Dienstag, 3. Dezember 2024

Scholz zerstört mit seiner Selbstkritik die Kultur Berlins und spricht sein Mandat in einer Fremdsprache aus - Vermischtes 03.12.2024

 

Die Serie „Vermischtes“ stellt eine Ansammlung von Fundstücken aus dem Netz dar, die ich subjektiv für interessant befunden habe. Die "Fundstücke" werden mit einem Abschnitt des Textes, der paraphrasiert wurde, angeteasert. Um meine Kommentare nachvollziehen zu können, ist die vorherige Lektüre des verlinkten Artikels empfohlen; ich übernehme keine Garantie für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Zusammenfassungen. Für den Bezug in den Kommentaren sind die einzelnen Teile durchnummeriert; bitte zwecks der Übersichtlichkeit daran halten. Dazu gibt es die "Resterampe", in der ich nur kurz auf etwas verweise, das ich zwar bemerkenswert fand, aber zu dem ich keinen größeren Kommentar abgeben kann oder will. Auch diese ist geordnet (mit Buchstaben), so dass man sie gegebenenfalls in den Kommentaren referieren kann. Alle Beiträge sind üblicherweise in der Reihenfolge aufgenommen, in der ich auf sie aufmerksam wurde.

Montag, 2. Dezember 2024

Bohrleute 95 - Von Karkiw nach Aleppo, mit Alexander Clarkson

Während die schlechten Nachrichten von der Front in der Ukraine nicht abreißen, kommen unerwartet dramatische Nachrichten aus Syrien, wo das Assad-Regime gerade massiv unter Druck gerät. Zusammen mit Alexander Clarkson spreche ich darüber, welche Folgen beide Ereignisse haben - und wie sie miteinander verbunden sind.

~

Transkript:

00:00:00.61

Stefan Sasse
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von den Bohrleuten. In den Nachrichten geht es gerade heiß her und wir reden gar nicht über Schlachtpläne aus dem FDP-Hauptquartier, sondern wir sprechen heute über die Entwicklungen einerseits in der Ukraine und andererseits ganz aktuell in Syrien. Wer das bisher nicht so verfolgt hat in der Ukraine, ist gerade ein stetiger russischer Vormarsch zu betrachten, der in der Presse zu allerlei Rekremationen geführt hat zu einer Art00:00:18.59
Alex
Ja.00:00:30.68
Stefan Sasse
Kollektivenpanik könnte man schon fast sagen. Ich habe es ja schon immer gesagt, die Ukraine hat keine Chance. Jetzt aber wirklich Friedensverhandlungen. Und in dieser Nachrichtenlage ist es ziemlich schwer, den Überblick zu behalten, wie eigentlich die Lage ist. Wir haben dann auch schon Warnungen gehört von 5 bis 6 Millionen Flüchtlingen, die da jetzt auf uns zurollen, sollte die Ukraine den Krieg verlieren.00:00:49.17
Stefan Sasse
Und so weiter und so fort. Und auf der einen Seite haben wir quasi diese doch, ich würde sagen Nachrichtensättigung, was die Ukraine anbelangt. Und auf der anderen Seite gibt es einen Schauplatz, der völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden ist. Und zwar so sehr, dass ich ehrlich gesagt selber nicht mehr gewusst habe, dass da noch Krieg ist.

00:01:07.76
Stefan Sasse
Da reden wir von Syrien. Auf Blue Sky habe ich das formuliert als einen ich habe den Konflikt komplett Memory Hold. Ich hatte das irgendwie abgespeichert als Asad hat gewonnen und das Ding ist vorbei. Und jetzt begann gestern, wenn mich nicht alles täuscht.

00:01:09.34
Alex
Vorgestern.

00:01:23.13
Stefan Sasse
vorgestern, begannen plötzlich Nachrichten einzutrudeln, quasi im Stundentakt, dass die Rebellen, von denen mir gar nicht klar war, dass die überhaupt noch existieren, dass die gerade drauf sind, Aleppo zu erobern und dass es so aussieht, gerade als ob das Asad-Regime komplett zusammenbricht.

00:01:39.17
Stefan Sasse
Und das ist natürlich vor dem Hintergrund dessen, dass dieser ganze Syrienkrieg für uns Deutsche eigentlich ein unglaublich relevanter Konflikt war, Stichwort Flüchtlingskrise, ist es eigentlich echt merkwürdig, dass wir den so komplett ausgeblendet haben. Und deswegen habe ich mir heute auch eine Person geholt, die weder den einen noch den anderen Konflikt komplett ausblendet, sondern da immer einen sehr guten Blick drauf hat und gerade auch mit dieser Flüchtlingsdimension von der ganzen Geschichte da immer ein sehr scharfes Auge drauf hat. Hallo Alex!

00:02:06.65
Alex
Und ich meine, ich habe über den vielen Jahren die Syrische und das Ukranische und alle anderen Konflikte faktisch an den EU-Grenzen im Blick gehalten. Was oft vergessen wird, gerade in der deutschen Debatte, ist, dass die EU durch Zypern, durch die Meergrenzen von Zypern, die Seegrenzen von Zypern an Libanon und Syrien angrenzt und auch an Israel und dass diese Flüchtlingswellen

00:02:33.01
Alex
und diese Konfliktdynamiken direkt einen EU-Staat betreffen, damit direkt die gesamte EU und damit auch Deutschland. Nicht nur bei Flüchtlingsfragen, aber auch bei Fragen der Grenzpolitik und der Grenzsicherheit. Das heißt, wenn jemand wie ich, der 50 Prozent meiner Forschung und Arbeit und auch meiner Lehre, das geht um diese Militarisierung der EU-Grenzen, um diese Entwicklungen und auch dazu verbunden, dass das andere 50 Prozent meiner Arbeit und auch meiner Lehre, da geht es um Diasporen und wie sie auch über

00:03:01.39
Alex
Politik über diese ganzen damit die Politik der Bundesrepublik und alle andere EU-Kernstaaten mit Entwicklungen an diesen Staaten an den EU-Grenzen, andere Seite der EU-Grenzen verbinden, war Syrien immer aktuell. Es gab eine lange Zeit zwischen 2016 und 2020, wo der Krieg zwischen Ukraine und Russland als gelöst galt oder mindestens unter Kontrolle. Das sieht man gerade an den Interviews mit Merkel wegen ihrem Buch. Sie hat immer

00:03:28.92
Alex
Sie hat immer selber geglaubt und das sagt sie jetzt auch klar, dass sie eine Lösungsoption gefunden hat, um das Ganze einzufrieren und zu stabilisieren. Und Ukraine galt eben als stabil für einen sehr, sehr langen Zeitpunkt. Und daher waren beide Konflikte, aber wenn man sich näher mit beiden Konflikten beschäftigt hat, war die Lage. Ich habe ja auch da analytische Fehler gemacht. Ich dachte, das war eine stabilere Lage als es war.

00:03:55.11
Alex
Aber es war schon klar, dass beide Konflikte immer eine Eskalationspotenzial hatten. Und in den letzten Jahren, seit 2017 und 2018, in Bewusstsein der Deutschen, seit dem Fall von Aleppo in der völligen Hand des Asad-Regimes mit Hilfe von Russland und Iran, galt der Syrienkrieg zu Ende. Bei jeder, der näher an den Syrienkrieg rückte, sah schon die Schwächen des Asad-Regimes

00:04:22.74
Alex
sah schon, dass es in Idlib, das ist ein Gebiet, das unter Kontrolle von unterschiedlichen Rebellengruppen und an der Führung von einem Ex-Al-Qaeda-Führer, Jolani, dessen Ideologie und dessen Ausstrahlung und dessen Handlungen auch, weniger und weniger mit der ursprünglichen Al-Qaeda-Ideologie zu tun haben. Diese Figur, Jolani, ist kein netter Mann. Er ist kein guter Mensch.

00:04:48.95
Alex
Aber in der Hinsicht ist das ja etwas anderes, das ist nicht mehr Al-Qaeda, das ist eine andere Ideologie, das muss so ernst genommen werden, diesen Projekt, der da natürlich führt. Und das hat auch den Interesse von vielen Menschen angezogen, eben viele Kollegen, auch von mir, weil ich auch dachte, dass der mehr und mehr, er baut da so etwas wie einen Staat auf, in dieser Provinz Idlib, neben Aleppo. Das war so interessant. Aber dass es zu sowas führt und so schnell,

00:05:14.21
Alex
dass genauso ein ähnlicher Schock wie 2022 als Putin Ukraine angegriffen hat. Das sind beides Sachen, wo alle dachten, okay, das hat Eskalationspotenzial, aber die Geschwindigkeit, mit dem das geht. Und gerade im deutschen Fall, aber ich glaube, in Syrien kann man mit der gesamten EU da keine Kritik nehmen. Während in Ukraine hatten die Polen und Balken hatten viel eher eine realistische Einschätzung der Stabilität der Lage.

00:05:41.51
Alex
Ich meine, in Syrien kann man die gesamte EU in Kritik nehmen und sagen, es ist durchaus ein, wie man sagt auf Englisch, complacency, eine so eine Selbstgefälligkeit, ein Gefühl von, oh, das ist alles gelöst, das ist aus und es wurde wirklich ein Gefühl verloren, für wie schnell sich in eine immer noch militarisierte Lage, wo Kriegshandlungen noch, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Und das sehen wir jetzt in Action, diese Figur Jolani, der ein bisschen ignoriert wurde als Forschungs

00:06:08.25
Alex
Gegenstand sehen könnte durchaus, wenn jetzt in den nächsten Stunden er Erfolg hat, einer der konsequentesten Menschen in der europäischen und Nahostgeschichte sein der letzte 50 Jahre. Und das ist eben der Schock. Aber es ist ein ähnlicher Schock wie 2022 mit der Ukraine.

00:06:24.87
Stefan Sasse
Ich bin da, muss ich sagen, so ein bisschen wütend auf mich selbst, weil ich habe zwar in den, ich sag mal letzten ein, zwei Jahren immer wieder kritisiert, wenn da die Leute vor allem aus dem bürgerlichen Lager ankamen mit, wir sollten Leute nach Syrien abschieben. Ich habe gesagt, das ist doch kein sicherer Drittstaat, aber ich habe trotzdem irgendwie

00:06:39.67
Alex
Nein! Ja.

