Donnerstag, 12. Dezember 2024

Bohrleute 97 - Erfordern Trumps Zölle und Chinas Subventionen eine neue Wirtschaftspolitik?, mit Marco Herack

 

Trumps Ankündigungen, die EU, China und Mexiko (unter anderem) mit Zöllen belegen zu wollen, hat viel Aufregung ausgelöst. Gleichzeitig kommt die EU gerade erst aus ihrem jüngsten Zollstreit mit China heraus. Grund genug, einmal einen genaueren Blick auf Zölle und ihren Nutzen zu werfen und zu fragen, wie sich Deutschland und die EU in einem ändernden Umfeld positionieren müssen. Ich spreche darüber mit Marco Herack von der Hans-Böckler-Stiftung.

Marcos Podcasts: Systemrelevant, Foreign Times.

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Shownotes:

Chartbook 337 The stakes in the struggle over Trump's trade strategy.

Der Artikel analysiert die Bedeutung von Donald Trumps Handelsstrategie, insbesondere die Nutzung von Zöllen zur Neuverhandlung von Handelsbeziehungen und zur Umgestaltung der US-Wirtschaft. In Trumps erster Amtszeit wurden Zölle als Druckmittel eingesetzt, wobei die Erhöhungen schrittweise erfolgten, um Verhandlungsmacht zu maximieren und wirtschaftliche Schocks zu minimieren.

Laut Bloomberg könnten die Zölle bis 2026 stark steigen, was die Rolle der USA im globalen Handel schwächen würde. Branchen wie die Automobilindustrie und die Landwirtschaft, die stark auf Importe angewiesen sind, wären besonders betroffen. Gleichzeitig könnten die steigenden Zölle Inflation anheizen und Konsumenten belasten. Trumps Ansatz könnte darauf abzielen, durch Zölle zusätzliche Einnahmen zu generieren und die heimische Produktion zu fördern, doch die Risiken von höheren Kosten und wachsender Ungleichheit bleiben bestehen.

Ökonomen wie Michael Pettis betonen, dass Protektionismus zur Verringerung von Handelsdefiziten beitragen könnte, wenn er mit strukturellen Reformen einhergeht, die die Vorteile breiter verteilen. Kritiker zweifeln jedoch daran, dass Trumps Politik eine gerechte Umgestaltung bewirken wird. Der Artikel warnt vor einem "dysfunktionalen Protektionismus", der die Ungleichheit verstärkt, die Beziehungen zu Handelspartnern belastet und kaum positive Effekte auf die heimische Wirtschaft hat. Stattdessen wird eine strategische und historisch fundierte Wirtschaftspolitik gefordert, die gesellschaftliche Vorteile in den Mittelpunkt stellt. (Adam Tooze)

Resterampe

Transkript:

00:00:00.01
Stefan Sasse
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von den Bohrleuten. Wann immer man sich in der letzten Zeit mit den USA beschäftigt hat, kam man kaum um die Feststellung herum, dass Donald Trump immer wieder ankündigt, irgendwelche Zölle zu erheben. Gegen China, gegen Deutschland, gegen die EU, gegen Mexiko. Aber so oder so sind diese Zölle jedes Mal in der Debatte drin. Und da liegt nichts näher, als sich einmal mit der Frage zu beschäftigen, was tun Zölle eigentlich und was genau

00:00:28.18
Stefan Sasse
droht Trump da? Was hat er vor, falls er das überhaupt selbst weiß? Und welche Konsequenzen hat das gegebenenfalls für uns in Deutschland und in der EU? Und um über dieses Thema zu sprechen, habe ich mir einen Gast in die Sendung eingeladen, der sich jetzt kurz vorstellen darf.

00:00:43.01
Marco Herack
Ja, guten Morgen, Stefan. Mein Name ist Marco Herack. Ich hoste die Podcasts Mikroökonom und Foreign Times, bewege mich also im Spektrum von Ökonomie und Außenpolitik.

00:00:56.44
Stefan Sasse
hervorragend. Vielen Dank. Wir werden diese Podcast selbstverständlich auch in den Show Notes verlinken, also das Interessierte, die nachhören können. Und ich möchte jetzt quasi direkt zu Beginn einmal die Frage stellen, kannst du für Uneingeweite einfach mal erläutern, was zur Hölle sind Zölle eigentlich? So rein von der Theorie her und welche Funktion erfüllen

00:01:20.01
Marco Herack
Ja, wie wir gerade sehen, zwei Funktionen. Einmal gegenüber China und einmal seitens der USA. Fangen wir vielleicht mal mit den USA, also den Trumpschen Zöllen an. Was Donald Trump vorhat, ist ja zu sagen, alle Waren, die in die USA kommen, mache ich jetzt um einen Betrag x teurer. Da gehen rum, je nach Land, 10 bis 60 Prozent. Es sind aber auch teilweise 100 Prozent.

00:01:48.35
Marco Herack
Das bedeutet, wenn eine Ware da zum, was weiß ich, 10 Dollar reinkommt, kommt ein Zoll 100 Prozent drauf, sonst 20 Dollar und es verteuert dann natürlich entsprechend den Preis, der dann innerhalb der USA für diese Ware aufgerufen wird, weil irgendwie man will ja da noch Geld dran verdienen. So und diese 10 Dollar kassiert dann der Staat. Jetzt macht Trump das oder überlegt Trump das zu tun, weil in China Waren

00:02:18.76
Marco Herack
es gibt auch andere Länder, aber bleiben wir mal bei China, Waren sehr preiswert und in Skalierung produziert werden. Und zwar so preiswert und in Skalierung, dass im Grunde, in Anführungszeichen, fast jeder dort gerne produzieren möchte, weil es besonders billig ist, während dann aber in anderen Ländern wie den USA dann die Arbeitsplätze entsprechend abgebaut werden, weil man produziert ja nicht doppelt.

00:02:45.47
Marco Herack
Das heißt, wenn man so einen Zoll aufruft und diesen Preis des Imports dann verdoppelt, vielleicht in der Zukunft auch verdreifacht und vervierfacht, das wissen wir ja alles nicht, was Trump sich noch einfallen lässt, dann ist der Anreiz höher, nicht in China zu produzieren, sondern in anderen Regionen. Und da sehen wir gerade, dass es erste Ausweichländer gibt, da wird dann

00:03:10.04
Marco Herack
Dann waren nach Vietnam transportiert, dort zusammengeschraubt und dann weiter in den USA. Oder da werden Fabriken in Mexiko aufgebaut und dann in die USA geschafft.

00:03:25.32
Marco Herack
Trump will natürlich, dass die Arbeitsplätze in den USA entstehen. Das heißt, jetzt fängt da an, diese Schlupflöcher zu stopfen und dann auch Zölle gegenüber Mexiko erheben zu wollen und eben anderen Ländern. Also da entwickelt sich jetzt so eine kleine Zollerhebungs-

00:03:45.21
Marco Herack
Kaskade und wo er überhaupt anfängt und wo das dann alles endet, wird man dann noch sehen. Das andere ist, dass wir jetzt in der EU gesehen haben, dass Zölle nicht nur zur Anreizsetzung

00:04:01.17
Marco Herack
Produktion gelten, sondern wir haben auch das Problem, dass in China gewisse Überkapazitäten zum Beispiel bei Stahl, aber auch im Automarkt vorhanden sind. Und China nutzt das, weil es gerade in der Wirtschaftskrise ist, um seine Unternehmen weltweit expandieren zu lassen. Und das Problem ist,

00:04:22.98
Marco Herack
dass sie diese Überkapazitäten subventionieren. In der Folge, die Waren also viel billiger auf andere Märkte schwappen, als sie grundsätzlich sein sollten.

00:04:36.12
Marco Herack
Und die EU, aber es ist nicht nur die EU, es sind auch südostasiatische Staaten, also die direkt physischen Kontakte mit China haben, sagt jetzt, naja, also da müssen wir gewisse Ausgleichszolle zumindest für die Investitionen machen, die subventioniert vom Staat, von diesen Unternehmen getätigt werden.

00:04:57.69
Marco Herack
Und dann haben sie sich einen Konstrukt überlegt, wo es diverse Abstufungen gibt und quasi gesagt, naja, sagt uns mal, wie viel an Subventionen ihr erhaltet und dann werden wir genau das bezollen. Und daneben waren da mehr oder weniger kooperativ, deswegen hat man dann gesagt, naja, also wenn ihr nicht kooperativ seid, dann machen wir einfach einen sehr hohen Zoll und unterstellen euch, dass der eben

00:05:25.20
Marco Herack
derjenige ist, den ihr erhaltet. Und dann waren die Unternehmen doch wesentlich kooperative. Dann wurden auch einige Zölle schon mal gesenkt. Das Ganze nennt sich dann Ausgleichszölle. Also das dient dazu, faire Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Was im Vergleich zu Trump, der einfach nur seinen Markt schützen will und Produktion daheim haben will, dann doch nochmal eine ganz andere Form des Zölles ist.

00:05:52.64
Stefan Sasse
Sehen die Chinesen das auch so, dass es zwei verschiedene Sachen sind oder ist für die im Endeffekt Zoll gleich Zoll und die sehen alles als Angriff?

