Donnerstag, 13. Dezember 2012

Tax the rich

Von Stefan Sasse



Interessantes Stück Gegenpropaganda.

22 Kommentare:

  1. ...wie wäre es denn mit deutschem Text?

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    1. Ich hab keine Übersetzung für das Ding, aber das ist nicht gerade schwieriges Englisch.

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    2. einen schönen deutschen Text gibt's als Buch namens "Schatzinseln" von Nicholas Shaxson. Das Einstiegskapitel kann man online hier lesen: http://www.book2look.com/vBook.aspx?id=978-3-85869-460-7

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  2. Anfangs amüsant, verliert der Clip zunehmend an Spaß. Am Ende ist die Argumentation so platt wie "Die Steuern müssen runter!"

    Die Geschichte erzählt von einer Zeit, wo angeblich jeder gemäß seinen Verhältnissen dem Staat seinen Obolus entrichtet hat. Nur war das eine Zeit mit Spitzensteuersätzen im konfiskatorischen Bereich und gleichzeitig umfangreichen steuerlichen Ausnahmetatbeständen. Ob daraus tatsächlich "Gerechtigkeit" entstanden ist? Die Steuerquote der USA liegt jedoch 2011 leicht über dem Niveau von 1965, während die Einkommenstärksten den doppelten Beitrag zum Steueraufkommen entrichten, die Ärmsten dafür relativ weniger.

    Sozialwissenschaftler wissen seit langem: als soziales Wesen ist der Mensch durchaus bereit, seinen Beitrag für die Allgemeinheit zu entrichten. Gleichzeitig erwarten wir eine Beitragsäquivalenz zwischen dem, was wir zahlen und dem, was wir bekommen. Dieses Verhältnis ist mit wachsendem Staatsanteil gestört.

    Das Budget des Staates besteht genau genommen nicht nur aus Einnahmen und Ausgaben, sondern eben auch den Verwaltungskosten. Diese sind in Wohlfahrtsstaaten außerordentlich hoch, der Staat bildet an seinen Universitäten ganze Berufsgruppen einzig für sich aus. Wenn der Bürger seinen Lohnzettel nach einer Gehaltserhöhung sieht, so behält der Staat hiervon mehr als 2/3 ein. Er gibt seine Steuererklärung ab und bekommt zuviel gezahlte Abgaben mit Verzögerung von vielen Monaten erst zurück. Er geht aufs Amt für Anträge und sieht eine Verwaltung, wo traditionell ein Viertel der Beschäftigten aus verschiedenen Gründen permanent fehlt, weshalb er mit großen Wartezeiten rechnen muss. Umgekehrt erlebt er den Protest der Transferempfänger, die die Leistungen als zu gering einstufen und gegen Kontrollen aufbegehren, die doch nur die Einzahler vor den Auszahlern schützen sollen.

    Im Ergebnis führen also mehr Staat und mehr Steuern selten zu mehr Gerechtigkeit.

