Dieser Tage ist die Republik in Aufruhr: Schiesser pleite, Märklin pleite, Opel pleite, Schäffler pleite - überall stehen Firmeninsolvenzen an, Traditionsfirmen häufig auch, und es hängen Arbeitsplätze dran (ich erwähne das explizit, weil es bei manchem Politiker so klingt, als wäre dies eine überraschende Neuigkeit). Nun verlangen alle diese Unternehmen nach Staatshilfe. Bei manchen scheint dies mehr berechtigt als bei anderen. Aber es wird relativ selten die Frage gestellt, ob Staatshilfe für diese Unternehmen überhaupt berechtigt ist. Seit Frau Schäffler medienwirksam in die Kamera weint und einen Werkschutzmann umarmt, hat sich die Meinung über diesen Gierschlund, der sich schlicht verspekuliert hat, deutlich gedreht. Arme Frau Schäffler, Staat, blase zur Rettung! Ja, warum eigentlich?
Der Konkurs gehört zum Kapitalismus wie die Butter zum Brot. Jahrelang lagen uns die Neoliberalen in den Ohren, dass der Staat sich aus dem Geschäft der Wirtschaft herauszuhalten habe. Keine Subventionen, nie und nirgends, keine Beteiligungen, keine Einmischung. Das waren, klar, gute Zeiten damals. Es gab Gewinne, die in rauen Mengen an die Aktionäre ausgeschüttet wurden (die Arbeitnehmer wurden eher selbst ausgeschüttet, auf die Straße nämlich). Da hätte ein mitredender und vielleicht, vielleicht auf etwas mehr Nachhaltigkeit pochender Staat ja auch echt nur die Party versaut. Jetzt hat sich der Wind gedreht. Die Firmen liegen am Boden, haben sich zu großen Teilen verspekuliert (wie Schäffler oder Merckle), ihren Markt verloren (wie Schiesser) oder wurden von auswärts zugrundeberaten (wie Märklin). Gehen sie pleite, wird der Großteil ihrer Beschäftigten arbeitslos werden und es bei der aktuellen konjunkturellen Situation wohl auch bleiben. Nur bleibt die Frage im Raum stehen: warum sollte der Staat hier auch nur einen müden Cent krumm machen? Ist es nicht so, dass den einzelnen Firmen, so groß sie im Einzelfall auch sein sein mögen (Stichwort: Opel), keine systemrelevante Position inne haben wie, sagen wir, die HRE?
Genau so ist es. Das Argument, mit dem derzeit vor allem die Besitzer und Anteilseigner dieser Firmen hausieren gehen lautet, wie sollte es anders sein, Arbeitsplätze. In Deutschland mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen zu argumentieren ist in etwa so wie mit einem Priester das Wort Gottes anzuführen. Man erntet auf jeden Fall einmal ein zustimmendes Nicken. Häufig wird dann nicht genug weiter nachgedacht, und es bleibt bei dieser Zustimmung. Sehen wir uns beispielsweise den Fall Schaeffler an. Im Ernstfall hängen bis zu 80.000 Arbeitsplätze dran, sollte Conti und der ganze Rest ebenfalls mit in den Abgrund gerissen werden, den die reiche alte Frau um Nerzmantel aufgerissen hat, als sie auf die größenwahnsinnige Idee kam, Conti zu übernehmen. Sechs Milliarden Euro Privatvermögen besitzt sie, aber keinen Cent davon will sie in ihre Firma stecken; das soll der Staat machen. Unter sechs Milliarden kann man in Deutschland schließlich auch nicht würdig leben, das ist ja bekannt.
Die ganze Krux an der Sache ist, dass man es den Verantwortlichen zur allzusehr gönnen würde, wenn sie und ihre Firmen richtig krachend den Bach hinuntergehen. Dumm nur, dass diese längst überfällige Lektion mit tausend Einzelschicksalen verknüpft ist, die wirklich keine Schuld an dem Desaster tragen und im Zweifelsfall die Suppe ausbaden müssen. Die Arbeiter, die arbeitslos werden stehen nachher mit nichts da, verlangt Hartz-IV doch, alle Vermögenswerte aufzubrauchen, bevor man Staatshilfe in Anspruch nimmt. Für sechs Milliarden schwere, reiche alte Frauen in Nerzmänteln gilt das nicht. Sie hätte danach immer noch sechs Milliarden. Zugegeben, die müsste sie auch aufbrauchen, bevor sie Hartz-IV beantragen könnte. Aber vielleicht macht das Amt da ja dann eine Ausnahme.