00:05:59.96
Marco Herack
Ja, das ist eine gute Frage, weil die Chinesen würden, wenn man mit ihnen verhandelt, natürlich nie sagen, dass das alles fair ist. Also sie müssten es wissen. Und China ist, sage ich mal, wesentlich realistischer, als man es ihnen unterstellt. Allerdings sind sie auch sehr harte Verhandlungspartner und versuchen natürlich ihre Macht, die sie haben, auszunutzen. Und auch die Ängste, die es in Europa gibt, explizit in Deutschland.

00:06:28.52
Marco Herack
um dann, naja, uns quasi zu sagen, ihr betrügt uns, ihr wollt uns nur fertig machen und hängt an Trump und dann entsprechend eine harte Verhandlungsposition aufbauen. Also da brauchen wir auch schon ein bisschen Widerstandskräfte.

00:06:43.52
Stefan Sasse
Okay. Ich möchte jetzt nochmal zu der grundsätzlichen Geschichte erstmal zurück, weil ich bin ja schon ein bisschen älter. Und ich bin quasi in den 2000ern politisch sozialisiert worden hauptsächlich. Und da wurde mir immer erzählt, dass eigentlich die ganze Zukunft im Freihandel liegt. Dass Zölle allen schaden und das ist Stichwort WTO und Welthandelssystem und so weiter, dass alles darauf rauslaufen muss, dass man Zölle eigentlich weitgehend abschafft. Freier Warenverkehr und all das.

00:06:59.75
Marco Herack
Mhm.

00:07:12.16
Stefan Sasse
Und irgendwie ist das ja gerade wirklich massiv auf dem Rückzug. Also dieses alte Handelssystem scheint gerade auf dem absteigenden Ast. Ist das jetzt eine Art Rückschritt? Oder müssen wir einfach sagen, unser altes System war schon immer falsch oder funktioniert es vielleicht einfach nur nicht mehr? Also wie müsste ich das einordnen?

00:07:32.91
Marco Herack
Ja, ist eine gute Frage, weil im Grunde stellt sich ja jetzt raus, dass die neuen Arbeitsplätze, die in den westlichen Gesellschaften geschaffen wurden, also wenn man die Produktion quasi nicht mehr hat, was gibt es dann Dienstleistung? Das hat sich herausgestellt, dass diese Dienstleistungen im Regelfall nicht so hochwertige Arbeitsplätze sind mit so einer großen Wertschöpfung wie die in der Produktion.

00:07:58.20
Marco Herack
Daher kann man den Standpunkt verstehen, dass es eine gewisse Grenzsetzung geben muss, wenn man Menschen mit hochwertigen Arbeitsplätzen versorgen möchte im eigenen Land.

00:08:13.20
Marco Herack
Nun dürfte die Wahrheit vielleicht nicht unbedingt in der Mitte liegen. Sie liegt aber sicherlich nicht da, dass alles nach China ausgelagert wird. Wenn man sich mal vorstellen würde, dass die ganzen VWs und die ganzen Mercedes, also die ganzen Autos nur noch in China produziert werden und dann quasi irgendwo weltweit umverteilt werden, dann können wir uns ja ungefähr vorstellen, wie gut wir in Sachen Arbeitsplätze hier in Deutschland noch aufgestellt sind.

00:08:42.06
Marco Herack
Und die USA haben, das ist halt auch Teil der Wahrheit, seit 2000 dann massiv Arbeitsplätze verloren. Also gerade in diesem Zeitbereich um die zwei Millionen in der Produktion und das macht sich natürlich in vielen Landstrichen bemerkbar. Und da fehlt den Menschen die Arbeit, hochwertige Arbeit, also von der sie gut leben können.

00:09:04.75
Marco Herack
Und deswegen muss man da irgendwo einen Mittelweg finden. Also es gibt einfach Waren, glaube ich, die man daheim produzieren sollte. Und da kommt jetzt das zweite Ding rein. Wenn China alle Waren produziert, also gehen wir mal von diesem extremen Beispiel aus, was in manchen Branchen aber bereits der Fall ist. Also Aznai ist gerade so ein

00:09:26.44
Marco Herack
wo sehr viel diskutiert wird, dass einzelne Sachen fast nur noch in China produziert werden, dann hat man irgendwann ein Problem, wenn man sich nicht einig ist mit China. Also wenn man sagt, naja, also stopp mal, was ihr da im südchinesischen Meer macht, das gefällt uns gar nicht. Und auch die Philippinen haben ein Anrecht auf das ihnen völkerrechtlich zugesprochene Land. Und dann sagt China, ja, ist ja schön, aber dann liefern wir euch keine Drohnen mehr.

00:09:52.80
Marco Herack
oder geben wir euch keine Rohstoffe, dann hat man da vielleicht die Überlegung, dass man dann einknicken würde gegenüber China, weil man davon abhängig ist. Das heißt, es macht ohnehin Sinn, diverse Dinge da zu produzieren, wo man sicher ist, dass man sie dann auch erhält, wenn man sie braucht.

00:10:13.88
Marco Herack
Ich glaube, es gibt keine einfache Antwort auf deine gestellte Frage, sondern es ist sehr viel Einzelfall und es ist aber auch eine strategische Überlegung und dann am Ende aber auch die Frage, naja, wie sieht es denn in Sachen Arbeitsplätzen aus und irgendwo muss es da einen Mittelweg geben, wo sehr preiswerte Waren vielleicht dann in China produziert werden und man aber guckt, dass man die hochwertigen Sachen, die auch sicherheitsrelevant sind und

00:10:41.30
Marco Herack
Arbeitsplatz relevant, dass man die dann in den eigenen Gebieten produziert.

00:10:46.48
Stefan Sasse
Das ist schon so ein bisschen ein Paradigmenwechsel, weil früher hat man ja quasi gesagt, ja das ist gar kein Problem, also diese Arbeitsplätze werden verlagert, aber dafür werden ja die Waren unglaublich viel billiger und deswegen profitieren da ja irgendwie alle von.

00:11:01.48
Stefan Sasse
Und gleichzeitig entstehen ja bei uns diese neuen tollen Hightech-Arbeitsplätze. Aber all diese Grundannahmen, diese Prämissen, die tragen ja nicht mehr so wirklich. Also ja, wir haben ja billigere Waren sozusagen, aber das hilft dir halt auch nur eingeschränkt, wenn du es dir effektiv kaum mehr leisten kannst einerseits. Und auf der anderen Seite

00:11:20.13
Marco Herack
Mmh.

00:11:24.07
Stefan Sasse
haben wir halt das andere Thema, dass China ja zunehmend eben nicht mehr nur quasi die Werkbank der Welt ist, wie es dann früher immer so schön hieß, sondern ja auch selber in die Hightech-Bereiche geht. Also gerade bei den Autos wacht Deutschland ja so ganz ganz langsam aus diesem Dornröschenschlaf auf und stellt fest, dass sogar andere Länder in der Lage sind Autos zu bauen und vor allem eben Länder, von denen man bisher maximal irgendwie so die Sitzgarniturbezüge sich geholt hätte gefühlt.

00:11:53.72
Stefan Sasse
Und ich glaube, das hängt auch da damit zusammen, dass dieses Freihandelsregime schon so ein bisschen ein Schönwettersystem aus unserer Sicht war, oder?

00:12:02.79
Marco Herack
Ja, da sind jetzt mehrere Aspekte drin. Also die deutsche Automobilindustrie ist, glaube ich, sehr langsam. Also wenn du dir mal die Entwicklungszyklen anguckst, ist es eine Katastrophe. Und das kann man natürlich machen, wenn man der Platzhörsch ist, aber wenn dann auf einmal Konkurrenz aus China da ist, die jedes Jahr ein neues Modell raushaut, und da sind vielleicht die Verbesserungen nicht so mega groß, aber die Fahrtechnik verbessert sich, der Antrieb verbessert sich,

00:12:33.24
Marco Herack
Die Technik generell ist wesentlich weiter in Sachen Software, also man kann viel mehr mit so einem Auto machen. Das mag dann auf so einen deutschen Puristen manchmal wie Spielerei wirken, aber es interessiert halt gerade in anderen Regionen der Welt. Also da müsste man auch vielleicht mal mehr aus sich rausgehen und gucken, wie andere so leben.

00:12:54.82
Marco Herack
Das ist glaube ich das eine. Also man ist da, naja, halt einfach jetzt in einer Konkurrenzsituation, die man vorher nicht kannte. Das andere ist natürlich, dass man da faire Preise für braucht, wenn man bestehen will. Und das ist jetzt so die große Erkenntnis, die ja im Grunde logisch ist. Also wenn du dir die Hightech-Arbeitsplätze anguckst, die du gerade erwähnt hast, die da hätten entstehen sollen. Also in Deutschland sind auch ein paar entstanden.

00:13:21.03
Marco Herack
Aber das sind halt bei Weitem nicht so viel wie in der Produktion. Also da sitzen halt ein paar Leute und entwickeln was und designen ein paar Chips, aber es sitzt die zehnfache Menge an Leuten da und produziert den Chip.

00:13:36.13
Marco Herack
Und vielleicht da an der Stelle auch noch, China ist nicht mehr billig in der Produktion. Also da gibt es wirklich andere Regionen wie Vietnam, weil die Arbeitskräfte einfach zu teuer geworden sind in China. Also auch da gibt es Kosten, die auffallen.

