Dienstag, 17. Februar 2009

Der Marx-Krieg

Nicht nur ein Krieg um die Deutungshoheit um Ludwig Erhard tobt derzeit, auch "Marx" und "Sozialismus" und sämtliche damit verbundenen Assoziationen sind derzeit Schlachtfelder auf dem Medienmarkt. Das zeigt beispielhaft das folgende Zitat aus dem Stern:
Ziemlich genau 20 Jahre nach dem Fall der Mauer ist der Sozialismus zurück in Deutschlands Wirtschaftsordnung: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück lässt die Enteignung und Verstaatlichung von Banken vorbereiten. Ein entsprechendes Gesetz könnte schon bald vom Kabinett verabschiedet werden. Es geht darum, die entfesselten Kräfte des Kapitals zu zügeln. Karl Marx lässt grüßen. (Quelle)

Ziemlich genau alles daran ist Mist, abgesehen von der Datumsangabe. Wo erkennt Jan Boris Wintzenburg hier bitte Sozialismus? Verstaatlichung ist nicht Sozialismus. Und Marx hätte sicher auch nicht dazu geraten, die marode HRE zu verstaatlichen. Und grüßen lassen hätte er die unfähige Bande, die derzeit an den Schalthebeln sitzt sicherlich auch nicht. Sein Etikett und das des Sozialismus wird leider gerade wieder freizügig verwendet als wären wir in einer CDU-Werbekampagne. Sind wir aber nicht. Deswegen sollte der Herr Wintzenburg vielleicht einmal nachdenken, bevor er seinen reißerischen Aufmacher schreibt. Solche Aufmacher sind derzeit en vogue, ich habe das obige in leicht veränderter Form schon mehrere Male bei den unterschiedlichsten Zeitungen gelesen. Richtiger wird es dadurch nicht.
Lasst Marx und seine Ideen doch einfach in Frieden ruhen. Sie wurden durch die "realsozialistischen" Ostblockländer ohnehin auf Jahre diskreditiert, da braucht es nicht noch eine Riege semiintellektueller Journalisten, die irgendwelche Schlagworte in den Raum werfen, um dumpfe Gefühle zu wecken. Das nennt man, glaube ich, Populismus.

3 Kommentare:

  1. Ich habe gestern zufällig bei einem Bekannten das ZDF-Nachrichten-Kommentar-Magazin (21:45 bis 22:15) gesehen. Ich glaube, der Kommentator war Klaus Kleber. In diesem Magazin wurde das Thema Verstaatlichung einer Bank breit ausgewalzt. Und zwar in Richtung Marx(ismus). Mir fiel dazu nur die englische Redewendung ein: How stupid can you get?
    Wenn neoliberale Politiker eine Bank dem Staat zuführen, um weiterhin neoliberale Politik zu machen, was hat das mit Marxismus zu tun?

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  2. Treffend auf den Punkt gebracht. Neulich las ich im Stern Ähnliches über eine bekehrte Frau Merkel. Sind diese Journalisten wirklich alle so schlicht?

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  3. Dann müssen wir eben die Banken reihenweise pleitegehen lassen, wenn die Verstaatlichung von ein paar Banken schon unter den Begriff "Marxismus" fällt und damit abzulehnen ist. Das Dumme (für die Kommentatoren) ist aber, dass wir den Marxismus in diesem Fall quasi durch die Hintertür bekommen - und zwar über den dann fälligen Zusammenbruch des Kapitalismus. Wer den Marxismus wirklich will, sollte ruhig den zweiten Weg wählen.

    Mal ganz unter uns: Hatte der olle Marx nicht in manchem verdammt recht?

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