Von Stefan Sasse
Der von mir geschätzte Hans-Martin Tillack vom Stern hat in einer Serie zu der Finanzierung der Parteien mehrere Problem offengelegt,
die die Spendenpraxis im deutschen Parteienrecht umgeben. Er bedauert,
dass es in Deutschland keine Höchstgrenzen für Unternehmensspenden gibt
und dass die Kontrolle über die Parteispenden bei den Parteien selbst.
Er diskutiert Alternativen wie eine reine Beschränkung auf
Staatszuschüsse oder Gesamtausgabegrenzen im Wahlkampf. Allein, seine
Argumentation ist weder neu noch originell, und sie wird stets so
aktuell wie folgenlos bleiben. Das Geld findet immer einen Weg.
Völlig berechtigt ist Tillacks Kritik an den Mechanismen der
Parteispendenkontrolle. Schließlich kontrollieren hier gerade
diejenigen, die direkt betroffen sind. Hier bräuchte es definitiv
unabhängigere Gremien, die solche Kontrollen durchführen, und diese
Reform wäre auch verhältnismäßig einfach zu machen. Im aktuellen Artikel
nicht angesprochen, aber mindestens ebenso wichtig wäre eine Reform des
Bestechungsstrafrechts für einzelne Abgeordnete, das in Deutschland
geradezu lächerlich lasch ist. All das berührt aber natürlich nicht den
Kern des Problems, vor allem die Großspenden der Unternehmen oder
einzelner einflussreicher Personen. Bevor wir uns mit
Reformmöglichkeiten befassen können stellt sich erst einmal die
grundsätzliche Frage: sind solche Spenden legitim?
Die grundsätzliche Legitimität von Spenden im Gegensatz zu einer
reinen Staatsfinanzierung wird mit einer größeren Bürger- oder doch
wenigstens Realitätsnähe begründet. Wären die Parteien zur Finanzierung
einzig und allein auf den Staat angewiesen, so die Befürchtung, würden
sie sich in eine starke Filterblase einbauen, die keinen Input von außen
mehr zulässt. Natürlich ist diese rosarote Sichtweise als
Bürgerbeteiligung reichlicher Unfug, denn eine Spende der Deutschen Bank
ist keine einfache Bürgerbeteiligung. Sofern man aber Spenden
grundsätzlich zulässt, ist es nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz des
Grundgesetzes vereinbar, Unternehmensspenden zu verbieten. Was sehr wohl
möglich ist ist, die Höhe der Spenden zu begrenzen und die Spenden und
ihre Spender transparenter zu machen.
Das sind im Übrigen beides Maßnahmen, die etwa in den USA getroffen
worden sind. Der Erfolg, man darf es wohl sagen, war verheerend. Der
Wahlkampf 2012 war der teuerste aller Zeiten und gleichzeitig
intransparent ohne Ende. Das große Geld hatte auf die Auswahl der
Kandidaten der Republicans einen Einfluss wie selten zuvor. Und
das, obwohl Einzelpersonen nicht mehr als 2800 Dollar spenden durften.
Was war passiert? Anstatt die Parteien direkt zu finanzieren und damit
Regulierungen und Offenlegungen unterworfen zu sein, wandten sich die
Großspender wie etwa die Koch-Brothers einfach den so genannten
Super-PACs, den Political Action Committees, zu. Diese
betreiben Wahlkampf auf eigene Rechnung und ohne offene Abstimmung mit
dem jeweiligen Kandidaten – eine reine Papiervereinbarung, in
Wirklichkeit waren die Bande eng. Enger zumindest als zwischen Peer
Steinbrück und seiner eigenen Wahlkampfleitung, wenn der Seitenhieb
gestattet ist.
Das Geld findet immer einen Weg. Es ist wie Wasser, das irgendwo
hingeschüttet wird. Es fließt durch alle Ritzen und läuft überall
hindurch. Wir können die Ausgaben der Parteien im Wahlkampf begrenzen so
viel wir wollen, im Zweifel wird das Geld nur vom politischen und damit
kontrollierbaren Teil in private Hinterkanäle umgeleitet. Und die kann
man nur deutlich schlechter regulieren und kontrollieren, weil wir hier
sofort in das Grundrecht auf Meinungsfreiheit eingreifen – a slippery slope if there ever was one.
Wie immer, wenn man in bestehende Systeme eingreift, lösen die
Reformversuche Rückwirkungen aus, die über die beabsichtigte Wirkung
hinausgehen. Wir sollten daher nicht zu voreilig im Begrenzen von
Spenden an die Parteien sein, denn im Vergleich mit anderen Ländern ist
die deutsche politische Landschaft noch immer vergleichsweise (!)
unabhängig. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass durchgreifende Reformen
hier genau zum gegenteiligen Effekt führen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.