Donnerstag, 14. Juni 2012

Einer, der es ganz besonders nicht verstanden hat

Von Stefan Sasse

Hans-Werner Sinn (2008) ((c)Jan Roeder, GNU 1.2)
Hans-Werner Sinn hat für die New York Times einen Meinungsartikel geschrieben, in dem er zu erklären versucht, warum Deutschland keine Lust auf den Griechenland- und Südeuropa-Bailout hat. Meine Überschrift ist etwas verräterisch: ich halte von seiner Argumentation ziemlich wenig. Das fängt schon damit an, dass er Obama reinen Eigennutz unterstellt, wenn dieser die Rettung der Euro-Zone fordert. Das ist zwar richtig, würde ein Zusammenbruch derselben den USA doch definitiv schaden, entspricht aber in etwa der Vernunft eines Mannes, der mit einem Deutschen im Schlauchboot auf offener See unterwegs ist und ihn auffordert, doch bitte endlich den Stöpsel wieder in das Loch zu stecken, bevor man untergeht. Interessant ist auch, dass Sinns erstes echtes Argument der Maastricht-Vertrag ist, der einen Bailout generell verbiete. Deutschland könne damit selbst wenn es wöllte keine Rettung unternehmen, weil das Bundesverfassungsgericht sonst interveniere. Ich bin kein Staatsrechtler, aber der Maastrichtvertrag ist kein Grundgesetzartikel, und der Verstoß Deutschlands unter Schröder, als die 3%-Grenze ohne Strafzahlung gerissen wurde, landete auch nicht vor dem BVerfG. Sich auf diesen Vertrag zurückzuziehen und ihn für sakrosankt zu erklären ist mehr als merkwürdig, denn die aktuellen Vorgänge beweisen einmal mehr, dass Verträge erst einmal Papier sind. Warum in dieser Situation keine Änderung möglich sein sollte, entzieht sich meinem Verständnis. Im Ernstfall könnte man Maastricht einfach kündigen.  

Aber das ist erst der Anfang. Sinn wäre kein deutscher Mainstreamökonom, wenn er nicht sofort auf die moralische Schiene finden würde. In wenigen dürren Sätzen erklärt er im Falle eines Bailouts die Marktwirtschaft für gefährdet, weil das Verantwortungsprinzip gefährdet würde, auf dem diese beruhe. Es sei die Pflicht der Kreditgeber, die Kreditnehmer sorgfältig auszuwählen und im Zweifel die Verluste zu tragen. Er sei "überrascht, dass der Präsident der größten kapitalistischen Nation das übersieht". Ich nicht. Ich bin vielmehr überrascht, dieses passionierte Statement von Sinn nicht gehört zu haben, als die Banken für Milliarden und Abermilliarden gerettet wurden. Scheinbar hat er nun doch zur reinen Lehre gefunden und möchte die Banken, die ja den Staaten Kredite gewährt haben, bankrott gehen lassen, und der Wirtschaftszusammenbruch, der dem der Banken auf den Fuß folgen würde, sei verdammt. Anders lässt sich dieses Argument kaum erklären. Offensichtlich ist die deutsche Volkswirtschaft in Sinns Universum vollständig von anderen Volkswirtschaften entkoppelt.

Anschließend an dieses reichlich merkwürdige Argument sagt Sinn allerdings etwas sehr vernünftiges: eine Teilung der Schulden unter den Ländern - wahrscheinlich denkt er dabei an Euro-Bonds - setzt eine politische Union voraus. Ohne gemeinsame Strukturen ist eine finanzielle Integration kaum denkbar. Eine solche Union ist aber, so Sinn, derzeit kaum machbar, vor allem weil Frankreich als key player keine Souveränität aufgeben will. Damit hat er Recht, es ist aber bestenfalls die halbe Wahrheit. Denn auch Deutschland kann eine solche Integration nicht tragen, selbst wenn es wöllte - das BVerfG hat ein entsprechendes Urteil erlassen. Ohne Verfassungsreform und Volksabstimmung ist nichts zu machen, und für beides stehen die Aussichten schlecht.

