Freitag, 27. Mai 2011

Recht auf Rückkehr?

Von Stefan Sasse

Beim Lesen des Artikels "Netanjahu: Grabrede für das ungeborene Palästina" drüben auf dem Spiegelfechter stieß ich über folgenden Absatz: 
Die Palästinenser wollen keinen Frieden, wenn das das gleichzeitige Bestehen eines jüdischen Staates meint. Damit, so muss man dazu sagen, ist nicht die Existenzberechtigung Israels gemeint, sondern die Frage nach der ethnischen Identität. Israel besteht seit einiger Zeit darauf, dass es seitens der Palästinenser als “jüdischer Staat” anerkannt wird. Das bedeutet schlicht, dass Palästinenser jedes Recht auf Rückkehr aus den Vertreibungen der Kriegsjahre 1948 und 1967 verwirken würden. Das israelische Beharren auf Anerkennung eines “jüdischen Staates” ist die politische Antwort auf die palästinensische Forderung nach einem Rückkehrrecht. Unnötig zu sagen, dass diese Frage zum Rückkehrrecht nur ein Streitpunkt unter mehreren ist, die den Konflikt seit langem ausmachen. In seiner Rede verkürzt Netanjahu den Konflikt aber auf genau diesen Punkt und befrachtet ihn mit etwas ganz anderem. [...] 
Der Nahostkonflikt ist nicht gerade mein Sternchenthema, deswegen war mir diese Vetriebenenproblematik bisher praktisch unbekannt. Sie kommt mir aber frappant bekannt vor, denn die gleiche Diskussion haben wir hier auf. Der "Bund der Vertriebenen" unter der der loose cannon Erika Steinbach vertritt hier auch die Rechte von irgendwelchen Vertriebenen, die vor vielen Jahrzehnten aus einem Land vertrieben wurden das sie heute nicht wiedererkennen würden. Wir nennen diese Leute Revisionisten, Spinner, Rechte, und wir tun das zurecht. Aber ernsthaft: die Vertreibungen von 1948? Es war Willy Brandts historischer Kniefall, seine de facto Anerkennung der Nachkriegsgrenzen, die eine Entspannung und eine Friedenspolitik mit dem Ostblock eröffnet hat. Die oppositionelle Union schrie damals Zeter und Mordio. Eine solche Person fehlt im Nahostkonflikt. 

Wenn weiterhin auf Rechten von 1948 oder 1967 beharrt wird, wird der Prozess nie vorankommen. Solche Positionen sind völlig unrealistisch. Man kann sie als Verhandlungsmasse herumschieben, öffentlich darauf beharren um die eigenen Unterstützer nicht zu verlieren (beides tat die CDU die 1970er und 1980er Jahre hindurch), aber ein echtes Beharren ist realitätsblind. Wer 1948 vertrieben wurde und sich noch erinnert, ist heute mindestens 70 Jahre alt. Wer 1967 vertrieben wurde ist immerhin rund 50. Bei dem demographischen Schnitt der Palästinenser heißt das, dass die Mehrheit bereits in der dritten Generation diese Gebiete gar nicht mehr kennt. Wohin soll hier eine Rückkehr stattfinden? Alles, um das es noch gehen kann, ist Anerkennung von Unrecht seitens Israels und Wiedergutmachung - aber auf einer tatsächlichen Rückkehr zu beharren ist vollständiger Unsinn.

16 Kommentare:

  1. Wieso verlangen Sie immer Vorableistungen (die eigentlich Ergebnis von (Friedens-)Verhandlungen sein sollten) von den Palästinensern, wenn nicht einmal klar wäre, ob diese Vorleistungen von Israel überhaupt und angemessen honoriert würde.

    Auch Sie sollten endlich zur Kenntnis nehmen, Israel will DIKTIEREN, nicht verhandeln. Und beruft sich dabei auch noch zu allem Überfluß auf "göttliches Recht", als auserwähltes Volk.

    AntwortenLöschen
  2. Die Israelis mit ihrem Beharren auf der jüdischen Identität des Staates sind genauso bescheuert. Mir fiel das nur auf.

