Von Marc Schanz
Die Euro-Krise ist historisch, keine Frage. Die Inflation an geschichtlichen Bezügen ist daher verständlich. Gerne wird im Hinblick auf unseren Austeritätsautismus der selige Herr Brüning erwähnt, oder Griechenland soll sich doch bitte ein Beispiel an der Argentinienkrise nehmen und sich deren Moral zu Herzen nehmen. In eine humoristische Kategorie fällt die absurde These des Herrn Sinn, Griechenland habe von Deutschland bereits eine Art Marshallplan erhalten. All diese Geschichten haben gar nicht so viel Beine, wie sie zum Hinken benötigen. Ich möchte daher eine etwas andere Geschichte der Euro-Krise erzählen, und zwar ohne historische Bezüge, ohne Moral und frei von Emotionen. Bei verworrenen Konstellationen hilft mir stets eine solche Versachlichung, um mir wieder die notwendige Klarheit zu verschaffen.
Machen wir eine kleine Zeitreise in die krisenfreie Ära vor der Einführung des Euros. Jedes Land hatte seine eigene Währung. International agierende Konzerne und Unternehmen mussten bei einem länderübergreifenden Warenaustausch nicht nur hohe Verwaltungskosten schultern, sondern auch die Ausfallrisiken dieser Auslandsüberweisungen tragen. Auf der Suche nach der Lösung dieses Problems wurde die Idee der Gemeinschaftswährung geboren. Der Euro hatte somit das Ziel, den innereuropäischen Warenaustausch zu vereinfachen, sowie kostengünstiger und risikoärmer zu gestalten. Es gab noch eine politische Vorgabe: die No-Bailout-Klausel, kein Land darf für das andere haften.
In Zukunft sollten die Risiken der länderübergreifenden Finanztransaktionen nicht mehr von der produzierenden Wirtschaft, sondern von den Finanzmärkten getragen werden - so wie es sich gehört. Im Grunde war es kein schlechter Plan, eigentlich konnte nichts schief gehen. Im Nachhinein wird jedoch deutlich, der Euro wurde zu einer Schönwetterkonstruktion. Woran liegt das? Der entscheidende Punkt war, die Währungsunion so zu gestalten, dass die Risiken und somit die Haftungsfragen jederzeit und eindeutig den Mitgliedsländern zugeordnet werden können. In Wahrheit ist das ein nicht aufzulösendes Dilemma.
Die Finanzmärkte übernahmen bereitwillig das Risiko, Staaten und Geschäftsbanken mussten sich wie gewohnt an den Finanzmärkten finanzieren. Jedoch hat sich aufgrund der Währungsunion die Stellung der nationalen Notenbanken und der Staaten fundamental geändert. Beiden wurden durch die Regeln der Währungsunion Fesseln auferlegt, die vergleichbar mit einem Korsett eines Goldstandards sind. Die nationalen Notenbanken müssen sich bei der Geldschöpfung den Regeln der Währungsunion unterwerfen. Für den Staat ist der Beitritt zur Währungsunion ein weitreichenderer Schritt, als er auf den ersten Blick erscheint. Bei seinem Eintritt gibt er seine Souveränität über die eigene Währung ab, er verliert die Kontrolle über die eigene Notenbank und, dieser Fakt wird meist übersehen, er tritt die Verfügungsgewalt über seine Altschulden an die Währungsunion ab. Denn mit der Umwandlung der Schulden in eine Fremdwährung - nichts anderes ist die Gemeinschaftswährung für seine eigenen Mitglieder - sind sie außerhalb seiner Wirkungsspähre. Normalerweise kann ein Land seine Neu- und Altschulden, die er in seiner Währung hat oder aufnehmen muss, immer bezahlen, da er sie im Notfall mit selbst gedrucktem Geld begleichen kann. In einer Währungsunion ist dieser Notfallmechanismus nicht mehr möglich.
Den Nachteilen des Beitritt, der Souveränitätsverlust und das Korsett der Währungsunion, stehen nur marginale Verbesserungen gegenüber. Vor allem der Staatsfinanzierungsmechanismus der Währungsunion steht auf wackeligen Beinen, da er nun alleinig auf einem funktionierenden Finanzmarkt fußt - ohne Sicherheitsnetz wie zuvor.
Den Nachteilen des Beitritt, der Souveränitätsverlust und das Korsett der Währungsunion, stehen nur marginale Verbesserungen gegenüber. Vor allem der Staatsfinanzierungsmechanismus der Währungsunion steht auf wackeligen Beinen, da er nun alleinig auf einem funktionierenden Finanzmarkt fußt - ohne Sicherheitsnetz wie zuvor.
Die Euro-Währungsunion hatte einen guten Start. Weichwährungsländer nutzen den Vorteil einer vergleichsweisen harten Währung und bekamen vom Markt das Signal: das ist gut so, macht weiter! Ja-ha, so war das, so begann der ganze Irrsinn! Die entscheidenden Fehlentwicklungen ereigneten sich bereits weit vor Ausbruch der Finanzkrise. Während alle auf die Staatsverschuldungsquote schauten, konnten sich riesige Ungleichgewichte im Privatsektor aufbauen. Sie versteckten sich unbemerkt in den Finanzmärkten. Das war ja auch das erklärte Ziel, was soll denn daran das Problem sein? Die Krise hat unbarmherzig den Fehler der Märkte offen gelegt, sie haben die Bewertung der Risiken auf der Grundlage einer falschen Vorstellung über die Haftungsfragen der Währungsunion vorgenommen. Die Risiken wurden als vernachlässigbar angesehen, da die Finanzakteure eine gemeinschaftliche Haftung an nahmen, jedoch sind Implikationen der komplexen Struktur der Währungsunion eine ganz andere, die Ausfallwahrscheinlichkeit ist daher weitaus höher.
Lehmann kollabierte und die Finanzkrise brach aus, Griechenland geriet in Schieflage und die No-Bailout-Klausel der Währungsunion wurde heftig in der Öffentlichkeit diskutiert. Alles schien noch normal zu sein, zwei Stresstests kamen zu aus heutiger Sicht erstaunlich beruhigenden Ergebnissen. Wie kam es zu dieser offenkundigen Fehldiagnose? Die Tests schauten zwar auf den richtigen Sektor, die Banken, hatten jedoch einen blinden Fleck: die Zentralbanken. Erst Hans Werner Sinn gebührt die Ehre, die Fieberkurve der Währungsunion entdeckt, aber nicht verstanden zu haben: auf dem Target2 System der nationalen Notenbanken bildeten sich beunruhigende Ungleichgewichte. Sie lassen zwar keinerlei Rückschlüsse auf die eingegangenen Risiken zu, zeigen jedoch indirekt den Stress des jeweiligen Bankensystems an. Die Traget2 Salden liefern den entscheidenden Hinweis, was mit Ausbruch der Krise geschehen ist: als den Finanzmarktakteuren ihr eigenes Versagen klar wurde - ihre komplett falsche Risikoeinschätzung - stießen sie die Risiken ab und nutzten das sichere Target2 System als letzte Zuflucht. Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: in der Euro-Zone ist der Finanzmarkt für innereuropäische Transaktionen zusammen gebrochen und in dessen Folge brach zugleich die Basis der europäischen Staatsfinanzierung weg. Er wird nur noch über einen künstlich absurden Kreislauf am Leben erhalten. Die Notenbanken finanzieren den Ankauf der Staatsanleihen der Banken und diese deponieren sie im Target2 System.
Die Währungsunion sollte die finanziellen Risiken von den europäischen Wirtschaftsunternehmen auf die Finanzmärkte übertragen. Dies ist eine Zeit lang nur vordergründig gelungen. Mehr als zehn Jahre lang konnte sich unbemerkt das Unheil aufstauen, auch jetzt wird die Ursache der Krise falsch gedeutet. Die Mechanismen der Euro-Währungsunion wurden weder von ihren Konstrukteuren, den „unfehlbaren“ Finanzmärkten, noch den Troikas der Krisenrettern richtig verstanden. Die überkomplexe Gestaltung der Haftungsfragen der Währungsunion führte zu katastrophal falschen Bewertungen der Risiken, die sich im Finanzsystem befanden und noch befinden. Innerhalb der Währungsunion floss die Liquidität ungehindert und aufgrund der Fehlbewertungen fanden auch unsichere Zahlungen statt, die niemals hätten erfolgen dürfen. Es kam schon seit Bestehen der Währungsunion zu Fehlallokationen, deren Schaden heute keiner vernünftig beziffern kann. Eine Umkehrung dieser schädlichen Entwicklung ist nicht mehr möglich.
Das Korsett der Währungsunion wird für die Krisenstaaten zur tödlichen Falle. Die Finanzströme innerhalb eines Landes, die bei einer eigenen Währung theoretisch niemals gefährdet sind, drohen aufgrund des Konstruktionsfehlers der Währungsunion zum Erliegen zu kommen. Die No-Bailout-Klausel wird zu einem ökonomischen und gesellschaftlichen Todesurteil. Das Dilemma der Krise der Gemeinschaftswährung ist, dass die Zahlungsströme innerhalb der jeweiligen Krisenstaaten nur noch auf Kosten der anderen Mitglieder sichergestellt werden können.