Sinn stellt aber sofort klar, dass selbst in einer solchen politischen Union keine Haftung von Ländern für andere entstehen könnte und verweist, wieder seinen Adressaten Obama im Blick, auf Kalifornien, das vom Bund ja auch keinen Bailout zu erwarten hat. Jedes Land habe dann selbst mit seinen Problemen fertig zu werden. Dabei übersieht Sinn aber geflissentlich, dass es auch in den USA eine Art Länderfinanzausgleich gibt. Eine politische Union in Europa würde eine solche Art von Ausgleich mit Sicherheit ebenfalls beinhalten; man sieht es an nationalen Beispielen wie Italien (Norditalien und Süditalien) oder Deutschland (alte und neue Bundesländer) häufig genug. Genau hier aber liegt der Hase im Pfeffer: obwohl bei diesen Länderfinanzausgleichen in den vergangenen Jahrzehnten große Beträge flossen, sind die Ergebnisse eher mager. Zu ihrer Verteidigung lässt sich lediglich die letztlich unbeweisbare Behauptung anbringen, dass es ohne den Ausgleich schlimmer wäre. Die Erfolgsbilanz solcher Ausgleichszahlungen ist schlecht und hat nicht zu nachhaltigem eigenen Wachstum geführt; wie es etwa in Deutschland nach Auslaufen des Solidarpakts weitergehen soll steht in den Sternen. Fakt aber ist, dass ein Auseinanderdriften von Regionen innerhalb einer Nation nicht gewünscht sein kann, soll die Gemeinschaft als Ganzes erhalten bleiben. Dieser Effekt freilich lässt sich in ökomomischen Statistiken nicht messen, und es kann nicht im Interesse einer Gesellschaft sein, einzelne Teile in Armut und Extremismus abrutschen zu lassen.

Aber zurück zu Sinn. Dessen Argumentation wird zum Ende hin nämlich wieder abenteuerlich. Er greift sein Lieblingsthema der Target-2-Salden wieder auf und erklärt sie einfach zur Risikoübernahme Deutschlands gegenüber Resteuropas. Zum Abschluss seiner Argumentation findet er dann auch noch auf den moralischen Boden zurück, indem er den Marshallplan-Vergleich zurückweist, nach dem Deutschland Europa einen solchen schulde, da es nach dem Zweiten Weltkrieg ja auch aufgebaut wurde. Die Zahlen der Target-Bilanzen vor Augen erklärt er, der Umfang der Hilfen an Griechenland entspräche mittlerweile 115 Marshallplänen, 29 davon aus Deutschland, und wirft Obama die rhetorische Frage vor die Füße, ob das denn nicht ausreichend sei.

Das ist aus mehreren Gründen Unfug. Zum Einen sind schon die Zahlen höchst fragwürdig, denn ein Dollar von 1949 ist nicht mit einem Euro von 2012 vergleichbar. Zum anderen, und das ist der wesentlich wichtigere Aspekt, flossen die Marshallplangelder in konkrete Projekte, etwa den Aufbau von Infrastruktur. Die Gelder der Griechenlandhilfe aber gingen an die Banken und dienten letztlich ausschließlich dem Schuldendienst. Das ist etwas anderes als der Marshallplan, den für Griechenland zu fordern durchaus seine Berechtigung hat und sinnvoll ist. Und zuletzt begeht Sinn auch einen historischen Fehler, denn die Marshallplanhilfen für Deutschland waren wenig bedeutend und hauptsächlich von propagandistischem Wert. Entscheidend für den schnellen Aufbau der deutschen (Export-)Wirtschaft war der Importhunger der USA aufgrund des Koreakriegs und der sehr guten Bedingungen, die sie der jungen bundesdeutschen Wirtschaft boten.