00:06:43.54
Stefan Sasse
diese Prägung mitgenommen aus diesen Massenmedien, wo einfach diese komplette Verschiebung war, quasi von einer Berichterstattung über einen Bürgerkriegskonflikt hin zu einem deutschen innenpolitischen Problem, in dem Syrien eine reine Verhandlungsmasse wurde, effektiv. Und in dem irgendwie das halt, ja jetzt ist der Diktator da stabil und da gibt es halt noch diese Rebellen, aber es ist nur eine Frage der Zeit bis die erledigt sind. Und

00:07:11.95
Stefan Sasse
Ich habe dann aber auch nie wieder genauer geschaut sozusagen. Für mich ist dieser Konflikt in Syrien, der ist seit fünf, sechs Jahren im Endeffekt auf einem unveränderten Stand in meinem Kopf. Von wegen Assad wird stärker, die Rebellen sind erledigt und irgendwann schreibst du das dann für dich selber als muss ja eigentlich in der Zwischenzeit erledigt sein, aber es ist auch nicht so als hätte ich geguckt.

00:07:31.28
Alex
Und natürlich, in diesem Kontext, Putin hat gewonnen. Und Iran hat gewonnen. Wir haben verloren, faktisch, weil unsere Leute, obwohl Jolani ist nicht unsere Leute. Das müssen wir auch ganz klar sagen. Jolani hat sehr starke Querverbindungen zur Türkei, aber er ist sein own guy. Es gibt andere Rebellengruppen im Norden Aleppos,

00:07:44.12
Stefan Sasse
Vielen Dank.

00:07:51.32
Alex
die unter direkter türkischer Kontrolle sind. Das sind tausende türkische Truppen auf syrischen Boden. Ein Viertel von Syrien ist unter Kontrolle von kurdischen nationalistischen Gruppen in Zusammenarbeit mit den USA. Die Amerikaner haben Truppen auf syrischen Boden. Auch vergessen. Und das sind alles Aspekte. Das ist ISIS, die IS, der sammlerische Staat.

00:08:17.35
Alex
Alle schreiben so, als ob es völlig vernichtet wurde. Nee, im Badia-Gebiet, das ist so ein Wüsten, so im Südosten Syriens, gibt es erhebliche Regionen, wo IS-Kämpfer noch ein erheblicher Faktor sind. Und durchaus ein Breakout. Wenn HTS, wenn Jolani das jetzt hingekriegt hat, diese Rebellengruppe, ex Al-Qaeda, aber es hat sich geändert, weil es andere Gruppen in sich eingezogen hat. Es gibt viele Leute in einer höheren Führung, die nie etwas mit Al-Qaeda zu tun hatten.

00:08:46.95
Alex
Und es ist eine jihadistische Ideologie, aber ich mache immer den Witz, er ähnelt mehr und mehr diese fanatische Protestanten, wie die Schweden oder die Niederländer. Es ist durchaus eine sehr autoritäre und fanatische, wie Oliver Cromwell oder Gustavus Adolphus oder die Niederländer. Aber die wollen auch Profite machen. Und das ist durchaus eine ganz andere, die leben in unserer Welt. Die sind zwar immer noch fanatisch und gefährlich, aber

00:09:15.90
Alex
Die wollen im Kapitalismus teilhaben. Und die glauben an Gold Governance. Und einer der Running Jokes, einer der Witze zwischen uns allen war immer, wenn Jolani so weitermacht, wird er irgendwann mal nach Davos eingeladen. Und darf dann so einen Vortrag über erfolgreichen Wiederaufbau und einen Pitch machen zu JP Morgan über Investment oder so. Das ist eine andere Mentalität zur Alkarde, die diese Welt zerstören wollte.

00:09:18.70
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:09:43.42
Alex
Das sind keine netten Leute. Oliver Cormwell war kein netter Mensch. Gustavus Adolphus war kein netter Mensch. Aber die lebten im System. Ein anderer Kollege nennt sie Systemjihadisten. Auch ein interessanter Begriff. Das ist eben so etwas anderes. Weil sie langsam innerhalb des Systems arbeiten, sind sie effektiver. Was sie damit gemacht haben, ist einen Staat aufzubauen. Sie haben eine eigene Militärakademie.

00:10:13.17
Alex
Die haben eigene Logistik, eigene Finanzen. Sie sind damit auch ein schwieriger Partner für die Türken. Die Türken schützen sie zum Teil, aber die Türken wollen, in diesen anderen Gebieten, wo die Türken die eigenen Truppen haben und Infrastruktur, das ist in Jarabulus und Maréa und anderen Teilen da ganz im Norden, das ist unter direkter türkischer Kontrolle. Die wollen da schwache syrische Rebellen-Partner haben. Und Jolani ist nicht so, er ist kein Cross-Guy, er will sein eigener Guy, als eigener Boss sein. Das wird schwierig, was?

00:10:38.40
Stefan Sasse
Er ist nicht leer, sorry. Er ist nicht leer.

00:10:42.00
Alex
Er ist nicht nur ein Diener der Türkei ist. Er will sein eigener Boss sein. Und das war immer sehr klar. Er arbeitet in Partnerschaft mit den Türken, aber er hat seine eigenen Abventionen. Und wenn er das jetzt hinkriegt heute in den nächsten zwei, drei Tagen, dann ist er ein Player. Und wenn man jetzt zur deutschen Debatte kommt, beeinflusst das die Diaspora in Deutschland.

00:11:07.84
Alex
Das sind alles Gruppen. Die syrische Diaspora in Deutschland ist nicht abgetrennt von diesen Entwicklungen in Syrien. Es gibt eine dauernde Bewegung zwischen der syrischen Diaspora in Deutschland, der syrischen Diaspora in der Türkei. Das sind zwei Millionen syrischen Flüchtlinge in der Türkei, die unter sehr schwierigen Bedingungen leben, weil sie mehr und mehr diskriminiert werden vom türkischen Staat und vom türkischen Gesellschaft. Und natürlich ganz klare Querverbindungen, da es für Geld zurückgeschickt wird. Es gibt dauernde Kontakte mit Syrern in Syrien.

00:11:35.67
Alex
Und in diesen Gebieten, wo ein Großteil der Menschen, die nach Deutschland geflüchtet haben, sind durch diese Gebieten durchgeflossen. Diese Gebieten sind die Gebieten, wo die Menschen, die aus der Türkei fliehen mussten, das ist sozusagen das Safe Haven, die sicheren Ort für die Menschen innerhalb der Türkei, die etwas mit diesen Rebellengruppen zu tun haben. Sie sind überbevölkert zum Teil. Auch ein Grund, warum, glaube ich, viele glauben, Jolani das jetzt durchgeschlagen ist, weil er mehr Land brauchte für die ganzen Flüchtlinge, die in Idlib stuck sind. Er konnte die nicht mehr füttern. Er brauchte mehr Land.

00:12:05.84
Alex
Städte und Dörfer wieder erobern, wo es ihn wieder neu ansiedeln konnte, weil er mehr Raum brauchte. Jetzt, wenn er die ganze Stadt Aleppo für sich nimmt, ist das eine ganz andere Nummer. Und in der deutschen Debatte fand keines davon statt. Wo schicken wir diese Leute hin? Mit wem müssen wir es zu tun haben? Wer sind unsere Partner? Wenn wir dann lokale Partner suchen,

00:12:28.17
Alex
wo wir entweder diese kurdischen Nationalisten, die mit den Amerikanern zusammenarbeiten, oder die Gruppen, die mit den Türken entweder unter der türkischen Kontrolle oder wie Jolani mit denen zusammenarbeiten. Wenn wir mit diesen unterschiedlichen Gruppen zusammenarbeiten, in was für eine Beziehung kommt da der deutsche Staat oder die EU mit hinein, wenn es anfängt direkt mit diesen lokalen Partnern zusammenarbeiten? Legitimieren wir diesen türkischen Mini-Empire, Mini-Imperium,

00:12:55.96
Alex
dieses koloniale System, das die Türken aufbauen im Norden Syriens. Wenn jetzt Jolani der große Chef wird im Nordwesten Syriens und die zweitgrößte Stadt sich einnimmt, will der deutsche Staat, will die EU-Kommission mit einem Ex-Jihadisten arbeiten? Weil das ist dieser Typ, der Typ hat im Biografie dieser Typ, er hat mit Zarqawi zusammengearbeitet, mit Bagdadi, er hat mit den ganz schlimmsten Jihadisten, ist seine Karriere verflocht. Er ist dann einen anderen Weg gegangen, weil er ein Stratege ist,

00:13:25.37
Alex
und am Ende irgendwann meine Entscheidung getroffen hat, nee, ich will innerhalb des kapitalistischen globalen Systems arbeiten und es nicht zerstören. Das ist der bessere Weg, um meine Ideologie irgendwie am Leben zu erhalten. Aber wollen wir mit diesen zusammen, wenn er dann diese Gebiete kontrolliert, wo unsere, die Syrern abgeschoben werden sollen, arbeiten wir jetzt mit Julani zusammen. Weil faktisch, wenn wir Syrer in ein Gebiet abschieben wollen, die abgeschoben werden sollen,

00:13:53.37
Alex
die zu der ideologischen Gruppe passt, wo sie sicher sind, wo sie wirklich sicher wären, dann muss man mit Jolani dann verhandeln, wenn er Aleppo übernimmt. Dann muss der deutsche Staat mit einem Ex-Jihadist zusammenarbeiten, um das hinzukriegen. Und diese Fragen waren schon klar, bevor es zu dieser Offensive gekommen ist. Aber keine von diesen Fragen, es ist eine sehr klassische innerdeutsche, auch inner-EU-Debatte über Identität und Einwanderung und Integration,

00:14:22.77
Alex
Es ist ja unrealistisch, weil ein Großteil dieser Syrer werden in Deutschland bleiben, ist schon klar. Und es gibt symbolisch schon mal eine kleinere Menge. Es werden Massenabschiebungen in der Türkei durchgeführt, wollen wir das dafürworten. Keiner von diesen Fragen wurde gestellt. Und wenn Jolani jetzt Aleppo einnimmt, kann man jetzt diese Fragen nicht mehr aus dem Weg gehen. Mit wem arbeiten wir denn dann zusammen? Weil das ist dann eine ganz andere Nummer als Assad oder die Türken. Das ist ein anderer Mann. Und das ist ein Mann mit Ambitionen.

00:14:46.32
Stefan Sasse
Das war's.

00:14:52.100
Alex
Wenn es zum extremen Fall kommt und er wirklich weiter expandiert, ich meine, er hört seine Ambitionen in Syrien auf. Das weiß ich auch nicht. Er ist wirklich einer der, wenn er das jetzt hinkriegt, das ist so ein großes Wern, wenn er das heute hinkriegt, ist er einer der konsequentesten historischen Figuren der letzten 50 Jahre. Und irgendwann muss man die deutsche Politik mit diesem Mann, wenn er das jetzt hinkriegt, auseinandersetzen.