Man kann also, ganz besonders im Superwahljahr 2009, nicht Firmen willens pleite gehen lassen, deren tausende Beschäftigte danach tausende saure Unbeschäftigte sind. Das wäre ethisch fragwürdig und politisch dumm. Dadurch allerdings begibt sich der Staat, mithin Treuhandanstalt unserer Steuergelder, in eine Situation vollkommener Erpressbarkeit. Man hat das bereits bei den Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre gesehen, wo das Argument um den Arbeitsplatzerhalt beständig dazu diente, irgendwelche neuen Zumutungen von der Belegschaft durch die Politik zu erpressen (und dabei auch noch gleichzeitig die Gewinnausschüttungen für die Anteilseigner in die Höhe zu treiben), aber in dieser Krisensituation tritt es noch viel offener zutage. Das Dilemma ist bei den Banken ja um ein vielfacher schlimmer, wo der Erpressbarkeit bis zur Verabschiedung des Enteignungsgesetzes kaum Grenzen gesetzt waren, aber in der so genannten Freien Wirtschaft kann das so nicht gleich weitergehen. Es muss in diesem System auch die Freiheit zum Konkurs geben.
Für die Beschäftigten aber existiert diese Freiheit nicht mehr. Spätestens Hartz-IV hat alle Brücken abgebrannt. Es heißt Erfolg oder Untergang. Hartz-IV ist der große Gleichmacher, denn egal wie viel man brav auf die Seite gelegt hatte in der Riesterrente oder in anderen Anlageformen (vielleicht sogar loyal in Firmenaktien), all das muss weg bevor der Staat einen rettet. Er hat keinerlei Chancen und ist ein reiner Spielball in den Elementen der Rezession um ihn herum. Man stelle sich vor, die neoliberalen Vordenker bei CDU und FDP hätten es geschafft, ihre Visionen im Investivlohn Gesetz werden zu lassen. Die Arbeiter wären damit enteignet worden, ohne dass der Staat erst hätte ein Gesetz dafür schaffen müssen. Das natürlich wäre auch eine Art Fortschritt gewesen.
Der Konkurs gehört zum Kapitalismus wie die Butter zum Brot. Jahrelang lagen uns die Neoliberalen in den Ohren, dass der Staat sich aus dem Geschäft der Wirtschaft herauszuhalten habe. Keine Subventionen, nie und nirgends, keine Beteiligungen, keine Einmischung. Das waren, klar, gute Zeiten damals. Es gab Gewinne, die in rauen Mengen an die Aktionäre ausgeschüttet wurden (die Arbeitnehmer wurden eher selbst ausgeschüttet, auf die Straße nämlich). Da hätte ein mitredender und vielleicht, vielleicht auf etwas mehr Nachhaltigkeit pochender Staat ja auch echt nur die Party versaut. Jetzt hat sich der Wind gedreht. Die Firmen liegen am Boden, haben sich zu großen Teilen verspekuliert (wie Schäffler oder Merckle), ihren Markt verloren (wie Schiesser) oder wurden von auswärts zugrundeberaten (wie Märklin). Gehen sie pleite, wird der Großteil ihrer Beschäftigten arbeitslos werden und es bei der aktuellen konjunkturellen Situation wohl auch bleiben. Nur bleibt die Frage im Raum stehen: warum sollte der Staat hier auch nur einen müden Cent krumm machen? Ist es nicht so, dass den einzelnen Firmen, so groß sie im Einzelfall auch sein sein mögen (Stichwort: Opel), keine systemrelevante Position inne haben wie, sagen wir, die HRE?