Das Korsett der Währungsunion wird für die Krisenstaaten zur tödlichen Falle. Die Finanzströme innerhalb eines Landes, die bei einer eigenen Währung theoretisch niemals gefährdet sind, drohen aufgrund des Konstruktionsfehlers der Währungsunion zum Erliegen zu kommen. Die No-Bailout-Klausel wird zu einem ökonomischen und gesellschaftlichen Todesurteil. Das Dilemma der Krise der Gemeinschaftswährung ist, dass die Zahlungsströme innerhalb der jeweiligen Krisenstaaten nur noch auf Kosten der anderen Mitglieder sichergestellt werden können.
Griechenland ist nur das Schwächste Glied in dieser langen Kette an Unfähigkeit und Versagen. Griechenland ist nicht Täter, sondern Opfer. Wieso sollte eines der kleinsten Länder der Währungsunion die ganze Gemeinschaft gefährden können? Das ist nur möglich, wenn es einen Systemfehler in der Währungsunion gibt.
Im Alltag haben wir sehr wohl verstanden, dass wir, wenn es um Fragen des Geldes geht, Gefühl und Moral unter allen Umständen ausblenden müssen. In der Euro-Krise können wir das nicht, warum ist das nur so?
Im Alltag haben wir sehr wohl verstanden, dass wir, wenn es um Fragen des Geldes geht, Gefühl und Moral unter allen Umständen ausblenden müssen. In der Euro-Krise können wir das nicht, warum ist das nur so?
Wir kämpfen Unmengen von semantischen/heuristischen Kriegen. Ich sehe nicht, dass Kapitalmärkte in der Eurokrise "versagt" hätten. Was heißt Versagen und falsche Risikoeinschätzung? Kapitalmärkte haben so normal und "rational" gehandelt wie sie nur konnten. Wie kannst du von einer fehlerhaften "Schönwetterkonstruktion" reden und gleichzeitig das Versagen der Märkte postulieren? Das ist utopisch. Märkte zaubern nicht. Wenn sie jedes Staatsversagen ausbügeln könnten, gäbs auch kein Staatsversagen, wir würden's gar nicht merken.
AntwortenLöschen1. Kapitalmärkte haben keinen Einfluss auf die Rentabilität von Investitionen oder die Bonität von konsumierenden Schuldnern. Sie müssen und können keine realwirtschaftlichen Blasen erkennen. Das klären die Realmärkte im Zeitablauf, in einem marktwirtschaftlichen Korridor. Realmärkte lösen die Risikobewertung auf. Dann ist es im Regelfall unsinnig den schwarzen Peter (den es ohnehin gar nicht gibt) auf die Kreditgeber zuschieben, weil sie eine 'falsche Risikoeinschätzung' abgegeben hätten. Richtig/falsch sind keine hier anzuwendenden Kategorien.
2. Das Risiko wird immer unmittelbar von der "produzierenden Wirtschaft" und mittelbar vom Finanzmarkt getragen. Durch den Euro hat sich nichts geändert. Das Abwertungsrisiko fiel ganz weg, es wurde nicht vom Finanzmarkt übernommen. Das durch Wegfall der Abwertungsmöglichkeit entstehendende Korsett, der Anpassungsdruck, hat insofern Einfluss auf die Dauer des Korridors. Der Euro an sich hat durch Zinsangleichungen den Korridor erst ausgelöst. Von einer Risikoverlagerung zum Finanzmarkt zu sprechen, ist eine sehr abstrakte Sicht, die ich kaum teilen kann.
3. Man kann Kapitalmärkten auch nicht vorwerfen, dass sie ja 'die Kredite vergeben hätten'. Dass sie versagt hätten, weil sich Ungleichgewichte aufgebaut haben. Weil sie "falsche Vorstellungen über die Haftungsfragen der Währungsunion" hatten. Was war und ist denn die richtige Vorstellung? Wo ist die "offensichtliche Fehldiagnose"? Haben wir eine gemeinschaftliche Haftung? Kann man Target2 so interpretieren? Wird es eine gemeinschaftliche Haftung geben? Weißt du das? Nein. Also wie kannst du von richtigen/falschen Vorstellungen über Haftungsfragen reden? Man weiß nicht, was ist und was kommt. Spekuliert wird in jede Richtung.
Dass sich Ungleichgewichte aufgebaut haben - über die Kapitalmärkte - ist zunächst völlig normal. Schulden an sich sind insofern kein Problem, entscheidend ist die jeweilige Grenze und das sich entwickelnde Zinsniveau, ggf. für Refanzierungen. Das liegt alles im marktwirtschaftlichen Korridor. Schulden, Ungleichgewichte und Kreditvergabe vorzuwerfen und als Versagen zu qualifizieren ist tautologisch. Ausgelöst und befeuert hat diesen Korridor der Euro, durch Zinsangleichung. Zinsangleichung kam durch Wegfall des Abwertungsrisikos. Die "ungeklärte Haftungsfrage" stellte sich als kein zusätzliches Risiko dar, im Gegenteil, es war für die Haftungsfrage doch eine Risikoübernahmen. Die Lage hat sich damit doch nur verbessert. Beides, Risikowegfall und Risikoübernahme hat sich multipliziert und führte zu sinkenden Zinsen. Mathematisch ging das gar nicht anders. Das Ende des Korridors, die Frage, wann und ob eine Blase platzt, ob de facto investiert oder konsumiert wurde, wie sich Bonitäten entwickeln, sind alles nachgelagerte Fragen, die kein Kapitalmarkt, kein Investor im vorhinein beantworten kann, bestenfalls spekuliert er darüber .. außer die Austrians, die habens bei ihrem Verständnis von Wirtschaft von Anfang an gewusst, so schlau sind aber nicht alle Marktteilnehmer. Selbst heute wird ja gern von Linken noch das Bild gezeichnet, dass Südländer so gut da standen, dass es gar keine Blasen gab, dass Konsumexzesse nicht so schlimm waren, dass alles nur an bösen Spekulanten liegt, die Zinsen in die Höhe treiben, dass es der Realwirtschaft blendend ginge.
Ab dem Jahr 2000 bis zum Ausbruch der Krise im Jahr 2007 waren die Renditen der Staatsanleigen für die Euroländer nahezu gleich auf. Das Marktsignal ist eindeutig: die Risiken sind für alle gleich, es gibt keine Gefahr. Die Kreditfinanzierung war entsprechend günstig, es wurde von den Märkten keine Gefahren signalisiert und diese Chance wurde damals von den Krisenländern genutzt.
LöschenDas damalige Marktsignal kann ich aus heutiger nur als komplettes Versagen deuten, was soll es denn sonst sein? Die Währunsgunion war vor Ausbruch der Krise keine andere als danach. Den Finanzakteuren waren sowohl die Konstruktion der Währunsgunion bekannt als auch die Kennzahlen der Staaten. Wenn sie das offensichtliche Risiko nicht abbilden können, was ja ihre Aufgabe ist, versagen sie.
P.S: Wieso stell die Haftungsfrage kein zusätzliches Risiko dar? Es macht doch ein Unterschied, ob für einen Kredit die Euro-Zone oder ein ein einzelner Staat bürgt. Übrigens, wenn es kein Unterschied macht, warum sind dann die Zinsen explodiert? Ist das eine mathematische Anomalie?
Marc
LöschenNein, das ist der falsche argumentative Rahmen. Abstrakt gesehen hat das gesamte Finanzmarkt-/Zinssystem versagt, so wie es eben ist. Damit ist noch keine Aussage getroffen, ob Märkte versagt haben, oder spiegelbildlich ob staatliche Planung versagt hat. Konkret haben Eingriffe versagt. Dass eingegriffen wurde, und dass diese Eingriffe bedeutsam waren, kann man nicht leugnen. Zinspolitik ist ein entscheidender Hebel. Staatsverfechter begründen ihn explizit damit, dass das marktwirtschaftliche Gleichgewicht ja eh nicht Vollbeschäftigung garantieren würde, de facto nachgeholfen werden müsse. Das ist der Kern der Geldpolitik. Und wenn es nun einen überschießenden Boom mit Fehlallokationen gab, hat auf einmal der Markt versagt? Erwartest du denn, dass der Kapitalmarkt diese staatliche Zinsschrauberei parallel ausgleicht? Wie soll er das können? Das gleichgewichtige Zinsniveau kennt niemand, es bildet sich, wenn alle Informationen Eingang finden, aber nicht wenn Informationen manipuliert und verzerrt werden. Mit dem Euro wurde an der Zinsmanipulation weiter gedreht. Du sprichst "Marktsignale" an - diese wurde durch den Euro noch weiter ausgeschaltet. Ökonomen haben vor den Folgen des Euro gewarnt. Wenn sich Euro-Befürworter heute hinstellen und von Marktversagen reden, ist das unverschämt und unseriös.
Ich versteh deine Risikoeinschätzung bei unsicherer Staatshaftung nicht. Angenommen du willst jemandem Kredit geben, und plötzlich kommt er freuestrahlend zu dir und erklärt, im Zweifel springe seine Oma ein. Oh weh, denkst du ... wie sicher ist denn, dass die Oma einspringt? Wegen dieser Unsicherheit verteuerst du gleich mal den Kredit? Unfug, du wirst ihn natürlich tendenziell verbilligen. Die Bonität hat sich verbessert. Durch den Euro tauchten überall Omis auf. Nur hat weder der Euro noch die Omis was mit einer normalen Marktwirtschaft zu tun.
