Mittwoch, 27. Juni 2012

It's the politics, stupid!

Von Stefan Sasse

"Alle Welt will das deutsche Geld!" Das ist eine Aussage, die man derzeit kreuz und quer durch den deutschen Blätterwald rauschen hört. Sie wird vorgetragen mit der Aura heiliger Empörung, mit der Selbstsicherheit, die nur ein moralisch einwandfreier Lebenswandel geben kann (sofern man kein Katholik ist), der typischen chauvinistischen Selbstgewissheit, mit der diejenigen, denen es gut geht, schon immer denjenigen begegnen denen es schlecht geht. Das kann der Großbürger des 19. Jahrhunderts gegenüber dem Fabrikarbeiter sein (Was ist der auch arm! Selbst schuld!), das kann der Deutsche sein, dessen stolzgeschwelltes Herz sich in Geschichten vom eigenen Fleiß ergibt, der den "Schuldnerländern" des "Südens" so überlegen ist. Tatsächlich schreit "die Welt" (also vor allem Europa und die USA) nach deutscher Aktion in dieser Sache. Tut endlich was! ist der Tenor, und damit ist nicht einmal das reine Geldausgeben gemeint. Aber der Deutsche denkt dieser Tage nur mit dem Portmonee, und alles, was er hört, ist das Rascheln von Geldscheinen und Klingen von Münzen. Dabei hat die Krise längst eine völlig andere Dimension, die völlig untergeht. Es geht nämlich nur sehr zweitrangig ums Geld, das die Deutschen mit Argusaugen vor den gierigen, unverantwortlichen Südländern bewahren zu müssen glauben. Die Dimension der Krise ist längst politisch geworden, ohne dass die Deutschen das sehen würden. 


Da kommen zunächst einmal die Fakten. Das deutsche Narrativ von den fleißigen, ehrlichen Deutschen, die jetzt nur die Früchte ihrer harten Arbeit ernten, während den faulen Südländern das ihre zukommt, ist schlicht falsch. Spaniens Schuldenquote etwa liegt beträchtlich unter der deutschen (68% gegenüber 81%). Es war Deutschland, nicht Griechenland, das zwischen 2000 und 2010 die Maastrichtkriterien wiederholt verletzt hat und sich einen Dreck um den Gehalt des Vertrags scherte, den es nun als völlig unzureichend und schwach verdammt. Es war Deutschland, das im Angesicht der Krise 2009 ein gewaltiges Konjunkturprogramm auflegte und damit die größten Härten deutlich besser abfederte als Länder, die das nicht taten. Deutsche Arbeiter arbeiten im Schnitt 1300 Stunden im Jahr, griechische kommen auf rund 2100. Klar sagt diese Zahl nichts aus, denn die deutsche Produktivität ist wesentlich höher, aber "faul" ist hier sicher das falsche Wort. "Ineffizient" wäre vielleicht richtiger, aber das wäre ja keine so tolle Geschichte mehr, und mit Moral kann man da auch nicht so leicht kommen. Das Schlimmste aber: bisher hat Deutschland überhaupt niemandem Geld geschenkt. Die Hilfen an Griechenland sind Kredite, mit vergleichsweise hohen Zinsen noch dazu, alles andere sind Garantien, die noch nicht, vielleicht aber auch nie, fällig werden. Diese kurze wie unvollständige Übersicht zeigt, dass bereits das Fundament des deutschen Überlegenheitswahns brüchig ist. 

Aber es geht noch weiter. Mit all diesen Fakten im Hinterkopf fordert man von Deutschland nicht, dass es einfach sinnlos Geld nach Griechenland (und Italien und Spanien) pumpt. Das wäre ja auch wenig zielführend, das ist sogar den ach so unsoliden und verschwenderischen Leuten im Rest der Welt klar. Worum es geht, ist, dass Deutschland endlich handelt. Es zieht sich auf den moralischen Grund zurück, nach dem es alles richtig gemacht hat und jetzt eigentlich nur in einem Art "father knows best"-Ansatz die gleichen Prinzipien auf den Rest der Welt anwenden muss. Der Economist hat diesen Ansatz in einem Satz verständlich auf den Punkt gebracht: "Im Spiel gegen Griechenland war Deutschland 66% der Zeit im Ballbesitz und versteht nicht, warum die Griechen nicht einfach dasselbe tun." (Ich paraphrasiere.)  Es gibt ein Land in Europa, das derzeit eine ähnliche Haltung einnimmt wie Deutschland, dieses "Wir haben alle richtig gemacht und brauchen nichts zu ändern", ein Land, das wie Deutschland hauptsächlich auf dem Rücken anderer Länder seine Wirtschaft gefördert hat: Luxemburg. Schon ein beiläufiger Blick auf die Karte zeigt, warum sich niemand um Luxemburg schert und alle wollen, dass Deutschland etwas tut. Nur ist das weder ins Kanzleramt noch in die deutschen Redaktionsstuben vorgedrungen. Hier glaubt man, die Kanzlerin von Luxemburg zu sein und versteht nicht, was eigentlich alle wollen. 

