Mittwoch, 11. April 2012

Die Great Depression in den USA

Von Stefan Sasse

Auflauf an der Wallstreet 1929
Die Zwanziger Jahre waren in den USA eine Ära des wirtschaftlichen Aufschwungs. Die Börsenkurse kannten nur eine Richtung: nach oben. Die Produktion erlebte nie gekannte Kennziffern. Obwohl der Anstieg der Löhne deutlich hinter dem Wachstum der Wirtschaft zurückblieb, erfasste dieser Aufschwung breitere Bevölkerungsschichten als die vorherigen Boomphasen, besonders in der so genannten "Gilded Age" des ausgehenden 19. Jahrhunderts, dem großen Zeitalter der "Räuberbarone". Besonders die Angestellten, qualifizierten Facharbeiter und andere traditionell der "Mittelschicht" zugerechnete Bevölkerungsgruppen gewannen einen gewissen Wohlstand und begannen sogar, Aktienanteile zu kaufen (wenngleich das Ausmaß dieses Handels deutlich geringer war, als es in der Rückschau häufig dargestellt wird). Dieser Wohlstandsgewinn fiel mit einigen neuartigen Erfindungen zusammen, die über das Telefon zum Kühlschrank und dem Radio reichten. Die Verfügbarkeit dieser Instrumente für Bezieher mittlerer Einkommen ließ diese Zeit gerade auch den Zeigenossen als eine neuartige erscheinen. Es gab zu dieser Zeit ernsthafte Meinungen von Experten, dass der Aufschwung sich verstetigt habe und dass man endlich die Zeit der Wirtschaftszyklen überwunden habe. Die Rezession schien ein Gespenst der Vergangenheit zu sein.

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6 Kommentare:

  1. Ich zitiere einmal John Maynard Keynes:

    "Mehr noch, auch wenn wir vielleicht erfolgreich den Stand der Produktion wieder herstellen auf dem niedrigeren Niveau der Nominallöhne entsprechend (sagen wir) dem Preisniveau vor dem Krieg, wären unsere Probleme nicht gelöst. Denn seit 1914 wurde eine gewaltige Last von Schulden aufgenommen, sowohl national wie international, die in Geldsummen festgesetzt ist. Daher lässt jeder Fall der Preise diese Schuldenlast steigen, weil sie den Wert des Geldes steigen lässt, in dem sie festgelegt ist. Wenn wir beispielsweise auf das Niveau der Preise vor dem Krieg zurück kommen wollten, würden die britischen Staatsschulden um 40 Prozent höher als 1924 und doppelt so hoch als 1920 sein; der Young Plan würde weit schwerer auf Deutschland lasten als der Dawes-Plan, zu dem man sich darauf geeinigt hat, dass er nicht erfüllt werden konnte; die Verschuldung gegenüber den Vereinigten Staaten durch deren Verbündete im Großen Krieg würde 40-50 Prozent mehr an Gütern und Dienstleistungen entsprechen als zu dem Datum, als die Vereinbarungen getroffen wurden; die Verpflichtungen von Schuldnerstaaten wie denen von Südamerika und Australien würden unerfüllbar werden ohne eine Verringerung ihres Lebensstandards zum Wohl ihrer Kreditgeber; Landwirtschaft und Haushalte quer durch die Welt, die Hypotheken aufgenommen haben, würden sich als das Opfer ihrer Gläubiger erleben. In einer solchen Lage muss es zweifelhaft sein, ob die nötigen Anpassungen noch zur rechten Zeit vorgenommen werden können, um eine Serie von Bankrotten, Säumnissen bei der Zahlung und Zahlungsverweigerungen zu verhindern, welche die kapitalistische Ordnung bis auf ihre Grundmauern erschüttern würden. Dies würde ein fruchtbarer Boden für Agitation, Aufruhr und Revolution."
    Keynes, »The Great Slump of 1930« (1930), Essays, S. 138f. (Meine Übersetzung)

    Der Originaltext ist hier: http://www.wolfgang-waldner.com/

    Keynes und echte "Keynesianer" waren also nie der Ansicht, dass es sich um eine normale Rezession gehandelt habe, sondern dass eine mit dem Goldstandard durchgesetzte und absichtliche Deflationspolitik die Große Depression betrieben hat. Als ihr Instrument der Lohn- und Preissenkung.

    Die sogenannten Bastardkeynesianer stellen es heute so dar, als wäre es eine normale Rezession gewesen und als hätte die Politik damals nur das deficit spending nicht gekannt. Das ist aber Unsinn, denn der internationale Goldstandard setzt ja voraus, dass Politik und Notenbank genau wissen, wie Krisen inszeniert und wieder beendet werden.

    Ludwig von Mises über die Ursache der Großen Depression:

    "Man hat in England nach den napoleonischen Kriegen und dann wieder nach dem Weltkrieg die entwertete Währung auf die Goldparität der Vorkriegszeit zurückgeführt, weil man die andere Alternative - die Stabilisierung der Währung auf dem der augenblicklichen Goldagiogestaltung entsprechenden Stande - für eine Art Staatsbankerott und für ungerechtfertigte Schädigung aller jener hielt, die aus der Zeit des höheren Geldwerts stammende Forderungen hatten."
    Ludwig von Mises, Nationalökonomie, 1940, S. 683

    Wie weit man sich trauen darf, heute diese Wahrheit zu äußern, muss jeder selber beurteilen.

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  2. Zuerst einmal, bitte weniger Pathos. Du darfst das völlig problemlos äußern. Diese Grass-Haltung braucht es wahrlich nicht.

    Ich wollte auch nicht den Eindruck erwecken Keynes habe diese Ansicht geäußert; es gab nur relativ viele Leute damals. Und wahrscheinlich war es schon eine "normale" Rezession, nur haben die klimatischen Bedingungen der Dust Bowl und das Totalversagen des Staates es deutlich verschlimmert.

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  3. "Diese Lektion der Great Depression ist bis heute unvergessen. "

    Naja , die europäische Sparpolitik deutet eher auf das Gegenteil.
    Und selbst in den USA ist das teilweise vergessen , die schon debile Staatsverneinung der Republikaner geht in die andere Richtung.

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  4. Vielleicht interessiert dich dazu der folgende Beitrag von John T. Harvey. Da werden auch nochmal die Arbeitslosenzahlen und Staatsdefizite aufgedröselt.
    http://www.forbes.com/sites/johntharvey/2012/04/09/the-ryan-budget-a-mistake/

    Eine Anmerkung zu deinem Beitrag: Der Staat muss nicht zu einer Austeritätspolitik zurückfinden, wir haben keinen Goldstandard mehr.. Das haben allerdings die meisten "Keynesianer" auch noch nicht verstanden ;)
    Zitiert aus obigem verlinkten Beitrag:
    "When such situations arise, only an entity capable of spending more than it earns without the prospect of bankruptcy is capable of breaking the stalemate. And that, of course, is the government, which can inject demand by deficit spending and can never be forced to default on debt denominated in its own currency. Now add to this story the simple accounting fact that when the public sector is in deficit, this necessarily means that the private sector is in surplus."

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  5. Sehr interessanter Artikel! Gefaellt mir gut ...

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