Es gäbe noch so viel zu sagen ... festzuhalten ist, dass dieser Euro-Boom unvermeidlich war. Märkte konnten das nicht antizipieren. Saufen müssen die Pferde selber.. Heute, im nachhinein, kann man sagen, dass zuviel gesoffen wurde. Manche haben Sauforgien gefordert - Krugman mit seinem Wunsch nach Immobilienblasen. Manche leugnen, dass zuviel gesoffen wurde. Das sei nur relativ, andere wie wir hätten hingegen zu wenig gesoffen. Das Gros der Ökonomen hat bis 2007/08 über die Existenz einer Immobilienblase gelacht, die Entwicklung sei ganz natürlich, stabil und nachhaltig. Der Euro-Krise wär auch gar nicht so gravierend ausgefallen und der absurde Gedanke an Marktversagen wär gar nicht derart aufgekommen, wenn a) der Schock durch die US-Finanzkrise mit ihren Auswirkungen auf Europa nicht gewesen wäre und b) in den 5 Jahren Krise die erforderlichen Anpassungsprozesse abgelaufen wären. Das Zinsniveau hat sich stetig verschärft in den 5 Jahren, und wieder durch äußere Eingriffe, die Rettungsmaßnahmen, die den Status Quo hielten und die Lage der Schuldner verschlimmerten.
Ich habe nichts gegen den Markt, er ist für mich - wenn er funktioniert - der demokratischste Ort, den ich kenne. Aber, ich muss auch seine Grenzen kennen und die hat er zweifelsohne. Ich sehe keine manipulierten oder verzerrten Informationen, alle relevanten Daten waren jederzeit verfügbar. Griechenland ist doch nicht über Nacht korrupt geworden, auch die nicht vorhandene Wettbewerbsfähigkeit fiel nicht vom Himmel. All das war vor dem Beitritt Griechenlands zum Euro bekannt. Die Konzeption der Währungsunion war für die Experten ebenfalls kein Geheimnis. Klar, kann ich die Bewertung einfach an den Leitzins koppeln, aber das ist doch etwas zu einfach. Wenn wichtige Faktoren nicht in die Risikobewertung einfließen, wie das offensichtlich bei den Staatsanleihen der Eurozone der Fall war, ist das ein glasklares Versagen.
LöschenWir reden ja nicht um eine kleine Abweichung oder ein schwer vorhersehbares Ereignis, wie ein Tsunami. Griechenland wäre auch ohne Finanzkrise in große Schwierigkeiten geraten, nur etwas später und mit einer geringeren Intensität. Die Fehlentwicklungen in der Euro-Zone fanden doch schon vor Ausbruch der Krise statt, aber kein Experte und kein Markt hat das realisiert. Ich habe den Eindruck, einigen der Ökonomenzunft kommen die Griechen als Sündenbock gerade recht, dann ist nämlich ihr Versagen aus dem Fokus.
Dein Vorwurf bleibt tautologisch. Ich hab dazu schon alles im ersten Posting gesagt. Wir haben dynamische Entwicklungen, die erst geschehen müssen, um sie bewerten zu können (und sie werden völlig unterschiedlich bewertet). Die Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit war ein Prozess, den man nicht von Beginn an einpreisen konnte, wie denn auch. Es ist absurd zu fordern Kapitalmärkte müssten jede Leitzinsänderung sofort radikal aushebeln, um eine Entwicklung zu verhindern, du ausgerechnet du im nachhinein als zu expansiv interpretierst. Was du als Information ansiehst, sind ex-post-Betrachtungen, die selbst heute noch bestritten werden, maW ex-ante-Spekulationen, die ... nur spekulativen Signalcharakter haben und keine Preissignale sind. Es gibt zwingend ein Zeitfenster, in dem Zinsen durch Wegfall des Abwertungsrisikos sinken mussten, ausgehend von einem Zeitpunkt an dem noch alles relativ in Ordnung war, zudem hat Griechenland Bilanzen gefälscht. Zu beurteilen was der folgende Kreditboom auslöste, Investitionen oder Konsum, ist nicht Aufgabe der Kapitalmärkte. Selbst die größte Immobilienblase haben Mainstreamökonomen nicht erkannt als sie kurz vorm Platzen war. Und was ist eine Blase? Nur dann, wenn sie nicht weiter befeuert wird. Staatsschulden sind grundsätzlichen konsumtiv, der Staat produziert nichts, und Straßen und Brücken baut er auch nicht ins Uferlose. Trotzdem bekommt er Kredite im Zeitablauf zu teils stark schwankenden Zinsen, obwohl sich die Staatsschuld stetig erhöht und "Wettbewerbsfähigkeit" stetig schwindet. Wegen Rückzahlungserwartung, Wachstum usw. "Wettbewerbsfähigkeit" ist auch nur eine interpretatorische Größe, die der Kapitalmarkt nicht definiert und überwacht. Notfalls muss der Staat Einschnitte machen, Steuern erhöhen und Wachstum abwürgen. Irgendwann ist aber Sense ... ist das dann das Versagen der Kapitalmärkte, dass sie es soweit kommen ließen? Wohl kaum. Wer entscheidet, wann Sense ist? Das kann niemand vorwegnehmen, auch kein Kapitalmarkt, allenfalls mittelbar, aber unmittelbar ist es eine Entscheidung des Staates, was es seinen Bürgern zumuten kann. Genau solche Schwankungen und sinkenden Zinsen trotz steigender Schuld gabs durch den Euro. Südländer hatten grandioses Wachstum. Banken werden gerettet ... diese Hoffnung und Erwartung hat sich erfüllt, wo ist denn da Kapitalmarktversagen? Das sind insofern die größten Sieger.
Löschen@Tobias Fuentes
LöschenIch sage doch auch nichts anderes wie du: statt auf Märkte zu hören kann ich ganz einfach in die Glaskugel schauen.
Und ist es wirklich so einfach, mit billigen Bilanztricks die komplette Weltfinanzelite zu täuschen? Wow!
Zuerst eine Antwort auf die letzte Frage des Textes: Der Euro ist kein wirtschaftliches, sondern ein rein politisches Projekt. Die Politiker halten gegen jede (schlechte) Erfahrung daran fest, bis es gar nicht mehr anders geht.
AntwortenLöschenWas die Finanzmärkte angeht, so sehe ich kein Versagen, wenn man sich von der idealistischen Vorstellung löst, Risiken an sich würden bewertet statt die der konkreten Finanzmarktakteure. Gerade die echten und besten Profis haben den ganzen Ramsch doch rechtzeitig abgestoßen (war in den USA nicht anders). Nahezu gleiche Zinsen vor der Krise bedeuteten nicht, dass niemand Probleme sah, doch an dieser Einsicht gab es erst etwas ab Ausbruch der Krise zu verdienen. Dasselbe gilt für Blasen, die auch dann noch wachsen können, wenn viele sie bereits erkennen. Als Bank(st)er kann man noch zynischer sein und seine eigene Bank gegen die Wand fahren, um vorher dicke Boni zu kassieren und z. T. sogar noch hinterher.
@Wirtschaftsphilosoph
LöschenIch denke auch, dass insbesondere der Beitritt Griechenlands oder der anderen Krisenländern aus politischen Motiven erfolgte. Den Preis dafür wollen die Politiker jedoch nicht zahlen - ein mieses Spiel.
Es geht nicht um eine idealistische Sichtweise, vielmehr leben wir in einer marktkonformen Demokratie und die Entscheidungen, die der Markt trifft, kann über das Schicksal eines Landes entscheiden. Basieren die Entscheidungen auf rational nachvollziehbaren Kriterien, dann hätte die Entscheidung auch eine Legitimität. Ist es nur ein Hyperventilieren der Spekulanten, das im Markt statt findet, dann darf man solche gravierenden Entscheidungen dem Markt einfach nicht überlassen. Oder man hat eben noch ein Sicherheitsnetz, einen Lender of last Resort, wie ihn jeder Staat mit eigener Währung hat.
Die Krisenländer haben ja nicht nur die Kredite genommen, sie wurden ihnen zu - aus heutiger Sicht - unvernünftigen Konditionen angeboten. Diesen Fakt sollte man bei einer Bewertung der Schuldfrage berücksichtigen. Das Narrativ des faulen Südländers ist doch zu billig, es gibt noch weitaus mehr Akteure, die sich in der Krise die Finger schmutzig gemacht haben.
Bekommt man Geld bezahlt für solche Schrott- Fantasien?
AntwortenLöschenNicht mehr als man für Schrottkommentare bekommt.
LöschenDie Notenbanken sind Privatbanken! Das wird gerne übersehen, daß nicht die "Staaten sich Geld drucken" können, sondern es von einer privaten "nationalen" Zentralbank geliehen bekommen.
AntwortenLöschenAm Beispiel Argentinien kann man sehen, daß auch ein Staat mit eigener Währung bankrott gehen kann - wie es auch in der Vergangenheit viele Male mit so gut wie allen Staaten passiert ist.
Im ehemaligen "real existierenden Sozialismus" hatten die Staaten Kontrolle über ihre Notenbanken - und sind trotzdem pleite gegangen.
