund gedrängt werden. Wollen wir die FDP nach ihrem nationalliberalen Erbe beurteilen, oder die CDU allein nach dem Zentrum messen? Wohl kaum. Man muss also differenzieren. Dazu kommt, dass auch immer Elemente existierten, die eher einem Bündnis mit der Sozialdemokratie zugeneigt waren (wie es umgekehrt bei den Sozialdemokraten auch Fürsprecher für eine Vereinigung mit der KPD gab). Mit der spätestens ab 1926 vollzogenen Totalausrichtung der KPD an der KPdSU und ihrem Herabsinken auf den Status eines Moskauer Satelliten war diese Vision allerdings vom Tisch; Moskau gab die Devise aus, dass die Reformer (in diesem Fall also die Sozialdemokratie) "rot lackierte Faschisten" seien und noch energischer zu bekämpfen seien als die Rechtsextremisten. Dies führte 1932 zu der absurden Kooperation von KPD und NSDAP im Kampf gegen die demokratischen Kräfte und letztendlich dem Todesstoß für die Republik.
1946 erfolgte dann die, wiederum von Moskau befohlene, Zwangsvereinigung zwischen KPD und SPD (Ost). Man entledigte sich dieses Mal endgültig dem "Gegner" Sozialdemokratie (in dem es auch Elemente gab, die die Vereinigung begrüßten, ich komme noch darauf zu sprechen). Dass die Menschen dem Braten nicht trauten zeigt sich an den desaströsen Wahlergebnissen der letzten freien Wahlen in der DDR. 1990 waren die Vorzeichen dann umgekehrt. Der gesamte Vorstand der damaligen SED-PDS hatte im Geheimen angeboten, geschlossen in die SPD einzutreten. Dies wäre der Todesstoß für die PDS und damit die letzte Partei links der SPD gewesen. Doch die SPD lehnte ab. Verantwortlich waren verschiedene Gründe, der wichtigste ist jedoch die Furcht davor, von den ehemaligen PDSlern überschwemmt zu werden und ihnen zuviel Gewicht einzuräumen, sowohl programmatisch als auch, und vor allem, beim Konkurrenzkampf um die neuentstehenden Wahlkreise und Posten. Denn viele eilig in den Osten gewechselte SPDler hätten sich so Sorgen um die eigentlich sicher geglaubten Direktmandate machen müssen. Die Wahlergebnisse zeigen heute jedoch, dass die Rechnung so nicht aufging.
Der vorläufig letzte Akt dieses Kapitels spielt dann 2005, als die neugegründete WASG gemeinsam mit der Linkspartei.PDS (wie die neueste Umbenennung hieß) in den Wahlkampf zog. War die PDS noch leicht als ostdeutsche Splitterpartei abzuurteilen und wegen ihrer SED- und KPD-Vergangenheit zu verteufeln, war dies mit der WASG nicht möglich. Wie die Grünen in den 1980er Jahren waren sie Fleisch vom Fleisch der SPD, und der Verlust schmerzte. Die verhärteten Gräben scheinen noch heute unüberwindlich. Es dauerte über zehn Jahre, bis die SPD sich mit den Grünen zu arrangieren bereit war; nichts spricht derzeit dafür, dass es bei der LINKEn (und ihrer deutlich schwierigeren Vergangenheit) schneller gehen wird.
Kehren wir wieder zurück zum aktuellen Festakt. Die LINKE erklärt die Feier damit, dass man Wurzeln eben nicht nur bei der KPD sehe, sondern auch bei SPD und USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands). Vor allem letzte sind ein interessanter Punkt, bei dem wir kurz verweilen wollen. Grüne und WASG sind nämlich nicht die einzigen Abspaltungen, die die SPD erleben musste und erbittert bekämpfte (wie immer zu ihrem eigenen Schaden). 1917 trennte sich die USPD im Streit um die Politik im Ersten Weltkrieg (die SPD hatte am Burgfrieden teilgenommen und die Kriegspolitik des Reiches getragen; die innerparteiliche Opposition hatte mit Ausnahme Liebknechts diese Mehrheitsentscheidung mitgetragen, geriet jedoch immer mehr in Streit mit der Parteiführung unter Ebert und Scheidemann, bis es 1917 zum Bruch kam), Hugo Haase wurde Vorsitzender. Die USPD wurde neben der MSPD (Mehrheitliche Sozialdemokratische Partei Deutschlands) zur linken Massenpartei, die jedoch nach der Gründung der Weimarer Republik 1919 schnell an Bedeutung zu verlieren begann und sich mit ihren moderaten sozialistischen Vorstellungen schnell zwischen der reformistischen MSPD und der revolutionären neuentstandenen KPD befand. 1922 trat der Großteil der Mitglieder der USPD in eine dieser beiden Parteien ein, was der faktische Tod der USPD war.