Sinns Argumentation offenbart sein fehlendes Verständnis für die größeren Zusammenhänge. Er sitzt in seinem Elfenbeinturm, von dem aus Deutschland als eine Insel erscheint. Hier funktioniert die reine Lehre, kann man sich auf moralischen Grund zurückziehen, während die Welt drumherum in Scherben geht; Hauptsache, die eigenen Prinzipien bleiben gewahrt. Mit dieser Einstellung gehen wir zwar reinen Gewissens in den Untergang, aber das ist Heinrich Brüning auch schon. Der Erfolg lässt sich nachlesen.

32 Kommentare:

  1. Du liebe Zeit, Rechtschreibprüfung vergessen? Da sind ja extrem viele Tippfehler drin.

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  2. Ne, auf dem Pad geschrieben. Bin noch mal drüber :)

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  3. Lieber Stefan, Deine Beiträge sind auch MIT Tippfehlern große Klasse. Danke !

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  4. Deine Beiträge sind auch ohne Tipfehler schlecht. Zum einen verstehst du nicht, wie man am besten argumentiert. Man fängt mit seinem schwächsten Argument an, dem Verfaßungsgericht. Das ist wirklich nicht gut, vor allem weil umstritten ist, wie internationale Verträge zum Grundgesetz stehen. Aber gut, lassen wir das.

    Außerdem ist es völlig egal, wie der Dollar vor 40 Jahren stand oder der Euro heute. Sinn schreibt nämlich über Angaben relativ zur Wirtschaftsleistung eines Landes. Außerdem war der Marshallplan für Deutschland sowieso vernachlässigbar. Gleichzeitig mußte Deutschland schließlich auch noch für die Besatzungskosten aufkommen. Das glich sich ungefähr aus. Das muß Griechenland nicht. Außerdem hatten die noch viel höheren Zahlungen an andere europäische Länder dort auch kein noch viel höheres Wirtschaftswachstum zur Folge.

    Und wer wie Du Moral Hazard nicht kennt oder, noch schlimmer, wissentlich die Folgen ignoriert, der sollte sich mit seiner Meinung über wirtschaftliche Themen am besten gar nicht zu Wort melden.

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    1. „... Deutschland sowieso vernachlässigbar. Gleichzeitig mußte Deutschland

      Feiert hier die Hallstein-Doktrin fröhliche Urständ, oder rühren einige schon den geistigen Mörtel für eine neue Mauer in Deutschland, die dann auch als Muster für andere nicht ins deutsche Hegemoniekonzept passende Länder dienen kann?
      Übrigens, die größten Lasten durch deutsche Reparationszahlungen nach 1945 hat der Osten/die DDR getragen, wie hier unter 2. Einige historische Besonderheiten der DDR-Geschichte zu lesen ist.
      Vielleicht darin auch ein Hinweis für die pro oder kontra „Marshallplan-Theoretiker“, dass
      auch andere bittere praktische Wege aus der Krise möglich sind, wenn alle Beteiligten bereit sind die Ansprüche solidarisch etwas zurückzuschrauben.

