Von Stefan Sasse
Nürnberg 1493 |
Das Bürgertum als Klasse erlebte eine vergleichsweise kurze Geschichte der Prosperität und des Einflusses, die sich vor allem über das 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts erstreckte. Seine frühesten Ursprünge liegen in der Bildung von Städten im Mittelalter, wo Macht und Einfluss mehr und mehr aus den Händen der Adeligen in die reicher Händlerfamilien übergeht. Zwar verwischen hier die Grenzen von Adel und Bürgertum schnell, weil viele dieser Familien sich schnell in den Adel einkauften oder einheirateten; es entstand mit der Legitimation auf den gewaltigen Vermögen allerdings eine ideologische Verschiebung. Es dauerte viele Jahrzehnte, bis sich eine vermögende, nichtadelige Oberschicht in den meisten Städten gebildet hatte. Abgeschlossen war dieser Prozess wohl erst im 18. Jahrhundert. In manchen Ländern ging dieser Prozess dabei deutlich schneller voran als dies etwa in Deutschland oder Frankreich der Fall war; am auffälligsten ist hier die Vorreiterrolle Englands. Englands Kolonien in Nordamerika schließlich waren die wohl erste bürgerliche Gesellschaft, ihre Revolution wurde von Bürgern für Bürger gemacht: es waren viele Juristen, Händler und Pflanzer unter den Revolutionären von 1775/76. In Kontinentaleuropa aber dauerte die Inkubationszeit dieser Schicht länger. Der Paukenschlag, mit dem sie auftrat, war die französische Revolution.
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