Genau so ist es. Das Argument, mit dem derzeit vor allem die Besitzer und Anteilseigner dieser Firmen hausieren gehen lautet, wie sollte es anders sein, Arbeitsplätze. In Deutschland mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen zu argumentieren ist in etwa so wie mit einem Priester das Wort Gottes anzuführen. Man erntet auf jeden Fall einmal ein zustimmendes Nicken. Häufig wird dann nicht genug weiter nachgedacht, und es bleibt bei dieser Zustimmung. Sehen wir uns beispielsweise den Fall Schaeffler an. Im Ernstfall hängen bis zu 80.000 Arbeitsplätze dran, sollte Conti und der ganze Rest ebenfalls mit in den Abgrund gerissen werden, den die reiche alte Frau um Nerzmantel aufgerissen hat, als sie auf die größenwahnsinnige Idee kam, Conti zu übernehmen. Sechs Milliarden Euro Privatvermögen besitzt sie, aber keinen Cent davon will sie in ihre Firma stecken; das soll der Staat machen. Unter sechs Milliarden kann man in Deutschland schließlich auch nicht würdig leben, das ist ja bekannt.
Die ganze Krux an der Sache ist, dass man es den Verantwortlichen zur allzusehr gönnen würde, wenn sie und ihre Firmen richtig krachend den Bach hinuntergehen. Dumm nur, dass diese längst überfällige Lektion mit tausend Einzelschicksalen verknüpft ist, die wirklich keine Schuld an dem Desaster tragen und im Zweifelsfall die Suppe ausbaden müssen. Die Arbeiter, die arbeitslos werden stehen nachher mit nichts da, verlangt Hartz-IV doch, alle Vermögenswerte aufzubrauchen, bevor man Staatshilfe in Anspruch nimmt. Für sechs Milliarden schwere, reiche alte Frauen in Nerzmänteln gilt das nicht. Sie hätte danach immer noch sechs Milliarden. Zugegeben, die müsste sie auch aufbrauchen, bevor sie Hartz-IV beantragen könnte. Aber vielleicht macht das Amt da ja dann eine Ausnahme.
Man kann also, ganz besonders im Superwahljahr 2009, nicht Firmen willens pleite gehen lassen, deren tausende Beschäftigte danach tausende saure Unbeschäftigte sind. Das wäre ethisch fragwürdig und politisch dumm. Dadurch allerdings begibt sich der Staat, mithin Treuhandanstalt unserer Steuergelder, in eine Situation vollkommener Erpressbarkeit. Man hat das bereits bei den Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre gesehen, wo das Argument um den Arbeitsplatzerhalt beständig dazu diente, irgendwelche neuen Zumutungen von der Belegschaft durch die Politik zu erpressen (und dabei auch noch gleichzeitig die Gewinnausschüttungen für die Anteilseigner in die Höhe zu treiben), aber in dieser Krisensituation tritt es noch viel offener zutage. Das Dilemma ist bei den Banken ja um ein vielfacher schlimmer, wo der Erpressbarkeit bis zur Verabschiedung des Enteignungsgesetzes kaum Grenzen gesetzt waren, aber in der so genannten Freien Wirtschaft kann das so nicht gleich weitergehen. Es muss in diesem System auch die Freiheit zum Konkurs geben.
Für die Beschäftigten aber existiert diese Freiheit nicht mehr. Spätestens Hartz-IV hat alle Brücken abgebrannt. Es heißt Erfolg oder Untergang. Hartz-IV ist der große Gleichmacher, denn egal wie viel man brav auf die Seite gelegt hatte in der Riesterrente oder in anderen Anlageformen (vielleicht sogar loyal in Firmenaktien), all das muss weg bevor der Staat einen rettet. Er hat keinerlei Chancen und ist ein reiner Spielball in den Elementen der Rezession um ihn herum. Man stelle sich vor, die neoliberalen Vordenker bei CDU und FDP hätten es geschafft, ihre Visionen im Investivlohn Gesetz werden zu lassen. Die Arbeiter wären damit enteignet worden, ohne dass der Staat erst hätte ein Gesetz dafür schaffen müssen. Das natürlich wäre auch eine Art Fortschritt gewesen.