Man ist aber nicht Kanzlerin von Luxemburg, sondern von der größten Volkswirtschaft der Eurozone, im größten Land der Eurozone, mit dem meisten Gewicht in der Eurozone. Ich habe bereits jüngst darüber geschrieben (zur Irritation vieler Leser): Deutschland ist eine Großmacht. Das ist unangenehm, denn eine solche zu sein ist teuer. Das fällt inzwischen vielen Leuten auf, ohne dass sie genau sagen könnten, woher diese Kosten kommen und womit sie zusammenhängen. Und das ist genau die politische Dimension der Euro-Krise. Die politischen Gewichte in Europa haben sich verschoben, schlagartig und auf einen einzigen Punkt. Dieser Punkt, der geneigte Leser hat es erraten, ist Berlin. Eine Großmacht, ein regionaler Hegemon zu sein, ist aber teuer. Es ist aufwändig. Und Deutschland hat keinerlei Erfahrungen damit. Auch auf die Gefahr hin, die ganzen Weimar-Vergleiche weiter zu inflationieren: die USA befanden sich am Ende des Ersten Weltkriegs in einer ähnlichen Situation, und genauso wie Deutschland wollten sie nichts davon wissen. Statt die Verantwortung zu übernehmen, die ihnen zufiel, zogen sie sich zurück und bestanden auf der Zahlung der Kriegskredite. Ihre ökonomische Politik, die diesem Ziel diente, errichtete ein Kartenhaus in Europa, das in der Weltwirtschaftskrise auch prompt zusammenbrach. Am Ende mussten sie alle Schulden erst ein Jahr aussetzen (Hoover-Moratorium, 1932) und dann ganz streichen - außer Spesen nichts gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten sie gelernt. Marshall-Plan und permanente Stationierung waren die Folgen. Das war teuer, aber es funktionierte und brachte den USA Vorteile, die mit den reinen Kosten nicht aufzuwiegen und gegenzurechnen waren. Aber in einer Nation von Buchhaltern, wie Deutschland sie gerade ist, hat diese politische Komponente keinen Platz. 

Das zeigt sich schon in Hans-Werner Sinns kleinem Streit mit dem Economist, in dem er beharrlich versucht, seinen Marshall-Plan-Vergleich aufrecht zu erhalten, indem er ihn als isolierten Plan von anderen Aktionen wie der Londonder Schuldenkonferenz betrachtet. Darüber kann man diskutieren, nur, wie es im Economist auch deutlich dargestellt wurde, verkennt das völlig den Kern der gesamten Aktion. Und der war politisch. Das Ziel war, Europa möglichst schnell auf einen Pfad selbsterhaltenden Wachstums zu bringen. Die reinen Summen gegeneinander aufzurechnen hilft dabei wenig. Sinn rechnet nur mit den Direktinvestitionen des ERP, der Economist schlägt noch großzügig die Schuldenabkommen drauf, beide vergessen völlig die Zollsenkung der USA gegenüber den Europäern, die das deutsche Wirtschaftswunder und seine Exportorientierung überhaupt erst möglich machten, Jahre bevor die EWG auch nur angedacht war. Solche Überlegungen sind den Deutschen völlig fremd. Sie sehen nur die Zahlen des Hier und Jetzt, sie sind unfähig, einen Plan zu entwickeln, eine Vision von einem Europa. Die Spitze europapolitischer Vorstellungen von Seiten der Regierung ist Wolfgang Schäuble. Sagt das nicht alles? 