Was aber hat dieeser gesamte historische Exkurs nun mit unserem Thema zu tun? Mehr jedenfalls, als es Thorsten Denkler erkennen will, der hier halbblind in einer Materie herumstochert, die er nur in Ansätzen versteht. Wenn sich die LINKE versucht, eine neue Traditionslinie zu geben, ist dies natürlich "mutig und frech", wie Ulrich von Alemann das ausdrückt. Es zeigt aber auch gleichzeitig, dass die LINKE sich von ihrer stalinistischen, sozialistischen und kommunistischen Vergangenheit trennen will; es ist ein klares Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie, wie wir sie hier in Deutschland haben. Insofern müsste Denkler diesen Schritt eigentlich begrüßen, aber wie es scheint, versteht er dafür eben einfach zuwenig von dem, was vorgeht.
Die bewusste Wahl der Nationalversammlung als Anknüpfungspunkt und damit der indirekte Traditionsbezug auf die USPD zeigt aber auch etwas anderes: es ist ein Signal an die SPD. Vermutlich sind Müntefering, Steinmeier und Steinbrück zu traditionsvergessen und blind, um dieses Signal zu sehen. Sollten sie, werden sie es ignorieren. Aber an sie ist es auch nicht gerichtet, sondern eher an die zweifelnde linke Basis der SPD. Es wurde schon oft gemutmaßt, dass Lafontaines eigentliches Ziel die Wiedervereinigung von LINKEr und SPD wäre (natürlich mit ihm in hoher Position, kein Zweifel). Diese Traditionsschaffung deutet in diese Richtung. Sie ist zumindest ein klares Signal für eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit, denn USPD und MSPD waren es, die in den Revolutionswirren von 1918/19 gemeinsam den Laden am Laufen hielten, im Rat der Volksbeauftragten.
Ich interpretiere diese Feier also als ein Signal an die SPD, dass die LINKE zu einer Zusammenarbeit grundsätzlich offen ist. Gleichzeitig dient es natürlich - und wahrscheinlich auch hauptsächlich - dazu, die Partei von der Traditionslinie der SED zu lösen und an Weimar anzuknüpfen. Dadurch soll höchstwahrscheinlich die Akzeptanz in der bürgerlichen Mittelschicht gesteigert werden, und dieser Plan könnte mit genügend Reifezeit durchaus aufgehen. Ich sehe es jedenfalls als positiv, dass sich die LINKE an Weimar und nicht an der Sowjetunion festmacht.

Fundstücke 06.02.2009, 19.32 Uhr

Deutsche Bank in Steinbrücks Hand
SZ - Wirtschaftspolitik à la Franziska Drohsel: Die Chefin der Jungsozialisten will gleich alle Banken verstaatlichen. Das sei das Rezept gegen die Krise.
Anmerkung: Ich glaube nicht, dass es Steinbrücks Hand ist, die Drohsel vorschwebt.
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Brüning ante portas
Weißgarnix - Die Deutschen haben ein historisches Defizit: Keinem König den Kopf zwischen die Füße gelegt zu haben. Erst damit wäre wohl der Idee vom Gottesgnadentums und dem Staat als ein höheres Wesen der Garaus gemacht worden. So haben die Deutschen bis heute ein Verhältnis fortgesetzter Unmündigkeit zum Staat. Die Rede vom Vater Staat bringt das zum Ausdruck. Er beschützt genauso wie er straft. Das profane Verhältnis von Briten oder Franzosen - den Staat nämlich als eine Vertragskonstruktion zwischen Herrscher und Beherrschten zu begreifen - fehlt uns bis heute. Man muss wahrscheinlich auch wie Oliver Cromwell einen Karl I hingerichtet haben, um zu wissen, dass der Staat in der Verkörperung des Königs auch nur ein menschliches Konstrukt ist - und selbst solche Verträge kündbar sind. Einer dieser Verträge betrifft zur Zeit die Frage, ob man Banken verstaatlichen und die Aktionäre enteignen darf.