00:15:19.62
Stefan Sasse
Ja, das ist ja auch die Kritik, die ich immer gebracht habe, wenn die davon reden, man muss abschieben und keine Ahnung was. Dieser unglaubliche Unrealismus, der da dahinter steckt, war ja überhaupt kein Ziel, kein Partner vor Ort oder sowas. Es hat ja diese Idee ja immer gewesen, wenn wir es nur habt genug wollen. Da haben wir ja hier im Podcast auch schon drüber gesprochen. Und jetzt haben wir da dann plötzlich so eine Person, die da unter Umständen ein Ansprechpartner sein könnte. Und dann muss man natürlich wieder feststellen, Ansprechpartner, die man in der Region hat, mit denen man Abschiebedeals machen könnte, sind eher eklig.

00:15:36.29
Alex
Ja.

00:15:49.80
Stefan Sasse
Und da kommt es dann, da musst du dann gar kein Vertreter einer wertebasierten oder feministischen Außenpolitik sein, um da Bauchschmerzen zu kriegen. Weil das Video spricht ja schon und wie du schon feststellst, das ist ja auch nicht ohne Risiko. Also angenommen, wir machen da jetzt einen coolen Deal a la Erdogan und schieben, was weiß ich, eine größere Summe Entwicklungsgelder jedes Jahr an diesen Yolani hin. Sagen wir mal, der kriegt aus der EU 150 Millionen jährlich oder sowas.

00:16:18.54
Stefan Sasse
Und dafür nimmt er X-Flüchtlinge auf. Ja, das ist eine schöne Idee gemacht, ja. Aber letzten Endes, angenommen, wir finanzieren den Typen. Und der kauft dann da dafür, was weiß ich, Waffensprengstoff, ein bisschen Grundnahrungsmittel, was er halt braucht, um die Leute zu versorgen und so weiter, und führt seinen Krieg und ist erfolgreich. Und macht jetzt tatsächlich, was du gerade schon angeteasert hast, ja, dann fängt er vielleicht an und sagt, so, jetzt hab ich Syrien befriedet, schau mal, da drüben, der Nordirak, ist doch auch noch eine riesenkaotische Zone, lass mich meinen Erfolg da mal fortsetzen.

00:16:19.90
Alex
Oder auch indirekt durch die Türken. Da fließt du schon Geld danach hin.

00:16:47.41
Alex
meine Soniten zu schützen. Ja. Und die Frage ist eben dann,

00:16:48.93
Stefan Sasse
Ja, whatever. Eine Begründung findet sich ja dann gegebenenfalls, aber dann greift er aus nach Jordanien oder sowas. Ja, weil warum nicht auch noch Israel mit reinbringen? Die Situation ist ja noch nicht instabil genug. Das wählen ja alles Perspektiven und dann hast du plötzlich jemand, den pebbelst du dann vier, fünf Jahre mit EU-Geld und dann stellst du fest, der Typ hat uns ja zwar jetzt 60.000 Flüchtlinge abgenommen, ist jetzt aber drauf und dran hier einen Regionalkrieg aufzulösen.

00:17:17.11
Alex
Ich meine, auf der anderen Seite kann man sagen, gut, wir benutzten diesen Geld, aber dieses Geld ist nicht nur an einen Flüchtling, aber an eine ganze Reihe anderer Bedingungen geknüpft. Und dann muss man sagen, man kann diesen Pragmatismusargument dagegenwerfen und sagen, genau wie bei Bashar, wenn es jetzt nicht mehr Bashar ist, Bashar al-Assad, der alte Regimehersteller, der jetzt wirklich in Schwierigkeiten gerät, plötzlich, sehr plötzlich in Schwierigkeiten gerät, sondern wenn es Yolani jetzt ist, wenn das der Typ ist,

00:17:46.41
Alex
Da muss man dann auch eine Strategie haben, wie man mit diesem Regime umgeht, weil das wird dann ein faktischen Regime. Wie verhandeln wir die Frage, wie ihr mit den Kurden in Syrien umgeht? Da sitzen wir dann und sagen, okay, und es ist... Du weißt, die Türken würden das gerne machen. Die würden gerne einen Partner finden in Syrien, das diese kurdische, nationalistische Gebiete zerstört. Und dann kommen die Amerikaner mit rein und ganz anderen Fragen. Es könnte durchaus einen guten Argument geben, dass die EU da reinkommt und sagt,

00:18:15.01
Alex
Wir geben dir nicht nur Geld wegen Flüchtlinge, aber Geld wegen Wiederaufbau und bla bla. Aber da muss das wirklich ausgedacht werden. Da muss eine Debatte kommen. Was wollen wir von diesem Mann? Was wollen wir von diesen Partnern? Was wollen wir von den Türken? Und wenn man jetzt alles wirklich nur auf die Flüchtlingsfrage verringert, kommt man gerade bei den Problemen, die du gerade angesprochen hast. Dass man einfach Geld reinwirft, ohne ein Konzept, ein Stabilisierungskonzept.

00:18:44.99
Alex
Aber ich glaube, für mich, eine der Lehren, die gerade die bundesdeutsche Politik wirklich jetzt an sich ziehen muss, ist, man kann sich nicht den idealen Partner aussuchen. Das stimmt. Aber dieser zielende Schade, die immer dazu vorgeschoben wurde, ist zu sagen, wir können uns nicht den idealen Partner aussuchen, dann müssen wir den Bashar al-Assad zusammenarbeiten. Das Problem mit diesem Argument war, Bashar al-Assad ist eine schwächelnde Figur, der von den Russen und Iranern aufgepeppert wurde und von Herrn Zbola.

00:19:15.60
Alex
Und die strukturellen Schwächen seines Regimes waren jahrelang klar, dass das so langsam aufbaut in eine schwierige Lage. Dass es so schnell geht, war eine andere Geschichte. Das heißt, man kann durchaus einen zynischen Argument halten, man muss mit dem localen Strongman zusammen bleiben. Das Problem war, bei der deutschen Debatte war immer 10, 15 Jahre hinter den Entwicklungen. Es wurde nie ganz gefragt, wenn Bashar al-Assad der starke Mann ist,

00:19:41.73
Alex
Warum hat er fast die Hälfte seines eigenen Landes an zwei Rebellengruppen, eine kurdische und eine exjihadistische? Warum ist der islamische Staat noch aktiv? Das heißt, wenn man jetzt diese Strategie aufbaut, wir suchen uns einen starken Mann aus, blablabla, dann muss das auf eine realistische Einschätzung der Lage aufbauen, sodass man die Anreize, die man benutzt,

00:20:04.31
Alex
so einbaut, dass es zu einer Stabilisierung führt und nicht zu den Szenarien, die du beschrieben hast. Das ist für mich das Problem. Wenn wir das nicht besprechen in Deutschland oder EU, gibt es keine Strategie. Manchmal ist eine schlechte Strategie besser als keine, aber eine gute Strategie wäre super.

00:20:22.12
Stefan Sasse
Wir kommen ja auch in so eine andere Naivitätsgeschichte wieder rein. Weil wir ja häufig genug einfach aus völlig naiven Grundannahmen unsere Außenpolitik gestalten. Und vor allem, wie du schon sagst, da fehlt die Strategie. Das ist ja auch so ein Dauerding, auf dem ich immer rumreite. Dass wir einfach nie formulieren, was wollen wir eigentlich? Das ist dann immer so unglaublich reaktiv. Das ist ja glaube ich das Kernproblem deutscher Außenpolitik überhaupt. Lieber ein schlechter Plan als gar keinen.

00:20:42.72
Alex
Ja. Ja.

00:20:50.52
Stefan Sasse
Und ich habe so das Gefühl, dass diese Dichotomie, die du gerade da auch aufgemacht hast, ja, also entweder wir arbeiten halt mit dem lokalen Strongman zusammen oder wir haben halt keine Partner. It's right as far as it goes. Aber nur weil ich quasi die Realität vor Ort akzeptieren muss,

00:21:09.07
Stefan Sasse
Also in dem Fall, da ist jetzt halt dieser Yolani der starke Typ. Oder vorher der Assad, wenn das gewesen wäre. Ist ja völlig irrelevant, wen wir da hernehmen. Irgendjemanden in Afghanistan oder whatever. Das heißt ja nicht, dass ich keinen Einfluss auf die habe und dass diese Leute nicht auf Incentives reagieren. Also nur quasi weil da jetzt eine mir unangenehme Figur ist.

00:21:15.76
Alex
Ja.

00:21:29.60
Stefan Sasse
kann ja die Lösung da nicht sein, die Arme in die Luft zu schmeißen und sagen, ja gut, okay, dann müssen wir jetzt, da kommen dann wieder so diese vermeintlichen Realisten raus, die dann so, und jetzt müssen wir da ganz hart sein und unsere Menschenrechte über Bord werfen und dann mit dem zusammenarbeiten, blablabla, weil das ist ja auch nicht ganz die Realität. Das erinnert dann quasi an die Leute,

00:21:50.52
Stefan Sasse
die da immer im Ukraine-Konflikt diesen Zauberstab der Verhandlungen schwingen, die dann so sagen, ja jetzt müssen wir verhandeln und keine Ahnung was, die quasi völlig jegliche Agency, jegliche Handlungsfähigkeit, die einerseits wir haben und andererseits gegebenenfalls entweder die Ukrainer oder hier die Syrer oder diese Rebellengruppen oder sonst irgendwas,

00:21:54.62
Alex
Ja. Ja.

00:22:11.20
Stefan Sasse
die die quasi komplett verneinen. Also diese Annahme von Handlungsfähigkeit fehlt mir da ganz häufig. Und deswegen werden wir glaube ich auch immer und immer wieder von diesen Leuten überrascht. Das gleiche wie mit der Ukraine auch, wie die verteidigen sich. Das geht.