Es ist notwendig, dass Deutschland seine neu gewonnene Macht nicht als reine Obstruktion verwendet. Wenn es sich benimmt, als sei es eine Insel und weit weg, als ginge es das eigentlich gar nichts an und würde der Rest Europas einfach nur als Bittsteller auftreten, dann wird Europa untergehen und Deutschland mit ihm, zuvordererst. Deutschland verkennt völlig sämtliche Interdependenzen innerhalb Europas. Nur so ist es erklärbar, das ein Land, das sogar geographisch in der Mitte Europas liegt, sich benimmt als wäre es in Wirklichkeit irgendwo auf den Seychellen. Wenn die Deutschen nicht bald aufwachen und endlich erkennen, was eigentlich wirklich auf dem Spiel steht, dann wird es ein böses Erwachen geben. Es kann nicht darum gehen, einfach nur die Handtasche auf den Tisch zu knallen und "I want my money back!" zu rufen. Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten friedlich Geld in die EU bezahlt, ganz einfach weil klar war, dass wir mehr davon zurückbekommen als hineinfließt, auch in Leistungen, die sich eben nicht in D-Mark und Euro ausdrücken lassen. Diese Erkenntnis, die unter Helmut Kohl noch Staatsräson war, geht an seinen Erben völlig vorbei.

28 Kommentare:

  1. Danke lieber Stefan Sasse für diese außerordentlich gelungene Analyse. Hoffentlich
    weckt sie noch die Richtigen zur rechten Zeit. Es ist wirklich allerhöchste Zeit umzudenken, wenn sich "Geschichte" nicht wiederholen soll.

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  2. Zwei Anmerkungen, auch wenn ich der Analyse weitgehend zustimme :

    Erstens: eine "Nation von Buchhaltern" ist Deutschland zur Zeit sicher nicht, eher das genaue Gegenteil. Ein Buchhalter würde kühl Kosten gegen Nutzen abwägen, die (mittlerweile ja offensichtlich unvermeidbaren) Verluste abschreiben und versuchen, die zukünfigen Kosten möglichst niedrig zu halten. Die deutsche Politik erinnert mich dagegen eher an mittelalterliche Bußprediger, die den Menschen (zur Zeit vor allem mit Blickrichtung Süd) ihre Verderbtheit und Sündhaftigkeit vorhalten und von ihnen die schrecklichsten Bußübungen fordern, um die Verdammnis abzuwenden und Gott (in unserem Fall wohl den Gott Mammon ...) doch noch gnädig zu stimmen, also, in moderner parlance, "das Vertrauen der Märkte zurück zu gewinnen". Mit rationalem Verhalten, wie man es Buchhaltern gemeinhin zuschreibt, hat das nichts mehr zu tun.

    Zweitens: "... dass wir mehr davon zurückbekommen als hineinfließt ..."

    Könnte ein Teil des Problems, besonders im Hinblick auf die Stimmung in der breiten Bevölkerung, nicht auch daher kommen, dass eben nicht "wir" "mehr davon zurückbekommen, als hineinfließt", sondern nur eine kleine privilegierte Minderheit von Besserverdienenden und exportorientierten Unternehmen ? Die materiellen Vorteile des EURO kommen bei der breiten Mehrheit entweder überhaupt nicht oder nur zu einem kleinen Teil an, während die Belastungen nun aber alle tragen sollen. Dass unter diesen Bedingunen Propaganda á la "Alle Welt will das deutsche (und damit: MEIN) Geld!" auf fruchtbaren Boden fällt, ist aus meiner Sicht nur zu verständlich.

    Sicher, die EU bietet Vorteile, "die sich eben nicht in D-Mark und Euro ausdrücken lassen." Aber diese Vorteile sind für die breite Masse entweder sehr abstrakt oder schon so selbstverständlich, dass man niemanden mehr damit wirklich motivieren kann, konkrete Opfer zu bringen.

    Die deutsche Politik hat der breiten Mehrheit erst "schmerzhafte Einschnitte" und "Strukturreformen" im Interesse der "Wettbewerbsfähigkeit" verkauft, deren Vorteile Anderen zugute kamen, und muß jetzt eben derselben Mehrheit "schmerzhafte Einschnitte" verkaufen, um die Folgen dieser "Wettbewerbsfähigkeit" zu beherrschen und zu verhindern, dass die Anderen die Vorteile wieder verlieren.

    Was außer Propaganda und moralisierendem Geschwätz kann man da erwarten ... ?

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  3. Der Artikel besteht weitgehend aus einem flammenden Plädoyer, die eigene Geisteshaltung zu ändern. Argumente werden an den Rand gedrängt. Im Jahr 2000 hatte sich die deutsche Fußballnationalmannschaft wie meist für die Endrunde der Europameisterschaft in den Niederlanden und Belgien qualifiziert. In der Anfangself standen die Heroren vergangener Tage, Lothar Mattäus, schon 20 Jahre zuvor dabei, und Oliver Bierhoff. Es wurde ein Debakel, die Altherrenmannschaft wurde vorgeführt, zum Schluss besiegte eine B-Elf aus Portugal gegen die DFB-Auswahl mit 3:0. Deutschland ohne Zukunft.

