Nachdem der Blog wegen Krankheit die letzten Tage stillgelegt war, geht es jetzt wieder weiter.
Politik (Inland):
Neue Proteste gegen Studiengebühren und Kindergeldkürzungen in Baden-Württemberg. Besonders in Wiesbaden wurde dabei wieder exzessiv Polizeigewalt angewandt.
Still und heimlich wird an den Grundrechten herumdemontiert: Die große Koalition hat ein weiteres Paket verabschiedet, das den Vergleich zum Patriot Act nicht zu scheuen braucht. Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung wird dabei an den bisherigen Rechten abgebaut, was möglich ist.
Die derzeitige Hysterie mit Fußball und Gesetzen erfasst auch die Wirtschaftsforscher. Diese überschlagen sich vor Zustimmung mit der Bundesregierung und geben massenweise falsche, aber politisch opportune Stimmungsbilder ab.
Noch verspätet ein Meinungsbild der jungenWelt zur Föderalismusreform. Dazu ein Interview mit Petra Pau. Ebenfalls passend ist ein Interview mit einem Kölner Soziologen, der auf die soziale Schieflage des neuen Elterngeldes hinweist.
Franz Walter schreibt in einem Essay über die Folgen der Großen Koalition für die Parlamentskultur und das Selbstverständnis der Abgeordneten.
Wer braucht die Große Koalition? Diese Frage stellt sich der Spiegel, irgendwo auch zu Recht.
Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit wird wieder einmal beschränkt: beim Bush-Besuch sind Demonstrationen untersagt.
Die Landesregierung von NRW hat einen 20-Punkte-Plan zur Integration vorgelegt. Die Meinungen sind geteilt, es geht jedoch wohl zumindest in die richtige Richtung, besonders, weil es sich um das erste derartige Papier mit konkreten Ansätzen handelt.
Was weitere Bundeswehrauslandseinsätze anbelangt (beispielsweise den im Sudan), gibt man sich glücklicherweise zurückhaltender, da das allgemeine Meinungsbild dem ganzen ebenso glücklicherweise doch stark widerspricht. Jung allerdings will davon wenig wissen: wo die EU-Battlegroup ist, da sei auch die Bundeswehr.
Der Mitgliederschwund ist gestoppt, erstmals treten verstärkt jüngerer Menschen in die Parteien ein. Ob allerdings eine Trendwende erkennbar ist, vermag auch der Artikel nicht zu klären.
Medialisierung der Politik, so mahnt Die Zeit an, wurde vor allem durch Sabine Christiansen betrieben. Nun, mit Günther Jauch als neuem Talkmaster, würde sie endgültig zur flachen Show. Soweit nichts Neues, nur besticht der Artikel durch die Analyse, dass es der Zuschauer resp. Bürger ist, der diesen Trend will. Ein weiterer Artikel über Jauch selbst findet sich hier.
Die Fußballhysterie wird immer absurder: nur halb scherzhaft fordert Die Zeit eine Steuerprämie für Fußballfans und stellt wieder einmal jene ins verbale Abseits, die sich dem allgemeinen Fußballwahn nicht anschließen wollen. Es ist wahrlich nicht so, dass ich etwas gegen Fußball oder wie WM allgemein hätte, aber dieses Gesinnungsschießen nimmt derzeit doch stark überhand. Dieser Trend wird von der jungenWelt kritisiert. Eine soziologische Untersuchung im Zusammenhang mit dem Film "Der Untergang" kam zu überraschenden Ergebnissen. Stark geifernd wendet sich die jungeWelt nun sehr radikal zu Wort.
Gesundheit:
Trotz nur minimaler Zugeständnisse an die Kritiker wittert die Genlobby Verrat Horst Seehofers: dieser habe mit den neuen Gesetzen ihre Erwartungen nicht erfüllt, sondern bringe eher die Verbraucher gegen sie auf, die gleichzeitig eine Absenkung gewisser Mindestwerte fordern. So was aber auch! Wie kann er es wagen!
Verdi lernt aus dem Ärztestreik: möglicherweise geht es in der nächsten Runde statt um die Ärzte um die Pfleger.
Einer der echauffiertesten Kritiker der Gesundheitsreform ist derzeit Westerwelle. Sachliche Kommentare hat er eigentlich nicht anzubringen, dafür spielt er altbekannte liberale Schlagworte ab: gegen sozialistische Umverteilungspolitik, gegen überhaupt alles, für die Freiheit, macht Neuwahlen, die Koalition schadet Deutschland, etc. pp. Sogar Massendemonstrationen sieht Westerwelle, wäre da nicht die WM. Wie gut, dass das nie auf den Prüfstand muss. Für die Grünen ist der Kompromiss eine Krankheit. Auch in der Linken regt sich der Unmut, inbesondere über einen weiteren Schritt auf dem Weg der Umverteilung von unten nach oben. Auch in der Politik regt sich Kritik: während Struck Merkel Wortbruch vorwirft (ausgerechnet!), meckert auch der SPD Gesundheitsbeauftragte daran herum: Merkel habe eine Chance verpasst. Die jungeWelt wittert gar in einer gewagten Interpretation den Beginn des Scheiterns der Großen Koalition.