00:13:51.82
Marco Herack
Aber was China halt auch gemacht hat, und das ist, glaube ich, in der Form etwas recht Neues, sie haben halt nicht nur Produktionsstätten aufgebaut, sondern Produktionsökosysteme. Und zwar in einer Skalierung, die kein anderer Staat der Welt in der Form tun kann. Das heißt, da gibt es teilweise Fabriken, die Linke ist sanktioniert, die Rechte ist nicht sanktioniert.

00:14:17.26
Marco Herack
Und dann produzieren die jeweils etwas und dann wird das von A nach B geschüppt und hinten dran stehen dann noch Fabriken mit 100.000 Leuten.

00:14:26.41
Stefan Sasse
Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021

00:14:32.64
Marco Herack
machen erlaubte Waren an Skalierung. Also man kann innerhalb dieser Ökosysteme auch eine Effizienz reinbringen, die einerseits sehr schwer zu sanktionieren ist, also das was wir gerade aus den USA gegenüber China auch sehen, und auf der anderen Seite aber auch als gesamtes Ökosystem einfach schwer zu toppen ist, selbst dann, wenn die Löhne steigen.

00:14:55.43
Marco Herack
Und ich glaube, da liegen viele Probleme, dass wir jetzt nicht einfach nur Produktionsstätten aufbauen müssten, wozu ja die Zölle dienen würden, sondern dass wir auch die dazugehörigen Ökosysteme in Sachen Rohstoff, in Sachen Entwicklung, in Sachen Zulieferer und so weiter da hinstellen müssten. Und daran scheitert gerade auch vieles.

00:15:19.38
Stefan Sasse
Dann stelle ich einfach mal ganz naiv die Frage, warum? Also was scheitert da in Deutschland genau? Hängt das an der Expertise? Hängt das am politischen Willen? Hängt das einfach an den Ressourcen? Also wo liegt da das Problem? An welcher Stelle im System?

00:15:34.41
Marco Herack
Ich glaube, oftmals sind es die Ressourcen und das meint aber dann auch Geld. Also, wenn wir uns jetzt mal angucken, wie hilflos die Bundesregierung darauf reagiert hat, dass sie jetzt gerne irgendwie mehr Chip-Produktionen in Deutschland haben möchte, aus sicherheitstechnischen Gründen, ja, dann sehen wir, dass dann so eine Intel da eingekauft wurde. So, Intel gibt man einen Riesenbetrag, 10 Milliarden, bau da mal deine Fabrik.

00:16:04.72
Marco Herack
In der Ship-Produktion ist das so Cutting Edge, was Intel da macht. Das brauchst du für ganz bestimmte Sachen. Aber die meisten dieser Dinge, die man da produzieren müsste, sind halt quasi sogenannte Mittelbauch. Also das ist gar nicht so fancy.

00:16:23.34
Marco Herack
Aber es ist halt eine Fabrik, die sich irgendwie finanzieren müsste und das kannst du eigentlich nur mit staatlichen Subventionen hinkriegen. Sonst ist der Anreiz für die Unternehmen sehr hoch, diese Fabriken zu schließen und nach China zu verkaufen, was dann die Bundesregierung wieder verbietet.

00:16:40.62
Marco Herack
Im Grunde läuft es halt auf Geld hinaus. Und was mich an der ganzen Sache wundert ist, wenn man feststellt, als einzelner Staat ist es sehr schwierig, das zu bewältigen, dann ist doch vielleicht die Frage, ob man sich da nicht europäisch koordinieren müsste.

00:16:57.96
Marco Herack
Das ist aber als Prozess so langwierig, dass da bisher noch nichts Gescheites bei rumgekommen ist. Es gibt dann halt wieder so eine Förderung über EU-Ebene, wo dann wieder jeder Staat Geld kriegt und sein eigenes Ding macht. Dass man vielleicht sagt, naja, dann ist es halt Rumänien, die dies machen, Ungarn macht das, Deutschland jenes. Das wäre dann vielleicht eher die Herangehensweise. Und genau das würde aus meiner Sicht fehlen.

00:17:25.49
Stefan Sasse
Ich habe erst letzthin wieder einen Artikel gelesen im Spiegel, wo es gesagt wurde, von Michael Sauga war der, glaube ich, der über Habeck Subventionsbilanz sich ausgekotzt hat und das quasi als Beleg genommen hat, dass diese ganze Subventionsgeschichte ja grundsätzlich falsch sei sozusagen, weil das nicht klappt sozusagen, wenn man da einzelnen Unternehmen Geld gibt. Jetzt sagst du aber gerade, das müsste man ja eigentlich tun, wenn ich das richtig verstehe. Wie passt denn das zusammen?

00:17:33.16
Marco Herack
Hm.

00:17:56.24
Marco Herack
Das ist ja immer die Frage, was will man haben? Willst du die Fancy Ship Fabrik hier stehen haben oder nicht? Willst du hier ein Ökosystem aufbauen, in dem vielleicht dann auch noch mehr entsteht oder willst du das nicht?

00:18:14.12
Marco Herack
Ich sehe nicht, dass die Frage politisch beantwortet ist, sondern ich sehe immer nur so Einzelaktionen. Aber man kann das halt nicht in dieser Schipfabrik von Intel denken, sondern man muss es dann halt auch wie China in diesem Ökosystem denken. In den USA ist das Problem recht ähnlich. Da gibt es dann die Förderung für die großen Fabriken, TSMC und hast du nicht gesehen, kriegen dann alle Geld. Aber die Zulieferer, die ja auch schon in den USA da sind,

00:18:41.73
Marco Herack
die dann

00:18:43.92
Marco Herack
Dinge zuliefern müssten, die kriegen kein Geld. Die müssen das quasi von sich aus finanzieren. Bei all den Risiken, dass die große Fabrik dann vielleicht nicht kommt, weil da gibt es ja starke Marksschwankungen bei den Chips, die wird es auch weiterhin geben. Und das ist einfach wenig durchdacht. Und da kannst du überall durchgehen. Es gibt keine kohärente Strategie. Und in Deutschland wäre halt der erste Schritt überhaupt mal zu sagen, naja, wir schaffen das nicht alleine.

00:19:12.38
Marco Herack
Aber ich habe immer das Gefühl, in Deutschland will man immer alles machen. Da gibt es so eine Diskussion über etwas. Oh, oh, die Chips, das ist jetzt ganz wichtig. Naja, und dann macht man halt mal irgendwas und dann kommt genau das bei raus und dann ist halt der Habeck schuld.

00:19:27.79
Marco Herack
Aber ich meine, der Habeck war in der Regierung aus drei Parteien. Da gab es noch einen Kanzler, der sich persönlich da hingestellt hat und gesagt hat, ich habe die geile Schipffabrik hierher gebracht. Und naja, der wird irgendwie dafür nicht angeballert, weil es halt gerade geil ist, den Habeck zu bashen. Also da ist halt diese öffentliche Debatte auch einfach sehr schlecht.

00:19:49.41
Stefan Sasse
Ja, da trägst du bei mir so ein bisschen Eulen nach Athen, weil ich beklag diesen Mangel an Wirtschaftsstrategie ja schon länger. Dass ich einfach so das Gefühl hab, da ist einfach gar nichts. Es wäre ja eine Sache, wenn ich mich darüber beklagen könnte, dass die deutsche Wirtschaftsstrategie schlecht wäre oder so. Aber mein Gefühl ist immer, da ist einfach gar keine. Und zwar ganz bewusst nicht quasi. Also das ist als was,

00:20:12.38
Stefan Sasse
Anstößiges gilt, sich sozusagen in die Richtung irgendwelche Gedanken zu machen, dass da ein richtiges Tabu auch drauf liegt. Diese ganze Vorstellung von Industriepolitik, dass man quasi sagt, wir wollen Branche XY haben und wir müssten uns jetzt quasi Gedanken machen, wie wir das, wie du das nennst, das Ökosystem herkriegen. Das scheint etwas zu sein. Das ist im wahrsten Sinne, das Wort ist undenkbar in weiten Teilen unserer Politik.

00:20:18.75
Marco Herack
Mhm.

00:20:41.80
Stefan Sasse
Einfach weil da ideologische Überzeugungen dahinterstehen. Das ist das, was ich vorher meinte, mit diesem Freihandel und so weiter. Man hat jetzt einfach 20, 30 Jahre lang ist man davon ausgegangen, dass der Staat eben sich auf gar keinen Fall einmischen darf, dass das auf jeden Fall zu schlechten Ergebnissen führt und so weiter und so fort. Und jetzt steht man das so ein bisschen blank da, weil man halt auch kein Alternativrezept dafür hat.

00:21:06.20
Stefan Sasse
Also es ist ja schön, wenn ich sage hier, wir sollen nicht subventionieren und wir sollen keine Zölle erheben und so weiter. Aber auf der anderen Seite steht da ja keine Überlegung, wie man das hinkriegen soll. Da wird dann zwar rituell quasi die Macht des Marktes oder die Kraft freier Märkte oder sowas beschworen. Aber wie quasi von dieser Beschwörung zu einer fertigen Fabrik auf die Lüneburger Heide kommen soll, da sind wir unklar.