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    1. Ich geb dir mit den reinen Steuerquoten Recht, gar keine Frage, da läuft in der Argumentation vieles auseinander. Dein dritter Absatz aber wird zunehmend polemisch, was der Schärfe der Analyse schweren Abbruch tut. Denn "der Staat" behält nicht einfach 2/3 "ein". Du wirfst einfach Sozialabgaben, die zumindest teilweise Versicherungscharakter haben, mit Steuern in einen Topf. Die Versicherungen aber - allen vorneweg die Krankenversicherung - sind nicht "der Staat". Die Rentenversicherungsanstalt ist zwar staatlich, aber auch nicht "der Staat", sondern dem Wesen nach wenigstens ein Versicherungshybrid. Bleiben Arbeitslosenversicherung, die nur noch dem Namen nach eine ist (weil der Return für alle identisch ist) und die Steuern. In beiden Fällen bekommst du ja aber was zurück - Infrastruktur, hauptsächlich.
      Dein "traditionell ein Viertel der Beschäftigten aus verschiedenen Gründen permanent fehlt" ist einfach nur Polemik ohne jegliche Grundlage. Hallo, ein Viertel, permanent?! Das wäre der totale Zusammenbruch des Systems.
      Auch der Protest der Leistungsempfänger hält sich in engen Grenzen; höhere Hartz-IV-Sätze etc. werden weniger von den Arbeitslosen selbst gefordert (die in der Mehrheit eher apolitisch sind), sondern von Wohlfahrtsverbänden und linken Politikern. Die sind aber nicht arbeitslos.
      Daher ist deine Schlussfolgerung in ihrer Einfachheit auch nicht haltbar. Mehr Staat und mehr Steuern führen selten zu mehr Gerechtigkeit, wenn man sie einfach als absolute Werte setzt, völlig klar. Weniger Steuern und weniger Staat führen aber auch selten zu mehr Gerechtigkeit. Man braucht ein differenziertes Urteil.

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    2. Den Charakter von Parafisci kenne ich auch. Die Sozialabgaben werden jedoch mit ihrem Steuercharakter wahrgenommen - und so auch von der OECD gezählt. Wer eine Lohnerhöhung bekommt, kann den Wert der darauf entrichteten Zusatzbeiträge nicht einschätzen - und der Staat kann es auch nicht. Und für mehr Beitragszahlungen zur Gesetzlichen Krankenversicherung bekommt niemand mehr Leistungen.

      Okay, die Fehlzeiten des Öffentlichen Dienstes sind etwas überzogen, tatsächlich liegt sie so bei 10% der Arbeitstage und damit deutlich über dem Wert von normal Beschäftigten (Die bayrische Staatsregierung kommt auf rund 10 Fehltage, dort sind jedoch nicht die Fehlzeiten von Lehrern in der Ferienzeit berücksichtigt, zudem ist Bayern im Bundesschnitt, sagen wir, ordentlicher). Das kommt trotzdem nicht gut an und wird den Staatskosten zugerechnet.

      Lobbygruppen werden immer denen zugerechnet, in deren Namen sie - gefragt oder ungefragt - sich zum Anwalt machen. Der Punkt, den ich so verklausuliert verpackt habe, ist ja ein anderer: Leistungsäquivalenz lässt sich in einem Wohlfahrtsstaat kaum herstellen, obwohl gerade dieses ausgebaute Staatswesen viel Verwaltung benötigt. Damit wächst die Spanne zwischen dem, was an Steuern erhoben werden muss und was zur Finanzierung von Leistungen übrig bleibt. In diesem Sinne ist beispielsweise eine Vermögensteuer pure Verschwendung von privaten und öffentlichen Mitteln. Es kommt nicht von ungefähr, dass außer den familiär organisierten skandinavischen Ländern die westlichen Industrieländer dieses Dilemma mit wachsender Staatsverschuldung gelöst haben, und zwar unisono. So wurde über Jahrzehnte die Illusion der Beitragsäquivalenz erzeugt.

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    3. Schau einfach mal auf die Staaten mit dem höchsten "Staatsanteil" im Norden Europas. Nicht zufällig stehen sie auf der weltweiten "Wohlstandsskala" ganz oben.

      Ah, ich lese gerade was von "familiär organisierten skandinavischen Ländern": damit meintest du ausgerechnet diese "Wohlfahrtsstaaten"!

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  3. Ja, aber diese Zählweise ist zumindest fragwürdig. Die amerikanischen Revolutionäre haben ihrerzeit auch flugs Zölle in Steuern umdeklariert. Richtiger macht es das nicht, aber wirkungsvoller. Und aussagekräftig ist es auch nicht. Angenommen, der Staat würde unabhängig von Partikularinteressen Entscheidungen treffen, und das überaus kompetent, so wäre die reine Höhe des Staatsanteils irrelevant. Worauf es ankommt ist, ob er sich als Klotz am Bein und hindernder Wildwuchs darstellt (nutzlose Regulierungen, schädigende Subventionen, etc) oder ob er sinnvoll Aufgaben übernimmt, die ihm originär zustehen. Und du hast natürlich Recht, dass niemand für mehr Zahlungen bei den GKV mehr Leistung erhält. Aber deswegen gibts ja auch ne Beitragsbemessungsgrenze.