00:22:24.92
Alex
Ja. Sie verlieren... und das ist auch einer der Gründe, warum es so reaktiv ist, ist, dass es eigentlich auch diese Grundannahmen gibt, die sich erstarren. Und es ist ganz für mich, wenn wir das, es ist für mich... Ich meine, vielleicht am Ende können wir auch besprechen über diese Idee, dass Putin immer gewinnt. Das ist für mich eine der großen, großen Probleme. Weil man, es muss irgendwie in eine ausgeglichene, ausgeglichene Niese kommen. Aber wenn wir zu Ukraine kommen, ich, manchmal habe ich das Gefühl, dass es gewisse Analysten gibt, gerade in Deutschland, die die Ukraine es nie vergeben haben,

00:22:55.25
Alex
dass sie nicht verloren haben. Weil es wurde immer vorausgesagt, die Ukraner verlieren sehr schnell, wir müssen Realisten sein. Und die Realisten waren nicht realistisch. Das war eigentlich für die meisten Leute, die sich das genauer angeschaut haben, war es schon klar, dass die Ukraner sich mindestens wehren müssten. Erstmal gab es diese Argumente in den späten Zehnerjahren, dass die Ukraner sich nicht wehren würden. Auch nach Maidan, dass diese Idee da, naja, wenn es wirklich Hard of Hard kommt,

00:23:21.71
Alex
Wer wird die Führung weglaufen oder sich kaufen lassen? Und wir können keine Waffen an diese Armee geben, obwohl diese Armee sich radikal geändert hat. Und der ganze Bewusstsein und die ganze Machtstellung dieser Armee war auf Widerstand aufgebaut. Wenn du ein Offizier bist und du kannst eine prominente Rolle in der europäischen, du kannst auch die europäische Politik spielen, wie jetzt Saluzhny und Sierski, mit allen deren Fehlern und problematischeren Seiten,

00:23:47.38
Alex
Gehst du zu den Russen und bist dann ein Nichts, oder bist du dein eigener Chef? Dieser Impuls, sein eigener Chef zu sein, wird oft nicht verstanden. Dziolani will sein eigener Chef sein. Zaluschen und Zelenski wollen ihren eigenen Chef sein. Trujanov, Kim, die ganzen Provinzbosse in der Ukraine, die ganzen gewählten, aber sehr einflussreichen Bürgermeister und die eingesetzten Gouverneure, die sehr große lokale Hausmacht haben im ukrainischen System,

00:24:14.68
Alex
Die wären wirklich nichts unter Putin, sind aber prominente und machtvolle Figuren, die die Welt um sich gestalten können im ukrainischen oder europäischen System. Ich meine, wenn man ein Realist ist, diesen Realismus einbringen, muss man auch diesen Realismus einbringen über diese Anreize. Wo sind die Anreize, dass jemand wie Giuliani einfach nicht umkippt, sondern sagt, nee, jetzt machen wir weiter und sehen, ob wir wieder die nächste Chance nehmen können.

00:24:39.62
Alex
Wo ist dieses realistische Verständnis der Einreizer, warum eine Elite, nicht nur die Bevölkerung und die Nationalisten, aber auch die sogenannte korrupte, zum Teil auch sehr korrupte Elite durchaus Anreizer hat zu kämpfen? Wurde nie wirklich verstanden. Ich meine, einer der interessantesten Momenten in 2014 und 2015, die Maidan, als sich viele entscheiden haben, die eine Elite für Russland oder für Ukraine, es gab mehr Richtungen in Kharkiv. Die Stadt im Osten, die immer noch sehr stark unter Druck steht,

00:25:08.23
Alex
Es wurde immer geschätzt, dass sie pro-Russisch waren. Bis es zum Zeitpunkt kam, wo sie sich entscheiden mussten, im Frühling 2014, und zum wirklichen Überraschung vieler Analysten, haben sich Figuren wie Kernis oder Dobkin und andere, die eigentlich immer als pro-Russisch gelten, für die Ukraine entstanden. Und für Kiev, Kernis wurde dann auch erschossen. Er konnte nicht mehr laufen danach. Es gab einen Attentat auf ihm. Das ist der Bürgermeister.

00:25:38.30
Alex
Die sind alle nach Moskau gebracht worden, die Russen haben versucht sie zu kaufen. Das ist in Kernes Fall, hat ja das Geld genommen, ist zurück nach Ukraine gekommen und hat sich dann für Ukraine gestellt. Ich dachte immer, das hat ja einen gewissen Stil. Und die Russen haben es nicht verstanden, ich glaube, viele deutsche Analysten haben es nicht verstanden, dass es im Interesse von Kernes war, im ukrainischen System zu arbeiten, wo er Freiräume hatte.

00:26:07.72
Alex
sein eigenes Ding zu machen, wo er Macht hatte, wo er eine ukrainische und eine europäische Figur war. Er konnte in den ganzen Netzwerken arbeiten in der EU, er hat auch sehr viel Geld von der EU mit eingesackt, muss man auch sagen. Bei den Russen, wenn man den Kniefall macht vor den Russen, ist diese Autonomie weg. Aus.

00:26:21.58
Stefan Sasse
Blödsinn, die nicht.

00:26:30.13
Alex
Und es wurde nie verstanden, warum haben sich diese gesamte ukrainische Elite in Mikolayev, es gibt interessante Fragen wegen Cherson, warum wurde die Elite in Cherson unterwandert, aber die Elite in Mikolayev, das ist die nächste Provinz im Süden, wo die Russen aufgehalten wurden, da hat sich die gesamte regionale Elite, bis zum letzten Dorfbürgermeister, was in eine Schlacht, wo es nussländisch entschieden war, die erste Schlacht, die diese russische Welle gestoppt hat, wurde von den Bürgermeister geführt.

00:26:57.04
Alex
Das ist wie aus den Western, diese Geschichte in Russland-Sensku. Faktisch der Bürgermeister, der auch ein lokaler Bauunternehmer war, war auch sehr korrupt. Aber gesagt hat, ich will nicht unter den Russen leben. Mit einem ehemaligen Oberst, der ein Bauer geworden ist, ist das wirklich aus den Western. Einfach die ganzen Veteranen und lokalen Truppen und ein paar verschwenkte Truppen zusammengesammelt haben und die Russen da gestoppt haben. Und das ist eine lokale Elite, eine sehr korrupte. Ich meine, Mikolaj ist nicht clean, die Leute.

00:27:23.44
Alex
Aber die haben das zum Teil natürlich aus Idealismus. Die sind Ukrainer und haben sich ukrainisch gefühlt. Das ist wichtig. Aber es gibt auch einen erheblichen Grund Selbstinteresse, das zu machen. Weil wenn man die Russen reinlässt, verliert man alles an denen. Und man hat nicht mehr die alten Machtstellen, die mit denen einbaut. Und das heißt, die Realisten waren unrealistisch. Die haben nie eine realistische Einschätzung gehabt über diese Machtfaktoren. Und wenn man dann als deutsche Regierung oder EU-Kommission versucht, einem eine

00:27:52.16
Alex
eine Strategie aufzubauen, muss man dann mit einrechnen, dass es durchaus Gründe gibt, warum die Menschen Widerstand ausüben, warum sie weiter kämpfen werden, warum sie nicht umkippen. Und es ist immer dieser Instinkt, diesen Realist, und das sieht man gerade in der deutschen Debatte, diesen Instinkt zu sagen, diese großen Imperialkräfte werden immer gewinnen und werden immer dominieren. Und ich finde diese Analyse ist zutiefst problematisch, weil es ist nicht wirklich dieser lokal, auf dem lokalen Level

00:28:02.98
Stefan Sasse
Es ist generell immer für dich.

00:28:21.51
Alex
die Anreize und Machtstrukturen versteht, warum die Menschen doch durchaus auch lokale Eliten sagen, ne ne ne ne, ich bin nicht unter den Kontrollen von denen da oben, weil ich lebe sehr gut in diesem System, ich will nicht alles verlieren in einem neuen.

00:28:34.02
Stefan Sasse
Ich finde diese Zuschreibung mit dem Realist ohnehin sehr verdächtig, weil erstens Leute, die sich selber so nennen, das ist ein ganz sicheres Zeichen für mangelnde Selbstreflexionen. Dann wird es auch gerne als Fremdzuschreibung genommen. Ich habe immer das Gefühl, das ist ein vulgär Helmut-Schmidtianismus, der da reinläuft. Und was da gerne vergessen wird, ist, dass dieser sogenannte Realismus,

00:28:54.15
Stefan Sasse
der da vor allem in den 80er Jahren betrieben worden ist in der Deutschlandpolitik, der war ja auch komplett irre geleitet. Das war auch ein überparteilicher Konsens. Von der SPD bis rein in die CDU war die realistische Sicht der Ostblock ist hier zu bleiben und wir müssen irgendwie uns mit denen arrangieren und auf gar keinen Fall dürfen wir mit der Opposition in der DDR zusammenarbeiten. Oder in Polen. Was haben die die Leute in Polen nicht nur im Regen stehen lassen, sondern aktiv bekämpft, weil die

00:29:13.11
Alex
Ja, ja. Die Sozialdemokraten gerade. Ja.

00:29:22.91
Stefan Sasse
Ja, weil sie gesagt haben, das ist total unreal. Also es ist quasi die realistische Politik, sich da jetzt mit den mit den Arschlöchern in Muskau zu arrangieren. Das ist was, worüber man heute in der SPD immer noch stolz ist aus absuchten Gründen. In der CDU hat man es gememory-hold. Aber der Fakt ist derselbe. Das ist auch hier wieder so ein

00:29:40.33
Stefan Sasse
Wenn Leute von Realismus reden, lauf so schnell du kannst. Ein anderes Beispiel, wo mir das immer auffällt, ist der Klimaschutz. Die Leute, die für Realismus im Klimaschutz sind, die sind im Normalfall überhaupt nicht realistisch. Die gehen einfach davon aus, dass am nächsten Morgen schon irgendwie das Wasserstoffauto erfunden wird und dann haben sie die ganzen Probleme. Das sind die sogenannten Realisten.

00:29:57.09
Alex
Ja, ja, ja. Es ist aus dieser Pro-Nuklear-Leute, ich bin übrigens immer ein Grüner, aber ich bin ungewöhnlich für den Grüner, weil ich immer gesagt habe, aber es ist durchaus fair, weiter nukleare Forschung zu haben, um zu sehen, ob es vielleicht Reaktoren gibt, die durchaus sicherer sind. Das ist ja nicht deine sehr deutsche, grüne Haltung, aber ich dachte, das ist zwar realistisch. Auf der anderen Seite, gerade die Menschen, von denen du sprichst, beim Klimaschutz, immer die im Ersten sagen, ja, wir müssen nur ein paar Reaktoren weiter laufen lassen und bauen und es geht nicht um Kosten und

00:30:22.99
Alex
Die Frage ist diese Technologieversessenheit. Das ist vielleicht ein anderes Thema, die Technologieversessenheit bei diesem Realismus. Aber ich glaube, dass kann man natürlich auch zurückführen auf den ukrainischen und syrischen Beispiel. Es wird oft in Systemkategorien gedacht, die sehr makro sind, die sehr so global sind, die sehr auf Machtzentren und Eliten gucken, auf der höchsten Ebene und wirklich nicht

00:30:49.09
Alex
auf diese lokale Ebene. Zum Beispiel ein International IR, ein politikwissenschaftlicher Realist, der zum Beispiel dann auch durchaus wie Plattner oder sowas durchaus im Kanzleramt landet. Das sind nicht Menschen, die besonders interessiert sind über einen Bürgermeister in Vosnesensk in Südokrane. Das sind nicht Menschen, die sich hier beschäftigen mit, warum sind diese Exjihadisten plötzlich, warum haben diese Exjihadisten plötzlich eine sehr normale Bank aufgebaut?