00:21:34.64
Marco Herack
Ja, mehr kann ich dazu fast schon nie sagen. Ich glaube, wirklich der erste Schritt wäre zu sagen,

00:21:45.63
Marco Herack
Was ist uns wichtig? Der zweite Schritt wäre zu sagen, was schaffen wir? Und der dritte Schritt, wen können wir damit einbinden? Und da ist natürlich die erste Idee immer die Europäische Union und die zweite Idee dann die anderen Partner, die man so hat. Also es gibt ja auch noch Japan, es gibt die USA, auch wenn das unter Trump sicherlich schwierig wird.

00:22:06.22
Marco Herack
Aber am Ende sind wir ja noch in einer gewissen Wertegemeinschaft und diese Wertegemeinschaft, die sich ja dann über Staaten definiert auch, müsste da halt mehr zusammenarbeiten.

00:22:21.60
Marco Herack
Und es sind ja manchmal auch so Sachen, an die man gar nicht denkt. Also so eine deutsche Autoindustrie ist zum Beispiel ein großer Abnehmer von Sensorik und ähnlichem, was man dann auch immer wieder mal in der Waffenindustrie findet. Also da gibt es einfach Überschneidungen auch von Branchen. Das heißt, wenn wir die deutsche Autoindustrie kaputt machen, haben wir auch sicherheitstechnisch

00:22:43.51
Marco Herack
die eine oder andere Fragestellung zu bewältigen. Also das sind recht weitreichende Konsequenzen. Also Rheinbeteil hat nicht umsonst eine Automobilzulieferersparte.

00:22:54.80
Stefan Sasse
Jetzt sind wir wieder bei der fehlenden Strategie, dass das alles auch überhaupt nicht gesehen, nicht diskutiert wird, dass diese Interessen bestehen letzten Endes. Ich habe immer das Gefühl, das gilt als schmutziger, da ist ein Tabu drauf, eine generelle Undenkbarkeit sozusagen. Und ich kann ja durchaus zu dem Ergebnis kommen nachher.

00:23:15.78
Stefan Sasse
dass es quasi nicht gut ist, wenn der Staat da direkte Subvention macht. Da habe ich ja grundsätzlich erstmal kein Problem damit, aber ich brauche halt irgendeine Antwort drauf. Und gerade auf diese Frage mit der Reaktion auf die unfairen Handelspraktiken der Chinesen,

00:23:34.55
Stefan Sasse
Da gab es halt lange Zeit echt gar nichts irgendwie. Da hat man, glaube ich, irgendwie drauf gehofft, dass sich das von alleine löst oder das ist einfach kein Thema. Also ich bin etwas unsicher und muss jetzt so hoppla hopp mit diesen Zöllen da drauf reagieren, wo die EU sicher auch uneins ist. Also diese Abstimmung, die ging ja zwar für die Zölle aus, aber die war ja weit von einheitlich entfernt.

00:23:45.38
Marco Herack
Ja.

00:23:59.36
Marco Herack
Ja, was halt auch daran liegt, dass die führenden Nationen sich da auch nicht einig waren. Also Frankreich wollte sie und Deutschland nicht. Und in Deutschland besteht bei solchen Sachen halt auch immer Angst. Also wenn man mal diese Diskussion da verfolgt hat, das war ja quasi eine Selbstdemontage ohne Ende. Man hat nach außen gespiegelt, dass man sich vor chinesischer Vergeltung mehr fürchte, als quasi seinen eigenen Standpunkt dadurch zu setzen.

00:24:29.19
Marco Herack
Sicherlich gibt es da auch Interesse in der Automobilindustrie und das ist ja auch alles legitim, aber von der politischen Führung müsste man da schon Klarheit verlangen. Und die fehlt halt, also die fehlt ja in sehr vielen Dingen diese Klarheit. Und das liegt nicht an der Ampel an sich, sondern die war unter Merkel auch nicht da.

00:24:49.56
Marco Herack
Und ja, also da muss man vielleicht mal zum Psychologen gehen und die Ängste abbauen, die man da so hat und lernen irgendwie den eigenen Standpunkt zu vertreten. Ich verstehe das ja nicht so ganz. Das scheint mir in vielerlei Hinsicht auch ein sehr deutsches Problem zu sein, was sich dann aber auch in der EU widerspiegelt. Und es ist halt kein Zufall, dass Deutschland auch innerhalb der EU massiv an Einfluss verloren hat in den letzten Jahren. Also genau deswegen.

00:25:17.12
Stefan Sasse
Also das siehst du in direktem Zusammenhang sozusagen. Also ist es dann, weil wir uns mit unserer Position isolieren oder ist es, weil wir gar nicht in der Lage sind, unsere Position durchzusetzen?

00:25:29.62
Marco Herack
Ja, weil wir oftmals gar keine Position haben. Also was die FDP da teilweise gemacht hat, war ja selbst interne Beschlüsse der Regierung zu sagen, wir gehen jetzt den und den Weg mitzutragen und dann irgendwie eine Woche später zu kommen, ach nee, jetzt sind wir doch dagegen in der EU und damit dann wieder alles neu aufzumachen.

00:25:50.35
Marco Herack
Das ist das eine, das andere ist aber, dass zum Beispiel Kanzler Scholz hat sich jetzt beispielsweise nie groß

00:26:02.60
Marco Herack
um die EU gekümmert in der Form. Da gab es ein paar Kleinigkeiten, aber das war nie seine Priorität dort als Deutschland Führung aufzubauen, sich zu koordinieren. Auch die neuen Machtverhältnisse im Sinne von die osteuropäischen Staaten sind auch da und haben eine Meinung.

00:26:22.04
Marco Herack
anzuerkennen und da Brücken zu bauen, das hat er ja alles ignoriert. Frankreich, Macron mochte halt nicht, also hat man sich da mehr gekappelt. Das war ja teilweise eine Katastrophe. Und ich wundere mich immer, dass da so auf dem Habeck rumgehackt wird, aber ich glaube, über die anderen beiden Protagonisten in der Ampel hat man da auch sehr viel zu sagen. Und diese, so wie wir da stehen, kommt ja nicht von ungefähr und durch Einzelpersonen.

00:26:51.08
Stefan Sasse
ist jetzt vielleicht ein bisschen ein Seitenthema, aber denkst du, das hätte, wäre mit einem Kanzler Laschet anders gelaufen?

00:26:56.33
Marco Herack
Ach du, das weiß man nicht. Das liegt auch an der Art, wie der Koalition sind. Also ich glaube, niemand hätte vorweg wirklich erwartet, dass die FDP das ideologisch so durchzieht. Also dass sie, obwohl die

00:27:14.14
Marco Herack
Quasi Zustimmungsraten, Viaumfragen und auch Ergebnisse in den Landtagswahlen permanent sinken bei dem, was sie tut, einfach bleibt und dann einfach versucht mehr davon zu tun. Das ist ja auch nicht unbedingt eine logische Reaktion darauf. Also das ist eine Spekulation, weiß ich nicht. Schwarz-Grün hätte vielleicht mehr Konsistenz gehabt.

00:27:36.08
Stefan Sasse
Okay. Ja, das ist ziemlich sicher, aber das stand ja seinerzeit nicht in den Karten. Und jetzt irgendwie auch nicht. Ich meine, erneut, das führt uns ein bisschen vom Thema weg, aber ich habe auch dieses Gefühl, schwarz-grün wäre eigentlich gerade die natürliche Regierungskoalition, aber da ist diese ziemlich irrationale Ablehnung da, aber erneut anderes Thema.

00:28:00.65
Marco Herack
Es ist nicht ganz weg vom Thema, weil im Grunde braucht es eine politische Konsistenz und die sehe ich nicht.

00:28:10.09
Marco Herack
Wir sagen das immer so leicht, da muss sich jemand mal hinsetzen und sich einen Kopf machen und eine Gesamtstrategie. Aber wir haben ja unter Merkel, haben wir immer, das hat sie jetzt in ihrem Buch auch noch mal wunderbar bestätigt, eine Politik des Möglichen. Das heißt keine Politik, die irgendwie im Großen denkt und versucht, etwas zu erreichen, sondern eine Politik, die das Mögliche umsetzt. Und damit bist du natürlich führungslos.

00:28:34.24
Marco Herack
Und mit der Ampel haben wir das im Grunde als Fortsetzung gehabt. Nur etwas explosiver, weniger ruhig, weniger betäubend. Und aus dem müssen wir rauskommen. Deswegen habe ich gerade auch gesagt Konsistenz. Also diese Schwarz-Grün als konsistentere Variante von Politik.

00:28:42.81
Stefan Sasse
Vielen Dank.

00:28:55.50
Marco Herack
ist aktuell tatsächlich das einzige, wo ich noch so ein bisschen Hoffnung sehen würde, weil wenn ich mir vorstelle, dass die CDU sich jetzt wieder mit der SPD einigen muss, wir erinnern uns an die Zeiten der Großen Koalition, wüsste ich jetzt nicht, wo da diese Konsistenz herkommen soll. Und davon ausgehend über alle außenpolitischen Sachen, über die wir da reden oder auch über alle außenwirtschaftlichen Sachen,

00:29:21.21
Marco Herack
Dafür braucht es halt diese Konsistenz. Das kannst du nicht in drei, vier Jahren denken. Die Chinesen haben das über Jahrzehnte gedacht, was sie da aufgebaut haben. Wir im Westen auch. Allerdings war das eine viel einfachere Entscheidung. Wir lassen mal alle machen. Sondern gucken wir, was dabei rauskommt. Also das ist ja tatsächlich keine Steuerung, die irgendeinen Aufwand erfordert.