Andere Staaten mit staatlich kontrollierter Notenbank (Afghanistan, Irak, Lybien, Iran...) sind zum Feind erklärt worden und größtenteils bereits überfallen und die staatlichen Notenbanken sind durch private ersetzt worden.
Viele Menschen begreifen nicht, daß es sich um eine Systemkrise handelt: viel zu viele Menschen produzieren Schrott, der zum Überleben nicht nützt; die Gesellschaften sind entweder übersättigt oder verarmt - möglicher Weise auch beides gleichzeitig in einem Staatsgebilde.
Es braucht eine neue Bescheidenheit, Arbeit im Einklang mit der Natur. Vermutlich wird der Weg dahin nicht ohne massives Blutvergießen gangbar sein.
Das entscheidende ist: Schulden in eigener Währung. Argentinien hatte eine Dollarkopplung und die ehemaligen sozialistischen Staaten hatten Schulden in Fremdwährungen. In solchen fällen funktioniert der Gelddruckmechanismus nicht mehr.
LöschenIch sehe einen Systemfehler der Währungsunion, ich sehe keinen im Finanzsystem.
@ Marc
AntwortenLöschenDer Handel mit verbrieften Krediten und virtuellen CDS ist schon auch ein Systemfehler im Finanzsystem. Die Aufhebung der Trennung zwischen Investment- und Geschäftsbanken auch. Dazu kommen die nicht bank-beaufsichtigten Zweckgesellschaften in Irland, die nach EU-Vertrag erlaubt sind. Das sind schon mal drei gravierende Fehler im System.
Der "Geburtsfehler" der Währungsunion wird mittlerweile von allen gesehen. Ob er ohne die Fehler im Finanzsystem auch derart gravierende Auswirkungen haben würde, ist eine offene Frage.
@CitizenK
LöschenCDS mit verbrieften Krediten sind meiner Meinung nach ok, die Leerverkäufe müssen verboten werden. Das ist für mich kein Systemfehler, sondern mangelnde Regulierung.
Ich sehe einen Systemfehler der Währungsunion, ich sehe keinen im Finanzsystem.
AntwortenLöschenAlso ich denke, der prinzipielle Fehler liegt schon im Finanzsystem ... wie hier (und in weiteren Videos) ja auch umfänglich erklärt:
http://www.youtube.com/watch?v=U5hXa1MYGOg&feature=youtu.be
Und das Motiv für die Währungsunion war die seit Ewigkeiten bestehende französische Machtanmaßung, daß in ihrer Umgebung nichts geben darf was größer ist als Frankreich - in jedwedem Sinne. Deshalb mußte die D-Mark weg - ansonsten keine Zustimmung zur 'Wiedervereinigung' seitens Frankreichs bzw. Mitterands. Und im Moment scheint Hr. Hollande gerade den Beginn der Ära Mitterand kopieren zu wollen, als es diesem gelang, durch Pfeifen auf sämtliche ökonomische Vernunft, verschiedene 'Lieblingsprojekte' umzusetzen.
Ich erinnere mich nur noch dunkel, daß nicht einmal 2 Jahre nach Beginn der 'Ära Mitterand' als (eine!) Folge davon Renault vor dem Aus stand - und nur mit einer staatlichen Milliardenspritze gerettet werden konnte. Mitterand mußte nach 2 Jahren einsehen, daß es eine Wirklichkeit außerhalb seiner selbst gibt ... und daß dieser mächtiger ist als sein politischer Wille. Hollande versucht nun dieselbe Erfahrung zum zweitenmal zu lernen, da die erste Erfahrung offensichtlich nicht zu Wissen geworden ist, an dem man sich verbindlich auch in der Gegenwart orientieren könnte. Schade um die vertane Zeit...
Bitte keine Zinskritik! Der Zins ist eine normale Transaktion wie ein Kauf oder eine Mietzahlung, so harmlos und so gewöhnlich ist er. Es muss kein Geld geschöpft werden, die Zinszahlungen werden einfach aus der vorhandenen Liquidität geleistet. Natürlich verteilt er, wie jede Transaktion, um, aber es gibt gegenläufige Prozesse, die die schädlichen Auswüchse begrenzen könnten. Gäbe es wirklich einen exponentiellen Effekt, gäbe es das Finanzsystem schon lange nicht mehr.
LöschenFrüher hieß die Umsatzsteuer mal Mehrwertsteuer, ich weiß nicht mehr, warum und wann das geändert wurde.
LöschenWenn Zinsen so gesehen eine normale Transaktion ist, wären da ähnliche Prozesse nötig und normal.
Dem entgegen steht die Tatsache, dass durch Zinsen keine Werte geschaffen werden, sondern die Geldmenge erhöht wird. Weil unser Finanzsystem auf Schulden aufgebaut ist. Wenn keiner mehr Schulden machen würde, wäre Geld überflüssig, meiner Meinung nach.
@Bettina Berens
LöschenDer Kredit erhöht die Geldmenge, nicht der Zins!
Zinsen schaffen keine Werte, ein Hauskauf schafft kene Werte, sondern ist nur ein Vermögenstransfer, wenn ich einen Kaffee kaufe und trinke, vernichte ich Werte, ...
Der Zins taugt nicht als Feindbild, er ist eine normale Transaktion und die Prozesse sind völlig normal.
Guter Artikel, aber dem letzten Satz würde ich widersprechen. Privat mag das vielleicht noch angehen, aber bei öffentlichen Gelddiskussionen finde ich, dass sich das (fast) immer über kurz oder lang auf die Moral konzentriert. In der ersten Phase der Finanzkrise waren es gierige Manager bzw dummnaive kreditnehmende Konsumenten, die die Debatte viel mehr bestimmt haben als die rationalen Probleme und Lösungswege. In der Eurokrise ist es natürlich noch extremer. Meiner Meinung nach hängt es an der Komplexität, je komplizierter das Problem, desto schneller flüchtet man sich in die einfachen Erklärungen und bei der Eurokrise hat man ne Menge Vorurteile bereits in der Schublade und es geht auch darum, von der eigenen Verantwortung abzulenken. Wenn man die Südländer nicht mehr als faul hinstellt, müsste man ja vielleicht auch darüber reden, dass Deutschland seinen Anteil an der Misere hat, das wollen natürlich vor allem die Politiker nicht.
AntwortenLöschen@Ariane
LöschenSo ist es. Uns geht es doch gut, die Geschichten zu den faulen Sündenböcken passt so schön ins Weltbild - warum etwas ändern?
Nur, die Krise wird so nicht beendet. Solange an der Krise mächtig verdient wird und so lange wir die Ablenkungsgeschichten schlucken, solange werden wir noch die Krise haben.
Daraus folgt: wenn wir ein Ende der Krise wollen, müssen wir all die moralischen Aspekte und unsere liebgewonnenen Vorurteile wegschmeißen, uns auf die Krisengewinner konzentrieren und ihnen das Handwerk legen.
So einfach wäre es, so unmöglich ist es.
@Marc
LöschenWer sind denn die Krisengewinner?
@Tobias Fuentes
LöschenDie Krise ist ein Geschäftsmodell, die wachsenden Schulden der Krisenländer sind der Gewinn anderer. Folge der Spur des Geldes und du kennst die Antwort.
Marc,
Löschenso ungenau wollte ich es gar nicht wissen. Aber folgen wir der Spur des Geldes ... tja, und ich komme da nicht bei den Reichen oder Banken an. Es gab nur Verlierer, insb. Reiche, Banken und Hedgefonds ... wir versuchen nach wie vor Banken zu retten. Hedgefonds galten als die größten Verlierer der Krise - mit einer Bankrottserie und Milliardenabzug. Vermeintliche 'Investitionen' war Quasi-Konsum und konnte sich nicht rechnen, weil der Boom nicht durch Ersparnisse gedeckt war und man so schnell vom Lebensstandard nicht runterkommt. Die Apokalypse der Kreditexpansion. Insb. Reiche erlitten immense Vermögensverluste - Buchwerte, die jetzt langsam wieder anziehen, aber doch nicht wegen, sondern trotz der Krise. Die 'Schere zwischen Arm und Reich' ging in der Krise zusammen. Der freie Fall der US-Millionäre ist gar heute noch nahezu ungebremst. Bei uns sieht's anders aus, aber das macht uns nicht zu Gewinnern, diese Gewinne stehen Verluste in 15 Jahren Euroentwicklung gegenüber. Die paar Gewinnler unter Hedgefonds und Spekulanten machen das Kraut nicht fett. Das Gros wurde verfrühstückt von denen, die jetzt am meisten unter dem Entzug zu leiden haben, weil nicht mehr ausreichend nachfließt.
@Tobias Fuentes
LöschenDas mit dem Spurenlesen üben wir noch. Das hier wäre ein guter Anfang:
> Deutschland wird zur Hochburg der Millionäre
@Marc
LöschenHab ich doch gesagt. In D sieht's anders aus, weil wir boomen. 'Wir' sind 'Krisengewinner', aber nur aus dem Grund, weil wir 15 Jahre lang Euro-Verlierer und Kapitalexporteure waren, wir schulden niemandem was als Ausgleich, immer noch im Gegenteil.
