Freitag, 8. April 2011

Shutdown im US-Kongress

Von Stefan Sasse

Im Februar hatte ich die Prognose gewagt, dass die harte Haltung der Republikaner in den Haushaltsverhandlungen Obama letztlich die Wiederwahl sichern könnte. Jetzt scheint es so weit zu sein: unter Druck ihrer eigenen blödsinnigen Streichungsforderungen, die ebenso irreal sind wie die FDP-Forderungen von 2009, können die Republikaner gerade keinem Haushaltskompromiss zustimmen. Die Tea-Party-Bewegung, die den rechten Flügel darstellt und die gemäßigten Republikaner auf Konfrontationskurs treibt, hat die Totalblockade hervorgerufen. Sofern nicht eine Last-Minute-Einigung erzielt wird, geht der Regierung Samstag Nacht das Geld aus. Ab dann werden keine Staatsangestellten mehr bezahlt, schließen die Museen, wird das öffentliche Leben heruntergefahren. Wie das in der Praxis aussieht, kann man in der 96. Episode von "West Wing" beobachten, generell eine empfehlenswerte Serie, nebenbei gesagt. 37% der Wähler geben dabei analog zu einer ähnlichen Krise 1995 den Republikanern die Schuld - nicht gerade unberechtigt. 

In den USA sind 800.000 Personen in direktem Staatsdienst. Die Aussicht, dass diese auf unbezahlten Zwangsurlaub geschickt werden sind für die Betroffenden nicht gerade erheiternd. Viel Schlimmer aber ist, dass die staatlichen Handlungen dann ebenfalls eingestellt werden: es kommen keine Schecks mit Sozialleistungen mehr, Steuerrückzahlungen bleiben aus, Pässe werden nicht ausgestellt, und so weiter und so fort. Die Vorstellung, dass so etwas passieren könnte, ist für Deutschland nur schwerlich machbar. Allzulange lässt sich dieser Zustand nicht durchhalten, die Frage ist nur, wer zuerst einbricht. Derzeit spricht vieles dafür, dass es die Republikaner sein werden. Der moderate Flügel wird, um die Wahlen 2012 fürchtend, die Tea Party zur Vernunft bewegen müssen. So oder so dürfte das Ansehen der Rechten in den progressiven Teilen der Bevölkerung weiter leiden und damit die Aussichten für die Wahl wieder polarisieren. Das kommt Obama zugute, der trotz seiner Kompromisspolitik seine Stammwähler mobilisieren kann. Gleichzeitig dürfte die Dominanz der extremen Rechten manchen moderaten Republikaner von den Wahlurnen festhalten. Die Zeichen stehen also, mehr noch als zuvor, auf einer zweiten Amtszeit Obama.

5 Kommentare:

  1. Wow, ein West-Wing Fan in Deutschland. Ich liebe, ich verehre diese Serie :-)

    Hoffen wir mal, dass du recht behälst mit der zweiten Amtszeit. Obama hat zwar nicht allzuviel hinbekommen, aber im Vergleich zu diesen Republikanern ist er einfach ein Hort der Vernunft. Wenn die Benzinpreise weiter so steigen, wirds allerdings schwer.

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  2. Die Serie bleibt bisweilen hinter ihren Möglichkeiten, weil sie die Charakterzeichnung der Story schuldet und weil nur selten Erzählstränge länger als eine Episode verfolgt werden. Aber sie ist trotzdem richtig, richtig gut. Ich denke ich werd mich bald an einen zweiten Durchlauf aller sieben Staffeln machen :) Matt Santos for President!

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  3. Die Erzählstränge gehen höchstens so über zwei oder drei Episoden, das stimmt schon. Ich fand Matt Santos übrigens im Vergleich zu Bartlet relativ blass. Meine Lieblingsfigur bleibt aber Tobi :-) Insgesamt finde ich Charaktere und Dialoge einfach 1a.

    Was ich neulich dachte, als ich mal wieder auf irgendeinem Blog (feynsninn oder so) gelesen habe, wie böse alle Politiker grundsätzlich sind usw ..., ob mich West Wing irgendwie beeinflusst hat. Ich zumindest bemühe mich bei der Bewertung von Politik auch schonmal, mir eine Innenansicht vorzustellen und ich halte Politiker für in der regel gutmeinende, aber oft durch die Institution oder Rolle deformierte/korrumpierte Menschen.

    Eine meiner Lieblingsfolgen ist "Let Bartlet be Bartlet", wo alle schlecht drauf sind, weil sie den Eindruck haben, ihre politischen Ziele aus den Augen verloren zu haben oder nicht durchsetzen zu können. Bartlet entscheidet dann, die Umfragewerte zu ignorieren und für "das richtige" zu kämpfen.

    ---
    "President Josiah Bartlet: We've heard it all before, Leo. You drive me to the political safe ground. It's not true.
    Leo McGarry: I know it's not true.
    President Josiah Bartlet: Good.
    Leo McGarry: You drive me there.
    President Josiah Bartlet: What the hell did you say?
    Leo McGarry: We're stuck in neutral because that's where you tell me to stay.
    ...
    Leo McGarry: Say it out loud. Say it to me.
    President Josiah Bartlet: This is more important than re-election. I want to speak now.
    Leo McGarry: Now we're in business.
    ----

    :-)

    Da kann man eine Vorstellung davon bekommen, wie hilflos bzw. eingeengt sich unsere "Mächtigen" oft selbst fühlen müssen.

    anyway. Viel Spaß beim zweiten Durchlauf!

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  4. Kleine Anmerkung:

    Interessant ist, dass die Abgeordneten auch im Falle eines Shutdowns weiterhin ihre Bezüge erhalten. Dabei würde es die Sache sicherlich erheblich beschleunigen, wenn die Blockierer nicht nur anderen, sondern auch sich selbst den Geldhahn zudrehen würden...

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