00:29:36.51
Stefan Sasse
Ja.

00:29:42.96
Marco Herack
Die Chinesen haben da aber sehr gut drauf hingearbeitet. Ich glaube auch, dass sie sich in den Kopf gemacht haben. Und ich sehe, was die Wirtschaftspolitik in China betrifft, das ist zwar alles wesentlich langsamer als, in Anführungszeichen, die Märkte sich das erhoffen. Aber es gibt ein stetses Reformen,

00:30:03.88
Marco Herack
Begehren und auch Umsetzung dieser Reform. Und es ist nicht alles verkehrt und sozialistisch was die da treiben oder kommunistisch, sondern das sind Marktreformen, die durchaus Sinn ergeben und die China auch in gewisser Weise stärken.

00:30:22.19
Marco Herack
Und dadurch wird dort keine Diktatur aufhören, aber es gibt eine Marktsteuerung. Und diese Marktsteuerung ist dann aber weitestgehend zum Vorteil der chinesischen Unternehmen. Das muss man halt auch sehen, die dann wiederum mit dieser Marktpower, die sie aus diesem Riesenmarkt China gewinnen, die erinnern, dann in die Welt hinausgehen.

00:30:43.30
Marco Herack
Und daraus ergeben sich ja alle Folgeprobleme. Und darüber muss man sich halt als Politik Gedanken machen. Und da können wir halt nicht über Bürgergeld streiten und dass wir jetzt auch noch die letzten 10.000 Leute irgendwie in Arbeit kriegen, die das verweigern. Das sind halt die falschen Diskussionen.

00:31:02.23
Stefan Sasse
Ich habe immer so das Gefühl bei der deutschen strategischen Diskussion an der Stelle, wir haben das so ein vulgär Schmittianismus, mit diesem wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Diese Vorstellung, dass das ganz fui bä ist, solche Zukunftsplanungen überhaupt.

00:31:19.13
Stefan Sasse
anzugehen. Und ich komme immer wieder auf den gleichen Punkt heraus, dass das einfach undenkbar ist, dass da Hürden und Blockaden in dem gesamten öffentlichen und politischen Diskurs sind. Und auf der anderen Seite hast du dann eben sowas wie Frankreich, die solche Sachen zwar ständig raushauen, aber halt erstens auch mit der ganzen Beständigkeit eines Macron, also der macht zwar ständig große Visionen, aber die gehen in unterschiedliche Richtungen,

00:31:46.10
Stefan Sasse
Und zum zweiten halt auch immer mit einem so offensichtlichen, das dient uns als Frankreich Vibe da drin, dass da sich auch niemand dranhängen kann, gefühlt.

00:31:57.53
Marco Herack
Ja, aber das wäre ja ein europäischer Aushandlungsprozess. Man geht ja da durchaus mit Gedanken für sich selber rein und findet dann eine europäische Lösung. Und dieser Prozess, den Macron ja im Grunde schon unter Merkel begonnen hat, also er hat ja schon unter Merkel immer wieder dieses Angebot gemacht, zu sagen, lasst uns Europa anders aufstellen. Er war auch derjenige, der gesagt hat, die NATO ist Hirntot und nachdem was wir da sehen, war sie das auch.

00:32:29.78
Marco Herack
Es gab die Angebote, es gab das Bestreben und Macron hat da bei aller Wankelmütigkeit, die er so hat, durchaus die richtigen Worte gefunden. Es hat halt in Deutschland nie verfangen, unter Merkel nicht, aber auch unter Scholz nicht.

00:32:44.58
Marco Herack
Und jetzt kommt halt Friedrich Merz, muss man vielleicht dazu sagen, ich bin kein CDU-Fan, aber irgendwie kommt jetzt auf einmal der Merz und sagt, naja, dann lass uns mal hier Weimarer Dreieck und so weiter. Und fängt da schon mal an, die Leute zu treffen, sodass man auch die Konturen sehen kann.

00:33:07.52
Marco Herack
Das ist schon erstmals jetzt eine andere Sprache. Und es ist glaube ich eine sehr interessante Sache, dass wir als Deutschland, das ja ein Kernland der EU war, gerade unter Merkel, die ja eigentlich als explizit europäische Kanzlerin auch immer galt, im Grunde unsere eigene Stellung in der EU überhaupt nicht genutzt haben, sondern sie eher abgeschafft haben.

00:33:34.87
Marco Herack
Obwohl wir jetzt eine Kommissionspräsidentin schon in der zweiten Runde stellen. Aber das hilft uns ja auch nicht weiter.

00:33:41.07
Stefan Sasse
Du brauchst halt, du musst halt irgendwas mit der Macht machen, die du da hast. Und Deutschland ist irgendwie sehr gut, gerade da drin so ein Vakuum entstehen zu lassen. Und da gehen dann eben gegebenenfalls andere Leute rein.

00:33:54.26
Stefan Sasse
und wird sich zeigen. Aber ja, ich meine Außenpolitik, das ist wirklich so ein Thema, da ist die SPD einfach super schlecht aufgestellt. Und deswegen meine ich, das sind die Parallelen und die Gemeinsamkeiten zwischen Schwarz und Grün deutlich größer. Das hatte jetzt, glaube ich, Merz war es ja selber, der das gesagt hat, dass sie da deutlich mehr Gemeinsamkeiten mit den Grünen haben als mit der SPD.

00:34:17.70
Stefan Sasse
Und, eingedenkt dessen, welche Bedeutung, und da sind wir dann jetzt wieder bei dieser ganzen Zollgeschichte, der Umgang und das Neuaufstellen einerseits Deutschlands, aber andererseits auch der EU in Zukunft hat, finde ich halt, da ist die SPD ziemlich sackgassig unterwegs. Wir haben das auch in der ganzen Ukraine-Geschichte gesehen, wo die nicht in der Lage waren, irgendeine kohärente Position hinzukriegen und wo sie hauptsächlich stolz darauf waren, an jeder Ecke zu bremsen sozusagen.

00:34:43.70
Marco Herack
Vielleicht fangen wir mal bei Donald Trump an in Sachen Zöllen, weil ich glaube die wichtigste Feststellung ist, das wird jetzt nicht mehr weggehen. Also das ist eine grundsätzliche Veränderung in der US-Politik, die auch von den Demokraten mitgetragen wird. Also Biden hat jetzt ja auch gerade nochmal neue Zölle gegenüber China verhängt.

00:35:08.92
Marco Herack
Also das ist nichts, von dem wir ausgehen dürfen, dass sich diese Lage ändert, jedenfalls nicht in naher Zukunft. Das heißt, man hätte jetzt schon drei Jahre darüber nachdenken können, auch mit dem Sehen, dass das Biden ja auch Sachen gemacht hat in diesem Inflation Reduction Act, die nicht gerade sehr europafreundlich waren.

00:35:32.38
Marco Herack
diese Geschichten, dass es da nur US-Produktion gefördert wird bei Batterien und Elektroautos. Das sind ja schon Sachen, die europäische Konzerne sehr stark getroffen haben, wo sie auch ihre Lieferketten begonnen haben zu verändern.

00:35:51.12
Marco Herack
Das wird sich nicht mehr ändern. Das heißt, wir müssen jetzt überlegen, wie verhalten wir uns in dieser neuen Welt. Und die Hoffnung ist irgendwie immer, naja, China, wenn die dann wieder wachsen und dann ihren Stimulus machen nächstes Jahr, da wird es uns dann auch besser gehen. Und dann kommen wir aus dieser misslichen Lage irgendwie schon raus. Aber das ist natürlich keine Strategie, weil man dann auch befürchten muss, dass Donald Trump irgendwann hergeht und sagt, naja, Leute, also

00:36:19.84
Marco Herack
Ihr könnt ja gerne in der NATO bleiben und wir helfen euch, aber dann müsst ihr uns auch gegenüber China helfen. Und es ist eigentlich völlig klar, dass die NATO sich wird auch um Asien kümmern müssen in naher Zukunft. Das heißt, wir stehen vor so einer Situation, wo wir sehr starke Investitionen in Militär haben werden. Das wird auch Arbeitsplätze schaffen, das ist nicht ganz verkehrt.

00:36:43.71
Marco Herack
Wir werden aber auch sehen, dass diese Sache mit der Produktion in China oder und oder in Südostasien, also in den Ausweiszonen, auch kein Selbstläufer mehr sein wird. Das heißt, die Unternehmen sind ja noch zusätzlich davon bedroht, dass sie jetzt Investitionen in Regionen machen, die sie in zwei, drei Jahren vielleicht gar nicht mehr für Produktionen nutzen können, weil überall die Zölle hochgefahren worden sind. Dann verlieren die ja auch noch mal zusätzlich Geld und müssen

00:37:13.88
Marco Herack
Geld investieren in Produktion in anderen Orten. So von daher sehe ich jetzt aktuell noch nicht, dass die Politik in Deutschland und oder Europa sich wirklich darauf eingestellt hat, aber auch mit der Überlegung, wie man denn wirtschaftlich dann damit umgeht. Weil das stellt die Wirtschaft in Anführungszeichen ja dann doch vor sehr starke Herausforderungen auch finanzieller Natur.

