Freitag, 11. Januar 2013

Staatsausgaben und Staatsschulden - ein politischer Blick

Von Stefan Sasse

Wenn ein Thema im öffentlichen Diskurs nie fehlen darf dann das, dass der Staat seine Schulden zurückbezahlen müsse, am besten, indem er spare. Unter "sparen" wird dabei verstanden, Ausgaben zu kürzen. Beides passiert praktisch nie, zumindest nicht in nennenswertem Umfang. Die Ausgaben werden selten gekürzt, und die Schulden selten abgebaut (zurückbezahlt werden sie, nur werden auch ständig neue aufgenommen). Das Problem an der gesamten Debatte ist, dass sie von einem ideologischen Schuld-Komplex zugestellt ist: Schulden gelten als etwas inhärent sündenhaftes, etwas, das schmutzig ist und das es unter allen Umständen zu vermeiden gilt. Diese Ansicht kommt von der privaten Lebenserfahrung her: Schulden sind schlecht, und man will sie schnellstmöglich loswerden, wenn man sie hat. Das ist nachvollziehbar, denn die Schulden haben keinerlei positiven Effekt auf den, der sie hat - stattdessen muss er Zinsen bezahlen, umso mehr je mehr Zeit er sich mit der Rückzahlung lässt. Früher sperrte man säumige Schuldner in den Schuldturm, wo sie blieben bis ihre Schulden bezahlt oder sie verhungert waren. Angesichts des naturgemäßen Mangels an bezahlten Arbeitsmöglichkeiten im Schuldturm kann man sich vorstellen, welche Variante wahrscheinlicher war, aber das war nur die gerechte Bestrafung für die Sünden des Schuldners. Nur, diese Sicht auf Staatsschulden hinkt. Staatsschulden können ebenfalls problematisch sein, aber aus völlig anderen Gründen. 

Bevor wir den politischen Blick riskieren, daher noch einmal einige grundlegende Fakten, die gerne in der Debatte untergehen. 
1) Der Staat kann nicht seine Ausgaben reduzieren und dann mehr Geld zur Verfügung haben, wie dies ein Privatbürger tun kann ("schwäbische Hausfrau"). Reduzierung von Staatsausgaben bedeutet, dass andere Sektoren weniger Geld haben - und damit aller Wahrscheinlichkeit nach weniger Steuern bezahlen, was zu weniger Steueraufkommen für den Staat führt. Das heißt nicht, dass der Staat nicht Ausgaben kürzen kann und manchmal sollte - es heißt nur, dass das Mittel zur Erhöhung des zur Verfügung stehenden Betrags schlecht geeignet ist. 
2) Staatsschulden übernehmen eine wichtige Rolle im Finanzwesen, weil sie einen relativ großen, verlässlichen Grundstock an Investitionsmöglichkeiten bieten. Würden sie komplett abbezahlt werden, wäre dies verheerend. Einen gewissen Grundstock an Staatsschulden braucht es für die Stabilität. Wie hoch dieser Grundstock ist, steht dagegen zur Debatte. 
3) Der Staat muss genauso wie Privatbürger auch Schulden machen, um größere Anschaffungen zu tätigen (Autobahnen bauen etc.). Das Geld zu sparen und dann alles auf einmal zu bezahlen ist keine Option. 
4) Der Staat kann nämlich überhaupt nicht im eigentlichen Wortsinne sparen, das heißt, Geld auf die Seite legen. Die Summen, in denen der Staat operiert und in denen er "sparen" würde, würden das System mit Liquidität fluten und damit das Finanzsystem destabilisieren. Dazu würden sie dem Wirtschaftskreislauf entzogen und Rezession fördern. Große Geldvorräte des Staates sind unerwünscht. 
5) Daraus folgt, dass der Staat immer im Hier und Jetzt finanziert wird. Reicht dazu die Einnahmenseite nicht aus (und das tut sie normalerweise allenfalls für die anfallenden Kosten für den Betrieb des Staates und nicht für neue Projekte), so muss er Schulden aufnehmen.
6) Der Staat bezahlt Schulden ständig zurück. Die meisten Schuldverschreibungen sind auf fünf bis zehn Jahre begrenzt. Die Gesamtschulden ändern sich nur absolut  nach unten, wenn der Staat weniger neue Schulden aufnimmt (um etwa alte Kredite abzulösen). Dies ist aber wegen der davon abhängenden Investoren nicht immer erwünscht. 
7) Der Staat kann seine Schuldenquote (nicht die absolute Zahl) reduzieren, wenn die Wirtschaft wächst. Die Schuldenzahl bleibt gleich, aber die gestiegene Wirtschaftsleistung macht die Belastung insgesamt kleiner. Dies ist der normale Weg, mit dem der Staat seine Schulden langfristig unter Kontrolle hat (oder eben auch nicht). 
8) Ein letzter, gefährlicher Weg ist Inflation. Ist der Staat in seiner eigenen Währung verschuldet, kann er prinzipiell die Inflation anheizen und die Schulden so loswerden. Alternativ kann die Zentralbank schlicht Staatsschulden aufkaufen, wenn diese auf dem freien Markt nicht attraktiv sind. Beides hebelt den normalen Marktmechanismus aus. 