    Der Artikel, den du fleißig verlinkst, konstatiert zweierlei für deine Annahme überraschende Dinge: erstens ist der Krankenstand auf dem Rückzug, und zweitens gibt es eine Reihe guter Gründe für den höheren Krankenstand:
    "Das hat nach den Erkenntnissen der AOK-Diagnostiker mehrere Gründe. So liegt der Altersdurchschnitt der erfassten Stadtbeschäftigten bei 42,5 Jahren, also um vier Jahre über dem Schnitt aller 1,9 Millionen bei der AOK versicherten Arbeitnehmer in Bayern - und Ältere müssen meist häufiger zum Arzt als Jüngere. Außerdem beschäftigt die Stadt überdurchschnittlich viele Arbeiter in so genannten Schwerarbeitsberufen. Straßenkehrer, Müllmänner, Gartenarbeiter und Straßenbauer haben ein erhöhtes Risiko, sich zu verletzen oder krank zu werden."
    Ein weiterer Faktor ist, dass die negativen Folgen für eine Krankmeldung im öffentlichen Dienst wohl nicht so krass wie in den zitierten Kleinbetrieben sind. Würde man nicht bei einer Krankmeldung massive berufliche Nachteile befürchten müssen, so würde es vermutlich auch in der freien Wirtschaft mehr davon geben. Die Produktivitätsverluste, die durch sich krank zur Arbeit schleppende Angestellte ergeben, tauchen aber natürlich in keiner Statistik auf. Und dein Lehrerargument ist völliger Quatsch, denn in den Ferien gibt es keine Fehlzeiten.

    Was verstehst du unter Leistungs- und Beitragsäquivalenz? Ich kann mir darunter gerade nichts vorstellen.

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    1. Ich habe ja nicht geschrieben, wie etwas wissenschaftlich zu sehen ist, sondern wie etwas empfunden wird, woraus wiederum Einstellungen resultieren. Ich kenne viele Studenten (ich war auch mal so einer), die sehr gut darüber philosophieren konnten, wie sinnvoll Steuern und Abgaben seien. Bis sie das erste Gehalt und die erste Erhöhung bekamen.

      Ich kenne eine alte Statistik, die wahrscheinlich nichts an Aktualität verloren hat. Danach lag der Krankenstand bei kleinen und mittelständischen Unternehmen unter 5 Tagen, der in der Großindustrie bei 18 und im Öffentlichen Dienst bei 22. Mit der Größe und der Auflösung direkter Verantwortlichkeiten schwinden auch die gruppendynamischen Kontrollen. Menschen haben ein gutes Feeling, ob ihr Kollege wirklich krank ist oder krank feiert. Seltsamerweise kenne ich viele junge Menschen, die in ihren 20igern 1-3 mal im Jahr 1-2 Wochen krank sind. Ich schaffe das mit Mitte 40 nicht. Meine krankheitsbedingten Fehlzeiten bewegen sich seit zwei Jahrzehnten bei 1-3 Tagen alle 2-5 Jahre.

      Als Beitragsäquivalenz bezeichnen die Wissenschaft und das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, dass die Höhe von Beiträgen den Kosten ihrer Leistungen entsprechen. Beiträge sind eben keine Steuern, sondern sie verpflichten den Staat zu einer Gegenleistung. In diesem Zusammenhang ist gerade die Umverteilung in der Rentenversicherung kritisch zu sehen. Die "Renditen" der Renten unterscheiden sich je nach Einkommensgruppe bereits erheblich, für Besserverdiener werden sie in wenigen Jahren negativ werden, was einer Enteignung entspricht.