00:37:43.54
Stefan Sasse
Ok, angenommen du wärst jetzt quasi in einer Position, dass du vielleicht nicht entscheidest, aber doch zumindest stichwortgebend sozusagen bist, für wer auch immer da in Deutschland künftig zuständig ist. Was ist sozusagen die Strategie, die wir fahren sollten? Also was machen wir? Wir haben jetzt schon ein paar Mal festgestellt, irgendwas müssen wir tun. Und es wird auch nicht mehr weggehen. Also die USA fahren diese eher protektionistischere Politik.

00:38:10.17
Stefan Sasse
Von daher müssen wir das auch tun. Müssen wir quasi einen europäischen Wirtschaftsblock bauen. Müssen wir versuchen, uns an die USA ranzuhängen. Oder sagen wir, fuck it, wir werden jetzt die neue Außenstelle von China. Also in welche Richtung geht das sozusagen?

00:38:24.55
Marco Herack
Ich glaube nicht, dass wir uns aktuell zwischen einem der Blöcke entscheiden müssen. Wir hängen halt mehr an den USA dran. Das sind Fragen der militärischen Sicherheit, gerade jetzt mit dem Krieg in der Ukraine. Deswegen ist die USA da mehr gesetzt als China. Wir müssen aber schon gucken, dass wir so eine gewisse Offenheit gegenüber China behalten. Das ist halt unser wichtigster oder zweitwichtigster

00:38:52.45
Marco Herack
Handelspartner, da kommen wir auch nicht raus. Also für Deutschland ist aktuell USA der wichtigste. Wenn allerdings Trump dann anfängt, irgendwelche Zölle da auf europäische Waren rauszuballern, dann kann sich das ja auch ändern.

00:39:09.22
Marco Herack
So und dann erst sind wir in dieser Zwickmühle zu entscheiden, wie gehen wir damit um. Das heißt also die Strategie muss ja erstmal grundsätzlich sein, dass man möglichst offen gegenüber China bleibt, aber auch beginnt seinen Standpunkt klar zu machen. Und die Ausgleichszölle, es sind ja keine Strafzölle wie oftmals gesagt wird, sondern es gleicht eine Ungleichheit aus.

00:39:32.21
Marco Herack
Das ist der Beginn dieser Entwicklung des Standpunktes.

00:39:40.38
Marco Herack
Und daraus ableitend wäre ja eigentlich die Aufgabe, Einigkeit in der EU zu schaffen. Und selbst wenn man das nicht mit allen hinbekommt, weil in Orban halt immer irgendwie den Arbitrage-Trade fährt, ich mecke in der EU und hole mir dann Geld aus Russland und China zusätzlich, dann muss man trotzdem eine größtmögliche Einigungsmasse herstellen.

00:40:04.77
Marco Herack
Was Deutschland betrifft ist für mich aber auch klar, dass wir diese chinesischen Autos brauchen. Nicht nur, weil wir irgendwie die Elektrifizierung des Automarktes wollen, sondern weil die deutschen Unternehmen so dermaßen lahm sind und nicht in die richtige Richtung wanken.

00:40:09.62
Stefan Sasse
Vielen Dank für's Zuschauen.

00:40:20.62
Marco Herack
dass sie halt diese Konkurrenz brauchen. Und die Konkurrenz aus China macht denen ziemlich Beine. Also die haben jetzt richtig Angst und beginnen zu investieren. Nicht, weil wir CO2-Bepreisungen machen, nicht weil wir sagen, dass Verbrenner auskommen. Nee, es ist der Konkurrenzdruck am Ende. Das ist halt auch eine Wahrheit.

00:40:40.59
Marco Herack
Und da wird man sicherlich überlegen müssen, ob CO2-Bepreisung dann noch ein Weg ist, dass man also den Unternehmen Geld wegnimmt, während sie investieren müssen. Das ist eine Diskussion, die ich für 2025 erwarte. Sie deute sich jetzt auch schon im Wahlkampf an. Es gibt ja diese

00:41:03.10
Marco Herack
Es gibt ja nicht nur die CO2-Bepreisung, sondern dann auch noch die Emissionen, die da bei den Automobilherstellern rechtlich in Frage stehen, also wo dann auch nochmal Strafen oben drauf kommen. Also das ist so ein Gesamtkomplex, den man sich einfach heute angucken muss. Dann ist die Frage aber grundsätzlich...

00:41:20.06
Marco Herack
Was sind die wichtigen Branchen? Und Automobil gehört für Deutschland dazu. Behört übrigens auch für Ungarn dazu, weil viele Fabriken und Fertigungen halt auch in Ungarn stattfinden und in Osteuropa. Und das ja auch ein Leverage ist, das man mal ausspielen könnte. Aber das ist eine wichtige Branche. Und dann ist halt die Frage, was ist noch? Also Verteidigung natürlich.

00:41:42.57
Marco Herack
Wenn wir über künstliche Intelligenz reden, dann mag das vielleicht wichtig sein, aber da werden wir in Deutschland, wenn wir da nichts haben, haben wir da nichts. Das ist eine Frage für Europa. Das muss europäisch koordiniert werden. Da können wir jetzt nicht anfangen, unsere eigenen Firmen aufzubauen.

00:42:02.99
Marco Herack
Bei der Ship-Produktion haben wir ja in Dresden schon mal ein Ökosystem, das man erweitern kann und da würde ich viel kleiner denken. Nicht so Intel-mäßig, sondern ich würde in den kleineren Unternehmen denken. Was sind wirklich wichtige Bereiche, die wir brauchen?

00:42:21.75
Marco Herack
Brauchen wir als Deutschland Cutting Edge, also brauchen wir Intel oder brauchen wir es als Europa? Wenn wir es als Europa brauchen, müsste das nicht europäisch koordiniert sein. Warum muss dann Deutschland alles machen? Also so müssen wir halt die Branchen durchgehen und so würde ich sie durchgehen. Was ist uns wichtig? Was können wir leisten? Und wenn wir es nicht leisten können, würde ich halt immer gucken, ob man es auf europäische Ebene heben kann.

00:42:47.65
Marco Herack
Und das ist aber ein grundsätzlicher Umschwung in der Politik. Das haben wir aktuell nicht, dieses Denken. Nicht mal in der Verteidigungspolitik, die ja naheliegend ist, haben wir das aktuell. Da fängt das langsam an. Und das ist auch ein gutes Zeichen, dass das da anfängt. Aber es braucht ein grundsätzliches Neudenken von Politik in diesen Bereichen.

00:43:12.50
Stefan Sasse
Ja, das ist immer das große Thema in Deutschland. Wir kommen immer bei dem gleichen Punkt raus mit diesem von wegen Strategie und das müsste man überhaupt erst mal akzeptieren, dass das okay ist sozusagen.

00:43:28.18
Marco Herack
Ja, aber das ist ja wirklich der Punkt. Also wenn man politisch sagt, ich sehe das anders und ich akzeptiere das nicht und der Markt muss das regeln und ich mache da zwei, drei Fabriken hin und dann wird das schon, dann wird das Ergebnis halt eben so sein, wie es ist. Und man kann aktuell schwer klare Maßnahmen ableiten.

00:43:48.97
Marco Herack
wenn das grundsätzliche Denken noch nicht mal da ist, dass man die sehen könnte. Weil jede Einzelmaßnahme, die umgesetzt wird, wird am Ende dazu führen, dass sie potenziell scheitert oder bei Weiben nicht das beiträgt, was sie gedacht beitragen sollte.

00:44:04.79
Marco Herack
solange nicht dieser grundsätzliche Schwenk in der Ausrichtung da ist. Und das ist für Deutschland als größtes Wirtschaftsland in der EU vielleicht auch schwerer, weil, naja, man würde ja gerne alles bestimmen und man ist ja wirtschaftlich so stark und warum braucht man überhaupt Hilfe? Aber das ist halt nun mal die Realität und der Fun-Fact an der ganzen Sache ist, dass das eigentlich auch seit Jahrzehnten der Grund für Europa war.

00:44:05.23
Stefan Sasse
Copyright WDR 2021

00:44:34.07
Marco Herack
Man hat immer gesagt, wir brauchen diesen Wirtschaftsblock Europa.

00:44:37.81
Marco Herack
Wir brauchen den, weil nur so können wir zwischen China und den USA bestehen. Und die Umsetzung hapert aber irgendwie. Also da geht es nicht voran. Das wird nicht allgemein gedacht. Es gibt nur diese Regulierungswut, das ist dann quasi die Ausweichhandlung, dass man alles versucht, europäisch zu regeln, damit es einheitlich ist dann mit Abstrichen, also der Umsetzungsdifferenzen. Aber

00:45:06.54
Marco Herack
Es braucht jetzt halt den nächsten Schritt. Und von dem ausgehend kann man dann auch konkret sagen, wie es gehen wird. Und ich finde, Friedrich Merz hat da jetzt schon mal, als er da angefangen hat, das Sicherheitspolitik, sozusagen das Weimarer Dreieck muss zurück. Das ist ein erster Schritt dahin, dass die EU-Kommission jetzt in Sachen Rüstungsindustrie eine Koordination aufbaut, ist ein erster Schritt dahin.