So weit zu dieser - natürlich unvollständigen - Bestandsaufnahme. Im politischen Diskurs verläuft die Diskussion, stark verkürzt, etwa so: "Der Staat gibt mehr aus, als er einnimmt. Die Staatsschulden sind sehr hoch, viel Geld geht für Zinszahlungen drauf. Deswegen müssen die Schulden abbezahlt werden. Dies geht nur, indem der Staat weniger ausgibt. Da Politikern nicht zu trauen ist, haben wir eine Schuldengrenze eingeführt, die das Schuldenmachen verbietet." Besonders emphatisch wird dieses Narrativ von der CDU und FDP vertreten. Ihre Rhetorik dreht sich ständig um die Schulden und dass sie reduziert werden müssen. Gleichzeitig framen sie erfolgreich die linken Parteien - SPD, Grüne und Linke - als ewige Verschwender, eine äußerst erfolgreiche PR-Strategie. Wegen des durchschlagenden Erfolgs des Narrativs versuchen Gründe und SPD, diesem Framing zu entgehen und selbst als eiserne Haushaltswächter dazustehen. Vier von fünf Bundestagsparteien sind daher rhetorisch Vertreter dieses Konsens. 

Gleichzeitig aber kann etwas merkwürdiges beobachtet werden: die SPD und die Grünen sind gerade nicht die Parteien, die das Geld mit vollen Händen ausgeben. Das sind CDU und FDP. Diese Dissonanz fällt niemandem auf, weil die Heransgehensweise an den Haushalt und seinen größten Posten, den Sozialstaat, eine fundamental andere ist. Die Grünen und die SPD befürworten eine aktivere Haushaltspolitik, das heißt Investitionen - ob in Windkraft, den Erhalt der Kohlekraft oder Bioläden ist dafür erst einmal egal (die LINKE findet hier keine Betrachtung, die sie praktisch keine Regierungsverantwortung trägt und damit eine Betrachtung dessen, was sie wirklich tun würde, noch aussteht). CDU und FDP geben das Geld auf zwei andere Weisen aus. Die erste, hier im Blog bereits angesprochene Methode ist das unglaubliche Aufblähen des Sozialstaats zugunsten der Mittelschicht (Elterngeld, Erziehungsgeld). Die andere sind Steuersenkungen und Subventionen. Diese Methoden sind alle wesentlich indirekter als die der linken Parteien. So verstecken sich die Ausbauten des Sozialstaats im Familienministerium, das wesentlich freundlicher konnotiert ist als das Arbeitsministerium. Subventionen sind nicht böses "Geldausgeben", sondern "Wirtschaftsförderung", und gegen Steuersenkungen hat ohnehin niemand etwas. Besonders gern wird hier das bescheidene Argument vorgebracht, die Bürger wüssten am Besten, wie sie ihr Geld ausgeben wollen, was natürlich Kokolores ist - selbst wenn die Bürger gerne die Windkraft ausbauen würden, hätten sie dazu überhaupt keine Möglichkeit. Von bestimmten staatlichen Ausgaben haben die Menschen wesentlich mehr als vom baren Gegenwert in der Tasche; das Gleiche gilt auch für Unternehmen. Eine Subvention oder Deregulierung kann wesentlich mehr wert sein als die Senkung der Gewerbesteuer. Wohl gemerkt, kann - bei keinem dieser Themen gibt es einen Automatismus in die eine oder andere Richtung.