00:31:17.45
Alex
Warum haben sie jetzt eine Zentralbank? Was ist denn das? Warum haben diese Ex-Jihadisten dann plötzlich sehr konventionelle, säkuläre Leute angeheuert, um eine Militärakademie aufzubauen, nach US-Modell von West Point? Was denn da los? Was machen die denn da? Dieser Level ist zu niedrig. Diese Graswurzel lokale Entwicklungen sind uninteressant, weil alles wirklich auf dieser Weltstaatsmannsebene abläuft. Und damit

00:31:44.39
Alex
werden sie immer wieder geschockt und überrascht von Entwicklungen. Wenn man ein bisschen von diesem Adler, diesem Weltniveau runtergeht und sich auf dem Lokalen ein bisschen konzentriert, wären sie nicht geschockt, weil sie wirklich diese Entwicklungen, die meisten globalen Entwicklungen fangen im Lokalen an.

00:32:05.35
Alex
Man muss die Geopolitik von unten. Wenn man nicht dauernd geschoppt wird, muss man wirklich sehen, was macht dieser Typ denn da eigentlich? Warum beschäftigen sich die Ex-Jihadisten plötzlich mit einem Abfasser? Und mit lokaler Sauberheit. Warum haben sie ein Bildungsministerium? Warum holen sie eine säkuläre Frau ohne Schleier rein, weil sie weiß, wie man faktisch ein Bildungsministerium leitet?

00:32:32.11
Alex
Na los, natürlich separat, Frauen, Männer getrennt. Aber okay, sie wurden Frauen schon. Warum? Ach, weil es da einen Arbeitskräftemangel gibt. Warum beschäftigen diese Dschihadisten überhaupt mit Arbeitskräftemangel? Was ändert sich denn da? Ich nehme das nur als Fallbeispiel. Ich glaube, die lokalen Entwicklungen in der Ukraine sind auch ein anderes gutes Beispiel. Und man muss diesen lokalen Verständnis aufbauen, weil wenn man diesen lokalen Verständnis für die Entwicklung nicht hat,

00:32:59.86
Alex
dann kann man auch diesen großen Makro-Weltentwicklungen, kann man die Wurzeln dieser Veränderungen nicht verstehen. Und das ist was mich oft gerade, ich glaube, das ist gerade was mich auf dieser Strategie-Ebene, komischerweise in EU-Kommissionen verstehen sie das viel besser, aber ich glaube, weil die Traditionen dieser EU-Kommission kommen aus dieser Verwaltungsmodell, aus dieser Regulations, aus diesem Modell, dass man lauter kleinliche Entwicklungen

00:33:28.08
Alex
überwacht und harmonisiert. Das Problem mit der EU-Kommission ist oft, dass es zu weit in eine andere Richtung ist. Es gibt eine Detailversessenheit, wo man oft diesen Big Picture fehlt. Lauter kleine Stellschrauben und lauter kleine Entwicklungen werden da verfeinert und oft verliert gerade Brüssel dieses Bild, diese Sicht für das große Ganze. Aber was die durchaus verstehen, ist die Wichtigkeit dieser kleinen feinen Entwicklungen.

00:33:57.98
Alex
Das verwalten sie Tag ein, Tag aus. Und komischerweise, die Deutschen mit ihrer großen Verwaltungsgeschichte und gerade Luhmann mit der Systemtheorie. Es gibt eine ganze theoretische Tradition in Deutschland, die das gut verstanden hat. Norbert Elias ist auch ein gutes Beispiel. Irgendwie ist das intellektuell, aber auch gerade in der Verwaltung und auch gerade auf politischer Ebene verloren gegangen.

00:34:20.08
Stefan Sasse
Ich habe noch eine ganz kurze Anmerkung zu dieser Realismus-Geschichte, bevor ich zurück zu den Abwasserkanälen der Jihadisten bin. Das ist nämlich auch so was, dass hier gerade unter denen, die eher pro-ukrainisch sind, wird ja gerne betont, dass hier in Deutschland, wenn Deutschland angegriffen würde, dann wäre der Russe ja sofort in Berlin.

00:34:41.68
Stefan Sasse
und die Wehrfähigkeit, die machen den Fehler in meinen Augen, dass sie die Bundeswehr und die deutsche Bevölkerung und ihre Haltung zu einem Krieg in der Ukraine oder von mir aus auch in den baltischen Staaten eins zu eins übertragen auf den Ernstfall. Wenn allerdings, das ist meine schwere Annahme, wenn tatsächlich russische Soldaten entweder schon in Deutschland stehen oder quasi zumindest mal Raketen auf deutsche Städte fallen,

00:35:07.06
Alex
Ich glaube schon auch die Baytischen Staaten. Ich glaube es gibt schon diesen Europa-Gefühl von das sind wir.

00:35:09.17
Stefan Sasse
Ja, also ich denke, schön die baltischen Staaten wären ein Unterschied, aber mach mal wirklich keine Ahnung. Russen landen in Mecklenburg-Vorpommern, ja, machen wir es einfach mal ein bisschen absurd. Nee, da kommt quasi der D-Day und die landen in der Uckermark und kommen da jetzt rüber. Und ich weiß, die Uckermark ist in Brandenburg, aber whatever.

00:35:24.97
Stefan Sasse
Ist ja egal. Die landen da auf jeden Fall und kommen da rüber. Never, ever wäre die Reaktion so blasé, wie die das jetzt gerade, weil die Ukraine ist halt weit weg. Das kann man bedauern, vor allem, wenn man pro-ukrainisch ist, aber man muss sich schon klar machen, dass das nachvollziehbar ist. Und auch diese Ängste, die bei vielen sind über diese Eskalationsgefahr, und hast du nicht gesehen, das ist natürlich vergleichsweise unsinnig in der Radikalversion, in der das immer rausgebracht wird.

00:35:50.96
Stefan Sasse
Aber das wäre ja alles sofort aus dem Fenster raus, wenn die erste russische Rakete auf Dresden fällt.

00:35:57.82
Alex
Was ich auch so ahistorisch finde in diesem Kontext, genau in diesem Kontext ist, wenn man die Ukraine kannte in den Nullerjahren, war die Armee ein Witz. Waren diese ganzen großen Fragen, kann diese ukrainische Stadt überhaupt überleben, fußte auf diese Auffassung, dass die Ukrainer ihren eigenen Land nicht verteidigen würden, weil alles ein bisschen korrupt war. Nicht nur ein bisschen, war sehr korrupt, nichts funktionierte. Für viele Menschen fühlten sich vielleicht kulturell ukrainisch, aber der Staat war ein Witz.

00:36:27.14
Alex
Das war auch katastrophal von der Verwaltung her. Es war eine Phase, wo das Gefühl war, die wussten unterwandern das System. Die wären nie so verrückt, uns anzugreifen. Das war auch die Logik. Aber die Idee, dass die Ukrainer in großen Mengen sich in den Schützengräben opfern würden. Die Idee, dass man Kiew, diese letzte Minute Endkampf,

00:36:54.74
Alex
mit Massenmobilisierung. Das ist natürlich ein bisschen abflaut. Ich meine, wir dürfen, ich meine, wenn wir zu diesem ukranischen Teil der Biosgesprächs vielleicht in den letzten Minuten kommen, es ist, die Ukranier haben große Schwierigkeiten jetzt. Ich würde, ja, man muss das ein bisschen balancierter sehen, aber sie sind unter große Schwierigkeiten und das durchaus, das durchaus vielleicht das Ende dieses Komplexes beeinflussen wird und wie das dann so aussieht, diesen Endstatus.

00:37:18.34
Alex
Aber dass man so diesen Mobilisierungseffekt hat, dass sie immer noch gegen die Russen, ein paar Jahre später, aber zwar mit westlichen Unterstützung, aber immer noch weiter kämpfen und oft große Fehler machen, aber auch oft sehr, sehr clever und geschickt, geschickt genug, um zu überleben, das wäre Science Fiction gewesen in den Nullerjahren.

00:37:38.97
Alex
Das ist verundenkbar. Das ist sowas. Das ist so... Das war vielleicht im letzten... Diese Fantasie-Idee, dass die Ukraine so einen Kampf durchführen könnte, als moderne Sparta, oder wie man auch will, wenn man das übertrieben sagt, das wäre als lächerlich, das wäre die Fantasie der Nationalisten gewesen. Das ist der wahnsinnigen Nationalisten gewesen. Und deswegen sehe ich das genauso mit dem deutschen Kontext. Es ist was anderes,

00:38:05.54
Alex
wenn die Ukraine angegriffen wird, das nur jetzt langsam als Teil vom europäischen Wir gesehen wird. Nur durch diesen Krieg. Und das ist nur in einem gewissen Kontext. Und die immer noch außerhalb der NATO und EU sitzen. Es wäre schon was anderes, wenn die unsere Finnen und unsere Litauer und unsere Polen angegriffen würden. Natürlich gibt es nationalistische Reibereien in der EU und so. Aber ich glaube, das europäische Wir-Gefühl ist schon stark genug, dass das einen Schock-Effekt haben würde auf die deutsche Bevölkerung. Und wenn man auch diese Meinungsumfragen sieht für die Unterstützung der Ukraine,

00:38:26.66
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuhören.

00:38:34.14
Alex
wo immer noch eine Mehrheit, eine erhebliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung für diese Unterstützung ist, stellen mir die da vor, was für Mehrheiten man kriegt, wenn dann plötzlich die Polen angegriffen würden. Nicht mal die Deutschen. Und dann muss man sich vorstellen, natürlich, wenn deine eigene Heimat und deine eigene Hauptstadt und deine eigenen Dorf und deine eigene Stadt und deine eigene, wenn man dieselben auch Herausforderungen hat, wie die Ukraner es hatten, natürlich ist eine ganz andere Reaktion in der deutschen Gesellschaft. Ich finde das auch unsinnig. Was mich sehr nervt, muss ich sagen,

00:39:04.17
Alex
Gerade, gerade in der deutschen pro-okranischen Debatte ist wie schnell das zu so einer zivilisatorisch-sprenglerischen Niedergang des Abendlandes Diskurs wird. Bullshit! Sorry! Leute, es geht hier nicht um westliche Dekadenz, verdammt nochmal.