00:45:33.20
Marco Herack
Und das wird jetzt ganz hart erkämpft werden müssen, dass man daraus weitere Schritte ableitet. Da wird es Unternehmen geben, an denen mehrere Staaten beteiligt sind. Ein Beispiel aus der Raumfahrt.

00:45:58.28
Marco Herack
Da ist es ja aktuell so, da gibt es irgendwie einen Topf an Geldern, da schmeißt jeder was rein und dann kriegt er aber auch anteilig wieder Gelder zurück ins Land, die dann von Unternehmen vor Ort dann umgesetzt werden und produziert werden, weil da jeder irgendwie seine Arbeitsplätze und Technik und so weiter haben will. Das sind halt Sachen, die in der Form wahrscheinlich nicht haltbar sind, weil das einfach nicht effizient genug ist.

00:46:23.63
Stefan Sasse
Aber das höre ich jetzt in Sachen Verteidigung ja auch schon echt lang. Das ist so ein ganz großes Problem der europäischen Verteidigungspolitik auch und irgendwie ändert sich da trotzdem aktuellen Druck ja eher wenig. Also Kooperation im europäischen Rüstungswesen oder sowas. Das bleibt ja schon so ein bisschen der weiße Wal, den man zwar immer verfolgt, aber der nicht näher zu kommen scheint.

00:46:47.11
Marco Herack
Es läuft noch nicht so, wie man sich das grundsätzlich vorstellen würde. Normalerweise würde man sagen, man fusioniert da Unternehmen und dann wird das schon irgendwie. Aber die Strategie aktuell scheint eher zu sein, man gründet neue Unternehmen, Joint Ventures zwischen verschiedenen Staaten.

00:47:02.46
Marco Herack
Es sind ja schon einzelne Unternehmen, an denen dann Staaten beteiligt sind, die dann aber entsprechend zugeordnet sind und darüber findet das eher statt. Also das ist so ein verdecktes Zusammenwachsen, würde ich sagen. Und das ist natürlich alles ein sehr langfristiger Prozess. Also wir reden da halt nicht über die vier Jahre, wo jemand gewählt ist, sondern wir reden halt wirklich über 20, 30 Jahre.

00:47:15.62
Stefan Sasse
Oh, okay.

00:47:27.21
Marco Herack
Das ist interessanterweise auch genau der Zeitraum, innerhalb dem sich Lieferketten verändern. Lieferkettenprozesse sind immer Prozesse über Jahrzehnte. Donald Trump wird das jetzt mit den Zöllen wieder beschleunigen, weil die Unternehmen ja darauf reagieren müssen.

00:47:46.10
Marco Herack
10 Jahre, nicht 30. Aber man baut diese Fabriken halt auch nicht einfach mal so hin und man siedelt Produktion nicht einfach mal so an, sondern das dauert alles etwas länger. Von daher gibt es auch in der Wahrnehmung, die man dann hat,

00:48:07.76
Marco Herack
Es gibt selten mal so einen großen Bang, wo man sagt, jetzt haben wir mal was geschafft, sondern das ist ein sehr schleichender Prozess, den man immer wieder explizit sichtbar werden lassen muss, um ihn noch wahrzunehmen.

00:48:19.99
Stefan Sasse
Wie muss ich mir das denn dann eigentlich konkret vorstellen? Also was ist denn da dann die Rolle des Staates in diesem Prozess? Wenn wir sagen, wir brauchen diese Ökosysteme etc., läuft es über Subventionen? Läuft es über, ich weiß nicht, steuerliche Anreize? Was macht man über? Was ist denn der strategische Werkzeugkasten, den wir da überhaupt zur Verfügung haben?

00:48:42.58
Marco Herack
Grundsätzlich ist es erstmal die Entscheidung, was will ich. Und von dort ausgehend gibt es im Grunde einen riesigen Werkzeugkasten, da kannst du alles Mögliche machen. Du kannst politisch begleiten, das Unternehmen fusionieren. Das sieht man ja zum Beispiel an der Commerzbank, dass man das politisch begleiten oder eben auch verhindern kann.

00:49:03.36
Marco Herack
Man kann natürlich steuerliche Anreize setzen. Das Problem mit steuerlichen Anreizen ist halt immer, da muss auch erstmal jemand Geld verdient haben. Also wenn ich da eine Fabrik hinstelle, die da neu ist, dann hat die erstmal noch nichts verdient, sodass sie da von den Steuervorteilen was genießen könnte. Also da muss man dann genau hingucken, ob das überhaupt sinnvoll ist.

00:49:31.31
Marco Herack
Man kann natürlich Subventionen geben für die Ansiedlung oder für diverse andere Dinge, also das ist glaube ich immer das politisch beliebteste, was gemacht wird. Ich denke aber auch, dass es halt ein klares Commitment braucht, ein verlässliches Commitment, weil

00:49:55.92
Marco Herack
zu sagen, wir subventionieren hier jetzt was, ist kein klares Commitment. Das ist eine Einzelmaßnahme. Und mein Beispiel, wenn du so eine Cutting-Edge-Technologie ansiedeln willst, da gibt es so diverse Berechnungen, da kann man dann sagen, naja, wenn man dauerhaft, also nicht nur diese eine Generation, sondern wenn man die dauerhaft haben will in der Region, dann kostet das über die Zeit 50 Milliarden.

00:50:21.41
Marco Herack
Also reden wir halt nicht über 10 Milliarden für den Fabrikbau, sondern das, was noch drum herum gehört und das ständige Reinvestieren darin. Das heißt also, die 50 Milliarden sind eigentlich nur die Schaffung des Ökosystems für diese eine Fabrik und dann geht es fröhlich weiter. Weil es wird ja in der Region weiterhin nicht profitabel sein.

00:50:43.35
Marco Herack
So deswegen muss man da halt erstmal grundsätzlich dieses Commitment haben und den Unternehmen sagen, pass auf, wir finanzieren das dann eben auch weiter. Und man bräuchte halt die Überlegung, was kann man denn hier profitabel aufbauen und genau da rein fördern.

00:51:01.41
Marco Herack
Also vielleicht mal ein Beispiel alter Natur. Wir diskutieren sehr viel darüber, ob wir hier unsere Solarzellen selber aufbauen müssen, Solarzellenproduktion in Deutschland. Also wenn China das so billig macht und der andere Partner USA das auch mittlerweile aufbaut, ist ja vielleicht die Frage, ob nun unbedingt wir in Deutschland jetzt auch noch so eine Solarzellenproduktion aufbauen müssen.

00:51:27.86
Stefan Sasse
oder ob wir sie einfach kaufen.

00:51:29.62
Marco Herack
Genau. Und ob das wirklich etwas ist, was wir nicht bekommen werden. Im Zweifelsfall. Weil das wage ich zu bezweifeln bei Solarzellen. Also so eine Frage. Das andere ist dann natürlich Rohstoffversorgung. Also wenn es Handelskriege gibt und China Rohstoffe dominiert, dann müssen wir halt gucken, dass die Rohstoffversorgung gesichert ist.

00:51:57.00
Marco Herack
Das wird Geld kosten. Und deswegen sollte man das auch nicht als Deutschland alleine tun, sondern eben auch wieder europäisch koordiniert. Also das sind auch Maßnahmen, die gar nicht so offen dastehen. Aber auch das gehört halt dazu. Das andere Thema ist Fachkräfte. Also es braucht ja irgendwo eine Projektion, dass wenn wir jetzt diese ganzen Sachen hier ansiedeln, dass dann auch die Fachkräfte dafür da sind.

00:52:15.69
Stefan Sasse
ist die

00:52:26.10
Marco Herack
Und das fängt dann halt, naja, also wenn wir sagen, wir finanzieren die schulische Bildung in Deutschland nicht gescheit, das ist ja aktuell der Fall, dann brauchen wir die halt von außen, die Fachkräfte. Da muss man sich darauf einstellen, dass man dann halt aus anderen Ländern Leute reinholt. Das will der Deutsche ja auch wieder nicht. Also da muss man halt dann gucken, dass man das selber generiert, die Fachkräfte. Also da sind so ein paar Fragen, da sind sehr widersprüchliche Antworten da.

00:52:57.24
Marco Herack
Aber auch da bräuchte es dann halt eine Entscheidung. Und da muss ich dann auch sagen, wenn die politische Entscheidung ist, naja, wir setzen nicht auf die Schule oder lassen die Schule da weiter verrotten und gehen dann auf die ausländischen Fachkräfte. Da kann man schon verstehen, warum Leute auch wütend werden. Weil es ja im Endeffekt heißt, naja, also ihr seid jetzt nicht das bevorzugte Gut, an dem wir uns orientieren. Das ist für die Politik eine krasse Aussage.

00:53:24.99
Marco Herack
Also damit wird sie halt auch lernen müssen, umzugehen. So, jetzt können wir immer weitermachen, aber ich glaube, das so als Erstindruck reicht das mal ganz gut, oder?

