Sonntag, 13. Februar 2011

Republikaner arbeiten weiter am Wahlsieg Obamas 2012

Von Stefan Sasse

Die Tea-Party-Bewegung geriert sich immer mehr wie eine amerikanische FDP: genauso überdreht, genauso wirklichkeitsfremd. Im Midterm-Wahlkampf 2010 versprachen sie, von Obamas erstem Budget - also dem jetzt vorgelegten - 100 Milliarden zu kürzen, pauschal, aus allen Bereichen außer aus dem Verteidigungsbudget. Die erfahrenen Republikaner aus dem Kongress waren schlau genug, ein etwa 37-Milliarden-Kürzungsprogramm vorzulegen, das recht selektiv kürzt und sich dank der republikanischen Kernthemen - Kampf gegen die "big spenders" in Washington - wohl auch politisch vertretbar wäre. Nun haben aber die Tea-Party-Hinterbänkler beschlossen, dass es dringend notwendig ist, sofort 100 Milliarden zu kürzen. Wahlversprechen ist Wahlversprechen. Allein, schizophren wie der Wähler eben nun mal ist, selbst die republikanischen Wähler wollen eigentlich keine Kürzungen in Bereichen, die sie betreffen, von social security bis education. Einzig und allein bei der Kürzung von Entwicklungshilfe, die in den USA eh nicht sonderlich hoch ist, gibt es eine satte Mehrheit. In ihrem Bestreben, ein Wahlversprechen umzusetzen, setzen sich die Tea-Party-Republikaner also massiv in die Nesseln. 

Grundlage dieses Irrtums ist praktisch derselbe, der in den Deutschland den rapiden Abstieg der FDP befördert hat. Die Tea-Party-Bewegung sitzt dem Irrtum auf, dass sie für ein bestimmtes Programm gewählt worden sei, dass die Wähler sie mit einem expliziten Mandat ausgestattet hätten, spezifische Programmpunkte umzusetzen - Steuersenkungen, hüben wie drüben. Allein, beide mussten schnell die Erfahrung machen, dass Kürzungen sich zwar martialisch ankündigen und im Zweifel sogar durchrechnen lassen (Stichwort "Liberales Sparbuch"), allein, in der Realität findet man sich ganz schnell im Dschungel der Interessen und juristischen Fallstricke wieder, die das hehre wie unrealistische Projekt an der schnöden Wirklichkeit scheitern lassen. Streichen von Geldern nimmt sich lediglich in den Traumstuben politischer Anfänger leicht aus.

Damit haben sich beide Parteien in die gleiche Falle begeben. Sie wurden gewählt, weil Frustpotential bestand über diejenigen, die etabliert im Parlament saßen, man aber gleichzeitig nur eine Art Kontrolle wollte - keine Wahl neuer Parteien also, mit unabsehbaren Folgen, sondern lediglich ein Korrektiv. Alleine, für was dieses Korrektiv stand, darüber machte sich der Wähler wenig Gedanken, viel mehr sollte einem dumpfen Unbehagen Ausdruck verliehen werden. Davon profitierten FDP wie Tea-Party deswegen, weil die Wähler nicht bereit waren, Protestparteien oder neuen Parteien ihre Stimme zu geben, sondern sich stattdessen vom eigentlich seriösen Image, das diese spezifische Protestwahlform besaß - die FDP wie die Republikaner als angeblicher Hort der Wirtschaftskompetenz - blenden ließen ohne zu erkennen, welche Natter sie da eigentlich nährten. 

In beiden Fällen wachte der Wähler recht schnell auf. Der Protest ließ sich, wie immer, in der realen Politik nicht durchhalten. Im Zwang, sich ernsthaft politisch im Alltagsbetrieb zu betätigen, anstatt weiter öffentlichkeitswirksam Protestaktionen durchzuführen - wie auch, man war ja selbst Regierung - verlegte man sich auf die Umsetzung des eigenen, erschreckend schmalen Wahlprogramms. Allein, dafür waren sie nicht gewählt worden, und unrealistisch war es zudem. Der Weg dieser Bewegungen führt unabwendbar in die Irre. Setzen sie ihr Programm um, scheitern sie an der Realität. Tun sie es nicht, ist keine effektive Regierungsarbeit möglich. In beiden Fällen verlieren sie ihren Zuspruch, und das ist eine Erfahrung, die beide Gruppen machen. Für CDU und die Majorität der Republikaner ist dieser Effekt deswegen problematisch, weil der Dreck, den diese Protestbewegungen aufwerfen, teils auf sie zurückfällt. Die Tea-Party ermöglicht es Obama damit spielerisch, sich 2012 als Kandidat der Mitte zu präsentieren und die Sozialismusängste der Amerikaner mit dem Chaos zu überdecken, das die Tea-Party anrichtet.

Links:
Ezra Klein
Lori Montgomery

1 Kommentar:

  1. “Die Tea-Party ermöglicht es Obama damit spielerisch, sich 2012 als Kandidat der Mitte zu präsentieren und die Sozialismusängste der Amerikaner mit dem Chaos zu überdecken, das die Tea-Party anrichtet.”

    Das gehoert aber doch eher in die Kategorie Wunschdenken.
    Bisher hat Obama zumeist die schraegen Einfluesse der TeaReps nur verbal bekaempft, um sie daraufhin verkrampft selbstverfechtend zu installieren. Siehe Taxbreaks fuer Superreiche=700Milliarden Verlust.
    etc.
    Und gerade faengt er an auf Teufel komm raus zu sparen. Und wer ihm das wohl nahe legte?

    Gruss
    Jake

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