00:39:24.26
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:39:24.72
Alex
Es geht um einfach, man muss auch die Politik verstehen. Zu oft sind, gerade bei den Militäranalysten fehlt, glaube ich, ein Verständnis der ABCs, der Grundlagen der Alltagspolitik. In allen Gesellschaften. Und sehr schnell, und ich glaube, da hat das etwas mit die militärische Ausbildung zu tun oder mit das militärische Milieu und mit Militärgeschichte und mit Herwissenschaften in der Politikwissenschaft, ist das so schnell, ist so eine Dekadenz, die bei der Debatte kommt, wo es einfach ein bisschen

00:39:54.33
Alex
lächerlich aussieht und nicht hilfreich ist. Es ist nicht hilfreich. Ach, wir dekadenten Deutschland, wir sollen uns in Schuld und diesen ganzen Büsse-Narrativ, wir müssen uns entschuldigen und wir sind so schlimm und wir Deutschen sind so scheiße. Leute, hört auf, mit euch selbst mitleiden und es ist ein politischer Prozess, man muss diesen politischen Prozess anstoßen.

00:40:01.07
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:40:15.08
Alex
Und nicht dauernd irgendwie in der Ecke sitzen und weinen. Das ist, wo es mir wirklich nervt. Das ist diese Selbstmitleid. Ach, wir Deutschen kriegen das nicht hin. Leute, echt, Mann. Wirklich. Habt ein bisschen mehr Selbstvertrauen, verdammt noch mal. Das ist meine emotionale Reaktion. Das ist auch jemand, der ein Produkt dieser Gesellschaft ist.

00:40:37.72
Stefan Sasse
Ich verstehe, was du meinst. Um mal das Thema ein bisschen zu wechseln, ich fand es auch ganz faszinierend, jetzt an diesen Ereignissen und auch an den Passkiz, die du abgeschickt hast, zu sehen, wie diese ganzen Sachen untereinander verknüpft sind. Das führt uns ja, glaube ich, dann auch zu dieser Wahrnehmung Russlands und dem ganzen Kram. Weil ja, die Russen sind gerade in der Ukraine auf dem Vormarsch. Nur sorgt das quasi für eine Schwäche an einer anderen Front.

00:41:01.63
Stefan Sasse
Das ist ja was, das konnten wir für uns als die westliche Seite auch oft genug beobachten. Als zum Beispiel die USA ganz stark in Irak und Afghanistan engagiert worden, dann waren sie an anderen Fronten etwas schwächer. Ich glaube, das sieht man jetzt hier auch einmal mehr sehr deutlich, wie unterschiedlich das Machtlevel von Russland und den USA trotz allem ist.

00:41:21.49
Stefan Sasse
Weil die Russen, die sind ja wirklich am Anschlag letzten Endes mit dem Krieg in der Ukraine, was die da leisten können und sie sind trotzdem nicht in der Lage das zu gewinnen. Sie haben mittlerweile Unterstützung aus Iran und Nordkorea und kriegen das Ding immer noch nicht gewuppt.

00:41:33.54
Alex
Ja. Ja.

00:41:37.80
Stefan Sasse
Und gleichzeitig sind sie dann eben nicht mehr in der Lage, ihre, nicht vielleicht Verpflichtungen, aber zumindest ihre Interessen bei den wenigen Verbündeten, die sie haben, wie eben beispielsweise Assad, noch in irgendeiner Art und Weise durchzusetzen. Weil ja, ich meine, wenn du selber kein Kriegsgerät mehr hast und das in Nordkorea kaufen musst, wie zur Hölle willst du den Syrern irgendwas liefern?

00:41:58.23
Stefan Sasse
Das ist ein ernsthaftes Problem. Das haben logischerweise alle Seiten. Und an und für sich ist es fast schon überraschend eigentlich, dass der Westen da nicht mehr Druck ausübt, quasi an der Peripherie, an den Zonen, wo Russland in den Zehnerjahren und in den frühen 2020ern quasi so starke Inroads gemacht hat letztendlich. Ich glaube, das fällt gerade vor allem den Chinesen in den Schoßen.

00:42:20.38
Alex
Ja, und es ist das Interessante, dass die Ukrainer mit den wenigen Ressourcen, die sie haben, durchaus, verstehen dann diese Periferausdruck aus, da muss man durchaus differenzieren. Ich glaube,

00:42:32.45
Alex
Heute wird jetzt ein bisschen vergessen, heute in den ganzen anderen Nachrichten, aber heute wohl haben die Senegalesen, ich glaube von den Senegalesen eine sehr vernünftige Entscheidung, es ist eine Entscheidung, die vor 10 Jahren oder 20 Jahren hätte getroffen werden können. Die Senegalesen haben schon jetzt mit den Franzosen abgesprochen, dass hier Französisch und Türkisch abgezogen werden, die letzten in Senegal. Und das ist okay. Das ist, ich glaube, ein sehr gutes Zeichen, dass die seneglische Stadt endlich jetzt sagt, okay, wir können auf unseren eigenen Füßen stehen und das hätten sie auch von 30 Jahren machen können. Das ist ein Thema.

00:43:01.03
Alex
Schad ist ein anderes Thema, das ist höchst fragwürdig, ob das schadische Regime Sahel ohne französische Unterdrückung überlegen kann. Okay, aber es gibt diese nationalistische Welle. Fine. Nur, das Interessante ist, wie lautlos jetzt die Franzosen jetzt sich abziehen. Und dass die Franzosen jetzt wegen diesen Druck in Europa und im Mittelmeer diesen Traum von François Freck davon nehmen sie langsam Abstand. Aber es gibt andere Akteure, Italiener üben den Druck auf die russischen Interessen aus den Libyen.

00:43:29.34
Alex
Indirekt, aber schon erheblich. Die Türken üben Druck auf Russisches Interesse aus. Auch diese Freund-Freind-Kombination zwischen Erdogan und Putin. Es ist nicht so, als ob die Russen eine völlig freie Bahn haben. Und ich meine, die Russen sind auch extrem schwach. Es wurde diesen Hype um diesen russischen Söldner in Mali oder Burkina Faso, dass man endlos liest. Und dann plötzlich wird eine gesamte russische Kolonne

00:43:57.77
Alex
von russischen Söldern massakriert, von Tuareg widerstellen hat. Die übrigens noch ein bisschen Unterstützung kriegt von den Ukranern wegen Drohnen und so, aber auch interessant, wie dieses Niklop... Das ist auch dieser fielende deutsche Blick übrigens, für wie diese ganzen Konflikte sich vernetzen. Wo immer Russen sind, plötzlich tauchen ukranische Spezialkräfte auf. Kann man fast als Garantie nehmen. Sudan, Zentralafrika. Immer sind die Ukranier irgendwie plötzlich auch im Spiel. Manchmal schwächer, manchmal stärker, aber sind da.

00:44:25.66
Alex
In Syrien darf man das nicht übertreiben, aber die haben auch ein bisschen geholfen. Aber ich meine, die Agency hat das Hauptwillen bei Jolani ganz klar. Und das muss man eben so... Das ist eben ja. Ich meine, warum würde das nicht ausgeben? Aber es zeigt doch die Schwächen dieses Systems. Wir haben am Anfang dieses Gesprächs... Ich meine, für mich ist einer der hauptstrategischen Ziele der Russen gewesen, in den letzten zwei Jahren, nach diesen Humiliationen, nach dieser unheimlich peinlichen Katastrophe um Kiew herum.

00:44:54.53
Alex
ist und die haben versucht, letztens zwei Jahren, gerade um Putin diesen Gewinner-Vibe, diesen Gewinner-Image wieder aufzubauen. Und sehr systematisch. Und ich habe einen ukrainischen Militärwissenschaftler, jemanden, der Verteidigungsminister Sagroniuk, er sagt das immer sehr gut, er sagt, es ist egal, wie viele tausende Truppen die Russen verlieren, um ein scheiß Dorf irgendwo in Donbach zu erobern, solange die Karten immer ein bisschen roter werden, können die Russen diesen Kampf von den Narrativ gewinnen.

00:45:24.60
Alex
Weil man muss ja auch sagen, die verlieren zehntausende an Truppen jeden Monat, um hin und wieder auch sehr, sehr schwierige Situationen für die Ukraine zu schaffen. Aber das sind faktisch erste Weltkriegvorstöße. Das ist ein Vernicht, ein Abaufreibungskampf für beide Seiten, das für die Ukraine erhebige Schwierigkeit schafft. Das darf man nicht unterschätzen. Aber man muss es in den Kontext setzen,

00:45:48.80
Alex
Für die Russen ist es auch ein Kampf von den Narrativ. Jede Woche vielleicht ein Dorf zu erobern, egal ob man da 3000, 4000 Truppen verliert oder 2000 Truppen in dieser Woche verliert, um diesen sinnlosen Dorf zu erobern, solange man den Image aufbauen kann, dass man die Ukrainer immer am Rückschritt sind. Und das erklärt zum Beispiel andere Handlungen. Wieder mal von westlichen oder deutschen Analysten.

00:46:10.62
Alex
unterschätzt wurden. Warum sind die Ukranier in Kursk eingestößt? Ich bin immer noch sehr skeptisch wegen dieser Offensive auf russisches Territorium im Kursk Oblast durch die Ukranier. Aus politischen Gründen. Es ist fast glücklich gewesen, dass es nicht erfolgreich war, weil diese Frage, die die Ukranier in Kiew und Zelenski nie wirklich beantwortet haben, wie würde Kiew als Besatzungsmacht handeln mit 200, 300.000 Russen? Das ist fast zum Glück nicht passiert. Ich glaube, diese politische Dilemma haben die Ukranier nie wirklich

00:46:40.66
Alex
nie wirklich verstanden oder nie wirklich erklärt, wie sie dann selber als Besatzer handeln würden. Für mich ist das deswegen, dass diese Offensive für mich immer sehr problematisch gewesen. Aber es ist mindestens ein Versuch, diesen Kampf von den Narrativen zu gewinnen oder ein bisschen da eine Deutungshoheit wieder zu erringern. Es ist völlig verständlich, warum die Ukraine diesen schnellen Hit gemacht haben mit Kurs, um zu sagen, ne, wir können auch Land gewinnen oder Gelände gewinnen.