Es gibt keine Krisengewinner in dem Sinne, wie du es unterstellst. Das ganze Geld ist primär nicht oben gelandet. Die Finanz- und Eurokrisen waren Konsumschlachten, das Geld steckt querverteilt in der Wirtschaft in exorbitanten Löhnen und Preisen, 5 Jahre auf diesem Niveau gehalten über Target2. Die Reichen hatten und haben von der Krise wenig. (Oder Banken, wir retten haufenweise Banken ... und trotzdem hört man sie seien Krisengewinner ... durch die Rettung über Steuerzahler, ja, aber ja wohl nicht, weil das ganze Geld sich dort angesammelt hätte.) Man kann debattieren, dass Vermögende jetzt eine Bringschuld haben, wenn man sie als 'Krisenverursacher' abstempelt ... so einfach ist das aber nicht, da gäbs ordentlich Kontra ... und iü ist das spiegelbildlich genau das Gleiche wie der Vorwurf der faulen Griechen. Das Geld steckt in der Wirtschaft, provokativ sag ich mal: beim kleinen Mann.
"wir schulden niemandem was als Ausgleich"
LöschenWo fließt das Geld denn hin, welches wir als Ausgleich zahlen. Es landet doch nicht in Griechenland, sondern bei den Gläubigern. Wo sitzen die Gläubiger? Das ist die Frage die man stellen muss. Dann hat man die Antwort wer von den Rettungsaktionen profitiert. Die geretteten sind zu hohe Risiken eingegangen und haben verloren. Nun dürfen sie den Gewinn "behalten" und der Verlust wird sozialisiert. Dabei heißt behalten, dass das Geld bereits als Dividende oder ähnliches ausgeschüttet wurde.
"Die Reichen hatten und haben von der Krise wenig."
Wie man an den Vermögenszuwächsen vor und nach der Krise sieht?
Wer profitiert denn am meisten von der Bankenrettung, doch nur diejenigen die viel Vermögen haben, oder nicht?
"Geld steckt querverteilt in der Wirtschaft in exorbitanten Löhnen und Preisen"
Also doch Marktversagen? Löhne und Preise werden an Märkte generiert. Sind diese zu hoch war offensichtlich die Information nicht ausreichend. Das ist allerdings nichts neues. Joseph Stiglitz wieß empirisch und modelltechnisch schon in den 80er Jahren nach, dass leichte Abweichungen von der Annahme der perfekten Informationsverteilung großen Einfluss haben können. Somit ist ein Marktversagen die Regel und nicht die Ausnahme.
Chriwi
LöschenDu begreifst es einfach nicht oder stellst dich dumm. Deine Penetranz ist unerträglich. Sorry.
"Du begreifst es einfach nicht oder stellst dich dumm."
LöschenWas gibt es daran nicht zu verstehen?
Nur weil ich diese Aussage hinterfrage?
"weil wir 15 Jahre lang Euro-Verlierer und Kapitalexporteure waren, wir schulden niemandem was als Ausgleich, immer noch im Gegenteil."
Unsere Exportindustrie hat prächtig verdient. Unsere Arbeitslosigkeit wurde auf Kosten unserer Europartner gesenkt. Dafür haben wir munter unsere Löhne gesenkt. Natürlich Schulden wir niemandem etwas. Aber wenn Griechenland und die anderen Schuldnerländer ihre Schulden streichen, dann bekommen wir Probleme. Die Kapitalexporte sind dann nämlich weg. Die Güter, welche ursprünglich von diesem Kapital gekauft wurden im Übrigen auch. Um diese Rettung geht es letztenendes, aber ich stelle mich ja dumm. Sorry.
Als Ergänzung
Löschen"So weit, so vorhersehbar; Scripted reality ─ ohne Realität. Dann, nach 15 Sendeminuten, ergriff Politologe und Attac-Mitglied Alexis Passadakis (36) das Wort: «Vom ersten Griechenland-Paket, den 73 Milliarden Euro, das hat Bloomberg schön ausgerechnet, wanderten 70 Milliarden an die Banken», sagte er. «Nicht den Griechen wird geholfen, sondern den Gläubigern der Griechen, den französischen und deutschen Banken. Von Solidarität mit der griechischen Bevölkerung kann keine Rede sein»."
http://www.medienspiegel.ch/archives/004084.html
Der Artikel wird seinem eigenen Anspruch nicht gerecht: "Ich möchte daher eine etwas andere Geschichte der Euro-Krise erzählen, und zwar ohne historische Bezüge, ohne Moral und frei von Emotionen."
AntwortenLöschenIch möchte nur zwei Punkte herausgreifen, die jedoch entscheidend sind:
Bei seinem Eintritt gibt [der Staat] seine Souveränität über die eigene Währung ab, er verliert die Kontrolle über die eigene Notenbank und, dieser Fakt wird meist übersehen, er tritt die Verfügungsgewalt über seine Altschulden an die Währungsunion ab.
Das ist Unsinn. Nicht nur die Schulden des Staates, sondern auch seine Steuereinnahmen vinkulieren nun in der neuen Währung. Den meisten Teil der Menschheitsgeschichte gab es Staatsverschuldungen und die längste Zeit hatten die Staaten keinen beliebigen Zugriff auf eine irgendwie geartete Notenpresse. Schulden wurden durch Mehreinnahmen z.B. durch die Kriegsführung beglichen. Auch dies war bereits eine Form der schuldenfinanzierten Investitionsförderung.
Der gemeinsame Währungsraum entzieht den Einzelstaaten nur die Möglichkeit, seine Bürger zu veralbern, wahlweise Gläubiger, Arbeitnehmer oder Handelspartner, die auf eine Währungsstabilität vertrauen, die sich aus der Vergangenheit speist. In dem Vorschlag agiert der Staat aus Spielleiter, der zu einem allein ihm genehmen Zeitpunkt die Regeln dramatisch verändert, um sich auf Kosten der Spielteilnehmer zu bereichern. Womit ich beim zweiten Punkt bin:
Normalerweise kann ein Land seine Neu- und Altschulden, die er in seiner Währung hat oder aufnehmen muss, immer bezahlen, da er sie im Notfall mit selbst gedrucktem Geld begleichen kann.
Das ist eine Selbstmordstrategie. Ein Staat, der seine Schulden weginflationieren will, bekommt auf mindestens eine Generation keine Kredite mehr und verliert diejenigen, die einen Wiederaufbau der wirtschaftlichen Aktivitäten betreiben sollen. Nur wenige Investoren sind bereit, in einem Land Investitionen anzuschieben, das eine Hochinflationspolitik betreibt.
Selbst wenn Griechenland aus dem Euro austreten würde und sogar die Schulden in der Währung valutierten, wäre es auf einen stetigen Fluss von neuen Krediten angewiesen. Diese könnte es jedoch nur zu exorbitanten Zinsen aufnehmen, da die Finanziers nicht nur die erhöhte Geldentwertung, sondern einen hohen Risikoaufschlag aufgrund des Vertrauensverlustes verlangen würden.
Selbstmord aus Angst vor dem Tod.
@In Dubio
LöschenNatürlich habe ich stark verkürzt und verallgemeinert. Ich meinte den Staat als eigenständiges Souverän, das im Zusammenspiel von Politik und Notenbank auf die Finanzmärkte reagieren kann. Ich meinte nicht, dass ein politischer Beschluss an die Notenbank ergeht, sondern vielmehr, dass die Notenbank eigenständig auf Überreaktionen des Marktes reagiert, wie es z.B. die Schweizer Notenbank mit der Kopplung des Franken an den Euro tat.
Die Inflation- oder Weichwährungsstrategie ist kein Selbstmord, sie funktioniert und ist Alltag. Griechenland stand seit seiner Unabhängigkeit 1829 ganze 49,2 % der Zeit im Default. Solche Länder bekommen nach einem Default auch innerhalb einer Generation noch Kredite und werden in einer Währungsunion darin ersäuft.
Was veranlasst denn Menschen zu investieren und wann sind sie bereit, Geld zu verleihen? Das mag ja alles sein, nur wann war Griechenland zuletzt pleite? Erst seit Ende des 2. Weltkrieges haben wir ein sehr kontinuierliches Anwachsen der Staatsverschuldung. Mit der neuen Nachkriegsordnung endete die Phase, wo Staaten sich zum Zwecke der Kriegsführung (Investition) verschuldeten. Mit dem Aufkommen der Atombombe und unter dem Aspekt der riesigen Vernichtung an Vermögen und Menschen zwischen 1939 und 1945 war die Kriegsführung zu teuer geworden.
AntwortenLöschenEs gibt ein sehr gutes neues Buch auf dem Markt: "Why Nations Fail", das sehr detailreich auflistet, was Volkswirtschaften erfolgreich macht. Griechenland erfolgt fast keine dieser Bedingungen. Das bedeutet, solange die hellenische Staats-, Rechts- und Wirtschaftsstruktur so ist wie sie ist, wird das Land unfähig sein, den Staatskonsum zu erwirtschaften und eine private Investitionsquote schaffen, die für ein modernes Industrieland notwendig ist.
Und wenn das so ist, bleibt Griechenland ein unsicherer Kantonist für Anlagekapital. Wo funktionierte den in den letzten 40 Jahren eine Weichwährungspolitik? Als Brasilien eine Weichwährung hatte, brauchten die Wirtschaftsteilnehmer eine parallele Recheneinheit, um Stabilität herzustellen. Das kann's ja nicht ernsthaft sein, das verwirkt den Sinn von Geld.