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Keiner hat Angst vor der Inflation - ich auch nicht
Herdentrieb - Am vergangenen Wochenende gab es in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung einen Artikel mit diesem Titel, nur dass hinter dem Gedankenstrich die Wörter “wir schon” standen. Die Autorin wollte den Lesern den Erwerb von inflationsgeschützten Anleihen schmackhaft machen, weswegen sie zeigen musste, dass es über kurz oder lang wieder zu steigenden Inflationsraten kommen wird, dass man also als Anleger Handlungsbedarf hat. Leider gab es kein einziges Argument, dass ich überzeugend fand (obwohl inflationsindexierte Bundesanleihen zur Risikostreuung sehr nützlich sind).
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VW-Werk verweigert Nicht-VW-Fahrern den Zutritt
SpOn - Wer keinen Volkswagen fährt, steht beim VW-Werk in Baunatal künftig vor verschlossener Schranke: Werkschef Hans-Helmut Becker hat Zulieferern und Gästen, die andere Automarken fahren, offiziell Hausverbot erteilt. Begründung: "Wen wir beschäftigen, der soll auch uns beschäftigen."
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Steingart/Spiegel-Polemik gegen Obamas Konjunkturprogramm im besonderen und gegen Konjunkturprogramme im allgemeinen
NDS - Das Bemerkenswerteste an dem am 5.2. erschienenen SpiegelOnline-Artikel „Was Obama von Deutschland lernen kann“ des Washingtoner Korrespondenten Gabor Steingart ist die Tatsache, dass der Spiegel überhaupt noch Artikel dieses Autors bringt. Denn diese frühere Nachwuchshoffnung des Spiegel hat sich in mehreren Beiträgen so fundamental vertan, dass man schon aus Zeitgründen auf die Lektüre seiner Artikel verzichten könnte. Im konkreten Fall polemisiert Steingart gegen den New Deal und die Staatsschulden des früheren US-Präsidenten Roosevelt und empfiehlt Ludwig Erhard.
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Was links ist
FR - Franz Müntefering.
Anmerkung: Dieses Pamphlet der hohlen Phrasen und Beliebigkeit zu lesen ist eigentlich echt eine Beleidigung.
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Wider die schleichende Erosion unserer Demokratie
Tagesspiegel - Die gegenwärtige Krise erzwingt eine neue Offenheit von Politik, meint die Präsidentschaftskandidatin der SPD, Gesine Schwan. Der Bundespräsident müsse gerade im Angesicht der Krise die Demokratie schützen.
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Ärzte wollen Widerbelebung von Alten einsparen
SpOn -Sollten Seniorenheim-Bewohner nach einem Herzinfarkt nicht mehr wiederbelebt werden, um Kosten zu sparen? Britische Mediziner haben diese These jetzt in einem renommierten Fachblatt vorgestellt.
Anmerkung: Der Spiegel-Aufsexer spart aus, dass natürlich Unterschiede gemacht werden sollen: in den öffentlichen Heimen keine Wiederbelebung, in den privaten schon.
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Wartende Wickeltische
Freitag - Vor zwei Jahren setzte Ursula von der Leyen gegen alle Widerstände den Ausbau der Kinderbetreuung durch. Doch das Prestigeprojekt der Ministerin droht zu scheitern.
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Fasst die Piraten der Geldmeere!
Freitag - Schriftsteller Michael Schneider kann das Gerede von der neuen Finanzarchitektur nicht mehr hören. Er fordert ein Internationales Tribunal für Großspekulanten.
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Ackermann hat nichts gelernt
FR - Ziehen wir kurz den Hut. Chapeau, Josef Ackermann! Die Deutsche Bank ist eine der ganz wenigen global tätigen Investmentbanken, die das gruselige Jahr 2008 ohne Staatshilfe gemeistert hat. Dagegen verblasst der erste Verlust seit Neugründung des Instituts 1957 genauso wie die horrenden neun Milliarden Euro, die der Eigenhandel der Bank verzockt hat. So was muss man sich leisten können! Sollte die Finanzkrise nicht noch schlimmer werden, was eine offene Wette ist, schaut auch der Kapitalbedarf der Bank für 2009 überschaubar aus. Rechtzeitig hat sich die Bank in den vergangenen zwei Jahren mit Fremd- und Eigenkapital am Markt versorgt. Gut möglich, dass das Horrorszenario dem deutschen Steuerzahler erspart bleibt. Denn eine Bank zu retten, deren Bilanzsumme mit 2,2 Billionen Euro fast so groß ist wie das gesamte Brutto-Inlandsprodukt des Landes, ist wahrlich kein Spaß.