Mit den ökonomischen und öffentlichkeitstechnischen Rahmenbedingungen aus dem Weg kommen wir nun zu den politischen Rahmenbedingungen. Obwohl sich vier Parteien seit mindestens zwanzig Jahren zum Schuldenabbau bekennen, nehmen die Schulden immer weiter zu. Womit hängt das zusammen? Bei so viel Rhetorik und auch Maßnahmen wie etwa der Schuldenbremse müsste doch eigentlich längst etwas passiert sein, oder nicht? Oder nicht. Nur selten fallen Rhetorik und tatsächliche Handlung so weit auseinander wie beim Schuldenabbau. Dies liegt mitnichten an der Doppelzüngigkeit der Politiker (aber natürlich auch). Vielmehr liegt es an der unterbewussten Heuchelei des Souveräns. 

Jeder ist für Schuldenabbau - solange es ihn nicht betrifft. Die Wirtschaft krakeelt gerne, dass man dringend die Staatsschulden reduzieren müsse, aber wenn man sie stärker besteuern würde, um das gewonnen Geld zum Schuldenabbau zu verwenden, würde sie sich mit Händen und Füßen wehren. Gleiches gilt für die normalen Bürger. Jeder fordert gerne, dass der Staat sparen und Schulden abbauen solle - aber bitte nicht bei ihm. Da wir in einer pluralistischen Demokratie leben wird es immer eine Gruppe geben, die sich gegen den geplanten Schuldenabbau wehrt (mal mehr, mal weniger effektiv). Dieser vollzieht sich dazu in zwei Schritten: erst muss das notwendige Geld freigemacht werden, entweder durch Ausgabenkürzungen oder durch Steuermehreinnahmen, und danach muss es auch noch genau für diesen Zweck ausgegeben werden. Am Beispiel Berlins lässt sich dies aktuell gut festmachen - wegen der guten Wirtschaftslage hat das Land einen leichten Überschuss von rund 100 Millionen erzielt, den die Regierung in den Schuldenabbau stecken will (was Berlin bei diesem Tempo bereits in 198 Jahren schuldenfrei machen würde, nebenbei bemerkt). Die Oppositionsparteien verlangen aber nicht nur, die Mehreinnahmen stattdessen für irgendwelche Projekte auszugeben (Mieterschutz, sozialer Wohnungsbau, etc.), sondern sogar, mehr auszugeben! 

Denn die Verfügbarkeit von Geld in der Politik sorgt grundsätzlich dafür, dass jede Interessengruppe das ganze zur Verfügung stehende Geld ausgeben will. Die Mittelstandsvereinigung will für 100 Millionen Steuern sparen, die Sozialverbände Wohnungen bauen, die Grünen wollen die erneuerbaren Energien subventionieren, und so weiter. Um es kurz zu machen: in einer auf den Kompromiss angelegten pluralistischen Demokratie kommt es zu einem Kompromiss, der alle Seiten halbwegs zufrieden stellt. Und der ist mit Sicherheit teurer als die ursprünglich zur Verfügung stehende Summe. Wer einmal ein detailliertes Beispiel für einen solchen Vorgang lesen will, dem sei Hans Günter Hockerts "Die Rentenfreform 1972 - Ein Lehrstück" (PDF) ans Herz gelegt. Daran kann man auch sehr schön sehen, dass die CDU mit Geld ausgeben, das sie nicht hat, nicht auch nur das geringste Problem hat. 