In den Inflationsphasen, wo sich die USA nach dem 2. Weltkrieg durch Inflation entschuldeten, litt das Wirtschaftswachstum, blieb die Investitionsquote zurück, gab es häufig Rezessionsphasen. Es waren die Jahrzehnte, in denen die Weltkriegsverlierer Japan und Deutschland in Wirtschaftsleistung und Einkommen zu den Amerikanern aufschlossen - und das bei geringer Verschuldung.
Erst mit dem Monetarismus der Reagan-Ära und der unter Bush und Clinton fortgesetzten Wettbewerbspolitik wurden die USA wieder interessant für Investitionskapital.
Der Monetarismus stand bei der Euro Taufe Pate, er hat kläglich versagt.
LöschenInvestitionen benötigen ein stabiles und sicheres Umfeld, das ist vorbei - nicht nur für Griechenland, für ganz Europa. Wir sind von dieser Abstiegsspirale noch nicht betroffen, aber das wird sich ändern. Ich glaube, es ist nur eine Frage von wenigen Monaten.
Marc, das ist auch schon wieder eine nicht gangbare dahingeworfene Unterstellung. Was soll Monetarismus mit dem Euro zu tun haben? Milton Friedman hat vorm Euro gewarnt, weil Monetarismus damit ausgehebelt wird. Monetarismus im Zshg mit dem Euro zu diskretieren geht nicht.
Löschen@Tobias Fuentes
LöschenIch stimme dir zu, dass der Euro den Monetarismus aushebelt. Das kann man durchaus als Systemfehler ansehen. In der Tat ist das auch der Grund, weshalb die "Rettung" nicht funktioniert. Das heißt aber auch, entweder ich entwickle einen neuen Erklärungsansatz oder ich beende das ganze Trauerspiel.
Am Monetarismus kritisiere ich, dass er nur einen sehr schmalen, unbefriedigenden Aspekt des Geld- und Finanzsystems beschreibt. Wenn er die Wirkmechanismen einer Währungsunion nicht erfassen kann, ist es eine nutzlose Theorie.
Marc.
LöschenSchon wieder verfällst du in Zirkelhaftigkeiten. Das treibt mich langsam zur Verzweiflung. Der Euro ist eine künstliche marktfeindliche Währung ... maW er schränkt Marktmechanismen ein ... da kann man doch nicht sagen er hätte versagt, wenn er ein paar Jahre braucht, um das auszugleichen. Wie soll es denn anders gehen? Ich versteh dich nicht. Vor dem Euro hatten wir gewaltige wirtschaftliche Unterschiede, ganz natürlich bzw. durch die jeweiligen Regierungen provoziert, die eine marktwirtschaftliche Anpassung verhinderten. Der Euro hat diese Unterschiede verstärkt, beginnend mit dem künstlichen Fixing von festen Umrechnungskursen. Jetzt bedarf es noch größerer Anpassungen, die in strangulierten Wirtschaften nun mal utopisch sind. Seit 5 Jahren kämpft das EZB-System und die EU gegen erforderliche Anpassungen. Monetarismus ist da völlig nachgelagert. Der Markt hat keine Chance. Man stämmt sich gegen ihn. Wo ist denn da Marktversagen? Ausgangspunkt jeder Kritik an einer künstlichen Gemeinschaftswährung sind unterschiedliche Ausgangsbedingungen, die man nicht auflösen und ignorieren kann. Deswegen warnt man vor dem Euro. Hätten wir überall ähnliche Voraussetzungen und wäre man bereit marktwirtschaftliche Kräfte einfach wirken zu lassen, dann wäre auch der Euro wie eine normale nationale Währung. Die EU ist ja gerade darauf angelegt, reinzupfuschen und zu lenken. Freihandel ist doch nur der semantische Rahmen, in dem das stattfindet.
@Tobias Fuentes
LöschenJa, wir kreisen in einer Zirkelhaftigkeit. Ich stimme dir doch zu, dass der Euro den Markt aushebelt! Das bedeutet aber, dass weder Monetarismus, noch dein marktradikaler Ansatz in der Lage ist, die Krise zu erklären oder zu beenden, jedenfalls solange die Währungsunion besteht. Beide Ansätze sind derzeit nutzlos!
Nein, die Währungsunion an sich wäre wie gesagt halb so schlimm, wenn man zu Anpassungen bereit wäre, und die sind nunmal unumgänglich. Wenn man das nicht will, kann man doch nicht sagen, sie seien nutzlos oder hätten versagt. Wie könnte Monetarismus eine Krise beenden, wenn er - so er denn überhaupt im Euro praktizierbar wäre - wenig damit zu tun hat? Wir sind am Punkt angelangt, wo zwingend Anpassungen kommen müssen. Die Art der Geldpolitik ist dafür nun völlig nachrangig - wohlgemerkt nur dafür, sie ist hingegen entscheidend für die danach folgende Entwicklung, sollten wir dahin kommen, was wenig wahrscheinlich ist.
LöschenWie auch immer ... es sind solche Ungenauigkeiten, Unterstellungen und Missverständnis, auf die man achten muss. Das Durcheinander ist eh schon heillos.
Was für ein Schwachsinn!1!
LöschenDu erkennst selbst, dass die Währungsunion den Markt aushebelt und im selben Atemzug erklärst du, dass der "Anpassungsdruck", den diese Misskonstruktion erzeugt, "unumgänglich" bzw. "alternativlos" sei. Ich bezeichne diese Logik als krankhaften Irrsinn. Hoffentlich hört dieser Irrsinn bald auf ...
Du betreibst weiter deine Wortfechtereien. Aber sorry, genau deswegen schreibe ich. Dass deine Verdrehungen entlarvt werden, kann ich dir nicht ersparen. Die "Währungsunion hebelt den Markt aus", bis es eben nicht mehr weitergeht. Wir haben Endstation. Südländer sind vom Kapitalmarkt abgeschnitten. Was soll denn jetzt passieren? Verweigert man sich weiterhin den - zwingend notwendigen - Anpassungen? Zwingend notwendig, damit man wieder auf den Kapitalmarkt kommt. Oder treiben wir das Spiel bis zum Knall? Finanzieren wir die Südländer nicht mehr nur per target, sondern per Transferunion, bis wir nicht mehr können? Anders geht es nicht. Dass deine Logik vom anderen Stern kommt, ja das scheint so. Aber sorry, wir leben hier.
Löschen@Tobias Fuentes
LöschenDen Staaten aufgrund der Währungsunion die Mittel wegzunehmen, sich gegen Spekulationen am Finanzmarkt schützen zu können und dann schreien: "was, ihr könnt euch am Finanzmarkt nicht behaupten? Dann müsst ihr euch anpassen!" ist echt ein widerliches Spiel, aber ich muss sagen, es ist deiner würdig!
Der Euro ist das Problem. Ist er weg, brauchen wir keine Transferunion.
Soso, hinter deiner Sicht steckt also die Mär von den bösen Spekulanten? Es ist gar nicht alles so schlimm, nur Spekulanten würden Zinsen in die Höhe treiben? Definier doch mal Spekulanten, da würden wir der Sache näher kommen und sehen, dass das, was man "Spekulieren" nennt, die schlichte Reaktion des Kapitalmarkts auf tatsächliche realwirtschaftliche Positionen + die antizipierte Entwicklung im Status Quo ist ... so läuft der Kapitalmarkt, dieses 'Spekulieren' ist der Normalzustand. Wer das abstrakt umdeutet in etwas aus den Fugen Geratenes, argumentiert zirkulär. Auch Kreditausfallversicherungen sind kein primärer Zinstreiber, das hat sich schon beim griechischen Schuldenschnit gezeigt, das Volumen ist groß, aber unterm Strich bleibt nicht viel über, das hebt sich auf. Du wirst ja hoffentlich nicht auf spiegelfechter-Niveau herabsteigen und vom vorbildlichen Zustand der Südländer vor der Krise schwärmen wollen?
LöschenMann, wofür habe ich denn den ganzen Artikel geschrieben? Die wirtschaftliche und politische Situation Griechenlands war vor und während der Währungsunion bis zum Ausbruch der "Krise" im Wesentlichen gleich. Die "Signale" des Finanzmarktes standen alle auf Supernovahellgrün!1!! Plötzlich, weil einer merkte: "ups, das ist ja Griechenland, nicht Euroland!", kam quasi über Nacht die Hyperpanik über die Märkte. Und all das sollen keine Spekulationen sein? Und diesem "Normalzustand" soll man sich "anpassen"? Nee, echt, oder?
LöschenNoch absurder kanns aber nicht mehr werden. Das Supernovahellgrün soll dann der Normalzustand gewesen sein? Und die endlich einsetzende Korrektur die Spekulation? Weil "einer" was "merkte"? Finanzkrise irrelavent? Also ich glaube alle Klarheiten haben wir jetzt endlich beseitigt. Semantische Kriege ... es bleibt dabei.