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    2. Ja, das Studentendebattenproblem kenn ich :D

      Mein Argument wird ja aber durch dich eher bekräftigt: der Druck vom Arbeitsplatz hält dich davon ab, krank zu machen, ob das sinnvoll ist oder nicht.

      Ah ok, danke. Ich denke ohnehin, die Rente sollte auf Steuerfinanzierung umgestellt werden. Macht wesentlich mehr Sinn als das aktuelle System. Wenn du das progressiv machst, kannst du immer noch nach letztem Bruttogehalt gehen (mit entsprechender Deckelung).

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  4. Ich weiß ja nicht, ob Du noch Student bist. Falls ja, wirst Du, mit dem richtigen Studium im Gepäck un einigermaßen Talent, in 7-10 Jahren Führungskraft sein. Jedenfalls kann ich Dir sagen, dass Manager eins nicht leiden können: kranke Mitarbeiter. Sie sind nicht leistungsfähig, sie stecken andere an, sie erzeugen Mitleid. Niemand will kranke Mitarbeiter in seiner Umgebung. Mir ist kein Fall bekannt, wo jemand wegen Krankheit seinen Job verloren hätte. Allerdings habe ich selber an ein paar Fällen mitgearbeitet, wo mancher die Sache mit dem Krankfeiern übertrieben hat. Richtig ist, eine ganze Reihe von Arbeitnehmern geht aus falsch verstandenem Arbeitsethos krank einer Beschäftigung nach. Ich habe solche Leute mit sanftem Druck nach Hause geschickt.

    Im Lager ist der Krankenstand oft hoch, in qualifizierten Berufen jedoch außerordentlich gering. Und wenn der Krankenstand bei einer Person oder einer Abteilung weit überdurchschnittlich ist, so ist daran üblicherweise kein Virus schuld.

    Ach, wie ich diese Debatte über die Steuerfinanzierung der Rente liebe! ;-) Anfang der 1990er Jahre habe ich dies sehr stark befürwortet. Leute wie Miegel haben allerdings auch davor gewarnt, dass sich das Zeitfenster für eine Umstellung bald schließen würde, da dann eine Umstellung unnötig teuer käme. Das ist längst eingetreten. Eine Umstellung dauert mindestens eine, eher anderthalb Generationen. In der Zeit müssen die Altansprüche bedient und gleichzeitig zusätzliche Steuern entrichtet werden. Da jetzt bald die Babyboomer die vollen Ansprüche erworben haben, sind die Kosten nicht mehr zu rechtfertigen.

    Im Steuersystem gibt es keine progressive Rente. Das ist schon verfassungsrechtlich nicht möglich, jeder Bürger hat prinzipiell den gleichen Anspruch auf das Steueraufkommen und die Leistungen daraus. Eine Begünstigung bestimmter Steuerzahler ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren. Deswegen gibt es unter dem Steuerregime eine Einheitsrente, deren Höhe sich nach dem fiskalischen Aufkommen bemisst, allerdings kaum über einem gerade existenzsichernden Niveau liegen kann.

    Die rechtlichen Restriktionen darf man nie aus dem Auge verlieren, selbst wenn man ökonomisch oder sozialpolitisch argumentiert.

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    1. Da hast du wohl Recht, vergiss die Steuerfinanzierung. Ließe sich die Rentenversicherung aber vielleicht einfach dauerhaft mit Steuermitteln befüllen, die eine Mindestrente finanzieren, während das bisherige System - dessen Problem ja die Belastung des Faktors Arbeit ist - für zusätzliche Ansprüche verwenden ließe? Auf die Art wäre der Versicherungscharakter erhalten, aber man könnte die Sozialversicherungsbeiträge theoretisch senken, oder? Nur mal in den Wind gefurzt.