    Ein Jahr später platzte die New-Economy-Blase und Deutschland versank für 4 Jahre in wirtschaftlicher Agonie. Im Bundeskanzleramt saß ein vom Wahlkampf erschöpfter Gerhard Schröder und wusste nichts mit seiner zweiten Amtszeit anzufangen. Während überall die Konjunkturmotoren wieder ansprangen, wollte und wollte das Land nicht mehr aus der Rezession auftauchen.

    Heute ist das DFB-Team Topfavorit auf den EM-Titel, sein Fußball zeitweise so brilliant, dass das Mutterland des schönen Fußballs, Brasilien, es sich zum Vorbild nimmt. Die neuen jungen Helden sind den meisten ihrer Kollegen in den entscheidenen Spieldisziplinen haushoch überlegen.

    Die deutsche Wirtschaft strotz auch im Jahre 5 nach der verherrenden Finanzkrise vor Kraft. Die grassierende europaweite Rezession konnte der Konjunkturlokomotive bisher wenig anhaben, obwohl 60% der Exporte in die EU gehen. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf sehr niedrigem Niveau, Löhne steigen, die Menschen fühlen sich an ihrem Arbeitsplatz sicher, die Staatsverschuldung steigt moderat.

    Was ist passiert? Wer unten liegt, geht seine Probleme energisch an, trennt sich von Liebgewonnenen aber Unnützen, konzentriert seine Kräfte, nimmt Entbehrungen in Kauf. Er folgt einem Konzept, dass in einigen Jahren Früchte tragen wird. Deutschland hat nicht auf kurzfristige Hilfen oder teueren Konjunkturspritzen vertraut. Es hat Ausgaben gekürzt, verkrustete Strukturen aufgebrochen und plötzlich sprang entgegen der keynesianischen Lehre der Wachstumsmotor wieder an.

    Griechenland, Spanien und Italien machen bisher keine Anstalten, die strukturellen Probleme in ihrem Land anzugehen. Niedrige Produktivität, starrer Arbeitsmarkt und traditionell hohe Jugendarbeitslosigkeit sind nicht naturgegeben. Doch die Probleme waren bisher nicht so, dass man sie ernsthaft lösen wollte. Obwohl Deutschland und die USA niedrigere nominale Steuersätze als die südlichen Peripherieländer haben, erzielen sie eine weit höhere Steuereffizient auf das Einkommen.

    Spanien hat eine niedrigere Staatsverschuldung, ja, nur zählt in einer Volkswirtschaft die Gesamtverschuldung, denn die Schulden des einen Bereichs werden sehr leicht die Schulden des anderen. Außerdem ist das mitnichten ein Ausweis besserer Sparsamkeit. Spanien hatte keine teure Wiederveinigung zu schultern, die Bund und Länder mit zusätzlichen Schulden von mehr als 1 Billion EUR belastet haben. Ohne diese Sonderleistung läge die Verschuldung weit unter der iberischen. Deutschland hat ein Gesamtvermögen von 10 Billionen EUR. Wie man es auch wendet, das Euro-Abenteuer wird hiervon mehr als ein Zehntel auffressen.

    Bei der Finanzkrise hat gerade Linke nicht interessiert, dass die meisten Hilfen aus Garantien bestanden. Warum wohl? Hiervon sind die meisten Hilfen (mit Ausnahme bei staatlichen Instituten) längst wieder zurückgezahlt. Kein ernstzunehmender Politiker, Wissenschaftler und Finanzmarktakteur geht davon aus, dass Deutschland die vergebenen Kredite an Griechenland wiedersehen wird. Und nun fordert die neue Regierung in Athen eine Streckung des verhandelten Programms. Die Vorstellungen von Samaras summieren sich auf zusätzliche Hilfen von 50 Mrd. EUR.

    Monti, Samaras und Rajoy müssen sich endlich bewegen. Deutschland ist bereit, zur Lösung der existenziellen Krise wichtige Kompetenzen an eine gemeinsame europäische Regierung abzutreten. Die Premiers der Südländer dagegen spielen das uralte Lied: Das Geld anderer Leute und ansonsten bitte keine Einmischung.

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    1. Dank ihrer einfachen marktideologischen Denkstruktur, die gewisse Realitäten nicht anerkennen will, oder kann, werden wohl künftige Realitäten den Beweis führen müssen, dass rein marktwirtschaftliche Denkmuster wenig hilfreich sein werden. Und das wird den Menschen in Deutschland und Europa deutlich mehr kosten; Dazu gehe ich jede Wette ein.