LöschenDer entscheidende Punkt ist, dass der Staat, wenn er aus Eigennutz Geld druckt um damit seine Schulden zu bezahlen statt Steuern einzutreiben, einseitig die Regeln zu seinen Gunsten und zu Lasten aller anderen Bürger ändert. Schließlich kommt ja kein Finanzminister auf die Idee, wenn die Inflation signifikant steigt, die Zinsen auf die Schuldzertifikate anzupassen.
AntwortenLöschenWenn der normale Bürger seine Gläubiger um ein Zahlungsmoratorium bittet, so wird er verpflichtet, bei einer Besserung seiner persönlichen Lage auch sein Tilgungsverhalten anzupassen. Der Staat dagegen möchte tricksen.
Deutschland bietet sehr gute Investitionsbedingungen, die sich diametral von Griechenland unterscheiden. Es ist ja beleidigend, dieses Land mit mit dem korrupten und heruntergewirtschafteten Hellas zu vergleichen. Selbst wenn der Euro auseinanderbricht, wird Deutschland weiterhin eine stabile Währung haben und die strukturellen Bedingungen werden sich auch nicht entscheidend ändern. Der Zusammenbruch einiger (nicht aller) wichtigen Partnerländer sowie der deutliche Anstieg der Staatsverschuldung werden zwar zweifellos eine tiefe Rezession heraufbeschwören. Aber es ist ja schließlich nicht so, als ob wir die Wahl zwischen Depression und Boom hätten.
Eine deutliche konjunkturelle Abkühlung um nicht zu sagen eine Rezession zeigen bereits seit dem Frühherbst 2011 die Frühindikatoren der Logistikunternehmen an. Natürlich ist Deutschland von der Krise berührt. Spätestens mit dem Scheitern von Obamas vierjähriger Konjunkturpolitik des deficit spending und Deutschlands Erholung 2006 hat sich die Behauptung, man dürfe nicht in der Krise sparen, erledigt. Wichtiger als eine Konjunkturpolitik - vier Jahre eine solche Steuerung zur Ankurbelung der Wirtschaft ist eine Fehllei(s)tung! - ist eine Wachstumspolitik. Diese orientiert sich jedoch noch an kurzfristigen Auf und Abs und setzt auf solide Staatsfinanzen.
@In Dubio
LöschenDie Euro-Krise ist meiner Meinung nach keine Frage der Investitionsbedingungen, sondern die Folge einer miserabel geplanten und katastrophal durchgeführten Währungsunion. Egal, ich denke im Ergebnis sind wir us einig: dass wir mit den Weichwährungsländern eine Währungsunion bilden, mag politisch sinnvoll erscheinen, ökonomisch ist es ein Irrsinn.
Ich will ja keinen Dissenz herstellen, der keiner ist. So gesehen eigentlich Zustimmung. Und ja, wenn, dann ist die Euro-Krise vielleicht in zweiter Linie durch sehr ungleiche Wettbewerbsbedingungen verursacht. Schließlich funktionieren die USA auch, obwohl dort gravierende Leistungsunterschiede bestehen.
AntwortenLöschenIch würde nicht mal behaupten, die Währungsunion sei miserabel geplant. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wenn alle Teilnehmer konsequent die vereinbarten Regeln eingehalten hätten - von den Rahmendaten Staatsverschuldung und -defizit bis zu freien Marktzugängen - die heutigen Probleme nicht bestehen würden. Das Problem ist wohl eher, dass keine Gemeinschaft funktionieren kann, wo die Beteiligten höchst unterschiedliche Wertvorstellungen und Prioritäten haben. Eine Beziehung zwischen einem notorischen Ehebrecher und einer Kirchgängerin ist zum Scheitern verurteilt.
Allerdings hätte Griechenland irgendwann existenzielle Probleme bekommen, ob mit Währungsunion oder Drachme.
Sie ist miserabel geplant, weil die Planer nur auf die Budgetdefizite abhoben und gesamtwirtschaftliche Ungleichgewichte gar nicht erst im Blick hatten. Die Griechen, die Griechen, das Alexis-Sorbas-Syndrom? Keine Steuerverwaltung, keine Steuermoral (ganz anders doch in D!) kein Kataster, undsoweiter.
AntwortenLöschenJa, aber: Das wusste man alles vorher. Die "Experten" in Brüssel haben es nicht gesehen, nicht sehen wollen oder nicht sehen dürfen. Egal, sie sind mitverantwortlich. Eine Bank, die Kredit gewährt aufgrund von frisierten oder gefälschten Bilanzen, hat den Schaden. Müsste ihn haben, eigentlich. Aber in diesem Falle zahlt ja der Staat, der ineffektive, eigentlich überflüssige. Und diese Experten werden jetzt den Fiskalpakt managen.
Zeiten sind das. Strauß (!) im Handelsblatt (!): Die Griechen hätten die radikale Linke wählen sollen.
Die wirtschaftliche und politische Situation Griechenlands war vor und während der Währungsunion bis zum Ausbruch der "Krise" im Wesentlichen gleich.
AntwortenLöschenDas ist nicht richtig. Vor der Währungsunion stagnierte das griechische Pro-Kopf-Einkommen bei 83% des EU-Schnitts. Mit der Einführung des Euro gab es einen Push bis auf 94% im Jahr 2004, bevor sich das Land anschließend rückentwickelte. Dummerweise ließen die Griechen in der Zeit auch in ihrer Produktivität nach, wie die Weltbank aufzeigt. Sie hatten zwischen 2002 und 2008 die schlechteste Entwicklung (genau ein deutliches Minus) von allen Mitgliedsstaaten. Dabei übertrumpften sie noch - Italien (sic!) und Spanien (sic!). Da man sich bei den Löhnen einen kräftigen Schluck aus der Pulle könnte, stiegen in der letzten Dekade parallel die Lohnstückkosten überproportional.
Und zum Schluss: das Staatsdefizit lag trotz staatlich verordneter Statistikfälschung immer (!) über dem Grenzwert des Mastricht-Vertrages, meist deutlich über 5% - und das trotz offizieller Wachstumsraten von über 3%, das vermutlich zu einem nicht unwesentlichen Teil im Staatssektor erzielt wurde (Zahlen von Eurostat). Das sind die Fakten und jeder kann sie nachlesen.
P.S.: Bei mir funktioniert der "Antwort"-Button nicht.
Die Abnehmer von Staatsanleihen sind keine Spekulanten, sondern langfristig denkende institutionelle und private Anleger. Wenn die Spekulanten auf den Plan treten, ist ein Land bereits ziemlich am Ende, da sich Sparer und Finanzinstitute wie Versicherungen wegen der Unzuverlässigkeit von den Schuldzertifikaten getrennt haben. Ein Land gerät nur in die Fänge von Spekulanten durch eigene Schuld (z.B. auch UK in den 1990er).
AntwortenLöschenUnd ja, die Finanzkrise hat bei den Sparern und Anlegern weltweit zu einem Umdenken und Neubewertung ihrer Finanzdispositionen geführt. Schließlich wurden in der Zeit großer Vermögenswerte vernichtet, also hat man sich die Schuldscheine von Privaten und der Staaten kritischer angesehen. Das ist eigentlich positiv.
@In Dubio
AntwortenLöschenIch hätte eigentlich im Artikel diese Grafik einbinden sollen, sie zeigt am besten das, was ich meine.
Nach dem Urteil der Finanzmärkten war Griechenland ca. bis 1995 instabil und hatte eine nicht kokurrenzfähige Wirtschaft. Dann verschwand die Korruption und ab ca. 2000 gab es in Punkto Wirtschaft und Politik keinen Unterschied mehr zu Deutschland. Ab 2009 brach Griechenland zusammen. Diese "Geschichte" hat mit der Realität nichts zu tun, auch nicht mit Langfristigkeit.
Der Push im Pro-Kopf-Einkommen ist doch nicht auf eine verbesserte Wirtschaft zurück zu führen, sondernd ist dem Kapital geschuldet, dass aufgrund der Währungsunion ins Land strömte. Der Push wurde also ebenfalls von den Märkten völlig falsch interpretiert!
Ich kann an dieser verkorksten Geschichte wirklich nichts positives sehen, rein gar nichts.
P.S: Der Antwort-Button funktioniert wahrscheinlich wegen einem Skriptblocker nicht.
Die Grafik zeigt lediglich, dass sich mit der Euroeinführung die Zinssätze fast völlig angeglichen haben und wir rund ein Jahrzehnt lang de facto Eurobonds hatten. Mancher leitet daraus übrigens ab, dass Eurobonds nicht wirklich funktionieren...
AntwortenLöschenDas andere:
Der Push im Pro-Kopf-Einkommen ist doch nicht auf eine verbesserte Wirtschaft zurück zu führen, sondernd ist dem Kapital geschuldet, dass aufgrund der Währungsunion ins Land strömte.
Ich habe das geprüft und es ist falsch. Wie gesagt stieg das Pro-Kopf-Einkommen mit Beginn der Währungsunion bis zur Mitte des letzten Jahrzehnts. Laut OECD (Investment) stiegen jedoch die Direktinvestitionen nach Griechenland erst im Laufe des letzten Jahrzehnts und erreichten ihren Peak 2007. Normalerweise läuft es genau umgekehrt: Kapital strömt in eine Volkswirtschaft und mit einer Zeitverzögerung von 2-5 Jahren steigen die Einkommen spürbar. Die Hellenen sind den umgekehrten Weg gegangen. Warum das wohl nicht funktioniert hat?
