Montag, 13. Februar 2012

Eine kurze Geschichte des Kommunismus, Teil 1/2

Von Stefan Sasse

Karl Marx 1875
Bei der Begriffsdefinition von "Kommunismus" darf nicht der beliebte Gegensatz des Ost-West-Konflikts zwischen (sozialer) Demokratie und (kommunistischer) Diktatur sowie Marktwirtschaft und Planwirtschaft bemüht werden, da dieser ein Produkt der Zeitgeschichte ist. Sie spielten bei der Schaffung des Kommunismus keine Rolle. Die Anfänge des Kommunismus liegen noch vor 1848, um 1840. Die Entwicklungen begannen in Frankreich mit den damals grassierenden Problemen des Pauperismus (extreme Armut bis zur Grenze des Verhungerns). Durch die einsetzende Industrialisierung waren viele Menschen gezwungen, ihre reine Arbeitskraft unter Aufgabe der Individualität an denjenigen zu verkaufen, der gerade den entsprechenden Hungerlohn bezahlte. Die Zeitgenossen sahen im Kommunismus das Programm für einen sozialrevolutionären Umsturz; sie wollten Revolution und Anarchie, um das noch handwerklich geprägte Umfeld auseinander nehmen zu können und damit auch die fest gefügten Strukturen des Bestehenden in Frage zu stellen und zu beseitigen. Dadurch bekam Kommunismus von Anfang an eine pejorative Bedeutung.

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7 Kommentare:

  1. "Die kommunistischen Visionen lassen sich nicht mit reformerischer Politik durchführen. Sie erfordern stattdessen entweder eine Revolution oder den Bürgerkrieg, in jedem Fall aber Gewalt."

    Ich wage die These, dass sich ausnahmslos jede politische Vision, jede gesellschaftspolitische Ordnung und jede Herrschaft auf Gewalt aufbaut. Ob Kommunismus, Sozialismus, Demokratie, Feudalismus, Monarchie, Diktatur, Autokratie etc. pp. - die Staatsgewalt ist stets das Fundament der Herrschaft.

    Btw. was meinst Du mit "reformerischer Politik"?

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  2. Naja, sozialdemokratische Ziele lassen sich reformerisch durchführen - Gesetzesinitiativen im Parlament, vor allem. Mit dem Kommunismus ist das nicht möglich - er basiert auf einer Revolution, der Beseitigung eines ganzen Systems und der Errichtung eines völlig anderen. Das lässt sich per definitionem nur mit einem Gewaltakt erreichen. Der muss nicht zwingend blutig sein - man denke an die Revolution in der DDR 1989 -, aber die alte Ordnung wird eben gewaltsam beseitigt und nicht reformerisch.

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  3. Im Marx'schen Kommunismus geht es immer nur um die Abschaffung des Privateigentums an den *Produktionsmitteln*, niemals um die Abschaffung des Privateigentums an sich. Das ist ein riesiger Unterschied. 'Kritiker' erschrecken mit diesem gewollten Missverständnis seit 150 Jahren den Bürger. Auch im Text wird das leider sehr ungenau gehandhabt.

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  4. Spätestens bei der Diktatur des Proletariats allerdings wird es ohne Revolution schwierig bleiben, von daher steht der Punkt noch.

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  5. "Die imperialistischen Ansprüche beider Seiten, Westen wie Osten, überlagerten sich in Mitteleuropa, was zu einem Erklärungsmuster für die Aggression des deutschen Faschismus’ gegen West wie Ost führt."

    Sehr geehrter Herr Sasse,
    Sie sollten sich um die Nachfolge von Guido Knopp bewerben.

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  6. "... waren viele Menschen gezwungen, ihre reine Arbeitskraft unter Aufgabe der Individualität an denjenigen zu verkaufen, der gerade den entsprechenden Hungerlohn bezahlte."

    Heute sind wir wieder an diesem Punkt angekommen. Wie hiess das noch gleich - Pauperismus?

    pauvre=arm

    der Herr Karl

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  7. Kommunismus ist eine Maximalforderung. Wie alle Maximalforderungen ist er schlecht zu verwirklichen. Man kommt nicht mit einem ersten und einzigen Schritt an ein Ziel. Maximalforderungen dienen daher immer auch der Behinderung jeden realistischen Fortschritts. Sinnvoll ist eine Strategie, die zuerst einmal die Rechte der Arbeiter einfordert, sich unbehindert zu organisieren und zu informieren. Mitsprache in den Betrieben, soziale Sicherheit, Schutz vor erpresserischer Ausbeutung.

    Das haben die Kapitalisten wirklich gefürchtet, dass die Arbeiter sich organisieren, den Schutz der Gesetze organisieren, dass die Regierung die Arbeitszeiten beschränkt, Mindestlöhne festsetzt, die Kinderarbeit verbietet.

    Da kam der Schwager des preußischen Innenministers Ferdinand von Westphalen ganz gelegen, der jedem "utopischen Sozialismus" eine Absage erteilte, die Arbeiterbewegung auf den Kommunismus einschwören wollte und auch gleich noch die Kirchen und die religiös orientierten Bürger vor den Kopf haute. Die Forderung nach der Enteignung aller Produktionsmittel, also auch dem Huberbauern seinen Hof und der Oma ihr vermietetes Häuschen, dem Apotheker seine Apotheke und dem Gastwirt seine Wirtschaft, musste den politischen Anliegen der Arbeiter einen maximalen Schaden zufügen. Das war so beabsichtigt von Marx und Engels. Nicht umsonst hat Engels den braven Entwurf des Moses Hess für ein Arbeiterprogramm zu Gunsten des Kommunistischen Manifests verschwinden lassen.

    Bis auf den heutigen Tag dienen Kommunisten/Marxisten dazu, keynesianische Ideen zur Überwindung von Krisen als Systemrettung zu diffamieren und stattdessen auf die von Marx versprochene (wissenschaftlich bewiesene) Weltrevolution zu warten und zu warten und zu warten ...

    Inzwischen können die Neoliberalen ungestört und Schritt für Schritt ihre Ziele erreichen. Die gehen nämlich sinnvoll schrittweise vor und nicht mit einem Maximalprogramm nach dem Motto alles oder nichts.

    Aber was sollte man von dem Schwager des preußischen Innenministers, Karl Marx, erwarten? Regierung und Kapital hatten frühzeitig ihre Leute in die Arbeiterbewegung und an deren Spitze entsandt. Mit den entsprechenden Ergebnissen, wie zum Beispiel auch Lassalles "ehernes Lohngesetz", dass es also gar keinen Sinn machen würde, die Arbeiter für bessere Löhne zu organisieren.

    Unsere Historiker zweifeln offiziell bis heute noch nicht an Marx und Engels und empfehlen deren Werke ihren kritischen Studenten zur Lektüre. Da können die dann studieren und studieren und sind durch die ganze Wertformanalyse nach zehn Jahren Marxlektüre gerade so schlau wie zuvor.

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