Samstag, 18. Juli 2009

Buchbesprechung: Max Otte - Der Crash kommt

Der Crash ist da. Beginnend von den amerikanischen Immobilienmärkten ist eine weltweite Finanzblase geplatzt, die in ihrer Größe eigentlich nur mit der von 1929 vergleichbar ist. Alle Staaten sind von ihr betroffen, denn überall hat es an Regulierung der aggressiven und von der Realwirtschaft längst entkoppelten Finanzmärkte gefehlt. Eine ideologische Einheitsfront der Politik, Medien, Wirtschaft und Wissenschaft betete beständig das Credo der unregulierten Märkte, die uns allen ungekannten Wohlstand bringen würden. Nun brachten sie uns allen ungekanntes Leid. Max Otte gehört zu den wenigen, die den Crash vorhergesagt haben, und im Gegensatz zu Oskar Lafontaine ruft er dabei keine ideologischen Beißreflexe hervor.

Sein Buch „Der Crash kommt“ ist ursprünglich von 2006, als man in allen Zeitungen von den Segnungen des Finanzmarkts und der soliden Arbeit der Großen Koalition lesen konnte, die über eine Schuldenbremse diskutierte und mit ihrem stets inkompetenten Finanzminister Steinbrück neue Tiefen erreichte. In seinem Buch erklärt Max Otte dabei einige Grundzüge der internationalen Wirtschaft, besonders der Finanzwirtschaft, damit der Leser auf dem Niveau ist seine späteren Ausführungen verstehen zu können. Er erklärt, woher die Grundlagen der Krise seiner Meinung nach stammen (vorrangig im billigen Geld er Notenbankpolitik Alan Greenspans) und warum der Immobilienmarkt wahrscheinlich der Sitz der Krise ist (wie es dann ja tatsächlich eintraf). Sogar mit seinen zeitlichen Schätzungen, wann dies passieren würde, lag er richtig. Er zeigt außerdem auf, wie Staaten in ähnlichen Situationen reagiert haben (beispielsweise Japan) und warum ihre Rezepte (nicht) erfolgreich waren.

Im zweiten Teil seines Buches gibt er Tipps, wie man sein Vermögen vor der zu erwartenden Finanzkrise schützen kann. Sein Patentrezept ist das Investieren in Gold, das als wertbeständiges Geldaufbewahrungsmittel dient, und in sichere Aktien von Unternehmen, die aller Wahrscheinlichkeit nach die Krise überstehen werden. Generell liegt ein großer Fokus des Kapitels auf Aktien, denn Otte ist ein erklärter Aktienfan.

Insgesamt ist seine Weitsicht beeindruckend. Die genaue Erkenntnis, dass die Krise auf dem amerikanischen Immobilienmarkt ihren Ausgang nehmen würde, und die Einschätzungen über ihren generellen Verlauf sind beeindruckend. In der zur Rezension vorliegenden aktualisierten Ausgabe des Buches zieht Otte auch ein Fazit der bisherigen Krise und korrigiert einige frühere Einschätzungen – insgesamt jedoch bleibt der Großteil des Buches stehen wie er wahr, ein Tribut an seine eigenen prophetischen Fähigkeiten.

Als Negativa schlagen sich bei dem Buch meiner Meinung nach jedoch vor allem zwei Dinge zugrunde: zum Einen Ottes Konzentration auf die Politik des billigen Geldes, die fast allein schuld an der Krise ist. Ich denke, dass die Unreguliertheit des Finanzsektors, die Otte kaum kritisiert oder als notwendig erachtet, mindestens gleichrangig als Krisenverursacher neben der Politik der Fed stehen dürfte, und dass seine Verurteilung der hohen Staatsschulden als Krisenursache nicht zutreffend ist; eine Beurteilung, die unter anderem auch die Nobelpreisträger Krugman und Stiglitz haben. Zum Zweiten ist der zweite Teil des Buchs zwar leidlich interessant, hinterlässt aber einen faden Beigeschmack. Da weiß jemand, dass die Krise kommt, und schreibt einen Leitfaden für die sehr Begüterten, wie sie ihr Geld retten können.

Insgesamt jedoch ist das Buch sehr interessant und für Interessierte an der Materie sehr zu empfehlen. Viele von Ottes Ansichten sind sehr vernünftigt, und es gelingt ihm leicht, sich vom neoliberalen Einheitsbrei à la Sinn abzusetzen.

10 Kommentare:

  1. Ja der Herr Otte.
    Ich habe damals 2000 sein Buch Investieren statt Sparen gekauft.
    Damals waren Herrn Otte die niedrigen Zinsen sehr recht.
    Niedrige Zinsen bedeuten explodierende Aktienkurse, da zukünftige Erträge sehr hoch diskontiert werden.
    Die Erklärung des Mechanismus hat er aber seinen Lesern vorenthalten.
    Auch ich habe damals seine Ratschläge befolgt und in Aktien INVESTIERT.
    Gott sei Dank habe ich 2008 mein Geld wiederbekommen.
    Viele andere haben viel Geld verloren.
    Bitte fange doch mal an, selber konkrete Fragen an die Ökonomen zu stellen.
    z.B.
    Herr Otte kennen sie Michigan Works und die Ökonomen deren Ratschläge dort politisch umgesetzt wurden?
    In Michigan ist der gesetzliche Mindestlohn 4,5 Dollar pro Stunde. Sozialhilfe gibt es nur zwei Jahre, die Unternehmenssteuern sind sehr niedrig.
    Warum ist die Arbeitslosigkeit auf 25% in Michigan gestiegen?
    Lass dich nicht einseifen.

    AntwortenLöschen
  2. Hab ich nie gehört...kannst du es mir genauer erklären?

