Dienstag, 8. Dezember 2009

Die leiseste Bombe der Welt

Der aktuelle Aufmacher in der SZ ist eine wahre Bombe. Entweder haben die Verantwortlichen das nicht gemerkt oder bewusst ignoriert in der Hoffnung, dass es niemand anderes feststellt. Denn mir nicht, dir nichts sagen sie das Aussterben der Deutschen und den demographischen Wandel ab, mithin DAS Argument für alle Rentenreformen der vergangenen Jahre.
Der amerikanische Demograph Goldstein leitet das Demographische Institut Rostock und hat in einem aktuellen Bericht erklärt, dass die niedrigen Geburtenraten von 1,3 Kinder pro Frau - Schock, die Deutschen sterben aus, die Republik vergreist! - wahrscheinlich ein Messfehler waren. Ups. Demnach kämen im Jahr 2030 sogar mehr Kinder un Jugendliche auf jeden Rentner als heute.
Der Artikel kommentiert das nicht weiter. Das ist ein Luxus, den ich mir nicht gönne. Denn was das bedeutet liegt eigentlich auf der Hand: unsere ganze Bande hat es hochoffiziell und amtlich, was wir seit Jahren predigen. Ihre ganze Panikmache ist völlig unbegründet, die "Demographie" ein Gespenst, eine Illusion. Das bedeutet auch, dass Riesterrente, Rente mit 67 und was des unbedingt notwendigen Unfugs mehr ist nicht nur vollkommen überflüssig, sondern auch im Gegenteil eher schädlich waren. Denn wenn das Verhältnis der jungen Menschen tatsächlich zunimmt, ist das Rentenalter nach hinten zu verschieben so ziemlich die dümmste Entscheidung, die es geben kann. Um es noch mal zu sagen: Goldstein hat einem der wichtigsten Argumente der neoliberalen Reformerbande von Marc Beise bis Hans-Werner Sinn die Grundlage entzogen. Zack. Und die SZ scheint es nicht mal zu merken.

14 Kommentare:

  1. Und selbst wenn es stimmt, daß immer weniger Kinder in Deutschland geboren werden, so ist das ganze Demographie-Märchen doch gequirlte Ka...
    Wenn wir denn 2030 weniger Einwohner haben, haben wir denn dann auch weniger sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer?... Wenn diese Regierung so weiterarbeitet wahrscheinlich. Das ist dann aber kein demographisches Problem, sondern ein politisches.

    Sollten wir allerdings ungefähr genausoviele sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer haben wie heute, dann kann das doch nur heißen, daß wir deutlich weniger Arbeitslose haben, denen dann auch weniger Arbeitslosengeld gezahlt werden müsste. Ist es denn dann nicht eher positiv wenn wir bis dahin einen Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen haben?

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  2. Oh, und by the way... aus neoliberaler Sicht ist es eigentlich keine dumme Entscheidung das Rentenalter nach hinten zu verschieben, erhöht es doch zusammen mit den auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen den Druck auf die Arbeitnehmer auch für niedrigere Löhne und Gehälter zu arbeiten...

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  3. Damit erzählst du nix Neues, leider. Ist alles bekannt. :)

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  4. Und 13 Mio haben sich in die Riester Falle locken lassen. Die GKV wurde gewollt beschädigt etc.
    Jedes Volk hat die Politiker die es verdient.

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  5. laut nachdenkseiten trommel die oeffentlich/rechtlichen propagandisten im radio lauthals fuer den riesterschwachsinn. das heisst, das auch zeitnah mit massiven kampangnen im oeffentlich/rechtlichen fersehen zu rechnen ist! obacht!

    nachdenkseiten

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  6. Danke, ich bin schon NDS Leser. Aber jeder der Bloggt oder einen kennt sollte diesen Artikel weiterverbreiten! Das mit der leisen Bombe drückt es gut aus. Die darf nicht so leise bleiben!

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  7. Und ich hatte mich schon so aufs Aussterben gefreut :(

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  8. Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast...was macht diese neue Behauptung zur Demographie denn so viel glaubwürdiger als alle vorherigen?

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  9. @Shurak: Genau darum geht es: Das all die anderen Statistiken vorher eben auch nicht glaubwürdig sind und schon garnicht geeignet, als Begründung für die Demontage der gesetzlichen Rentenversicherung und unserer solidarischen Sozialsystems überhaupt zu dienen.

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  10. So einfach ist das (leider) nicht. Um die aktuelle Bevölkerungszahl zu halten müsste jede Frau 2,1 Kinder zur Welt bringen. Wenn die Geburtenrate bei 1,3 Kinder liegt ist diesr Wert nicht erreicht, bei 1,5 oder 1,7 aber eben genauso wenig.

    Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in ein bis zwei Jahrzehnten in Rente und schon heute lässt sich absehen, dass weniger Menschen in die Rentenkasse einzahlen werden (diese Menschen sind nämlich schon auf der Welt).

    Das heisst aber nicht, dass Riesertrente eine tolle Idee ist. Ich rieser und rüruppe nicht. Das Rentensystem ist umzustellen: Alle zahlen ein, es gibt Mindestrenten aber auch Höchstrenten (wie in der Schweiz). Rest kommt aus Steuermitteln dazu.

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  11. Es gibt kein Demographieproblem sondern ein falsch konzipiertes Rentensystem. Das Konstrukt als kopfbetontes Einzahlersystem, d.h., als Versicherungssystem ist das Grundübel, egal ob staatlich oder privat verwaltet.