00:47:10.71
Alex
Das ist eben die Frage. Wir müssen irgendwo eine Strategie aufbauen, die durchaus die Schwächen und Probleme der ukrainischen Seite realistisch wahrnimmt. Zum Beispiel diesen Aufreibungskampf, diesen Artritional War, in dem die Ukranier jetzt gefangen sind.

00:47:36.61
Alex
Es sind schon große Fragen jetzt, die zu stellen sind. Es ist jetzt sehr, sehr fraglich, ob die Ukranier wirklich wieder Territorium wieder erledigen können in größerer Menge. Die können vielleicht... Aber auf der anderen Seite, nach einem ukrainischen, plötzlichem Zusammenbruch sieht es auch nicht ganz aus. Eher noch nach diesen PAD, diese PAD-Situation, auch diese russischen Offensivvorstöße, die verringern sich jetzt langsam wieder. Der Dampf ist wieder langsam raus, mindestens in Teilen davon.

00:48:05.81
Alex
Und das heißt, ein strategischer Part ist strategisch wie ukrainisch schwierig. Das sind tragische Fragen und schwierige Fragen. Die Gebietsverluste wäre eine Katastrophe für diese Idee in Europa, dass man nicht durch Gewalt Grenzen widerschreiben kann. Aber ob die Russen wirklich gewinnen, gewinnen strategisch? Das kann man auch bezweifeln. Es ist vielleicht ein Ende zu sehen, wo keine Seiten wirklich glücklich sind mit diesem Endausgang. Putin wird weiter kämpfen, solange er glaubt, dass der Ukraine unter sich

00:48:37.27
Alex
Die Ukraine werden weiter kämpfen, solange sie glauben, dass ihre Existenz gefährdet ist. Es könnte aber, wenn es so weitergeht, dass die beide so exaustiert, so nicht mehr können, dass wir zu einem Punkt kommen, was ich sehr kritisch sehe, übrigens. Ein Waffenstillstand, das zu nichts führt. Wo werden diese Verhandlungen führen? Eher einen Waffenstillstand, wo beide nicht mehr können.

00:49:03.59
Alex
Und dann hat man, aber beide geben ihre großen Ziele nicht auf. Und das ist diese Verhandlung, als die Verhandlungsfähigkeit nichts bringt. Aber nicht zu viel Krieg, aber eine endlose Quelle von Instabilität. Ich glaube, das ist vielleicht eine Strategie. Natürlich muss man für ein Worst-Case-Szenario planen, für diese Millionen an Flüchtlingen. Oder für diese Katastrophe. Oder die Frage, ob europäische Truppen eventuell in Ukraine, westliche des Dnieper-Flusses, stationiert werden müssen und und und.

00:49:33.51
Alex
Es gibt lauter katastrophale Szenarien, die man ernst nehmen muss. Aber man kann auch vielleicht eine Planung aufbauen auf die Machtbalance auf dem Boden und vielleicht auch mal erkennen, auch durch diesen syrischen Fall, dass Putin nicht immer gewinnt. Dass die Russen auch gewisse Rohstoff- und Personalengpässe haben. Dass sie nicht vielleicht Kiew einnehmen. Dass es wirklich eine sehr schwierige und sehr negative Entwicklung entstehen kann ohne Katastrophe.

00:50:02.02
Alex
die dann gemanagt werden muss von der EU und von den Ukrainern. Ich verstehe, warum diese katastrophen Szenarien heraufbeschwört werden, um wieder Unterstützung für die Ukraine zu aktivieren und mobilisieren. Ich verstehe auch, warum es so wichtig ist, für den Worst-Case-Szenario, für den schlimmsten Szenarien zu planen. Aber zu denken, dass die schlimmsten Szenarien die einzigen Szenarien sind, finde ich auch schwierig. Weil es gibt durchaus viele Argumente zu sagen, es landet eher bei diesem Putt.

00:50:30.35
Alex
Und dann muss man denken, wenn es bei diesem Pakt landet und vielleicht Ukraine durchaus ein bisschen offensive Kraft hat, aber nicht alles wieder erobern muss, was ist das Zentrale? Was sind die strategisch zentralen Territorien, die die Ukraine wirklich zurück haben müssen, um eine gewisse Sicherheit aufzubauen, wenn nicht alles wieder erobert werden muss, kann? Und da will ich zum Beispiel sagen, da gibt es spezifische Länder an den Nipro-Fluss in Zentrale des Landes. Das ist der Rückgrat der ukrainischen Wirtschaft gewesen.

00:50:51.97
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:50:57.14
Alex
Das sind die großen Bevölkerungszentren, ein bisschen Freiräume zu schaffen. Wenn nicht alles wiedererobert werden kann, vielleicht können wir wirklich sagen, okay, es gibt diesen Patch of Land, dieses Stück Land, um den Nipro herum, wo übrigens diese großen Atomkraftwerke ist, von Enero da. Wenn überhaupt irgendetwas wieder zurück muss an den Ukraine jetzt, dann diesen Land. Das heißt, er ist Ziel. Das ist ein realistisches Ziel. Wenn wir dann Glück haben, dann kommt alles andere zurück.

00:51:27.43
Alex
Wenn wir entweder nur Katastrophe denken oder alles wird zurückerobert, kann man nicht realistisch planen. Oder? Ja.

00:51:33.66
Stefan Sasse
In der letzten Zeit, weil du das auch angesprochen hast, mit diesen Truppen westlich des Nijepa. Wie schaut denn das aus? Weil es war jetzt in diversen Meinungsstücken auch wieder zu lesen. Da gab es ja auch so ein, ich glaube, FAZ-Leitartikel von irgendwelchen Leuten wieder, wo die Rede davon war, so hier und jetzt sieht man wieder, endgültig, die Ukraine gehört zum Westen und jeder Friedensschluss muss zwangsläufig in NATO und die EU-Mitgliedschaft enden, jada, jada und die Truppen.

00:51:57.86
Stefan Sasse
Wie realistisch ist das eigentlich? Ist das alles nur Rhetorik oder siehst du da tatsächlich, dass nach einem wie auch immer gearteten Waffenstillstand slash Frieden da tatsächlich eine Aufnahme in EU, NATO und möglicherweise sogar eine Stationierung erfolgt?

00:52:11.46
Alex
Okay, es gibt da zwei Fragen eigentlich. Die EU-Frage und die NATO-Frage. Bei der EU-Frage muss man immer natürlich auch wahrnehmen, dass es die EU-Mitgliedschaft gibt. Oder ist eine Frage, das ist dieser volle Schritt, der Endschritt. Wo man nicht nur... Und es ist ein Anteil am EU-System zu haben. Es gibt viele Staaten um Europa herum. Norwegen, Schweden, Norddeutschland, Schweiz.

00:52:41.20
Alex
Norwegen, Schweiz, Schweden ist natürlich Mitglied. Norwegen, Schweiz sind zwei gute Beispiele, die zwar nicht EU-Mitglieder sind aus unterschiedlichen Gründen, aber völlig integriert sind im EU-System. Die Wirtschaft, den BIN-Markt, Schengen, nicht nur durch NATO, weil Schweiz ist ja natürlich neutral, aber es gibt andere Verteidigungen, polizeiliche Strukturen, die Europol usw. usf. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Ukraine zum Teil von diesen europäischen Willen wird, indem es

00:53:11.51
Alex
mindestens ein Status wie Norwegen erlangen wird. Es ist Teil von unserem Club, es ist Teil von dieser Welt. Eine ganz andere Frage ist, wird Ukraine ein völliges Mitbiet? Das heißt im ECE Euro, im Europäischen Rat, Mitglieder des Europäischen Parlaments, Kommissionen... Das ist, ich glaube schon, aber das wird ein langwieriger Prozess sein.

00:53:38.17
Alex
Ich glaube, es ist schon gebombt, auch wenn es ein Patt ist und Ermüdung und Ermattung. Ukraine wird Teil des EU-Systems Anteil haben, das heißt ein verteidigungswertes Teil der europäischen Familie sozusagen. Und vielleicht eventuell auch, glaube ich, schon Mitglied, aber das wird viel, viel schwieriger und da sind die Fragen offener. Und durch diese EU-Mitgliedschaft oder Anteil an EU-Systems ist es auch diese Frage, wenn die EU mehr und mehr zum Staat wird,

00:54:04.68
Alex
Ist es dann am Ende egal, ob Ukraine in der NATO ist oder nicht? Weil nicht NATO-Mitglieder wie Österreich oder wie Irland oder Zypern so systemwichtig zum EU-System sind oder als EU-Mitglieder. Es gibt ja natürlich Artikel 42-7, das ist das Verteidigungsartikel der EU. Das könnte, das ist sehr, ich glaube die EU-Frage ist ziemlich optimistisch auf einer Ebene, es wird vielleicht länger dauern auf der anderen, aber das öffnet Fragen auf. NATO-Mitgliedschaft.

00:54:33.46
Alex
Das ist eben hier und jetzt. Das ist nicht nur so eine langsame Entwicklung wie EU-Mitgliedschaft, das wäre eine hier und jetzt-Entscheidung. Und da bin ich eher skeptisch, weil man natürlich diese Frage hat, auch wenn es zum Grenzschermützel, sagen wir es, kommt wieder zur Grenzschermützel zwischen Ukraine und Russen. So wie es in Nordkranien und Südkranien hier und wieder passiert und so weiter und so fort. Ist das eine Artikel 5-Frage?

00:54:56.60
Alex
Wenn die Ukraner in NATO sind, werden die Ukraner dann vielleicht eine schwäche Phase der Russen ausnutzen und ohne große Probleme wie Israel einfach loslegen in dem Schutzmantel der NATO? Wie würde das passieren? Auf der anderen Seite, die Ukraner werden keine Deeskalation akzeptieren, gerade wenn noch russische Truppen sind auf erheblichen Teilen der ukrainischen Territoriums von 1991, ohne Sicherheitsgarantie.