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    2. Leider geben Sie mir keine Chance, auf Argumente antworten zu können. Sie reagieren mit Totschlag und dazu noch mit einem Wettvorschlag, der sich nie wird einlösen weil nicht überprüfen lassen. Nicht sehr mutig.

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    3. Fussball ist ein langweiliges Spiel.
      Und die Analogie ist eine an den Haaren herbeigezerrte.

      In der Ökonomie gibt es keine Gewinnerstaaten.

      Die Wettbewerbsposition Deutschlands ist eine relative.

      Wären die Wechselkurse nicht ausser Kraft gesetzt, gibt es nicht mal mehr eine Wettbewerbsposition.

      Wir sollten uns fragen, wenn unsere Arbeitsproduktivität um 50% wächst, die Löhne aber nur um 0%, wie konnte das überhaupt 10 Jahre gutgehen.

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    4. Was ist bitte eine "höhere Steuereffizient auf das Einkommen"?

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    5. Als erstes ein Rechtschreibfehler. Richtig heißt es narürlich "Steuereffizienz" und steht seit Mitte der 1990er Jahre im Fokus von Finanzwirtschaftlern. Dahinter steht der Gedanke, dass zur Beurteilung der Steuereffektivität die Höhe der Steuersätze ein untaugliches Mittel sind. Am Ende zählt, was der Fiskus in der Tasche hat und das wird in Relation zum BIP gemessen. Diese Erkenntnis hat zu der Erkenntnis geführt, dass hohe Steuersätze oft kein probates Mittel effizienter Besteuerung sind. Nicht bei echten Linken, aber sonst.

      Obwohl Griechenland, Spanien und Italien ähnliche Steuersätze auf Einkommen und Ertrag verlangen wie Deutschland, schöpfen sie im Schnitt weit weniger des Erwirtschafteten (BIP) ab wie hierzulande oder auch in den niedrig besteuernden USA. Athen verlangt tatsächlich nur rund die Hälfte von dem, was der deutsche Finzminister auferlegt. Das ist ein klares Indiz für legale Steuervermeidung und illegale Steuerhinterziehung. Wären die Griechen in den letzten 10 Jahren vergleichbar wie in Deutschland besteuert worden, hätten wir kein Problem. Wäre Giechenland ähnlich wettbewerbsfähig oder wenig korrupt, hätten wir kein Problem. Das Problem liegt im Land, nicht in der Geldpolitik und nicht in der "Austeritätspolitik".

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  4. Sie haben recht, ich würde nicht wirklich wetten. Es sind auch nicht wirklich Argumente die ich bringe, sondern es handelt sich einfach nur um die Lehre bisher gemachter Lebenserfahrung.
    Und die gab mir bisher meißtens eben auch recht.

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  5. @Sasse
    Dein mangelndes Verständnis für ökonomische Zusammenhänge lässt Dich hier wieder mal abheben.

    Deutschland war aber bereits vor der aktuellen Weltwirtschaftskrise eine der weltweit größten Volkswirtschaften. Daran hat sich seitdem nichts geändert. Die neue Bedeutung der BRD kommt lediglich durch die Kapitalzuflüsse aus der kollapierenden Euro-Peripherie zustande. Mehr ist nicht passiert. Die BRD ist von den Ereignissen getrieben und damit Opfer und nicht Gestalter der Lage. Macht hat hier nicht die Republik sondern das Kapital. Die Kapitaleigner beherrschen das Geschehen. Die Interessen des Kapitals werden umgesetzt und nicht die Interessen der Republik. Letztere spielt überhaupt keine Rolle mehr. Im Zweifel werden sogar Kernaspekte der Verfassung einfach geopfert.

    Also: Wieder runterkommen und nicht so viel "Age of Empires" spielen. Dein vorgeschlagenes Großmachtstreben ist schlicht "irre".

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  6. @Stefan

    Welche Rolle spielt in deinen Überlegungen die EU? Sollte die german hidden agenda eine vorherige Zerstörung der EU sein, bevor die Großmachtstellung etabliert wird, würden viele verrückte Entscheidungen plötzlich einen Sinn ergeben.