Mit dem angeblichen Verschwinden der Korruption hat das nichts zu tun. Dafür gibt es keinen Beleg.
Was ich meinte, ist, dass das einströmende Kapital aufgrund der herrschenden Korruption eben nicht primär in wirtschaftlich nachhaltige Investitionen floss, sondern in dunkle Kanäle versickerte. Die Frage ist doch, weshalb das unbemerkt nahezu zehn Jahre lang unter den Augen der EU und der Finanzelite geschehen konnte?
LöschenMeine These ist, das Kapital hätte doch gar nicht nach Griechenland fließen dürfen! Und der Grund für den Kapitalfluss war doch nicht die griechische Gier, wie es die Medien implizit andeuten, sondern der Beitritt zur Währungsunion! Die falsch konzipierte Währungsunion setzte die Fehlanreize und die Griechen sind Opfer in diesem Spiel.
Jetzt wird es unpräzise. Welches Kapital ist gemeint?
AntwortenLöschen2006-2008, zu der Zeit, wo Griechenland einen deutlichen Kapitalfluss verzeichnete, boomte die Weltkonjunktur. Es ist nicht ungewöhnlich, dass selbst nachrangige Standorte davon ein paar Brosamen abbekamen. Aber es blieben kleine Beträge.
Wenn ein dänischer Exporteur auf den Peleponnes ein Lagergebäude für 100.000 EUR kauft, dann ist das erstmal eine Privatsache. Wie man ja so hört ist das nicht so einfach. Wenn dieser Unternehmer dann den örtlichen Gegebenheiten entsprechend Schmiergelder von 50.000 EUR zahlt, ist das noch keine Sache für den Europäischen Gerichtshof. Es ist jedoch ein Fall für die EU-Kommission, wenn Hellas entgegen eindeutiger Vereinbarungen im Rahmen des EU-Beitrittsverfahrens Korruption nicht wirksam bekämpft.
Meine Schwester, relativ wohlhabend, hat sich in Spanien ein Haus gekauft. Den Kaufpreis entrichtete sie entgegen den örtlichen Gegebenheiten ordnungsgemäß und ließ ihn im Kaufvertrag eintragen. Inzwischen erhebt die Region eine Vermögensteuer von 5%. Für die Bemessung ist laut Gesetz der eingetragene Kaufpreis entscheidend. Bereits hier ist der Ehrliche, den es in Spanien höchst selten gibt, der Dumme. Es gibt allerdings legale und günstige Möglichkeiten, sich der Steuererhebung zu entziehen. Sinnvoll?
Vor ein paar Jahren wollte sie einen kleinen Anbau tätigen. Dazu benötigte sie eine Genehmigung der städtischen Behörde und dazu wiederum ein umweltökologisches Gutachten, Kostenpunkt rund 10.000 EUR, dass der Boden, auf dem Bereits das Hauptgebäude steht, unbedenklich ist. Trotz des Gutachtens fühlte sich die Behörde rund ein Jahr lang nicht in der Lage zu entscheiden. Zwischenzeitlich wurde gebaut, das Risiko einer Ordnungsstrafe lag bei 3.000 EUR. So funktioniert das in diesen Ländern.
Zurück zu Griechenland: wie gezeigt ist das Kapital in nennenswerten Umfang nicht mit der Währungsunion geflossen. Was passiert ist, war dass sich die Bürger in Form von weit über der Produktivität liegenden Gehaltserhöhungen und der Staat durch Ausweitung der Tätigkeit einen großen Schluck aus einer Pulle nahmen, die durch Kredite gefüllt war. Diese Kredite kamen wiederum größtenteils von den eigenen Banken, die sich wiederum bei der EZB refinanzierten. Diese Geschichte erzählen die Zahlen.
@In Dubio
LöschenIch glaube du unterschätzt den Kapitalfluss (aus D). Die Direktinvestitionen sind das eine (227 Mrd seit 2002). Aber der größere Batzen war Finanzkapital über Banken und Versicherungen (470 Mrd), das ins südländische Finanzsystem und Staaten geflossen ist. Und insb. mit diesem Kapital wurden auch Kredite beflügelt. HW Sinn hat das aufgeschlüsselt: http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/ifoHome/B-politik/10echomitarb/_echomitarb?item_link=ifostimme-aa-01-10-11.htm
(Und nochmal zu Marc ... wenn du jetzt konkret von "Fehlanreizen" sprichst ... ist die Sache doch klar. Märkte reagieren auf Anreize. Und bei Fehlanreizen geht der Markt eben fehl. Marktversagen Fehlanzeige.)
@Tobias Fuentes
LöschenDeine Sichtweise: Alle Fehanreize müssen beseitigt werden, dann kann sich der göttliche Markt frei entfalten.
Meine Sichtweise: In der harten Realität wird es immer und jederzeit Fehlanreize geben, daher muss der Markt immer kontrolliert werden.
Wir werden ob des oben genannten Gegensatzes nie einer Meinung sein.
"Und bei Fehlanreizen geht der Markt eben fehl. Marktversagen Fehlanzeige."
LöschenUnter diesem Gesichtspunkt ist der Markt unfehlbar. Das Problem ist nur, dass selbst unter fehlendem staatlichen Einfluss Fehlanreize gibt. Sie existieren, weil der Markt ein Modellvorstellung ist. Die Grundannahmen dieses Modells werden in der Realtität mehr oder weniger erfüllt. Allerdings können kleine Abweichungen von diesen Annahmen zu starken Abweichungen im Ergebnis führen. Das nenne ich Marktversagen, du nennst es dem folgen von Fehlanreizen. Im Endeffekt ist es das gleicht. Die Frage ist aber, wenn Märkte Fehlanreize nicht erkennen können, warum sollte man ihnen dann blind vertrauen? Warum sollte man an die aktuellen hohen Zinsen glauben schenken? Könnten es nicht wieder Fehlanreize sein?
Nein, ich unterschätze sicher nicht den Kapitalfluss. Nur erstens werden die Zahlen bescheidener, wenn man sie pro Jahr betrachtet, kummulieren kann man immer so lange, bis eine große Zahl entsteht. Seit 2002 haben die Griechen das gemeinsame Plastikgeld, das eben auch aus den Geldautomaten kommt.
AntwortenLöschenZweitens benennst Du vor allem Finanzkapital. Das ist etwas anderes als direktes Investitionskapital. Der Anleger kat keinen unmittelbaren Einfluss, wozu das Kapital am Ende dient, zum Konsum oder zur Sachinvestition. Das ist die Verantwortung jener, die das Geld in Empfang nehmen und Verpflichtungen durch Verträge eingehen. Schließlich haben sich Private und Finanzinstitute auch spanische oder italienische Schuldscheine gekauft, ohne dass man auf den Gedanken käme, sie als Hehler und Förderer der Korruption zu bezeichnen.
Ich sehe nicht, wo Fehlanreize gesetzt wurden. Als Mitglied der Währungsunion haben griechische Banken Anspruch auf Versorgung durch die EZB. Soweit nichts Schwerwiegendes dagegen spricht, muss die Zentralbank Zertifikate Athens akzeptieren. Gegen die inländische Korruption und Bürokratie vorzugehen, obliegt nach den EU-Verträgen der Regierung des Mitgliedslandes. Es ist Unsinn, aus dem Chaos am Mittelmeer eine zentrale Schuld einem der Geberländer zuzuweisen.
Durfte Griechenland in den Euro aufgenommen werden? Das ist Eulen nach Athen tragen.
"Der Markt" ist die Summe aller Akteure, die sich wirtschaftlich austauschen. Verspricht der Staat den Akteuren wirtschaftliche Vorteile, wenn sie sich in einer bestimmten Form verhalten (z.B. Pendlerpauschale, Subvention für Eneuerbare Energien u.ä.), so kann es zu Fehlanreizen kommen. Ansonsten verhalten sich die Akteure, wie sie das Verhalten der anderen einschätzen und gemäß ihren Zukunftserwartungen. Eigentest: wer würde derzeit Griechenland eigenes Geld zu einem Zins von 5% leihen?
AntwortenLöschenSchon Griechen, Römer und Perser agierten auf Märkten, es ist die natürliche Form, miteinander Handel zu betreiben. Alle anderen Überlegungen beschäftigen sich damit, etwas Künstliches zu schaffen. Natürlich unterliegen Menschen Fehleinschätzungen und auch einem Herdentrieb. Doch wer bitte sollte das korrigieren oder auch nur frühzeitiger als andere erkennen? Sowohl die sozialistische Planwirtschaft als auch die Bafin in den Aufsichtsgremien der deutschen Kreditinstitute haben eindrucksvoll bewiesen, dass einzelne, staatlich bestellte "Experten", genau dazu nicht in der Lage sind. Und gewählte Politiker? Gerade für sie kann es persönlich außerordentlich teuer werden, sich gegen einen eventuellen "Herdentrieb" zu stellen.
Am wirkungsvollsten (nicht gleich perfekt) sind Kontrollmechanismen in Unternehmen. So hat z.B. die Pflicht zur Prüfung von Jahresabschlüssen seit den 1930er Jahren dazu geführt, plötzliche Unternehmenszusammenbrüche von großen Kapitalgesellschaften weitgehend zu verhindern.