Also hat Oskar Lafontaine mit seiner Enteignungsidee doch recht gehabt. Überhaupt ist Insolvenz doch noch nicht das Ende der Fahnenstange, besagt es doch "nur", dass keine liquiden Mittel vorhanden sind und die Befriedigung der Gläubiger durch einen Insolvenzverwalter geregelt wird. Soweit ich das als Laie verstehe. Allerdings müsste die gute Frau dann die Hosen runterlassen und da liegt glaube ich der Hund begraben. Wer weiß, was da für Leichen ausgegraben werden. Ganz zu schweigen von der ursprünglichen Herkunft des Schaefflerschen Vermögens, das bekanntlich durch Enteignung (sic!) jüdischen Vermögens entstanden ist.
AntwortenLöschenDas ist die deutsche Variante des Kommunismus: Tausende Arbeiter solidarisieren sich mit einer Milliardärin, die ihre Arbeitsplätze verzockt hat und kämpfen dafür, dass sie keinen Cent davon in die Firma investieren muss. Ein unglaublicher Vorgang. Wetten, dass Steinbrück die Kohle rausrückt?
AntwortenLöschenWas ist das für ein System in dem beinnahe jedes größere Unternehmen für sich reklamieren kann systemrelevant zu sein, so dass eine "Rettung" alternativlos erscheint?
AntwortenLöschenWenn nicht die von ihnen erwähnten Einzelschicksale der Beschäftigten wären würde ich sagen: Lasst dem freien Markt freien Lauf!
So bleibt nur ein Kopfschüttel und weitere Finanzspritzen. Für das Geld, was der Staat bereitstellt sollte er ordentliche Anteile erwerben dürfen.
Das politische Instrument gegen die Erpressbarkeit wäre De-Regulierung:
AntwortenLöschenIndem man die Entscheidungsgewalt auf (zumindest größtenteils) unabhängige Aufsichtsbehörden überträgt, opfert man die willkürliche Macht der Regierung zugunsten einer bürokratischen Verwaltung. Das hat zwar einige Nachteile, aber im Allgemeinen den Vorteil, dass Entscheidungen weniger populistisch getroffen werden.
Die Entscheidungen über Staatshilfen und -bürgschaften gehören deswegen in die Hände einer unabhängigen Behörde und nicht in die Hände der Regierung. Warum es eine solche Behörde nicht gibt, wäre mal eine interessante Frage an die Bundeskanzlerin.
Hm, soweit ich mich erinnern kann ist Schaeffler ne klassischie KG, was bedeutet, dass die gute Familie Schäffler da mit ihrem Privatverögen haftet & drinsteckt...
AntwortenLöschenPrinzipiell hast du aber natürlich recht.
Wer sagt denn, dass dann 80 000 Arbeitsplätze verloren gingen? Das Zeug, dass die Leute produziert haben wurde ja verkauft! Die Autoindustrie wird es also auch weiterhin brauchen. Nur die Chefetage, oder die Heulsusen, werden nicht mehr gebraucht. Diese Firmen haben doch nicht nur Klopapier erzeugt, wie HRE, sondern von der Bremse angefangen bis zur letzten Schraube. Als weg mit den Heulsusen und Neuanfang!
AntwortenLöschen@Christian
AntwortenLöschenDas wäre ja ein noch undemokratischerer Vorgang als wir ihn zurzeit haben.
@Curacao:
AntwortenLöschenDas ist einfach eine Frage der Einstellung. :)
Gerichte sind auch nicht demokratisch legitimiert, dennoch werden sie als wichtiger Teil der demokratischen Verfassung empfunden.
Mit der Bundesnetzagentur, dem Bundeskartellamt und der Bundesfinanzaufsicht haben wir übrigens schon drei solche Behörden.
Wenn man Wettbewerb sicherstellen will, braucht man eine neutrale Aufsichtsbehörde bzw. Schiedsrichter.
Meines Erachtens ist eigentlich alles besser als nach populistischen Gesichtspunkten einige Unternehmen zu retten und andere pleite gehen zu lassen.