    Im Ernst, wir kämpfen wieder einmal mit dem Problem, dass sich die Realität nicht unserer Ideologie anpassen möchte. Unseren Realitätsverlust müssen zuerst andere ausbaden, das Privileg haben wir als wirtschaftliche Großmacht. Wir dozieren und moralisieren über die Probleme anderer und wollen nicht erkennen, das wir die Ursache sind. Wir meinen tatsächlich, dass wir mitten in Europa in einem luftleeren Raum agieren und es keinerlei Wechselwirkungen mit anderen Ländern gibt. Unser ökonomisches Weltbild ist derart kleinkariert, dass wir zwar den Haushalt einer schwäbischen Hausfrau in Ordnung bringen können, aber die Herausforderung einer Währungsunion übersteigt unsere Fähigkeit doch um einige Potenzen.

    Ich finde die sinnwidrige Debatte über den Marshallplan zeigt: Amerikaner verstehen, dass ich zuerst politisch-strategische Ziele entwickeln muss, die ich danach in adäquate ökonomische Formeln übersetze, um gute und erfolgreiche Politik machen zu können. Die Erkenntnis, dass das möglich sein kann, obwohl es dafür ja schon historische Belege gibt, ist für unsere Wirtschaftsexpertenzunft eine nicht zu stemmende intekllektuelle Leistung.

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  7. leseempfehlung : http://www.heise.de/tp/artikel/37/37150/1.html

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  8. @Marc

    Ach, die deutsche Politik als auch die Öffentlichkeit haben ziemlich wenig Interesse an einer Hegemonialstellung in Europa. Das ist durchaus ein Problem, es lässt sich nur in einer Gemeinschaft mit 17 bzw. 27 gleichberechtigten Mitgliedern nicht so wie in den USA bewerkstelligen. Das zeigt sich in der von Dir angesprochenen Strategie.

    Allen Beteiligten war bei Unterzeichnung des Maastricht-Vertrages klar, dass mit Einführung der gemeinsamen Währung eine politische Union einher gehen muss. Offiziell. Inoffiziell ging es den Franzosen vorrangig darum, die Vormacht der Deutschen einzuhegen und den Südländern, ihre Zinskosten zu reduzieren und neue Glaubwürdigkeit bei der Geldwertstabilität zu gewinnen. Es waren daher auch nicht die Deutschen, die eine gemeinsame Verfassung hintertrieben haben.

    Im Maastricht-Vertrag haben sich die Partnerstaaten zu zahlreichen Regeln verpflichtet. Jede dieser Regeln wurde zuletzt in einem atemberaubenden Tempo gebrochen. Kein Spiel und kein Gemeinwesen funktioniert, wenn alle foul spielen. Dabei mag eine moralische Rolle spielen, wer angefangen hat (die Griechen und Italiener, die sich in die Währungsunion hineingeschummelt haben? Oder Frankreich und Deutschland, in dem sie die Sanktionsverfahren ausgesetzt haben?), am Ende ist das jedoch egal.

    Da die ganze Euro-Rettung auf Vertragsbrüchen basiert, ist sie für das interessierte Publikum nicht glaubwürdig. In einer Gemeinschaft muss jeder auf den Tisch legen, was er einzubringen bereit ist, damit jeder entscheiden kann, ob er mitmacht. Daran mangelt es. Klar ist bisher nur, dass Italien, Spanien und Griechenland Geld wollen. Frankreichs neue Regierung unterstützt dieses Anliegen aus durchsichtigen Motiven. Selbstverpflichtungen sind nicht zu erkennen.

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    1. @In Dubio

      Ich halte die Maastricht-Kriterien für einen der größten Witze in der Geschichte der Ökonomie. Die Staaten sind in der Währungsunion zu Zuschauern degradiert worden, die für die Exzesse, die durch die Ungleichgewichte innerhalb der dysfunktionalen Währungsunion auftürmen, bestraft werden. Worin da noch ein Funke Logik liegen soll, ist mir schleierhaft - aber ich bin ja zum Glück auch kein Ökonom.

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    2. @Marc

      Kurz, Du hältst den Euro für einen großen Witz. Der Ansicht kann man sein, nur war das der politische Preis für die Wiedervereinigung. Gäbe es den Euro allerdings nicht, gäbe es wahrscheinlich weit mehr Währungsturbulenzen, wie 1992 uns gezeigt hat. Ob das besser für den Wohlstand der europäischen Nationen gewesen wäre, sei dahingestellt.

      Die USA zeigen, dass eine Währungsunion trotz großer Ungleichgewichte funktionieren kann. Und dies ohne, dass Staaten gegenseitig haften. Auch dort gibt es einen Zahlungsausgleich bei der Zentralbank, nur müssen die dort entstehenden Targetsalden in harten Werten ausgeglichen werden. Während sich bei der EZB Targetsalden in Billionenhöhe aufgetürmt haben, sind sie bei der Fed weitgehend ausgeglichen.