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Darf man Ackermann trauen?
FR - Die Deutsche Bank ist eine sensationelle Bank, weil sie als eine der ganz wenigen internationalen Häuser keine Hilfe vom Staat braucht. Sie hat die riskanten Geschäftsfelder konsequent geschlossen und die zukunftsträchtigen gestärkt. Sie hat nun ihre Risiken im Griff, die hohe Verschuldung auf das neue internationale Maß heruntergefahren. Und im Januar lief es super. Das, in Kürze, war die Botschaft von Josef Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank. Dürfen wir es glauben? Die Antwort auf diese Frage hat Ackermann eigentlich selbst gegeben: "Man kann heute die Bilanzen und Erfolgsrechnungen der Banken nur noch ganz schwierig miteinander vergleichen", sagte er mit Blick auf die Wettbewerber der Deutschen Bank. Das gilt für die Top-Manager der Banken genauso wie für Analysten, Wirtschaftsprüfer - und erst recht für uns Journalisten.
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Berater sollen Märklin ausgesaugt haben
FTD - Horrende Honorare für Berater sind nach Ansicht des Insolvenzverwalters der Grund für die Zahlungsunfähigkeit des Modelleisenbahnherstellers. Vorerst produziert Märklin weiter und sucht einen Käufer. Die vielen Berater werden entfernt. "Wenn die Beratungskosten nicht bestanden hätten, wäre die Firma jetzt nicht pleite", sagte Insolvenzverwalter Michael Pluta am Donnerstag auf der Nürnberger Spielwarenmesse. Dort stellt das 150 Jahre alte Unternehmen trotz der Schieflage 400 Neuheiten aus.
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Steingart und der Schweiß
Feynsinn - Man könnte meinen, er sei schon gut in den Siebzigern und sehnte sich in die Nachkriegszeit zurück, als er mit seinen Pfadfinderkumpels stickige Hütten teilte. Er versucht, auch etwas zur Wirtschaftskrise zu sagen, und ihm fällt nichts anderes ein als “Schweiß”, Männerschweiß vermutlich, der es ihm furchtbar angetan hat. Der Sermon aus romantisierender Ludwig-Erhard-Verehrung, Merkelei, Besserwissen, nationaler Eitelkeit und eben “Schweiß” hat mit vielem zu tun, “Wirtschaft” ist allerdings ebensowenig darunter wie irgendeine Kompetenz oder Information. Es ist Geschwurbel pur, wie wir es von einem kennen, der sich schon mehrfach selbst überlebt hat. Das mit nicht einmal fünfzig Jahren hinzulegen, ist schon achtbar.
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Obamas Kapitalismus
SZ -Barack Obama muss das Verhältnis von Markt und Staat neu justieren. Die schlimmste Rezession seit der Weltwirtschaftskrise ist dabei eine ungeheure Last, aber auch eine Chance.
Anmerkung: Einer von den Old-School-Artikeln im negativen Sinn.
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Mutmaßlicher CIA-Mitarbeiter war "der Chef"
Stern - Die Hintergründe der "Sauerland-Gruppe", die 2007 Terroranschläge in Deutschland geplant haben soll, werden immer mysteriöser: Ein mutmaßlicher Kontaktmann des US-Geheimdienstes CIA spielte bei der Attentatsvorbereitung eine größere Rolle als bislang bekannt.
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Konzernchef auf Abruf
SZ - Ansteckendes Missmanagement: Nicht nur Bahn-Chef Mehdorn hat Fehler gemacht, auch die Politik verzettelt sich bei der Bewältigung des Bahn-Skandals.
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"Wetterwende in der Haushaltspolitik"
SZ - Jubelstimmung in Berlin: Politiker der großen Koalition feiern die Vereinbarung einer Schuldenbremse im Grundgesetz.
Anmerkung: Die sind echt so dumm dass es kracht.
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