Montag, 21. Dezember 2009

Drei Fundstücke

Ich bin gerade ziemlich beschäftigt, deswegen kommen nur so unregelmäßig Beiträge, entschuldigt bitte. Für heute habe ich in Kürze drei Fundstücke zu kommentieren:

1) Die drei Kaffeekonzerne Tschibo, Melitta und Dallmayer sind wegen illegaler Preisabsprachens seit 2000 zu einem Rekordbußgeld von 160 Millionen Euro verknackt worden. Natürlich fühlen sie sich ungerecht behandelt; witzigerweise nicht wegen der Verurteilung an sich, sondern nur wegen der Höhe des Bußgeldes. Allein für die Begründung sollte man die Strafe gleich verdoppeln; die geben ja offen zu, dass sie das gemacht haben und erkennen daran auch nichts Falsches, sie beschweren sich nur drüber, dass sie bestraft werden (und mal ehrlich, für einen Konzern wie Tschibo, der nach eigenen Angaben Marktführer in fünf Ländern inklusive Deutschland ist, wären die 160 Millionen selbst alleine ein Witz, geschweige denn ein Teil davon). Das Beispiel ist symptomatisch dafür, dass in Deutschland Wirtschaftskriminalität einfach nicht ausreichend bestraft wird. Vielleicht sollte man auch dazu übergehen, nicht das Unternehmen selbst mit Bußgeld zu belegen - letztlich leidet darunter am Ende nur der Kunde und der Angestellte - sondern die Managmentleute, die diese Preisabsprachen machen. Schließlich kann sich keiner rausreden, dass das in einer rechtlichen Grauzone wäre und er nicht wusste, dass es illegal ist. Leute, die solche Preisabsprachen treffen respektive sie in Auftrag geben persönlich belangen, einfach weil sie ein Verbrechen begehen - das wäre doch was.

2) Schäuble wehrt eine Gehaltsforderung des Öffentlichen Dienstes von rund 5% entsetzt mit dem Argument ab, dass der Staat doch kein Geld habe. Heribert Prantl kommentiert dies mit den richtigen Worten. Milliarden für die Banken und die Autoindustrie zum Fenster rausschmeißen, aber dann keine paar Cent pro Nase für den Öffentlichen Dienst haben? Schon klar. Finanziert's doch mit einer Sondereinkommenssteuer für Ackermann gegen, der hat's eh verdient.

3) Anlässlich des Prozesses um Demjanjuk, der dank seines Anwalts immer mehr zur Farce gerät, hat die SZ eine Bildergalerie von im hohen Alter angeklagten und verurteilten Nazis hochgestellt. Schaut sie euch ruhig mal an. Es ist irgendwie merkwürdig zu lesen, wie diese Typen, die alle mehrfache Mörder sind, die Jahrtausendwende als über 90jährige erlebt haben, während ihre Opfer alle schon Staub sind. Und auch, dass man sie trotzdem zur Rechenschaft zieht. Ich habe viel darüber nachgedacht, wie sinnvoll das eigentlich ist, einen krebskranken 90jährigen zu verknacken, den man ein halbes Jahr später haftunfähig schreibt und dann danach sterben lässt. Aber hier geht es ums Prinzip. Es geht darum, dass die Schuld dieser Menschen anerkannt und durch ein Urteil bestätigt wird, auch im Interesse der Opfer und deren Nachfahren. Ich finde es außerdem eine interessante Vorstellung, dass die Leute entlassen werden und zwei Wochen später zu Hause sterben, anstatt dass man sie in eine Todeszelle steckt oder lebenslänglich verknackt. Es ist irgendwie ein schöner Beweis, dass wir heute menschlicher sind.

UPDATE: Die Kaffee-Manager haben auch Strafen bekommen, höre ich grad im Radio. Aber meine Aussage bleibt trotzdem stehen.

4 Kommentare:

  1. Also ich lese im ersten Satz des SZ-Artikels, dass Schäuble eine 5 % Erhöhung ablehnt und im letzten Satz Herr Prantl wenigstens eine 3 % Erhöhung für gerechtfertigt findet.

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  2. Sorry, da hab ich die Zahlen durcheinander geworfen. Korrigiert.

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  3. Wie ich heute im Radio hörte, kamen die Preisabsprachen nur durch eine Selbstanzeige der Firma Jacobs heraus die deshalb nicht bestraft wurde.

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  4. Lang lebe die Kronzeugenregelung!

    Sind wir mal ehrlich: Auf jedem oligopolistischen Markt, wären die teilnehmer doch dämlich, wenn sie es nicht versuchen würden.

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