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    2. Der Steuerzuschuss zur Rentenversicherung liegt heute über dem Niveau in den 1950er und 1960er Jahren, als in einer nationalen Ausnahmesituation die Bundesrepublik Millionen Kriegsversehrte aus den Ostgebieten aufnahm. Danach wurde der Zuschuss kontinuierlich zurückgeführt.

      Die Mindestrente hat einen logischen Bruch: Unser Rentensystem basiert auf Renten gemäß früheren Einzahlungen. Je nach Verdienst bekommt man wenig, mittel oder viel. Das wird allgemein als gerecht angesehen, weswegen Du ja das Prinzip auch nicht verändern willst (ich schon, aber das ist ein anderes Thema). Es wird in einem solchen System also immer welche geben, die "wenig" Rente bekommen. Wenn wir nun bestimmen, dass ausnahmslos jeder, der mal gearbeitet hat, eine Rente über Sozialhilfeniveau erhält, müssten alle Renten angehoben werden. Es würden folglich auch jene profitieren, die staatlicher Unterstützung nicht bedürfen. Das ist auch nicht gemeint. Bleibt Version 2: Nur jene, die wenig erhalten, werden bis zur Mindestrente aufgestockt. Doch was ist mit jenen, die aus eigener Leistung gerade die Mindestrente erwarten dürfen? Das ist genau das Problem, das man mit der Mindestrente umgehen wollte: jemand kommt mit staatliche Stütze auf das, was andere so verdient haben.

      Ergo: die Mindestrente löst kein Problem, sondern schafft nur neue.

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    3. Naja, sie "löst" immerhin das Problem von Altersarmut. Oder würdest du da einfach nur Hartz-IV einsetzen? Ich meine, das geht, keine Frage.

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    4. Glaubst Du das wirklich?? Heute liegt die Altersarmut bei 3-4 Prozent, ein historisch niedriger Wert, der niedrigste aller gesellschaftlichen Gruppen, einer der niedrigsten der OECD. Die Mindestrente löst ein Problem, das es heute nicht gibt.

      In 20 Jahren sieht das durchaus anders aus. Nur mit öffentlichen Mitteln von heute können wir keine Probleme im Jahr 2030 lösen. Die damit veursachte weitere öffentliche Verschuldung schränkt aber die Möglichkeiten der Bürger ein, die 2030 bestimmen. Mit anderen Worten: wir sorgen heute dafür, dass das Problem der Altersarmut dann weniger gelöst werden kann, wenn die Lösung ansteht.

      Ja, die Sozialhilfe steht genau dafür, den Fall ins Bodenlose zu verhindern - für junge wie alte Menschen. Es gibt keinen Grund, beide prinzipiell unterschiedlich zu behandeln. Der Staat kann keine Armut verhindern. An diesem Anspruch muss die Politik scheitern, wenn sie das mit Transfers versucht.

      Ich will Dir mal ein Beispiel sagen: Meine Mutter bezieht eine Rente von 500 EUR. Statistisch ist sie damit arm. Sie hat kurzzeitig in jungen Jahren einbezahlt, die meiste Zeit ihres Lebens war sie selbständig und hat gut verdient. Wie viele Frauen damals hat sie sich die eingezahlten Beträge in den 1960er Jahren auszahlen lassen. Mitte der 1990er Jahre kam der Sozialminister Blüm und bot diesen Frauen die Möglichkeit, gegen einen Einmalbetrag von umgerechnet 5.000€ eine Mindestrente zu erhalten. Wie viele Frauen hat auch meine Mutter diese Möglichkeit genutzt. Soweit kannst Du sicher rechnen, das ist eine Bombenverzinsung, die die Allgemeinheit zahlt.