00:55:23.46
Alex
Und ich denke, dass die deutsche politische Elite wirklich nicht durchdacht hat. Zum Teil, weil diese Gespräche an den Deutschen vorbeigehen. Das sind die Gespräche zwischen London, Paris, Warschau. Rom wird da nicht aktiv teilhaben, aber es gibt Teilen der italienischen Waffenindustrie, der Rüstungsindustrie, die in zentraler Rolle spielen, beide wieder bei Waffnung der Ukraine. Das heißt, die werden diesen Teil dieser Gespräche, obwohl sie keine Truppen schicken würden. Aber dieses Gespräch ist jetzt auf dem Tisch. Nicht für jetzt, nicht während dieses Krieges. Das wird missverstanden. Aber

00:55:54.43
Alex
Wenn Ukraine nicht im NATO kommt, brauchen wir dann ein europäisches Tripwire Force auf ukrainischem Boden. Tripwire heißt Sicherheitsdraht. Dass man einfach genug europäische Truppen hat. Deshalb, wenn die Russen loslegen, sind sie direkt in ein Konflikt mit den Europäern beteiligt, auch ohne NATO-Mitgliedschaft. Aber wenn es nicht Artikel 5 ist, dann gibt es vielleicht mindestens eine eskalationskontrollierbare Eskalationsstufe. Wenn es um französische Truppen geht, die sich mit beteiligen, aber es ist kein volles Krieg. Man kann diese Eskalation eher kontrollieren.

00:56:23.42
Alex
Weil man kann es nur so feinglücklich kontrollieren. Wenn man als Sicherheitskanzlerin sagt, man kann sagen, okay, ihr könnt in die NATO nicht hinein, weil einfach die Automatismen zu schnell laufen, zu nuklearen Eskalationen. Aber dafür kriegt ihr 30.000, 40.000. Genau, zum Beispiel, wir sprechen ja immer für diese koreanischen Optionen. Aber diese koreanische Lösung, zu dieser koreanischen Lösung gehören 38.000 US-Truppen auf südkoreanischen Boden. Und Luftschutzphasen. Und das wäre das der Argument sagen.

00:56:52.88
Alex
Wir wollen diese Eskalationsdynamik nicht so zum Automatismus schaffen, dass es mit Atomikgeschäft wäre, aber um euren Sicherheitsgefühl zu erheben, werden wir A, das passiert sowieso, euch mit Waffen und Munition und bla bla bla zusammenpumpen und euch zum Sparta Europas oder was auch immer aufbauen. Und als zweites werden wir vielleicht 30.000, 40.000 europäische Tropen auf den Boden kommen. Und das ist natürlich die Frage.

00:57:18.32
Alex
Was auch diskutiert wird, zielen jetzt die Franzosen sich langsam aus Afrika heraus, um sich auf sowas zu vorbeizubereiten. Weil die Franzosen haben nicht endlos viele Truppen. Wenn sie Truppen für Osteuropa brauchen oder Ukraine, werden sie diese Truppen nicht mehr für Afrika freihalten können. Das ist ja auch eine interessante Debatte, ob die Franzosen sich dafür verbreiten. Das ist aber nicht ein... Das ist nur in zwei Bedingungen möglich, wenn die Ukrainer das akzeptieren. Auch noch auf eine Frage. Und die Russen müssen so ermattet und ermüdet sein, dass sie nicht mehr können.

00:57:47.55
Alex
Und dass sie damit nicht mehr die Ressourcen haben, um eine ukrainische Tripwire Force auf ukrainischem Boden zu haben. Eine europäische Tripwire Force auf ukrainischem Boden zu haben. Ich gehe da im Detail hinein, weil diese Dappe ist, europäische Truppen ziehen in den Krieg. Jetzt ist falsch. Wenn alle sagen, das machen wir nicht, das werden sie nicht machen. Die Frage ist, wie sieht eine Sicherheitsgarantie aus? Und dann kommt dann die Frage auf.

00:58:12.99
Alex
Wollen die Deutschen lieber an eine Situation landen, wo die Ukraine NATO-Mitglied sind, aber Teil des Deals ist NATO-Mitglied, aber ohne europäische und amerikanische Truppen auf ukrainischen Boden? Oder wollen sie Situationen landen, wo Ukraine kein NATO-Mitglied ist, aber weil die Ukraine eine robuste Sicherheitsgarantie haben, sitzen plötzlich 10.000 deutsche Bundeswehr-Truppen irgendwo in, sagen wir, in Rivne oder Czernyc? Das ist eine ernsthafte Diskussion.

00:58:36.44
Stefan Sasse
Was davon ist denn die beste Alternative?

00:58:40.71
Alex
das kaum in Deutschland geführt wird. Es wird in Paris geführt, in London, in Warschau, in Stockholm, Helsinki. Die Italiener werden da keine Truppen schicken, aber die sind bei diesen Aufrüstungsfragen zentral. Aber in Deutschland hört man nix, sorry. Es ist wirklich nicht... Ich glaube, die werden nicht mal... Ich meine, es ist die Angst, vielleicht die Angst, dass wenn etwas an Kanzleramt durchgestochen wird, wird es dann am Bild geleakt oder es kommt eine Taurus-Debatte rein und bla, bla, bla, bla.

00:59:07.70
Alex
Aber das ist im Ukraine, wie auch in Syrien oder im Mittelmeer oder im Sahel, das sind die Entwicklungen, wo andere EU-Staaten, die EU-Kommissionen, Institutionen sehr aktiv beteiligt sind, Gespräche, wo die Deutschen einfach umfahren werden, nicht getraut werden, nicht konsultiert werden, weil es keine ernsthafte Debatte ist, wenn es im bundesdeutschen Kontext geht um diese Fragen. Da wird London eher miteinbezogen als Berlin. Und London ist nicht mal eine EU.

00:59:34.52
Stefan Sasse
Was ist denn aus unserer Sicht von diesen beiden Szenarien überhaupt das Wünschenswärtere oder das weniger Schlimme? Also wenn du jetzt so aufmachst, entweder NATO ohne Truppen oder EU mit Truppen. Was möchten wir den gegebenenfalls überhaupt haben? Ich kann das überhaupt nicht einschätzen.

00:59:48.16
Alex
Ich weiß selber nicht, da müsste man eine Kristallkugel und ein Wahrsager sein. Eines glaube ich schon, die Ukranier brauchen, wenn die Frontlinie jetzt so einfriert, ich sage es auch sehr zynisch, es gibt einen erheblichen Teil der westukranischen Bevölkerung, der im Prinzip für den Donbass kämpfen würde,

01:00:10.78
Alex
Aber eigentlich, wenn es jetzt so endet und wenn es um die östliche Ukraine geht, sagen würden, okay, jetzt haben wir unsere Ruhe und jetzt sind wir in der EU und wir scheiß auf Lohanen. Nicht scheiß, das ist brutal, weil es gibt viele, viele sehr gute Leute, die aus diesen Gebieten geflüchtet sind. Und da gibt es, glaube ich, man muss ja auch die Nachkriegspolitik der Ukraine wahrnehmen.

01:00:33.61
Alex
Die Teilen der Ukraine westlich des Dnipro-Flusses, und dazu glaube ich auch schon jetzt Krakiv und Sumi und Poltava, das sind so Bereiche und Dnipro, die mehr oder minder jetzt rauskommen und mehr oder minder sagen, die Russen werden es nie wieder hinkriegen, uns zu bedrohen. Das ist aus. Weil sie jetzt so ermattet und ermüdet sind und wir haben gewisse Garantien. Die werden schon vielleicht mit einem Verlust an Territorium leben können. Es gibt aber einen erheblichen Teil der ukrainischen Bevölkerung, die aus den östlichen Gebieten geflüchtet ist.

01:01:01.29
Alex
beziehungsweise in Cherson oder Saporizia, das sind zwei Provinzen, die zwei geteilt sind, die nicht zum Osten gehören, nicht zum Dommas gehören. Da wird es eine erhebliche Teile geben, dass wir auf Gefolge sagen wollen, wir wollen so ein Landzeug haben. Nicht weil abstrakten, weil das direkt da drüben ist. Das ist mein Dorf gewesen. Da will ich jetzt zurück. Und so diese Idee, dass man einfach die Grenzen einfriert und dass die ukrainische Innenpolitik einfach da ruhig bleibt, das finde ich sehr problematisch. Aber wenn man wirklich ein Sicherheitsgefühl aufbauen will,

01:01:25.45
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

01:01:30.30
Alex
das stabil ist, auch mit Gebietsverluste, auch für den Westen und Zentralukraine, die Teilen, die wahrscheinlich jetzt raus sind, glaube ich, langfristig es geschafft haben, dann müssen wir es auch so betrachten, dass diese Landfläche am Dnipro-Fluss, diese Landfläche am Dnipro-Fluss wirklich zentral ist, weil wenn die Ukraine die Kontrolle über den Dnipro hat, erhöht es den Sicherheitsgefühl im Rest des Landes, dann sind die Osten ein bisschen weiter weg.

01:01:59.19
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

01:01:59.44
Alex
von den zentralen Städten und Bevölkerungskonzentrationen des Landes. Dann ist Saporizia sicher, dann ist, da müssen die Russen noch ein bisschen weg vom Ostkielfluss, das ist ein anderer Teil, dann ist Kharkiv sicher. Wenn die zwei Städte sicher sind und Chianson als Stadt sicher ist, dann vielleicht sind diese Gebietsverluste in der ukranischen Innenpolitik eher zu verkraften. Aber wieder mal, da fehlt in Deutschland diese wichtige innenpolitische Debatte über wie werden die Ukranier reagieren, wie kann man die Ukranier in eine Situation

01:02:27.41
Alex
bringen, wo sie sich sicher genug fühlen, dass sie mit erhebliche Verluste leben können. Ja. Genau.

01:02:33.70
Stefan Sasse
Das ist ja auch wieder diese Agency-Geschichte, die wir da vorher hatten. Das führt uns ja quasi in einem großen Bogen zurück, dass man akzeptieren muss, dass die Ukrainer überhaupt handlungsfähig sind sozusagen. Ich habe den allerletzten Gedanken noch, wir können ja als Deutsche ja im Endeffekt auch unsere eigene Erfahrung reinbringen, weil diese innerukrainischen Flüchtlinge, die theoretisch gesehen in die verlorenen Ostgebiete zurück wollen, die dann über Jahrzehntchen Faktor in der Innenpolitik sind,

01:02:56.78
Stefan Sasse
Das ist ja jetzt nichts Unvertrautes für deutsche Ohren. Aber ich glaube, das ist wieder eine ganz andere Debatte, wo man dann in die ukrainische Innenpolitik rein muss. Und da habe ich noch weniger Ahnung als von Außenpolitik. Und schon da bin ich sehr dankbar für deine Expertise. Deswegen, wie immer Alex, es war eine absolute Freude. Vielen Dank, dass du es hast möglich machen können. Wir sprechen uns an dieser Stelle mit Sicherheit bald wieder. Ich wünsche dir alles Gute.

01:03:02.18
Alex
Genau. Vielen Dank. Danke. Tschüss.