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  5. Stefan, das ist dein Meisterstück. Niveauloser und unseriöser kann kein Blogeintrag sein. Bei allem Respekt, das geht nicht. Auch ein "Freidenker"hat keine Narrenfreiheit. Deine Unterstellungen und Interpretationen sind so abstrus und erkennbar von Ahungslosigkeit gezeichnet, dass sie nicht mal als Diskussionsgrundlage taugen. Ich übertreibe jetzt nicht. Ich mach mir oft Gedanken zu schroff zu sein, aber verdammt nochmal so gent es einfach nicht. So ein Beitrag ist nicht hinnehmbar und ich habe es mittlerweile auch satt mich über sowas aufzuregen und meine Zeit zu vergeuden. Du hast keine Ahnung von Wirtschaft und von Sinns Sicht der Dinge. Fair enough. Wenn du aber Dinge und Standpunkte miss-interpretierst, die selbst du problemlos recherchieren und in richtigen Bahnen darstellen kannst - anstatt in Mutmaßungen auszuweichen ("scheinbar", "übersieht geflissentlich" etc.), dann hört's auf. Auf diesem Niveau und mit diesen provozierten Missverständnissen kann man nicht diskutieren. Jeder einzelne Punkt, den du ansprichst, ist falsch und dilettantisch dargestellt. Maastricht, Inselwirtschaft, Allokation, Finanzausgleich, Auseinanderdriften, Marshallplan. Sinns Standpunkt ist komplett anders als du ihn hier zu suggerieren versuchst. Unglaublich. Gerade Sinn ist keiner derjenigen Mainstreamökonomen, die Deutschlands Entwicklung losgelöst von der EU- und Weltwirtschaft analysieren. Für die rechtliche Komponente zieht er wiederholt Verfassungsrechtler zu Rate und hat mehr Ahnung als du es ihm unterstellst. Und als ob er die Südländer in Elend absteigen lassen will. Gerade das bereitet ihm Sorge, er hat sich mehrfach ausdrücklich dazu geäußert und sich zu Hilfen bekannt. Weder Politik noch die ihr nahestehenden Mainstreamökonomen tun dies. Ökonomische Gesetzmäßigkeiten sind aber nun mal wie sie sind. Länderfinanzausgleich ... hier übersieht Sinn gewiss nichts "geflissentlich". Dermaßen dreist dein läppischer Einwurf die USA hätten schließlich eine Art davon. Als ob Sinn das nicht wüsste und damit schon alles hinfällig ist. Die USA haben einen zweckgebundenen vertikalen Ausgleich von oben nach unten, wie ihn die EU schon praktiziert. Sie haben keinen horizontalen wie ihn eine Transferunion bedeuten würde. Marshallplan, das ist bezogen auf relativer Basis, nicht absoluter. Deine Unterstellung ist ja wohl so billig, dass dir die Schamesröte ins Gesicht steigen sollte. Es ist der reinste Hohn, wenn gerade du anderen "fehlendes Verständnis für die größeren Zusammenhänge" vorwirfst. Nein, Stefan, hier sitzt einer im Elfenbeinturm, das bist du, und ganz weit oben.

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    1. "Ökonomische Gesetzmäßigkeiten sind aber nun mal wie sie sind."

      Dieser Satz sagt eigentlich alles über die Wertigkeit dieses Kommentar. Die gottgegebenen "ökonomischen Gesetzmäßigkeiten". Wirklich? Echt?

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    2. Ja, 1 und 1 ist 2. Das ist sogar alternativlos.

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  6. "Es sei die Pflicht der Kreditgeber, die Kreditnehmer sorgfältig auszuwählen und im Zweifel die Verluste zu tragen. ..... Ich bin ... überrascht, dieses passionierte Statement von Sinn nicht gehört zu haben, als die Banken für Milliarden und Abermilliarden gerettet wurden. Scheinbar hat er nun doch zur reinen Lehre gefunden und möchte die Banken, die ja den Staaten Kredite gewährt haben, bankrott gehen lassen, und der Wirtschaftszusammenbruch, der dem der Banken auf den Fuß folgen würde, sei verdammt. Anders lässt sich dieses Argument kaum erklären."
    Doch, lässt sich anders erklären:
    1) Hat ja nicht jede Bank so viele Staatsanleihen von Griechenland in Portefeuille, dass sie davon pleite geht.
    2) Weiß nicht, wie Sinn sich 2008 über die Bankenrettungen geäußert hat. Gar nicht? Schwer vorstellbar. Jedenfalls kann der Staat eine Bank durchaus retten, wenn sie von den Anleiheverlusten pleite geht. Hat Sinn sich konkret dagegen ausgesprochen? Zitat? Wenn nicht, dann bitte keine Unterstellungen! Warum nicht gleich den Staat (Griechenland) retten, statt die Bank? Weil letzteres billiger ist: a) Muss man nur die wenigsten Banken retten; b) bei richtiger Rettung bekommt der Staat Anteile an der Bank (die er später - ggf. sogar mit Gewinn - verkaufen kann). Gelackmeiert sind in diesem Falle die Aktionäre - was ja auch richtig ist im Rahmen marktwirtschaftlicher Logik.