    AntwortenLöschen
  3. Ich habe das Buch auch gelesen und fand, ehrlich gesagt, die Statistiken und ihre Manipulation(zum Beispiel zum Geldmengenwachstum in den USA) am interessantesten. Die wirtschaftshistorische Entwicklung ist SEHR OBERFLÄCHLICH und vor allem mit persönlichen Einschätzungen als mit nachprüfbaren Belegen versehen. Diese Vorgehensweise führt leider zu gravierenden Fehleinschätzungen, z. B. zur demographischen Entwicklung. Zusätzlich haben mich seine ständigen Hinweise darauf, wen ER von den US-Ökonomen alles kennt, ziemlich genervt (besonders peinlich fand ich z. B. seinen "Huldigungsbrief" an Ben Barke auf S. 153 f.). Ich glaube, dass auch ein populär-ökonomisches Buch nicht die geeignete Plattform für die Verabeitung von Minderwertigkeitskomplexen darstellt.
    Der 2. Teil über Anlagestrategien in der Krise gleitet dann in den totalen Unsinn inklusive einer "Königsanalyse" (S. 250) ab, was aber nicht weiter verwundert, da Otte ja Volkswirt und kein Anlageberater ist.
    Insgesamt habe ich einen sehr gemischten Eindruck von dem Buch.

    AntwortenLöschen
  4. Naja, was will man denn auch Geringverdienern und Nicht-Vermögenden über Anlagestrategien in der Krise raten?
    Diese Leute haben sowieso keine andere Anlagestrategie als die monatlichen Rechnungen immer vom monatlichen Gehalt zu bezahlen. Wenn was übrig bleibt, geht man halt mal essen, ins Kino oder zum Fussball. Die einzige Krisenstrategie für diese Leute wäre, Lebensmittelvorräte anzulegen, insbesondere an unverderblichen Lebensmitteln, wenn sie denn Geld und Vorratsraum dafür haben.
    (Traurig und ich entschuldige mich für den Zynismus, gehöre außerdem selber dazu.)

    AntwortenLöschen
  5. Sehr geehrter Oeffinger Freidenker,

    wenn man das als Autor sagen darf: ich finde, dass das eine der zutreffendsten Kritiken ist, die ich gesehen habe.

    Allerdings spreche ich mich dezidiert für Regulierung aus. (Und sogar Sinn hat - spät, aber doch - in seinem neuen Buch "Kasino-Kapitalismus" viele meiner Punkte zur Regulierung der Finanzmärkte aus der Neuauflage von DER CRASH übernommen.)

    Das, was Sie "faden Beigeschmack" nennen, bleibt leider: es ist auch ein Ratgeber für die (Mittel)Begüterten (also den Mittelstand) und die Politik scheint schon wieder in der Defensive.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Max Otte

    AntwortenLöschen
  6. Sehr geehrter Herr Otte,
    vielen Dank für die aufmunternden Worte. Sinn allerdings, so habe ich das Gefühl, würde sich auch für das nordkoranische Wirtschaftsmodell aussprechen, so es nur der Mehrheitsmeinung entspräche...
    Liebe Grüße
    Stefan Sasse

    AntwortenLöschen
  7. Entschuldigung, aber ich finde das Buch von Herrn Otte über die Maßen schlecht. Er hatte zwar recht mit der Aussage "ein Crash kommt", aber in mehr als 50% der Details hatte er unrecht. Zum Beispiel: er sagte den Zusammenbruch des Welthandels voraus. Er sagte den Zusammenbruch der EU, mindestens jedoch des Euros voraus, Er prophezeite Inflationsraten im zweistelligen Bereich, dass man den US-Dollar in Deutschland nur noch mit staatlicher Genehmigung bekommen könnte, dass wir in Deutschland keine ausländischen Waren wie z.B. Shrimps kaufen können, usw.
    Ist das eingetreten? NEIN, ist es nicht. Wie kann man jemanden, der in so vielen Dingen so katastrophal daneben liegt, Weitsicht nachsagen.

    Herr Otte ist vielmehr einem Arzt vergleichbar, der einem Patienten eine schwere Krankheit X vorhersagt, wenn er nichts an seinem Lebensstil ändern würde. Nach ein paar Monaten hat der Patient tatsächlich eine schwere Krankheit, haber nicht X sondern eine ganz andere schwere Krankheit Y. Der Arzt hatte nur mit der einen sehr allgemeinen Aussage recht "Der Patient bekommt eine schwere Krankheit." Aber in der Detailfrage (und darauf kommt es an) lag er total daneben. Wenn solch ein Arzt dann sagt: "Ich habe es Ihnen doch gesagt." dann finde ich das irgendwie lächerlich.

    Mehr zu Max Otte und andere Crash-Propheten habe ich auch in meinem Blog geschrieben. Dr. Hannes Peterreins

    AntwortenLöschen
  8. Sorry, da bist du ein wenig unfair. Gerade die Voraussagen bezüglich des Euro-Raums waren ziemlich klar als Möglichkeiten definiert und nicht als endgültige Voraussagen, und noch ist die Krise auch nicht rum. Ich stimme dir aber gleichzeitig zu, dass ich es für sehr unwahrscheinlich halte.

    AntwortenLöschen
  9. Lieber Dr. Petereins,

    Sie haben das Buch anscheinend gar nicht gelesen. Die "Vorhersagen" auf die Sie sich beziehen, sind allesamt vom Klappentext (den der Verlag macht) oder als Fragen im Vorwort formuliert.

    Vielleicht wären Sie so freundlich, erst einmal das Buch zu lesen.

    Max Otte

    AntwortenLöschen
  10. Da hat´s Dr. Petereins wohl die Sprache verschlagen.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.