      Doch es geht weiter: mein Vater hat sich mit Hauptschulabschluss bis in den mittleren Dienst als Beamter emporgearbeitet. Mit Mitte 50 wurde er frühpensioniert, durchaus etwas "gesteuert", wie viele Beamte das tun. Er ist inzwischen gestorben, meine Mutter bekommt eine Witwenpension von 1.300€. Hört sich schon besser an. Weiter lebt sie im eigenen Haus und hat weitere kleine Einkommen. De facto ist sie also eine durchaus wohlhabende Frau der Mittelklasse, aber Frauen wie sie werden von der Politik missbraucht als Beispiel, wie schlecht es geht. Das ist kein Einzelfall, der Ort, wo ich aufgewachsen bin, ist voll von alten Menschen, die ähnliche Geschichten vorweisen.

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    5. Ich hab keine Zahlen, die das allgemein fassen können, klingt aber soweit halbwegs stimmig.

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    6. Zum Missbrauch des Armutwsbegriffes:

      Der Kern liegt ja in der immer größeren Ausweitung, was als arm gilt.

      Da hat man zum einen die relative Armut. Diese ist über einen Prozentsatz im Vergleich zum nationalen Durchschnittseinkommen definiert. Die EU zieht diese Grenze, soweit ich weiß, bei 50%. Damit gilt jemand in Deutschland als "arm", der in Tschechien zur Mittelschicht zählen würde - und dann macht man hier Stimmung damit, dass sogar in weniger reichen Tschechien die Armut niedriger wäre...

      Blödsinn, wenn objektiv und in absoluten Zahlen betrachtet. Es gibt ja einen Grund, warum immer noch viele aus den Ostländern in den Westen wollen. Die wollen nicht in Armut einwandern, die gelten hier dann bloß plötzlich mit einem höheren Lohn als in ihrer Heimat als arm.

      50% als Armutsgrenze reicht aber in Deutschland noch nicht, um Angst vor "dem Abstieg" zu betreiben, greift man auf die 60%-Grenze zurück. Trotz höherem Durchschnittseinkommen wird also auch der Prozentsatz in Deutschland nochmal höher angelegt.

      Das Dumme, damit kann man, wenn man sich die Zahlen anschaut, auch keine wirkliche Abstiegsangst rechtfertigen (und eine Abstiegsangst in der Mittelschicht zu erzeugen ist ja das Ziel der Narratives von der Steigenden Armut und der wachsenden Schere zwischen Arm und reich).

      Siehe auch: http://zettelsraum.blogspot.de/2012/12/zitat-des-tages-viele-burger-waren.html

      Und als eindringliche Graphik: http://www.welt.de/img/wirtschaft/origs112002749/2739728289-w900-h600/DWO-Umverteilung-Markt-nett.jpg


      Also, was macht man? Man verbreitet das Mantra einfach trotzdem weiter, irgendwas wird schon hängen bleiben. Vor allem aber hebt man die Grenze nochmal an. Jetzt auf 70% des Durchschnittseinkommen. Dabei ist das Durchschnittseinkommen ja in den letzten 20 Jahren gestiegen und damit selbst bei gleichbleibendem Prozentsatz als Grenze die (nominale, wie auch reale) Armutsgrenze höher als vor 20 Jahren. Es muss dabei also für ein Anwachsen der "relativen Armut" noch nicht mal mehr Menschen schlechter gehen, da geben die Zahlen einfach nicht her.

      Die Sache mit der Steigenden Anzahl von Niedriglöhnern ist übrigens, gemessen an der Gesamtzahl der Arbeitnehmer, blanker unsinn. Der Anteil an Niedriglöhnern ist sogar leicht gesunken, trotz sinkender Arbeitslosigkeit, obwohl nach dem etablierten Mantra der Gewerkschaften, die neuen Arbeitsplätze ja nur durch mehr Niedriglöhne enstanden seien - dieses Gewerkschaftsmantra ist aber unterm Strich nicht durch die Zahlen gedeckt. (siehe http://83273.homepagemodules.de/t5744f14-Schrumpft-die-Mitte.html#msg85886 in dem Forenbeitrag finden sich unten die offiziellen Quellen der Zahlen als PDF).