Wer gewinnt und verliert bei der Gesundheitsreform eigentlich? Ein sehr guter Artikel der Welt gibt Aufklärung. Anbei eine kleine Auflistung der Eckpunkte. Generell fällt dem Spiegel auf, dass sich beide Seiten hauptsächlich mit dem brüsten, was sie verhindert haben. Laut dem FDP-Gesundheitsexperten ist eigentlich alles klar: die Wirtschaft verliert.
In einem Kommentar zur Kostendebatte um die Gesundheitsreform mahnt Die Zeit Sparpotenziale beim System selbst an. Wie diese allerdings genau aussehen sollen, darüber schweigt man sich wohlweislich aus. Steinbrück mahnt derweil an, dass die Finanzierung immer noch unklar ist. Heinz Windisch äußert sich dazu im Interview.
Politik (Ausland):
Kaum vorstellbar, warum ausgerechnet Deutschland sich gegen eine Teilabschaffung des Vetorechts in der EU wendet, die derzeit von Finnland betrieben wird. Finnland will in seiner bis Dezember dauernden Ratspräsidentschaft auch die Beziehungen zu Russland verbessern.
Das Ansehen Amerikas in Großbritannien war noch nie so gering wie jetzt. Selbst nach dem Vietnamkrieg hatten doppelt so viele Briten eine positive Stimmung für die USA gehegt, die nun hauptsächlich als niveaulose Barbaren dastehen.
Während Israel nun auch scharfe Töne gegen Syrien findet, geht die Offensive im Gaza ununterbrochen weiter. Ein Kampfhubschrauber feuerte eine Rakete in ein Regierungsbüro. Was in jedem anderen Land als barbarisch gelten würde, wird in Israel als legitimes Recht verkauft. Auch eine Universität wurde bombardiert, da sie als eine der Keimzellen des radikalen Terrors angesehen wurde. Generell fällt auf, dass jedes Angriffsziel dem Stopp des Terrors gilt. In einem verstümmelten und furchtbar einseitigen Welt-Interview erklärt ein arabischer Menschenrechtler palästinensische Ansichten. Die Palästinenser wollen Israel nun in Den Haag verklagen. Währenddessen geht den Familien das Wasser aus und die Bundesregierung gibt Israel einen Blankoscheck. Israel kennt keine Gleichheit, sagt dagegen Jonathan Hooke. Währen die Israelis weiterhin auf die palästinensische Infrastruktur zielen und dabei immerhin von der Schweiz politisch angegriffen werden, versuchen sie propagandistisch die Rolle von Täter und Opfer zu verdrehen: Wasser und Strom würden von Israel geliefert, und die Palästinenser würden versuchen, das Kraftwerk zu sabotieren. Auch die UNO und das IRK appellieren an Israel, wenigstens humanitäre Hilfe durchzulassen. Olmet hat derweil die Weisung ausgegeben, dass "niemand im Gaza Schlaf finden soll". In Flüchtlingslagern in der Türkei wächst der Protest.
Nordkorea hat zwei Raketen abgefeuert, die im Pazifik versunken sind. Damit wurde die Drohung vom Raketentest bedingt wahrgemacht; scheinbar handelt es sich jedoch nur um Mittelstreckenraketen. Für den Fall eines Langstreckenraketentests kündigten die USA Konsequenzen an, u.a. die Einschaltung des UN-Sicherheitsrats.
Die USA machen wieder gegen den Iran scharf und setzen ein neues Ultimatum. Der Iran hat eine Antwort ca. drei Wochen später zugesagt. Im Pentagon streiten sich unterdessen Falken und Tauben über die überhaupt vorhandenen Möglichkeiten.
Der Einsatz im Kongo hat begonnen, die ersten 120 Soldaten richten sich ein. Dass es an Ausrüstung mangelt, ist natürlich ein Gerücht. Die Opposition in dem Land kann wegen des Wahlkampfs (Plakate oder ähnliches sind nirgends zu sehen) nicht mit Jung reden. Die Bundeswehr hat auch das Ziel, einen drohenden "Staatsstreich" zu verhindern. Es drängt sich die Vermutung auf, dass hier nicht wirklich Wahlen, sondern vielmehr ein bestimmtes Ergebnis abgesichert werden sollen. Lühr Henken, Vorsitzender des Hamburger Friedensforums, äußert sich dazu im Interview.
In den USA wird derzeit ein Gesetz diskutiert, welches das Internet effektiv in zwei Klassen spalten kann: höhere Gebphren für jene, welche Breitband nutzen wollen. Was auf den ersten Blick vernünftig klingt, birgt die Gefahr der starken Zensur ungewünschter Inhalte und damit die quasi Abschaffung der Freiheit des Internets.
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