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  9. Bevor ich mich noch mehr aufrege - wenigstens gabs schon Kontra für Stefan - sag doch (noch?) mal, was genau du willst, Stefan. Dann wird dein Irrweg etwas klarer.

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    1. Er hält Empire-Building für extrem progressiv. Und das kostet Geld. Und der Michel soll es bezahlen. Das war es schon.

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  10. @Anonym

    Fußball ist ein Mannschaftsspiel, bei dem sich sehr viel über das Zusammenwirken von Individuen lernen lässt. Interessant ist in jedem Fall die Analogie der Ereignisse und Lerneffekte.

    Der Wohlstand der Nationen hängt neben Rahmenbedingungen wie Rechtssicherheit, Eigentumsgarantie, Infrastrukturen, politische Stabilität von der Fähigkeit ab, Kapital zu attrahieren und zu bilden (Kapitalakkumulation). Kapital in Form von Finanz-, Produktions- und Humankapital verteilt sich dabei nicht gleichmäßig, sondern konzentriert sich auf Regionen, die die besten Bedingungen bieten. In diesem Sinne stehen Volkswirtschaften in Wettbewerb zueinander.

    Wir sollten uns fragen, wenn unsere Arbeitsproduktivität um 50% wächst, die Löhne aber nur um 0%, wie konnte das überhaupt 10 Jahre gutgehen.

    Das ist ein beliebter Mythos, doch er ist falsch. Von 2002-2008 ist die Arbeitsproduktivität in Deutschland um 0,8% gestiegen, ursächlich hierfür ist wahrscheinlich der Abbau der Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum und die Integration von Arbeitslosen mit geringer Produktivität in den Arbeitsmarkt. Griechenland (-2%), Italien (-0,6%) und Spanien (-0,5%) weisen negative Produktivitätsentwicklungen auf.

    Nach der klassischen volkswirtschaftlichen Theorie müssten damit in den südlichen Problemstaaten die Löhne gesunken sein. Tatsächlich jedoch hatten sie überdurchschnittliche Steigerungsraten (Seite 5) in Griechenland (+3,8% p.a.), Italien (+3,3%) und Spanien (+4,5%). Die Entwicklung in Deutschland war mit +1,9% sehr moderat, aber positiv. Auch hieran sieht man, die ökonomischen Probleme haben ihre Ursache in den Ländern, die heute bei den Kapitalgebern kein Vertrauen mehr genießen.

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    1. Die Kapitalgeber.

      Ich lach mich kaputt.

      Die Zentralbank druckt ganz schnell Kapital in belioebiger Höhe.

      Deutschland hat ein grosses und breites technologisches Wissen.

      Hier muß sich niemand mehr zur H.. machen, wie es die Chinesen zur Zeit noch tun.

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  11. Es tut gut zu lesen, dass es auch in Deutschland noch Europäer gibt, scheint eine aussterbende Gattung zu sein, aber ich seh das ähnlich.
    Merkel ist eine historische Fehlbesetzung bisher (noch) unbekannten Ausmaßes. Sowohl Kohl als auch Schröder hätten diese einmalige Chance erkannt und sich zum Retter Europas aufgeschwungen. Man würde in Europa heute die deutsche Fahne schwenken, statt sie zu verbrennen, aber das scheint dem deutschen Michel, der das Ausland nur als ClubMed "all inclusive" kennt, nichts wert zu sein.
    Wie's aussieht, verstehen die meisten Deutschen überhaupt nicht die Dimension, um die es da gerade geht. Eine Nummer zu hoch. Ihre Enkel werden das dann im Geschichtsunterricht lernen und fragen: "Opa, hast du die auch gewählt?"

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  12. Ich denke, daß Merkel und ihre Gurkentruppe (mitsamt der sogenannten "Opposition") wohl größeren volkswirtschaftlichen und sozialen Schaden anrichten werden als alle anderen Anhänger des monetaristischen Irrsinns zuvor (z.B. Reagan und Thatcher). Finis Europae!

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  13. "Mit all diesen Fakten im Hinterkopf fordert man von Deutschland nicht, dass es einfach sinnlos Geld nach Griechenland (und Italien und Spanien) pumpt. Das wäre ja auch wenig zielführend, das ist sogar den ach so unsoliden und verschwenderischen Leuten im Rest der Welt klar. Worum es geht, ist, dass Deutschland endlich handelt."
    "Deutschland ist eine Großmacht. Das ist unangenehm, denn eine solche zu sein ist teuer."