    Welchen Länderfinanzausgleich gibt es in den USA?

    "ein Dollar von 1949 ist nicht mit einem Euro von 2012 vergleichbar." Bitte lesen, was Prof. Sinn geschrieben hat; so blöd ist der Mann nun wirklich nicht, dass er nicht um die Kaufkraftunterschiede wüsste:
    "Germany ..... received 0.5 percent of its G.D.P. for four years, or 2 percent in total. Applied to the Greek G.D.P., this would be about $5 billion today."

    "Die Gelder der Griechenlandhilfe aber gingen an die Banken und dienten letztlich ausschließlich dem Schuldendienst. Das ist etwas anderes als der Marshallplan, den für Griechenland zu fordern durchaus seine Berechtigung hat und sinnvoll ist."
    So? Die Gelder gingen AUSSCHLIESSLICH in den Schuldendienst? Bitte
    1) lesen, was Sinn geschrieben hat: "Greece has received or been promised $575 billion ... including Target credit." Target Kredit hat nichts mit Schuldendienst zu tun (sondern ist lustige Gelddruckerei der griechischen Zentralbank).
    2) informieren über die Hilfszahlungen (außer Target): lt. Diagramm bei Nikos Tsafos (http://www.greekdefaultwatch.com/2012/04/who-bailed-out-whom-in-greece.html) wurden knapp 20% zur Finanzierung des Haushaltsdefizits verwendet, ca. 30% gingen an griechische Gläubiger. Letztlich sind knapp 50% der Hilfszahlungen in Griechenland geblieben.
    Also: auch wenn man Sinns "115 Marshallpläne" nicht unterschreibt: es waren schon einige!
    3) Seit 1980 hat die EU, ich glaube, 150 Mrd. an Griechenland gezahlt. Das ist, relativ zum BIP und zum entsprechenden Wert der damaligen US-Hilfe an Dtld. eine gigantische Summe. Sind das etwa keine Marshallpläne? Das Griechenland dieses Geld nicht produktiv investiert hat: Das wird mit neuen Marshallplänen nicht anders sein. Zumal die Griechen ja kaum reformbereit sind. Wäre es anders, bräuchten sie keine Marshallpläne, sondern bekämen privates Kapital. Wo das private Kapital nicht investiert (nicht mal die reichen Griechen selber!), da verpuffen auch Marshallpläne.
    "Größere Zusammenhänge" sind halt doch etwas komplizierter .....

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    1. "Seit 1980 hat die EU, ich glaube, 150 Mrd. an Griechenland gezahlt. Das ist, relativ zum BIP und zum entsprechenden Wert der damaligen US-Hilfe an Dtld. eine gigantische Summe. Sind das etwa keine Marshallpläne? Das Griechenland dieses Geld nicht produktiv investiert hat: Das wird mit neuen Marshallplänen nicht anders sein. Zumal die Griechen ja kaum reformbereit sind. Wäre es anders, bräuchten sie keine Marshallpläne, sondern bekämen privates Kapital. Wo das private Kapital nicht investiert (nicht mal die reichen Griechen selber!), da verpuffen auch Marshallpläne."

      Und was jetzt? Was nützt diese Analyse? Was folgt aus ihr?

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    2. Es macht auch wenig Sinn. Die Deutschen waren 1949 außerordentlich reformbereit und brauchten trotzdem einen Marshallplan.

