Der SPD bei der Wahlkampfarbeit zuzusehen ist ungefähr wie "Pleiten, Pech und Pannen", nur nicht so lustig. Wer ihr Verhalten in den letzten Monaten beobachtet kommt kaum um die Feststellung umhin, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut, und dass der Kopf die Augen fest verschließt in der Hoffnung, dass beim Wieder-öffnen alles schon irgendwie gut wäre. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die absurde Auseinandersetzung um ein Tempolimit auf Autobahnen. Sigmar Gabriel, seines Zeichens Parteivorsitzender der SPD, hat sich für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen ausgesprochen; 120 soll es sein.
Die Maßnahme ist an und für sich vernünftig. Praktisch jeder Staat dieser Welt hat ein solches Limit, und die Statistiken weisen deutlich daraufhin, dass Umweltverschmutzung, Verschleiß und Gefahren bei höheren Geschwindigkeiten überproportional zunehmen. Wirklich schneller als 120 fährt man ohnehin selten, und wenn man diese Geschwindigkeit im Schnitt besser erreichen könnte, dann wäre viel gewonnen. Allein, die Deutschen sind eine Nation der Autofahrer und reagieren nicht besonders freundlich auf solche Vorschläge. Warum Gabriel solche Themen nicht einfach den Grünen überlässt, denen seit der 5-Mark-pro-Liter-Benzin-Aktion anno 1998 ohnehin jeder so etwas zutraut, verstehe ich nicht. Er könnte einfach die Klappe halten und mit einem Merkel'schen "Das ist für uns gerade kein Thema" antworten, eine Antwort, in die man alles und nichts hineinlesen kann. Ganz besonders, da das Thema der SPD "Gerechtigkeit" sein soll, es also notwendig ist, die breite Masse gegen "die da oben" zu mobilisieren, denn "Gerechtigkeit" ist dafür letztlich die Chiffre. Wie kann man glauben, die gleiche Mehrheit mit so etwas zu verprellen sei irgendwie clever?
Aber da hört der Unfug im SPD-Wahlkampf noch gar nicht auf. Peer
Steinbrück, seines Zeichens Spitzenkandidat der SPD, hat sofort reagiert
und gesagt, dass er das für eine saublöde Idee hält. Nicht “Das ist für
uns gerade kein Thema”, was auch ein “der Gabriel weiß nicht wovon er
redet” gewesen wäre, aber eben keines, dass zitierfähig ist, nein – er
muss es gleich direkt sagen, damit er sofort den Gabriel aus den
Schlagzeilen verdrängt und sich als Mr. Klartext hinstellen kann.
Schlimm genug also, dass sich Spitzenkandidat und Parteichef nicht auf
eine Linie einigen können und offensichtlich nicht wirklich miteinander
reden.
Das ist ein Problem, dass die CDU nie haben kann, die schon immer
clever und monolithisch genug war, Parteivorstand und Kanzlertum in
einer Hand zu vereinen. Aber offensichtlich sind sich die beiden
Alphatiere der SPD (wenn nicht gerade ein subalterner Steinmeier meint,
er müsse auch noch an seinem Nachruhm basteln und mit “pragmatischer”
Agenda-Rhetorik der Kanzlerin beispringen) sich immerhin darin einig,
nicht mit der eigentlichen Wahlkampfleitung zu reden, die eigentlich
versucht, einen kohärenten Themenwahlkampf um “Gerechtigkeit” zu machen.
Für was steht jetzt die SPD? Keine Ahnung, aber sie kann sich nicht einigen und will Tempolimits auf Autobahnen.
Die Unfähigkeit der SPD zu effektivem Wahlkampf verkommt zur Anekdote angesichts ihrer unsäglichen politischen Praxis.
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