    Ein Beispiel, bitte nur zur anschaulichen Verdeutlichung zu verstehen:
    In den Fünfzigerjahren konnte man zu Erntezeiten ganze Heerscharen von Landarbeitern auf den Feldern arbeiten sehen. Heute sieht man bei gleicher Gelegenheit ein Riesenmonstrum von Maschine, von einer Person bedient, in einer Stunde durchrauschen und die Arbeit ist getan. Sowohl die relative Effektivität als auch der Ertrag, die absolute Wertschöpfung, ist ungleich höher. Es könnte nun auch eine ungleich höhere Rücklage für die Altersversorge der Menschen allgemein daraus geschöpft werden. Das wird aber durch unser Bismarck'sches System der Kopfeinzahler, des individualzentrierten Versicherungssystems, verhindert. Ein zukunftsicheres Rentensystem muß grundlegend anders konzipiert sein und an der erzielten Wertschöpfung ansetzen und das heißt mit anderen Worten, das Beitragssystem ist durch eine steuerfinanzierte Variante zu ersetzen. Wenn man das in diesem Lande sagt, erntet man aber wütende Proteststürme von bestimmten Lobbygruppen, die von ihren Besitzständen nicht lassen wollen.

    Ich lese auch regelmäßig die Nachdenkseiten, aber diese Beweihräucherung des Umlagesystems ist einer der wenigen Punkte, die mich dort abstößt. Ich habe das dem Herrn Müller auch schon gemailt. Das Umlagesystem ist nichts anderes als ein Ansparen eingezahlter Raten und als solches zwar "gerecht", aber völlig unsozial, denn es schließt den Nichteinzahler ob schuldig oder unschuldig, von jedem Leistungsbezug aus. Das positiv angeführte Beispiel Schweiz ist hier auch nicht viel besser. Wie man es besser lösen kann, kann man in den skandinavischen Ländern und den Niederlanden sehen. Eine gotteserbärmliche Altersarmut wie bei uns wird man dort nicht finden.

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  12. Ö.F, ich stimme Dir zu, was den Unsinn mit der Demographie angeht. Ich habe es ja unter Deinem Artikel vom 08.12. schon gepostet. Ich konnte Deinen Artikel wegen der langen Zahlen nicht ganz lesen, denn davon wird mir schwindlig. So hoch kann ich noch nicht zählen.

    Ich bin FÜR eine staatliche Altersversorgung aber ich bin GEGEN das unsoziale Umlagesystem. Das Umlagesystem ist extrem unsozial, denn es ist ein Ausschlußsystem. Es schließt diejenigen komplett aus, die es, z.B. aufgrund von Kleinstselbständigkeit, nicht geschafft haben, sich einen Anspruch zu "verdienen". Das ist durchaus gerecht, denn es entspricht dem Gerechtigkeitsprinzip des Kapitalismus von Leistung und Gegenleistung. Es ist aber UNSOZIAL, deshalb Menschen auf die Unwürdigkeit der Sozialhilfe zu verweisen. Sozial ist auch niemals gerecht, denn es bedeutet immer, daß jemand etwas bekommt, was er sich nicht verdient hat. Viele erhöhen sich dann damit noch, indem sie daraus einen Sozialneid, oder besser, eine Sozialmißgunst konstruieren nach dem gängigen Motto: "Ich habe 40 Jahre eingezahlt und jetzt darf doch nicht jemand etwas bekommen, ohne etwas eingezahlt zu haben". In Deutschland ist so ein Denken der Mißgunst, des Sozialneids nach unten, wohl zwangsläufig. Die nordischen Staaten und die Niederlande denken da komischerweise anders und gewähren auch den Nicht-(ausreichend) Einzahlern eine Mindest- oder Grundrente von ca. 1000 € (NL).

    Das Bismarck'sche Umlagesystem ist als reines Versicherungssystem, faktisch als Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlzwang, also eher nach privatwirtschaftlichen Prinzipien, konzipiert. Wenn man es unter eine Staatsgarantie oder Rückversicherungspflicht stellt ist es eigentlich schon wurscht, ob es staatlich oder privat ist (wenn es noch eine AU-Versicherung beinhaltet). Deshalb ist der Streit "staatlich oder privat" ein Streit um des Kaiser's Bart - bedeutungslos. Wichtig wäre, das das Umlagesystem durch eine Steuer ersetzt wird und damit wäre auch das Problem inexistenz, daß sich ein Großteil der Beitragszahlung entziehen kann. Das Umlagesystem ist eine heilige Küh, die endlich auf die Schlachtbank oder auf die Alterswiese gehört.
    Warum hat der Monarchist und Sozifeind Bismarck denn das Umlageprinzip eingeführt, doch nicht aus sozialen Gründen. Na also. So, jetzt können alle Rentenanwartschaftsbezieher über mich herfallen.
    Braunes Hartz

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  13. Bei all dem klugen Geschwätz hier im Blog fragt sich nur, warum wir denn jedes Jahr 80 Mrd. Euro Steuermittel in die gesetzliche Rente pumpen - wohl doch nicht, um die Renten zu zahlen, oder? Warum gibt es eigentlich keine Rentenerhöhung mehr? Wer nicht weiß, dass es mehr als 2,0 Geburten über eine Generation lang braucht, um wieder demographisch nachhaltig da zu stehen, dem kann man eigentlich jegliche Sachkenntnis absprechen!

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