Aus diesen Zwängen folgt, dass eine Regierung keinerlei Interesse daran haben kann, Geld für den Schuldenabbau zu befreien, denn die Opposition wird es ohnehin nur ausgeben - spätestens, wenn sie selbst an der Macht ist. Dass eine Regierung es grundsätzlich leichter hat, der eigenen Klientel Einschnitte zuzumuten als der gegnerischen, schreckt hier zusätzlich ab: man verliert die nächste Wahl wegen der Wut der eigenen Wähler, und das freigewordene Geld wird von der neuen Regierung für deren eigene Projekte ausgegeben. Ein hervorragendes Beispiel dafür sind die Bush-Tax-Cuts. Bill Clinton hatte einige Überschüsse erwirtschaftet, die sogar teilweise für Schuldenabbau verwendet wurden, anstatt liberale Projekte zu finanzieren. George W. Bush nutzte das Geld sofort und nachhaltig, um die eigene Klientel zu bedienen. Derselbe Mechanismus ist in jeder Demokratie am Werk. 

Die nächste logische Frage wäre nun: "Aber was ist mit der Schuldenbremse? Ist das nicht ein total cleverer Mechanismus, um diese Automatik auszuhebeln?" Leider nein. Zum Einen stranguliert sie den Gestaltungsrahmen der Regierung, die sich zahlloser Steuerungsmechanismen beraubt. Das ist blöd, aber prinzipiell zulässig und passt zur "starve the beast"-Theorie zahlreicher Haushaltsfalken. Der andere Faktor ist viel wichtiger: Geld ist wie Wasser. Es findet immer einen Weg. Mechanismen wie die Beschränkung von Ausgaben per Gesetz sorgen lediglich dafür, dass die Regierungen sich Wege drumherum suchen. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist der Ausbau der A10 in Nordrhein-Westfalen. Da eine Schuldenbremse es unmöglich macht, das notwendige Geld für Reparaturen und Ausbau bereitzustellen, greift die Regierung auf das Mittel der Öffentlich-Privaten-Partnerschaften zurück, die sich bereits in der Vergangenheit als geradezu groteske Geldverschwendung erwiesen haben und umgeht dadurch die Schuldenbremse zum Nachteil der Bürger, weil dieser Umweg Geld kostet.