      Man fragt sich, wann die Armutsgrenze wohl auf 100% des Medianeinkommens angehoben wird - damit auch garantiert 50% der Bevölkerung per Definition asl Arm gelten und zur Klientel der Sozialindustrie gehören - bloß woher will diese das Geld nehmen?

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    7. Da sind wir auch schon bei der nächsten Frage: In wessen Interesse ist das alles? Im Interesse einer Helferindustrie, dich sich selber als selbstlose Ehrenämtler in den Medien skizzieren lässt, in deren Rundfunkräte diese Sozialindustrie dann auch einen großen Teil der Mitglieder entsendet und Zusammen mit den Politikern die Mehrheit halten.

      Alleine, das Bild stimmt nicht. Es sind hauptsächlich hauptberufliche Helfer tätig, die teilweise ganz "lustige" Verträge haben, die in anderen Bereichen als Ausbeutung gelten würden. Das ist der Lohn dann ganz enorm davon Abhängig, wie viele "Kunden" der Helfer hat und mit jedem abgegebenen Kunden verdient der Helfer weniger. Die "Sozialmanager" haben dann natürlich ganz andere Verträge...

      Diese Sozialunternehmen sind entsenden dann ihre Vertreter auch in due "Jugendhilfeausschüsse", welche die Grundzüge der Ausgabenpolitik der Jugenämter im Bereich der Jugendhilfe skizzieren. Das sind knapp die Hälfte der Mitglieder der Jugendhilfeausschüsse. Auftragnehmer und Auftraggeber in einem. Wobei, nicht ganz: Die entscheiden zwar über die Auftragsvergabe an sich selber mit - aber bezahlen muss dann die Kommune, deren gewählte Vertreter keine richtige Kontrolle mehr über die Ausgaben haben. Das nennt sich dann "demokratische Beteiligung", ist aber nur die direkte Beteiligung der profitierenden Lobbyisten in den entscheidenden Gremien - mit Stimmrecht.

      Dann wundert man sich, das von den Kommunen mehr Geld in die Sozialindustrie als in die Bildung fließt...

      So geht das Futter der Sozialindustrie nie aus. Aber noch andere Wachstumsmechanismen greifen, ironischerweise aus dem Status als gemeinnützige Unternehmen folgend. Zum Beispiel, dass die aus den staatlichen Pauschalvergütungen entstehenden Überschüsse, nicht als Gewinn ausgezahlt werden dürfen (dafür sind die ja steuerbefreit). Stattdessen muss alles in den gemeinnützigen Zweck reinvestiert werden - zum Beispiel in neue Hilfsangebote, die neue Arbeitsplätze für Helfer schaffen und für die man dann neue Förderung im Rahmen der Jugendhilfe beantragen kann.


      Die Mittel der Bundesagentur für Arbeit stehen überhaupt nicht unter der Kontrolle des Bundes - darüber verfügt ein Gremium, dass zu einem drittel von den Gewerkschaften und zu einem drittel von den Arbeitgeberverbänden besetzt wird. Also damit auch den beiden große Trägern von Fördermaßnahmen für Arbeitslose, um die sich ja eine Helferindustrie kümmern muss.

      Dabei schottet sich die Sozialindsutrie vor Kritik ab. Das sind doch die guten, selbstlosen Helfer. Außerdem kann man mit der Moralkeule leicht leute Mundtot machen, einen auf PC machen und Reflexhaft auf Reizwörter reagieren.

      Wunderbar ausgearbeitet wurde das Übrigens in einem Buch, dass sich nicht nur mit der Sozial- sondern auch der Finanzindustrie befasst und neben der Unterschicht auch die Oberschicht ins Visier nimmt - beide dafür aber erst einmal neu definiert: "Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert", Walter Wüllenweber (http://www.amazon.de/Die-Asozialen-Unterschicht-ruinieren-profitiert/dp/3421045712/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1355678756&sr=8-1) Anstatt über das Einkommen im einen Fall über die Mentalität (Unterschicht), im anderen Falle über das Vermögen (Oberschicht).