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    3. Und deine beiden Sätze ergeben zusammen den wahren Sinn, ja?
      "Die Griechen sind nicht reformbereit, und brauchen gerade deshalb einen Marshallplan"?
      Oder wie genau soll ich dich verstehen?

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  7. Püh, ich finde du tust Brüning hier unrecht. Er hat neben Prinzipien immerhin auch noch ein konkretes Ziel verfolgt (Streichung der Reparationen). Insofern ist die Position von Sinn & Co. noch einen Tick absurder.
    Zur politischen Situation (siehe auch http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise-bundesbank-skizziert-weg-zu-tragfaehiger-fiskalunion-11785671.html) ist einfach das Problem, dass die Länder im Gegensatz zur EU demokratisch legitimiert sind. Das Problem beim Abtreten der Souveränität wäre nicht nur, dass diese an die EU übergehen würde (womit ich per se nicht so ein großes Problem hätte), sondern dass sie auch noch in ein undemokratisches Loch fallen würde, da helfen auch keine Volksentscheide.
    Das wäre in etwa so, als wenn es einen Volksentscheid darüber gibt, das Budgetrecht komplett der Exekutive zu überlassen.
    Nicht dass das passieren würde, aber bevor man sich überlegt, wie eine politische Union aussehen könnte, müsste die EU erstmal wirklich demokratisiert werden und imo am besten so, dass nur das Europaparlament bestehen bleibt.

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    1. Das Ganze hat ja auch Ironie. Wenn Stefan einen Bogen von Sinn zu Brüning schlägt ... Sinn ist einer der wenigen, der die Folgen von interner Abwertung, in dem Maße wie sie in den Problemländern erforderlich ist, als nicht zumutbar hält. Er betont das "in aller Deutlichkeit" (O-Ton) und der Ausblick macht ihm zu schaffen, während andere wie Hüther das gar nicht thematisieren. Sinns pauschale Kritik an Brüning im Allgemeinen ist gerade das, was mich stört. Er liegt insofern ganz auf Stefans Linie. Sinns Standpunkt zu Griechenland, der nun gar nicht Mainstream ist, ist aber wirklich bekannt. Sinn insofern als Mainstream anzusehen und für eine verantwortungslose Politik, die er weder in Ursachenanalyse und Antworten teilt, in Haft zu nehmen ... geht nun mal nicht. Darüber muss man aufregen.

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  8. @ Tobias Fuentes

    Ein paar Links als Belege für Deine Darstellung wären hilfreich. Bei einem "Medien-Professor" wie Sinn sollte das doch eigentlich kein Problem sein ...

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    1. ... und deswegen sollte es auch kein Problem sein mal selber danach zu suchen. Auf der ifo-website cesifo-group.de kann man VÖs nachlesen, gibt mediathek, mit Bezug zum rechtlichen Rahmen gibts aus April eine Aufzeichnung. Die besten Vorträge sind auf youtube zu finden, vom 19.11.2011 und Februar 2012. Überall hält er etwa eine interne Abwertung für nicht gangbar und lehnt die Deutung als eine Staatsschuldenkrise ab.

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  9. Mich erinnert Sinn an verschiedene Maoisten, die ich in meinen Jugendzeiten kannte. Also Leute von KBW oder KPD. Auch die wussten auf jede Frage eine absolut widerspruchsfreie Antwort, hatten sich in ihrem ganzen Leben noch niemals geirrt und konnten mittels ihrer Ideologie jedes Problem wie aus der Pistole geschossen analysieren und klären. Wenn man auf die Wirklichkeit verwies (damals: das Proletariat wollte gar keine Revolution) wurde einem absolut konsistent erklärt, dass man sich täuschte und alles sich ganz genau so verhielt, wie der Marxismus-Leninismus es schon immer gesagt hatte. Wenn die Empirie nicht passt, verdreht der Idelogie sie einfach: Siehe Sinns Gleichsetzung der "Griechenland-Hilfen" mit dem Marshalplan.