Bedeutet das nun im Umkehrschluss, dass in einer Demokratie Abgaben- und Ausgabensenkungen unmöglich sind? Natürlich nicht. Staaten haben immer wieder, auch als Demokratien, ihre Ausgaben gesenkt. Besonders deutlich ist dies, wenn sie vorher im Rahmen von Krisen und Notfällen drastisch angestiegen sind - nach Kriegen oder Naturkatastrophen etwa. Auch Steuersenkungen oder das Hinzufügen von Subventionen (die wesentlich häufigere Art der Steuersenkung, weil politisch wesentlich leichter durchzusetzen und ein feineres Instrument) kommen häufig genug vor. Aber: All diese Maßnahmen sind lediglich Feinjustierungen. Sie ändern nichts grundlegendes an der Schuldenquote des Staates und sind dazu auch überhaupt nicht gedacht. Soll die Schuldenquote tatsächlich signifikant reduziert werden, gibt es dafür nur drei Möglichkeiten: 
1) Starkes Wirtschaftswachstum. Ein sehr starkes Wirtschaftswachstum (>5%) lässt die Schuldenquote relativ rasch sinken. Die Einnahmen steigen und machen das Aufnehmen weiterer Schulden nicht mehr notwendig, so dass einige Titel auslaufen können (schon allein wegen des Finanzierungsbedarfs von Investitionsprojekten kann die Neufaufnahme von Schulden niemals null sein). Über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren - eine häufige Laufzeit von staatlichen Schuldentiteln - kann so eine Absenkung erreicht werden. 
2) Inflationierung. Die Schulden können schlicht dadurch bedient werden, dass der Staat das Geld erschafft. Dies muss nicht automatisch zu einer Inflation führen, ganz besonders dann nicht, wenn es sich letztlich nur um Buchungstricks handelt, bei denen das Geld niemals den Wirtschaftskreislauf erreicht (siehe die aktuelle Phantom-Debatte um die Billion-Dollar-Münze). 
3) Extreme Einschnitte. Abgaben werden gesenkt und Steuern erhöht. Hierbei entstehen praktisch immer schwere Kollateralschäden (Unternehmen hören auf zu investieren, Arbeitslosigkeit steigt, Konsum sinkt), aber unter Umständen kann der "Gewinn" höher sein als der "Verlust" und damit in der Bilanz immer noch freiwerdende Mittel bringen, die zum Schuldenabbau verwendet werden könnten. Eine Demokratie hält diese Methode jedoch wegen der oben beschriebenen Mechanismen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht aus; sie steht eigentlich nur absoluten Monarchien, Diktaturen und Ähnlichem offen. 

Staatsschulden sind in ihrem Kern ein politisches, kein ökonomisches Problem. Sie lassen sich auch häufig nur mit politischen Mitteln lösen und nicht mit ökonomischen. Ist Wirtschafswachstum nicht zun erwarten, kommt man um solche Maßnahmen kaum heraum. Hier spielen fast immer die Zentralbanken die entscheidende Rolle. In Deutschland hat diese Variante einen schlechten Ruf und wird nur äußerst ungern angewandt; gleichzeitig ist sie auch sehr schwierig, weil die Zentralbank bewusst aus dem pluralistisch-demokratischen Prozess ausgekoppelt wurde und von der Politik nur schwer beeinflusst werden kann, im Gegensatz etwa zur amerikanischen Fed. Möchte man aber eine Demokratie erhalten, steht die einzig verleibende Möglichkeit, die extremen Einschnitte, effektiv nicht zur Verfügung. Dies ist gerade in Griechenland zu beobachten. Die Buchhaltertricks nehmen hier aus schierer Notwendigkeit mehr und mehr überhand. Dieses Muster wird im Euro-Raum in Zukunft noch öfter zu beobachten sein. Das bedeutet nicht, dass der Staat einfach Geld ausgeben soll wie er will, weil sich das schon irgendwie einrenkt. Während eine gewisse Schuldenquote nicht nur unproblematisch, sondern sogar erwünscht ist, kommt es irgendwann zu einer regelrechten Strangulierung durch einen sich verstärkenden Kreislauf von steigenden Zinsen und dadurch notwendigen neuen Schulden. 

Selbstverständlich kann und muss der Staat zur Einhegung eines solchen Problems mit einer ausgewogenen Strategie von Ausgabensenkungen und Einnahmesteigerungen vorgehen. Dadurch kann er die Aufnahme von neuen Schuldentiteln reduzieren und die Grundlage dafür legen, dass Lösungsweg 1, das Wirtschaftswachstum, überhaupt möglich werden. Wegen der vielen pluralistisch wirkenden Kräfte ist dies allerdings sehr schwierig. Es ist aber unmöglich, die Staatsschulden in einem demokratischen Gemeinwesen mit derselben Willensanstrengung zu beseitigen, die ein Privatbürger zur Schuldenreduzierung nutzen kann. Das kann man bejammern, aber man kann es nicht ändern. Je schneller die Politik und die Öffentlichkeit das erkennen, desto schneller kann man zu produktiveren Lösungsmitteln greifen.