    AntwortenLöschen
  3. Seit langem mal wieder kluge Worte zu der Problematik. Amen

    PS. Ich bin weder ProIsrael noch ProAraber - es ist mir egal. Ich wünsche mir, dass die lernen, sich zu vertragen und dieser Artikel hier weißt sehr deutlich auf ein Hindernis hin, weshalb das so nix werden kann: die leben alle (!) in der Vergangenheit und die wichtigste zu klärende Frage scheint zu sein, wer denn nun den ersten Stein geworfen hat. Und dann? Was macht man dann, wenn das mal zweifelsfrei und allseits anerkannt feststeht? Naja, wird ja nie, weil keiner den Schwarzen Peter will.

    AntwortenLöschen
  4. Eigentlich wäre Israel - wenn es überhaupt daran interessiert ist - in der sogenannten "Pflicht", die Größe zu zeigen und einen Schritt auf die Palästinenser zuzumachen.

    Doch da beide Seiten glauben, sich im Status quo mollig eingerichtet zu haben und auch noch belohnt werden - der eine mehr, der andere weniger und ohne Zukunft - wird sich auch der Wille zu einer Lösung in Grenzen, sehr engen Grenzen halten.

    Sollte der "arabische Frühling" Früchte tragen, dann sollte sich Israel wärmer anziehen als es noch glauben will.

    AntwortenLöschen
  5. den Nahostkonflikt als "Sternchenthema" zu bezeichnen ist schon idiotisch genug, der restliche Artikel ist allerdings strunzdämlich, vielleicht solltest Du Dich mal mit der Geschichte Palästinas beschäftigen, dann wüßtest Du, das Israel ein faschistischer und rassistischer Apartheidstaat ist, wie einst Südafrika, nicht mehr und nicht weniger; seit mehr als 63 Jahren werden die Palästinenser von ihrem Land vertrieben, erniedrigt und getötet; ich bin ganz klar und ausschließlich auf Seiten der Palästinenser; und lass die Antisemitismuskeule stecken, das zieht nicht mehr

    AntwortenLöschen
  6. Im Zweifel bin ich immer auf der Seite der Schwachen. Und in diesem Konflikt sind das die Palästinenser. Bin ich jetzt ein Antisemit?

    AntwortenLöschen
  7. Stefan, Du hast Mut!

    Was bei uns Engstirnigkeit und Gestrigkeit heißt (Erika Steinach & Co.) gilt im Nahen Osten als Erhaltung berechtigter Ansprüche.

    Was bei uns Versöhnung heißt (Kniefall und Anerkennung von Grenzen, um einen Konflikt zu beenden) hieße im Nahen Osten Unterstützung eines "faschistischen und rassistischen Regimes".

    Der Vertriebenen-Status wurde bei uns nur symbolisch "vererbt", in Palästina ist sie rechtlich abgesichert.

    Die Vertreibung der Schlesier war die Folge des deutschen Angriffskriegs. Israel wurde unmittelbar nach seiner Gründung von allen arabischen Nachbarstaaten angegriffen, und dann noch zweimal 1967 und 1973. Man kann des Juden/Israelis doch nicht vorwerfen, dass sie sich nicht noch einmal vernichten/vertreiben lassen wollten.

    Damit kann man weder die Siedlungs- noch die Besatzungspolitik rechtfertigen, wohl aber die Beschränkung des Rückkkehrechts.

    AntwortenLöschen
  8. Sehe ich genauso. Die Israelis haben viel Unrecht begangen, das ist überhaupt keine Frage, aber es ist echt nicht so, als ob die andere Seite unschuldig wäre - und nur weil sie schwächer ist hat sie deswegen noch lange nicht meine Sympathien. Ich bin der Überzeugung, dass wenn die Palästinenser irgendwann in den letzten Jahrzehnten statt Bomben umzuschnallen Ghandi gespielt und sich einfach auf die Straße gesetzt hätten, hätten sie schon längst gewonnen. Hätte Israel auf friedlich demonstrierende Palästinenser geschossen statt auf eine Intifada - die wären durch. Aber dazu sind beide Seiten zu blöd.