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    1. Brav so, Anonymus! Du bist ein folgsames Schäfchen der vereinigten Scherertruppe von Südeuropäern und Finanzmärkten, die uns in kollusivem Zusammenwirken bis aufs Blut rasieren!
      Ich finde es wirklich beruhigend zu wissen, dass jene, die unsere Steuerbillionen "für Europa" raushauen, sich auch mal irren dürfen? Freut dich, gelle? Macht ihr nur weiter so: Geld wächst bekanntlich auf den Bäumen. Wer weiß hier überhaupt, was eine Billion ist? Nach ihrem leichtfertigen Gerede zu urteilen kommt bei den Allermeisten (hier wie überhaupt in der Welt) nach "Million" nur noch "viele".
      Für die Griechen sowieso: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/griechische-unruhen-der-nepotismus-ist-das-lebensprinzip-griechenlands-1743138.html - von 2008!

      Und an jenen anderen anonymen Schlaumeier (oder theoretisch auch Schlaumeierin), der/die oben gefragt hatte:
      "Und was jetzt? Was nützt diese Analyse? Was folgt aus ihr?"
      der Vorschlag: Einfach mal mit Lesen probieren!
      "Da[s]s Griechenland dieses Geld nicht produktiv investiert hat: Das wird mit neuen Marshallplänen nicht anders sein. Zumal die Griechen ja kaum reformbereit sind. Wäre es anders, bräuchten sie keine Marshallpläne, sondern bekämen privates Kapital. Wo das private Kapital nicht investiert (nicht mal die reichen Griechen selber!), da verpuffen auch Marshallpläne"
      hatte ich oben geschrieben.
      Aber ich verstehe schon: Wer die ganz großen Zusammenhänge anpeilt, kann seine Zeit natürlich nicht mit der Lektüre kleiner Buchstaben vergeuden.

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    2. "Da[s]s Griechenland dieses Geld nicht produktiv investiert hat: Das wird mit neuen Marshallplänen nicht anders sein. Zumal die Griechen ja kaum reformbereit sind. Wäre es anders, bräuchten sie keine Marshallpläne, sondern bekämen privates Kapital. Wo das private Kapital nicht investiert (nicht mal die reichen Griechen selber!), da verpuffen auch Marshallpläne"

      Das habe ich schon verstanden. Sagen wir, ich stimme der Analyse zu. Aber was folgt daraus? Kein Marshallplan für Griechenland, schon klar. Und nun?

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    3. @ AnonymFreitag, 15. Juni 2012 15:13:00

      Was "und nun"? Sind die Griechen Kinder oder erwachsene Menschen? Wenn letzteres, sind sie doch wohl für sich selbst verantwortlich, oder nicht? Ist das mein Problem, wenn dieses Völkchen kollektiv den Kuckuck machen will?

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  10. Ja logisch: Weder gab es 2oo8 eine weltweite Bankenkrise und mussten alle Staaten (sogar Griechenland) ihre Banken retten und damit ihre Verschuldung massiv steigern, noch gibt es irgendwelche Ungleichgewichte innerhalb der EU, noch haben deutsche Banken sich in den Mittelmeerländern verspekuliert: Sie konnten doch gar nicht sehen, dass Griechenland so gut wie nichts exportiert, und sie konnten doch gar nicht ahnen, dass auch in Spanien jeder Immobilienboom irgendwann platzt. Nein, alles liegt daran, dass wir Deutschen fleißig, solide und strebsam sind und die faulen mediterranen Penner unser Geld verfrühstücken wollen.

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    1. Na wenn das so ist: dann ist es ja logisch, dass der deutsche Steuerzahler zahlen muss, nu?
      Und bei dem gegebenen Niveau der deutschen politischen Intelligenz (und der deutschen Intelligentsia) akzeptieren die das sogar. Bis sie dran krepieren. Und das dauert kein Jahr mehr!