00:53:34.72
Stefan Sasse
Ja, was ich so mitnehme sozusagen, ist wirklich dieses Commitment, was da dahinter steht. Also, dass quasi die Maßnahme an sich gar nicht mal so das Entscheidende ist, sondern mehr der Mentalitätswechsel, dass ich quasi als ein Unternehmen oder so darauf bauen kann, dass unabhängig von der konkreten Maßnahme letzten Endes,

00:53:57.19
Stefan Sasse
Ich sagen kann, der Staat teilt, hat quasi diese Zielrichtung. Die wird laufen für die nächsten XY Jahre, Jahrzehnte. Und ich kann quasi einfach mal drauf bauen, dass meine Lobbyisten und Lobbyistinnen immer einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin im Ministerium haben werden, die grundsätzlich aufgeschlossen sind und in die gleiche Richtung denken. Und wir werden uns dann schon einig, so nach dem Motto. Ist das quasi so die hauptsächliche Richtung, was aktuell vermisst wird?

00:54:20.33
Marco Herack
Mhm. Mhm.

00:54:29.70
Marco Herack
Ja, also Lobbyisten würde ich jetzt vielleicht da nicht mit einbeziehen, weil die haben ja ein ganz klares Ziel und das muss ja sich nicht immer mit meinem Ziel decken. Aber ja, also das Commitment ist erstmal grundsätzlich wichtig. Dann die Infrastruktur. Das habe ich jetzt ein bisschen über Rohstoffe abgedeckt, aber dazu gehören natürlich auch funktionierende Straßen, funktionierender Güterverkehr, Brücken, die nicht bröseln und so weiter.

00:54:58.24
Marco Herack
Also das gehört halt auch dazu. Und Stromversorgung, dass die gesichert ist und alles so ein Kram. Also wenn man eine gute Infrastruktur hat, schützt das vor sehr viele. Wenn man so ein bisschen durch die Welt reist, wird man nämlich feststellen, die meisten Länder haben keine gute Infrastruktur. Da fackeln dann alle paar Monate mal irgendwo die Häuser ab und die Fabriken, weil die Stromleitungen halt scheiße gelegt sind und so weiter.

00:55:25.62
Marco Herack
Also es gibt viele Hebel, die so Grundlagensachen sind. Dazu übrigens auch gehören Grundlagenforschung, wo man auch nicht unbedingt genau sein sollte. Also ich glaube, wenn man es mal vielleicht aufdröselt, die Grund-, die Schaffung der Grundlagen ist das Wichtigste.

00:55:50.98
Marco Herack
zusätzlich zu der Entscheidung, was ich überhaupt alles machen möchte. Und ab dem Punkt sind manche Sachen Selbstläufer, um die man sich dann gar nicht mehr kümmern muss und weil einfach der Wettbewerbsvorteil dieser funktionierenden Infrastruktur sehr groß ist und andere Sachen, die man befördern muss.

00:56:10.83
Marco Herack
Also zum Beispiel die Subvention, die Steuervorteile, Schaffung von Fachkräften und so weiter. Also das ist ja das, was ganz klassische Politikarbeit ist. Und ja, Punkt. Das Problem ist, dass es was kostet.

00:56:30.20
Stefan Sasse
Es klingt doch soweit eigentlich ganz stabil, also überhaupt kein Problem. Wir müssen die Infrastruktur finanzieren.

00:56:37.38
Stefan Sasse
Genau, das meine ich. Ich habe gerade auch den Ironiemodus ausgepackt, weil die Kosten sind ja gigantisch. Wir wollen auf der einen Seite, brauchen wir eine gescheite Infrastruktur. Das heißt, wir müssen am besten eine grüne Energiewende hinlegen. Wir brauchen mehr Strom und der darf weniger fossil sein. Dann müssen wir gucken, dass die Internetinfrastruktur passt. Die Brücken sollten idealerweise nicht zusammenstürzen. Wenn über die Schienen einen Zug irgendwann mal pünktlich fährt, wäre auch ganz gut.

00:57:03.32
Stefan Sasse
Dann haben wir das Thema, dass wir teilweise direkt subventionieren müssen, weil, wie du sagst, manche Sachen sind einfach nicht profitabel. Das ist natürlich gleichzeitig auch wieder ein gigantischer Mentalitätswechsel, weil allein die Vorstellung, dass man ganz bewusst sagt, wir fördern ein absehbar nicht profitables Unternehmen, das ist ja auch wieder ein komplettes Tabu innerhalb von Deutschland. Das heißt, du hast da an so vielen Ecken und Enden im Endeffekt

00:57:32.100
Stefan Sasse
ein erforderliches Umdenken. Ich werfe mal wieder das böse Wort Schuldenbremse in den Raum und die Herausforderungen sind ja quasi gigantisch.

00:57:42.89
Marco Herack
Ja, man kann natürlich sagen, wir schaffen einen Markt. Das meinte ich mit Ökosystem. Wenn man manche Sachen durchkalkuliert, könnte man auf die Idee kommen, wenn man das gescheit strukturiert, würde das auch in Europa laufen. Aber natürlich nicht als Einzelfabrik, sondern wenn man das als Ökosystem aufbaut.

00:58:05.45
Marco Herack
und dann natürlich da auch entsprechend einkauft. Also da muss ja nicht immer direkt Geld fließen, das kann ja auch Abnahmegarantien sein und so weiter und so fort. Also da gibt es ja verschiedene Möglichkeiten. Gerade die Rüstungsindustrie funktionierte zum Beispiel so und so kann man dann halt auch mit einer normalen Schöpfabrik irgendwas ausdehlen.

00:58:25.16
Marco Herack
Die Frage ist dann, ob man die Sachen dann noch verwenden kann und so weiter. Also da gibt's so Folgefragen, und aus dieser Idee der entstehenden Märkte, da kann man ja ganz gezielt darauf hinarbeiten, dass die sich auch selber tragen. Ich finde, die Automobilbranche ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Wir sehen ja in China, dass da sehr viel darauf geworfen wurde, wir wollen jetzt Elektroautos haben. Das hat verschiedene Gründe gehabt, auch wettbewerbstechnischer Natur für die chinesischen Automobilhersteller. Aber das war so eine Grundsatzentscheidung und da haben die Geld drauf geworfen, auch in dem Wissen.

00:59:52.91
Marco Herack
Wenn der Markt dann da ist, dann haben wir die Hersteller, die werden dann Geld verdienen und dann haben wir die Arbeitsplätze und die Produktion und müssen da nichts weiter nachschießen, sondern haben dann sogar noch Steuereinnahmen. Und so kann man natürlich auch denken. Man muss dann nur, wenn man das als Deutschland macht, berücksichtigen, dass Deutschland selber nicht China ist. Das ist ein kleiner Markt. Deswegen auch immer wieder mein Plädoyer. Man muss da zumindest mal europäisch denken.

01:00:24.34
Stefan Sasse
Okay, verstanden, soweit. Dieses Ökosystem als Stichwort, ich glaube, das ist was, das wird mich noch eine ganze Weile mit begleiten. Wenn ich quasi die Quintessenz aus unserem Gespräch jetzt rausnehmen müsste, das ist das, was ich vorher nicht so wirklich auf der Pfanne hatte und wo ich sagen würde, dass das tatsächlich der relevante Punkt ist.

01:00:43.73
Stefan Sasse
Und da, um quasi den endgültigen Bogen zurückzustangen, das ist ja das, wo letztlich dann auch die Zölle wieder helfen können auf der einen Seite. Und eben auch die Herausforderungssinnen mit den Lieferketten und dem ganzen Kram, weil die da interferieren und wo man dann eben auch wirklich gesamtheitlich denken muss.

01:01:01.01
Marco Herack
Aktuell machen wir ja nur Ausgleichszölle gegenüber China. Es gibt jetzt so die ersten Überlegungen, die in diese Richtung gehen, wenn chinesische Autohersteller hier Fabriken aufbauen wollen, dann müssen sie auch irgendwie Partnerschaften mit europäischen Unternehmen machen oder ein Technologietransfer, also das, was wir früher gemacht haben, nur andersrum.

01:01:28.22
Marco Herack
Und ich glaube, ab einem gewissen Punkt wird dann halt auch die Frage sein, ob es Schutzzölle gibt. Ich bin der Sache nicht so hundertprozentig abgeneigt, weil

01:01:42.65
Marco Herack
aus meiner Sicht schon Industriearbeitsplätze halt eben das sind, was die meiste Wertschöpfung in der Wirtschaft schafft und wir nicht darauf verzichten können auf diese Industriearbeitsplätze. Aufgrund des Skalierungsproblems gegenüber China wird es aber auch immer teurer sein, in Europa zu produzieren. Also du kannst ja anfangen beim Strom, der da einfach teurer ist als da die Kohle in Xinjiang.

01:02:09.36
Marco Herack
Und ähnliches. Wir werden da höchstwahrscheinlich nicht darum herumkommen, anders denken zu müssen. Zumindest dann, wenn wir sagen, das soll nicht alles ein komplett freier Markt sein, in dem dann grundsätzlich alles zum Stärkeren wandelt.

01:02:26.65
Stefan Sasse
Das ist doch ein gutes Schlusswort. Ich danke dir wahnsinnig für dieses Gespräch. Es war sehr erhellend. Und wer mehr solche erhellenden Einsichten von dir haben möchte, der muss einfach nur in die Show Notes gucken. Da verlinke ich deine anderen Podcasts. Ich danke dir und hoffentlich sehen wir uns bald wieder.

01:02:41.34
Marco Herack
Ja, gerne. Bis als bald. Tschüss.

 

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