Von Stefan Sasse
Eigentlich hat Feynsinn alles Nennenswerte zum Sarrazin-Urteil bereits gesagt, deswegen nur ein kurzer Nachtrag zu Nico Frieds Kommentar in der SZ: ja, Meinungsfreiheit gilt auch für Sarrazin. Nein, Meinungsfreiheit gilt nicht für jeden Quatsch in einer Partei. Mit seinen Thesen sollte Sarrazin entweder CSU oder NPD beitreten, in beiden wäre er voll am Platz. In der SPD haben seine Thesen nichts zu suchen. Er hat sie bewusst zu seinem politischen Mittelpunkt gemacht, und dieser Mittelpunkt passt überhaupt nicht zu den Werten, die die SPD vertritt. Die Partei muss ihn deswegen nicht dulden; sie hat vielmehr sogar die Pflicht, ihn herauszuwerfen, denn Sarrazin tritt in seiner Eigenschaft als SPD-Mitglied auf und verbindet seine Thesen somit zwangsläufig mit der Partei. Das ist parteischädigendes Verhalten, genauso wie seinerzeit Clements Aufforderung, Ypsilanti nicht zu wählen. Beide wurden aus falsch verstandener Sensibilität gegenüber der Meinungsfreiheit ausgestoßen. Ihre Meinung ist frei. Sie in diesem Rahmen zu äußern nicht. Ich kann jederzeit sagen, dass ich - als völlig aus der Luft gegriffenes Beispiel - VW scheiße finde. Ich kann das nicht als Pressesprecher von VW tun. Jeder würde verstehen, wenn ich sofort gefeuert würde. Dasselbe gilt auch für die SPD.
Ich stimme zu - es war eine großer Fehler der Kommission in der SPD. Aber ich kann überhaupt nicht verstehen, warum Du Feynsinn zustimmend zitierst. "Rassismus ist die der SPD zuhause"? Wirklich? Das ist anmaßend, grob beleidigend und überhaupt nicht den Tatsachen entsprechend. Es ist typischer Feynsinn-Müll, es ist ein erneuter Beleg dafür, dass Feynsinn mit Abstand das mieseste politische Blog in Eurem Netzwerk hier betreibt.
AntwortenLöschenTja, die SPD ist auch nicht mehr, was sie mal war – oder etwa doch? –
AntwortenLöschenhttp://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40859265.html
@anonym: schöner Fund
AntwortenLöschenBei meinem Beitrag sollte es natürlich "..ist in der SPD zuhause..." heißen
Du hast völlig recht: Was wir als einzelner Mensch tun, tun wir immer auch stellvertretend. Wenn ein Deutscher in einem schwedischen Supermarkt klaut, klaut er nicht nur als das Individuum Meyer, sondern auch als Deutscher, denn es wird heißen: Achtet besonders auf deutsche Kunden, die sind Langfinger.
AntwortenLöschenOder um es an einem literarischen Beispiel zu verdeutlichen: In Becketts Warten auf Godot sagt der eine Landstreicher zum anderen beim Anblick des hilflos auf dem Boden liegenden, blinden Pozzos: Wir müssen ihm helfen, denn da sonst außer uns kein anderer Mensch in der Nähe ist, repräsentieren wir die Menschheit.
Pozzo, der im 2.akt blind ist, ruft um hilfe.
Vladimir: it is not every day that we are needed. Not indeed that we personally are needed. Oth-ers would meet the case equally well, if not better.
To all mankind they were adressed, those cries for help still ringing in our ears. But at this place, at this moment of time, all mankind is us, wether we like it or not. Let us make the most of it, before it is too late. Let us rpresent worthily for once the foul to which a cruel fate consigned us.
@1 (Gast)
AntwortenLöschenNö, mit der Entscheidung und der windelweichen Erklärung bestätigt die SPD, dass alles was Herr S. sagt mit den sozialdemokratischen Grundsätzen übereinstimmt: folglich auch rassistische und eugenische Menschenverachtung.