    Bei aller Kritik an "den Politikern" und ihre Lügen und Verschleierungen: gegen solche Blogger sind die wirklich Gold!

    'Es geht nicht ums Zahlen, es geht ums Handeln'. Ach ja? Die Griechen, Portugiesen, Spanier, Italiener - die wollen garkein Geld von uns?
    Penn weiter, Michel - oder studier Theologie!
    Denn: Den Engländern gehört das Meer, den Franzosen das Land, den Deutschen der Himmel.
    Gilt auch heute noch, wie man an Sasse sieht.

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  14. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  15. With love to the locust / Liebesgrüße für die Heuschrecke:

    Das Herz wird warm, die Börse leer:
    Schorschi Soros: was willst du mehr?

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  16. Der Blog-Eintrag liest sich, als ob Stefan Sasse als Kind gerne mit Zinnsoldaten gespielt hätte.
    Indes: Schlechte Feldherren studieren Schlachtpläne - gute die Logistik!

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  17. Ist ein Grandseigneur, der den Deutschen 'Buchhaltermentalität' vorwirft wenn sie sich fragen, ob Deutschlands Politkaste wirklich ein Mehrfaches des deutschen Bundeshaushalts (und perspektivisch sogar ein Mehrfaches des dt. BIP) 'für Europa' ins Feuer stellen darf, eigentlich noch infantil, oder ist er schon senil?
    Auf jeden Fall ist er für mich in der volkswirtschaftlichen oder fiskalischen Debatte nicht satisfaktionsfähig, weil für ihn offenbar nach der Million nur noch "viele" kommt.

    Da aber auch diese Menschen wählen dürfen, ist unsere Politik, wie sie halt ist.

    Schluss mit Schnullerpolitik!
    Woll'n Europäer nicht Verantwortung für sich selber tragen,
    Wird die Europaidee binnen kurzem klein geschlagen!

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  18. Für die Krämerseelen:

    Auf wirtschaftlicher Ebene profitiert Deutschland enorm vom Euro und ein Zusammenbruch würde der Wirtschaft großen Schaden zufügen. Im Grunde ist also unbekannt welche Entwicklung für Deutschland die schädlichere wäre.

    Für die Zinnsoldaten:

    Viel wichtiger ist allerdings der politische Aspekt. Es mag sein, dass Deutschland im Euro und in der EU Milliarden verliert. Aber am Ende ist es für mich belanglos. Der Nutzen der EU und die Integration Deutschlands ist politischer Natur.

    Jeder der sich mit der Vergangenheit der europäischen Staatenwelt beschäftigt kennt diese Theorie. Deutschland ist mit der Etablierung als Nationalstaat ein Problem für die europäische Balance. Zu groß um ein Staat unter Vielen zu sein und zu klein um zu dominieren, stets versucht durch seine halbhegemoniale Stellung (im Zentrum Europas, Bevölkerung und Wirtschaftsmacht) sein Recht auf Vormacht einzufordern. Stets von seinen Nachbarn im Auge behalten.

    Nachdem 1914 die Suche nach dem Platz an der Sonne in die erste Katastrophe führt. Der Versuch Deutschland zu schwächen und auszuschließen (Versailles) 1945 in die zweite Katastrophe. Versuchte man einen neuen Weg. Ausgleich und Integration – Deutschland nimmt sich zurück, wird eingebunden in enges System europäischer Staaten. Ein Sicherheitsnetz für alle Europäer gegen die Schatten der Vergangenheit. Das dies Deutschland vielleicht mehr kostet als andere wurde hingenommen sowohl von deutschen Politikern als auch der deutschen Bevölkerung – man gewann unendlich mehr als man verlor.

    Der Euro hat Defizite, die Union ist in vielerlei Hinsicht mangelhaft – ein Baustelle an der jede Generation ihren Beitrag leisten kann. Wer grundsätzlich die EU ablehnt, die damit verbundenen Kosten und denkt alleine stehe man besser da. Der sollte darüber nachdenken warum ein Europa konkurrierender sich fremder Nationalstaaten, die ihre Interessen gegen ihre Nachbarn durchsetzen, jetzt besser funktioniert als in den vergangenen Jahrhunderten. Wer denkt nach 60 Jahre gepflegte Langeweile, das ist doch alles kalter Kaffee, dem wünsche ich das er Recht behält.

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    1. Krämerseelen, klar: Die paar Billionen für die Eurozonen-Kompletterhaltung werden die Michelmützen doch noch übrig haben?

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