    AntwortenLöschen
  9. Stefan Sasse hat Mut????? Seit wann braucht man Mut die Palästineser zu diffamieren und zu demütigen??? Es ist schon was anderes den Staat Israel als das zu benennen, was er ist: ein Verbrecherstaat; dieser Blog ist antideutsch, da ändern auch die diversen Links nicht, die Du hier scheinheilig angibst; im übrigen hat Erika Steinbach und ihre Sippe auch nicht annähernd etwas mit der Problematik in Palästina zu tun; informiere Dich über die Geschichte, bevor Du solchen "Sabbel" von Dir gibst

    AntwortenLöschen
  10. "Ghandi gespielt und sich einfach auf die Straße gesetzt hätten, hätten sie schon längst gewonnen".

    Sehe ich auch so. In kaum einem anderen Konfliktherd der Welt wären die Bedingungen dafür so günstig gewesen.

    In Bilin
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,763180-2,00.html
    tun sie das schon . Allerdings nicht ganz nach Ghandis Regeln für gewaltfreien Widerstand.

    AntwortenLöschen
  11. http://www.aixpaix.de/

    richtig, Bilin, kommt immer auf den Betrachter an

    AntwortenLöschen
  12. auch wissenswerthttp://www.antikrieg.com/aktuell/2011_05_16_berichte.htm

    http://www.aldeilis.net/german/index.php?option=com_content&view=article&id=539:antisemiten-im-schafspelz&catid=146:deutsch-israelische-beziehungen&Itemid=57

    AntwortenLöschen
  13. Der Vergleich hinkt aber ein wenig. Ein "jüdischer Staat" Israel diskriminiert nicht nur die Palästinenser, die in den Autonomiegebieten leben und ein - tatsächlich - diskutables "Recht auf Rückkehr" reklamieren, sondern auch die arabischen Bewohner, die selbst in Israel leben. Die machen einen signifikanten Anteil aus (ich glaube um die 15-20%), werden aber z.B. politisch kaum repräsentiert.

    AntwortenLöschen
  14. @ Julian

    Die arabischen Israelis haben in der Tat nicht ganz die gleichen politischen Rechte.

    Aber wie ist das mit Juden (oder Christen) in den arabischen (Nachbar-) Ländern?

    AntwortenLöschen
  15. Oh mal langsam, vökerrectllich gesehen sind VErtreibungen immer illegal, auch was die Deutschen betrifft.

    Das heisst nach dem Völkerrecht gehören die Ostgebeite immer noch uns, und kein VErtrag würde daran je etwas ändern, weil Verträge dieser Art "Sittenwidrig". Sie würden ja unrecht legitimieren.

    Die Palästinenser haben natürlich ein Rückkehrrecht so wie die Deutschen auch und müssen entschädigt, die Täter bestraft werden.

    Zeit spielt darüberhinaus keine Rolle, es gibt kein "Ersitzen" fremden Landes.


    Rein völkerechtlich gesehen, aber eine andere Sichweise darf es nicht geben...

    Vorrausgesetzt es es gilt auch für Deutsche und Palästinenser

    Im Übrigen wären die Zionisten nach ihrer Ansicht Spinner (was sie auch sind), weil sie ein Land zurückhaben wollten was sie vor 2000 Jahren verloren haben. Aber das soll korrekt sein, während Leute, die heute noch Leben und die ihre Heimat wiederhaben wollen als Spinner bezeichnet werden?

    Die Zionisten haben 2 Weltkrieg vonm Zaun gebrochen deswegen, haben sie das vergessen?

    Das soll legitim sein?

    AntwortenLöschen
  16. Nachtrag:

    Haben 2 Weltkriege vom Zuan gebrochen um ISrael zurück zu bekommen...Valfour Deklaration usw?

    Leugnen sie diese Verbrechen etwa? Zig Millionen Menschen mussten sterben nur damit die Zionsten ihr Israel bekomen.

    Heute in Zeiten des Internets ist gut dokumentiert, wer Hitler und die NSDAP finanziert hat, obwohl sie fast pleite war.

    Zu deutschen Vorteil war es mit Sicherheit nicht-.

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.