Es wäre vielleicht noch was anderes gewesen, wenn die SPD in letzter Instanz beim Parteiausschlussverfahren verloren hätte, dann hätte sie sich immerhin noch irgendwie abgrenzen können. Aber mit dieser Erklärung? Das ist eigentlich der ultimative Bankrott, damit ist der winzige Rest an gemeinsamen Grundsätzen auch noch weggespült und es war ja weißgott eh nicht mehr viel übrig.
@Ariane:
AntwortenLöschen"sozialdemokratischen Grundsätzen [...] rassistische und eugenische Menschenverachtung"
Wie weit kann man sich von der Realität eigentlich entfernen, ohne dass man beginnt, am eigenen Verstand zu zweifeln?
Wie meinen?
AntwortenLöschenWenn die SPD der Meinung ist, Rassismus usw. widerspricht eklatant den sozialdemokratischen Grundsätzen, dann kann sie rassistische Thesen im Namen der Partei nicht tolerieren.
Jetzt tut sie es doch und kann sich dadurch nicht mehr glaubwürdig distanzieren.
Also "Hartz IV Empfänger sind faul" und "Ausländer sind irgendwie unerwünscht" hab ich auch schon aus der SPD (ausser Sarrazin) gehört, von daher seh ich da jetzt nicht den Widerspruch.
AntwortenLöschenAusserdem hilft es uns, die SPD dauerhaft unter 10 % zu bringen, wo sie seit Schröder auch hin gehören.
meine kindheit spielte sich in den 60ziger und siebziger jahren ..im sozialdemokratischen arbeitermilieu ab. Die aussprücher vieler sozialdemokraten taten den ohren weh ..sprachen sie doch oft von kopf ab ,arbeitslager , usw.. diese sozialdemokraten waren alles arbeiter in den blühenden zeitn des ruhrgebiets ..und sie standen wirklich hinter ihren ansichten ..und ihre kiddies denen sie eine bessere zukunft gönnten , sind heute die die genau das gleiche denken in deR
AntwortenLöschenpartei hochhalten wie ihre väter .....die arbeiterschaft ist die konservativste schicht die ich kenne ..und sie haut drauf wie kaltes eisen, heute wie gestern. nationalsolisten hatten ihre ideologischen parteiprogramme ..und sozialdemokraten lebten sie aus ...eins wäre interessant , wie lebte und litt der normalo sozialdemokrat im dritten reich, gab es doch seine partei nicht mehr ,wem schloss er sich an ??
Das alles überzeugt mich nicht. Die Begründungen sind schwammig. Der konkrete Vergleich partei- mit unternehmensschädigendem Verhalten hinkt. So wie es Rauswürfe aus Unternehmen geben muss, muss es sie aus Parteien geben dürfen. Nur, Sarrazin hat weder gegen die SPD an sich geritten noch sehe ich, dass "sozialdemokratische Werte" verletzt oder in Frage gestellt wurden. Sein Buch wird in der öffentlichen Debatte einseitig verkürzt auf die Kritik am bestehenden Status Quo der Integration, was ihm als angebliche Immigrantenhetze ausgelegt wird. Er (a) benennt Probleme und (b) gibt Lösungen vor. Zunächst zu den Lösungen ... die sind allesamt "sozialdemokratisch", um nicht zu sagen links. Der Fürsorgestaat soll es von Anfang an richten und besser machen. Das ist mit konservativer CDU-Politik nur bedingt zu vereinbaren, seit Merkels Linksruck zwar leider mehr, aber grundsätzlich nicht. Für die NPD fällt Sarrazin flach - die wollen nicht integrieren, Sarrazin will - und das brachial. Mit seinen Vorstellungen von Problemlösungen ist Sarrazin einzig in der SPD zu hause - für die Grünen ist er zu pragmatisch.