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    2. Ich verstehe ja Ihre Sorgen um Ihr Geld, aber es kommt auf die Zusammenhänge an: Im letzten Jahrzehnt hat die deutsche Wirtschaft große Gewinne gemacht. Dieses Geld wurde aber nicht in Löhne und Gehälter umgesetzt, sondern verblieb in den oberen Etagen und wurde als Geldkapital exportiert. Allein 40 Milliarden flossen aus Deutschland in den spanischen Immobilienboom. Jetzt ist die Blase geplatzt und das Geld ist zu großen Teilen weg. Was kann die deutsche Regierung tun? 1) Sie lässt spanische Banken pleite gehen und die deutschen Investoren verlieren ihre 40 Milliarden. 2) Sie "rettet" die spanischen Banken und damit letztlich aber die 40 Milliarden der deutschen Investoren. Was ist besser? Teufel oder Belzebub? Das gesamte System des spekulativen Bankings ist irre. Es gewinnen einzig die Finanzmanager mit ihren Monster-Gehältern und Giganto-Boni

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    3. Die deutschen Reichen mit meinem Geld retten?
      Das sind doch wohl eher Teufel und Beelzebub auf der gleichen Seite!

      Und endlich verstehe ich auch, warum die SPD und die Grünen als "link" eingestuft werden!
      (Von den Schwarz-gelben erwarte ich ja ohnehin nichts anderes.)

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  11. Der Economist nimmt Sinns Artikel auch auseinander:
    http://www.economist.com/blogs/freeexchange/2012/06/economic-history

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  12. Sinn spricht über Griechenland, Ritschl über Europa. Beide Diskursebenen sind nicht kompatibel; was (wenn überhaupt) für "Europa" gilt, gilt, aktuell jedenfalls nicht für Griechenland.
    In Griechenland geht es moment überhaupt nicht um "debt foregiveness" (auch abgesehen von dem massiven haircaut haben die Griechen ja momentan ein faktisches Schuldenmoratorium, weil "wir" ihnen das Geld leihen, was sie den Anleihebesitzern zurückbezahlen müssen), sondern darum, dass die Griechen noch mehr Geld wollen. Aber nicht die Voraussetzungen schaffen, um etwa zu einer ausgeglichenen Leistungsbilanz zu kommen. (Die Schulden bei "uns" werden wir den Griechen sowieso eines Tages erlassen - müssen.)

    Im Nachkriegs-Europa dagegen war die Situation völlig anders, da wurden industrielle Kapazitäten aufgebaut, da wurde privates Kapital investiert.

    Und was Gesamteuropa (d. h. die "Schuldensünder" angeht): Wer, bitte schön, soll denn für den Schuldenerlass bluten? Es sind ja nicht nur "die Banken"; es sind nicht zuletzt auch Lebensversicherungen, die Anleihen halten. Und einige Banken gehen ggf. kaputt.
    Also wer, lieber Herr Prof. Ritschl, soll Ihren großartigen Vorschlag bezahlen?

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    1. Was für Unsinn. Nur das augenfälligste: "Wir" leihen Griechen kein Geld (Leihe ist kostenfreie Überlassung). "Wir" vergeben Kredite.

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    2. "Was für Unsinn".
      Vielleicht außer den terminologischen auch inhaltliche Einwände?

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  13. 115 Marshallpläne = 1 Herkules Plan oder Herkules statt Brüning!
    Was ist eigentlich los in Deutschland, wenn ein praktizierender Neoliberaler , bekannt aus Funk und Fernsehen, sowie
    die LINKE zum gleichen Ergebnis kommen? Wer von den hier so umtriebigen „Wirtschaftstheoretikern", die natürlich alle Recht haben, erklärt es mir ? ;-)

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  14. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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