      Und damit beides deutlich kleiner definiert. Die Oberschicht sind für Herrn Wüllenweber tatsächlich nur "das 1%", alles mit weniger als 1,5 Millionen Euro Vermögen (ohne selbstgenutztes Wohneigentum) gehört nicht dazu. Alleine nur die Reichen zu Melken wird die Sozialindustrie übrigens nicht auf dauer finanzierbar machen, nicht wenn diese noch wächst und dies gleichzeitig auf Kosten des Mittelstandes geht, der die Leistung unserer Wirtschaft trägt.

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  5. Und hier ist die sachliche, analysierende Kritik:

    http://www.youtube.com/watch?v=5f6FZGjF8OA

    Hat nur noch nicht so viele views...

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    1. Danke. Wie bereits im Post gesagt - "Tax the rich" ist ein Propagandastück. Das will doch gar keine Fakten richtig machen, es will eine Geschichte erzählen. Das macht es relativ clever. Die Kritik aus dem von dir dankenswerterweise verlinkten Gegenvideo ist vollkommen berechtigt. Gleiches gilt übrigens auch für dieses Utopia der Neoliberalen, wo alle mal total tolle Wirtschaftler waren bevor der fiese Staat kam...

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    2. Wer soll wann ein total toller Wirtschaftler gewesen sein, der es heute nicht mehr ist?

      Ein Punkt im Gegenvideo, der nicht direkt den Inhalt kritisiert (was im Gegenvideo ja auch zu genüge geschieht), sondern die Form, ist mir allerdings auch schnell aufgefallen: Wendet sich das ursprüngliche Video an Kinder? Es hatte den Eindruck. Natürlich war es nur (evt. absichtlich) in dem Stil gehalten, ich kann dem aber, außer bei Satiere, nicht viel abgewinnen. Geschmäcker sind wohl unterschiedlich.

      Ich habe schon viele Videos in dem Stil gesehen: Früher war alles besser, man begann mit ganz sinnvollen Erfindungen, von der früher oder später alle begeseitert waren, weil es eine ganz super tolle Erfindung war, die sich entsprechend durchgesetzt hat. Und dann kam jemand und hat aus Eigeninteresse/aufgrund mangelnden Verständnisses die Idee korrumpiert. Meist in einer Tonlage vorgetragen, die in Kindermärchen nun mal andeutet, dass etwas unheilvolles geschehen ist...

      Ja, das gibt es aus unterschiedlichen Ausrichtungen. Gerade auch zur Geldpolitik findet sich ein einiges von unterschiedlichen Heilslehren...

      Wie schon gesagt, den Erkenntnisgewinn solcher Märchenerzählung empfinde ich nicht, ich nehme diese eher als peinlich war (bzw. zum Fremdschämen).

      Ein Beispiel ist zum Beispiel: http://www.youtube.com/watch?v=_h0ozLvUTb0

      Auch hier eine plakative Darstellung mit einer idealisierten Vergangenheit.

      Ich persönlich kann diesem Stil nichts abgewinnen. Aber das ist wohl Geschmacksfrage.

      Ein Youtube-Märchen (so nenne ich diesen Stil), welches mal plalaktiv, pauschalisierend und selektiv die Vorzüge des Status Quo herausstreicht habe ich aber leider noch nicht gefunden. Die meisten wollen damit Propaganda für eine Veränderung betreiben.

      Und damit steht noch etwas auf meiner To-Do-Liste für meinen Block: Warum ich audiovisuelle Medien als ungeeignet zur politischen Meinungsbildung eracht. Zur Unterhaltung ist es vollkommen in Ordnung, aber um wichtige Entscheidungen zu treffen, baue ich auf die Meinungsbildung von geschriebenem Text.

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