AntwortenLöschenEs bleibt (a) - das Benennen von Problemen. Seine "Fakten" werden bestritten - idR ohne Begründung, allenfalls selektiv. Seine provokativen Folgerungen (= was hier als "Thesen" bezeichnet wird) werden in ein braunes Licht gerückt. Beides wird vermengt und damit versucht zu begründen, dass Sarrazin irgendwelche Werte verletzt hätte. Gewiss muss alles in der Zusammenschau beurteilt werden. Nur, die Vorwürfe, die man Sarrazin macht, sind selektiv und unseriös. Man bezieht sich auf Sachen, die teils nicht mal im Buch stehen und die man ihm quasi in den Mund gelegt hat, und pauschaliert sie zu einem Eindruck, den ein neutraler Leser und Beobachter nur als absurd bezeichnen kann. Wenn selbst Buschkovsky und Kirsten Heisig dazu noch in die braune Ecke geschoben werden - no comment.
Ein Beispiel. Feynsinn gibt an sich maßlos an Sarrazins Bemerkung über inzestuöse genetische Belastungen in der arabischen Welt zu stören: "Sarrazins Hetze schreckt nicht davor zurück, Araber per se als ein Volk zu beleidigen, das wegen Inzucht degeneriert sei." Nun, zunächst mal: das war eine Nebenbemerkung von Sarrazin, ein Hilfsargument. Zweitens hat Sarrazin keineswegs Araber "per se als ein Volk" mit Erbkrankheiten bezeichnet. Aber am wichtigsten ... liegt Sarrazin bei den Fakten falsch? Dazu wie immer keine Begründung durch Kritiker. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. Es wird unterstellt, dass Sarrazin Unrecht hat oder wenigstens übertreibt. Nun, man recherchiere mal selbst. Arabische / Muslimische Verwandtenheirat ist tatsächlich keine Seltenheit - sogar eher das Gegenteil: es trifft auf die Hälfte! oder gar mehr allen Ehen zu: http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/ueble_folgen_arabischer_verwandtenehen_1.1095234.html Und genetisch bedingte gehäuft negative Folgen auch für die Intelligenz von betroffenen Nachkommen sind weltweit untersucht und bestätigt. Das ist die Realität, deal with it. Was soll man Sarrazin nun vorwerfen? Dass er unbequeme Wahrheiten ausgesprochen hat (und nicht mal an die große Glocke gehängt hat)? Oder verurteilt man ihn für potentielle populistische Folgen von solchen Debatten? Man erträgt die Wahrheit nicht. All jenen Gutmenschen und Moralisten darf ich mal einen Spiegel vorhalten: Über Moralismus und Meinungsfreiheit - http://beta.ef-magazin.de/2010/09/29/2583-vom-marxismus-zum-idealismus-die-crux-der-bewusstseinspolitik
In der SPD haben seine Thesen nichts zu suchen. Er hat sie bewusst zu seinem politischen Mittelpunkt gemacht, und dieser Mittelpunkt passt überhaupt nicht zu den Werten, die die SPD vertritt.
AntwortenLöschenWelche Werte vertritt denn die SPD heute? Die von Clement: "Arbeitslose sind Parasiten"? Die von Gabriel: "Waschen und rasieren, dann findest Du einen Job"? Die von Müntefering: "Wer nicht arbeitet, braucht auch nicht zu essen"? Die von Schröder: "Es gibt kein Recht auf Faulheit"? Die von Buschkowsky: "Elterngeld schafft Gebäranreize in der Unterschicht"?
Btw. bist Du eigentlich Mitglied in der SPD?
Waschen und Rasieren ist von Beck, nicht Gabriel.
AntwortenLöschen@Tobias Fuentes: TL;DR
AntwortenLöschen@epikur: "Die Muslime sind Parasiten aus Veranlagung" ist selbst für die SPD eine neue Qualität.
Danke für diesen Hinweis, Stefan. Der SZ-Artikel verursachte bei mir eine Mischung aus Brechreiz, Fassungslosigkeit und Ohnmacht. Erst durch die Verklärung Sarrazins zum "Querdenker" in scheinbar seriösen Medien wie SZ und Spiegel werden seine fremdenfeindlichen Ansichten gesellschaftsfähig. Leute wie Nico Fried machen sich ihre Hände mindestens genauso schmutzig wie Sarrazin. Und wenn dann die nächste Moschee brennt, gab es bestimmt wieder keinen fremdenfeindlichen Hintergrund.
AntwortenLöschen@stefan sasse
AntwortenLöschenRichtig, es war Kurt Beck. Bei den ganzen Menschenfreunden kommt man schonmal durcheinander ;-)
@teiler
Inwiefern eine neue Qualität? Arbeitslose sind laut SPD auch Parasiten. Sarrazin passt wunderbar in die derzeitige SPD. Pöstchenjäger, menschenverachtende Karrieristen, Sozialrassisten und verkappte Faschisten geben sich dort die Hand.
Vor kurzem schrieb ich im ZG-Blog, dass man die EU so oft als "Wertegemeinschaft" bezeichnen würde. Ein Kommentar meinte daraufhin treffend, dass die Mafia auch eine Wertegemeinschaft sei. Welche ominösen "Werte" die SPD heute haben soll, erschließt sich mir nicht. Aber ich lass mich gerne aufklären ;-)
Noch ein paar Links:
AntwortenLöschenhttp://ad-sinistram.blogspot.com/2011/04/nur-folgerichtig.html
Anschließend ist "feynsinn" vielleicht doch nur noch das zweitmieseste Blog in eurem Netzwerk. ;)
Und dann noch vom Außeriridschen:
http://www.antiferengi.de/cgi-bin/environ?line=blogs&act=show&bnr=592&cnr=&bcnr=
"Delstop" scheint bei Sarrazin-Fans in der Tat weitverbreitet zu sein. ;) siehe auch zu Guttenberg, wo dann die Anbetung mancher dann doch sehr viel wichtiger, als irgendwelche störenden Fakten war.
Der Michael Spreng hatte mal vor einer Weile mal angemerkt, dass es da auch Überschneidungen zwischen diesen beiden "Fan-Lagern" gibt. Fehlt eigentlich nur noch, dass die auch alle Neo-Liberale sind.
Die beste Kritik an Sarrazins Buch, die ich gelesen habe, kommt von Sigmar Gabriel:
AntwortenLöschenhttp://www.zeit.de/2010/38/SPD-Sigmar-Gabriel?page=all
Weil es grad passt .... das sog. "antisemitische Flugblatt" der Duisburger Linken. Die Linke distanziert sich und macht großes Tamtam. Einer der Fälle, in dem die Linke Opfer ihres beschränkten Horizonts wird. Nach allem, was ich über die Hintergründe weiß, ist die Reaktion der Medien und der Linken unangebracht. Das Flugblatt ist weder antisemitisch noch sehe ich darin etwas Verbotswürdiges. Es ist LINKS-POPULISTISCH. Demonstrationen zum Boykott israelischer Produkte gab es seitens mancher Linker schon zuvor. Das alles ist populistisch - Sarrazins Buch und Äußerung sind es nicht. Solche linken Sachen mögen geschmacklos sein, aber sind hinzunehmen. Antisemitismus im eigentlichen Sinne (Judenfeindlichkeit per se) Teilen der Linken zu unterstellen, ist meines Wissens absurd. Viele Linke sind sehr kritisch der israelischen Politik (!) gegenüber eingestellt - das ist objektiv sogar halbwegs nachzuvollziehen. Sie drücken ihe Kritik aus, ihre Ziele sind nobel: gegen Aggression, für friedvolles Miteinander etc. Wenn Medien indirekt nun das Hakenkreuz/Judenstern-Symbol uminterpretieren - anstatt des offensichtlichen Vorwurfs, dass Israel sich kriegstreiberisch in NS-Manier verhält - hin zur Unterstellung, das Hakenkreuz symbolisiere wie sehr man Juden doch hasse ... ist das erbärmlichstes Medienversagen. Genau wie zu Anfangszeiten der Sarrazin-Debatte - alle Medien waren sich in ihrer Empörung einig.
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