108 Kommentare:

  1. Die "grundlegenden Fakten" stimmen ja schon nicht.

    Zu 1.) Eine "Reduzierung von Staatsausgaben" führe zu weniger Steueraufkommen. Das stimmt in kaum einem denkbaren Falle. Wie soll das gehen? Staatsausgaben sind vor allem öffentlicher Konsum, sie sind entweder direkt konsumtiv - etwa für Rüstung - oder indirekt konsumtiv über Zuwendungen an Beamte und Bürger, die damit konsumieren. Der Staat produziert nichts. "Investive" Staatsausgaben sind langfristiger und schwächerer Natur als Unternehmensinvestitionen. Schon die Bezeichnung "Investition" ist grenzwertig und irreführend. Man nehme Infrastruktur ... wir haben sie längst und können sie nicht ins Unermessliche treiben. Instandhaltung muss sein, aber der Ertrag für neue Projekte nimmt tendenziell gravierend ab. Genauso bei Bildung ... man kann (permament) immense Summen reinstecken, aber man kriegt sie auch langfristig nicht mehr raus. Je mehr man ausgibt, umso weniger kommt davon zurück. Dass solche Ausgaben ohnehin nicht zwingend Aufgabe des Staates sind und durch (geradezu ausnahmslose) staatliche Ineffizienz nur Ressourcen verschwenden und eine Volkswirtschaft schwächen, mal außen vor. So, und was ist mit Konsum? Des einen Ausgaben sind pauschal des anderen Einkommen, von dem Steuern zu bezahlen sind (für investitive Staatsausgaben genauso) ... wenn der Staat nicht alles wegbesteuert, kann erstmal nie 100% zurückkommen, sondern nur ein Bruchteil. Tja, Geld/Kapital zirkuliert, wird ggf. wieder investiert und versteuert ... kommt also doch langfristig 100% zurück und gar mehr (durch angeregten Konsum könnten ja unternehmerseitig neue kreditfinanzierte Investitionen ausgelöst werden)? Wo ist also das Problem? Das ist ein künstlich in Gang gesetzter Kreislauf, der irgendwo und mit irgendwelchen Mitteln am Laufen gehalten werden muss. Die konsumseitig ausgelösten Investitionen müssen sich rentieren.

    Aber woher hatte der Staat die Mittel für diese Ausgaben und woher nimmt er sie später zur Unterhaltung des Kreislaufs? Grob gesagt: Erstens durch vorherige Besteuerung ... dann hat er sie anderen Sektoren vorher weggenommen und gar nichts gekonnt. Oder zweitens durch Leihen von seinen Bürgern, das ist Crowding-Out und erhöht Zinsen. Auch hier hat er nichts gekonnt. Oder drittens durch direktes Gelddrucken/Geldmengenausweitung über Zentralbank-Transaktionen .. erstmal passiert nicht viel, man kann Geld ausgeben, findet bestenfalls Beschäftigung, und Löhne und Preise steigen erst im Nachlauf ... das ist ein Boom, den man im Mainstream als wünschenswert ansieht ... und sich dann über Preis- und/oder Vermögenspreisinflation und irgendwann über eine Rezession und pauschal den "Kapitalismus" ärgert, wie Herr Buck über mir.

    2. und 3.) ist auch falsch. 4.) Darum geht's ja auch nicht. 5.) "normalerweise", nein. 8.) Wir haben ständig Inflation, selbst bei 0%. Marktkräfte führen zu sinkenden Preisen (und das hat wenig mit rezessionsbedingter Deflation zu tun), das ist gerade der Wohlstandstreiber. Staatliche Geldschöpfung aber wirkt dem entgegen und deformiert Preise und Wirtschaftsstrukturen. Bei größerer Inflation werden die Verwerfungen nur deutlicher.

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    1. "Beamte und Bürger"

      Diese zahlen Steuern, oder konsumieren (Mehrwertsteuer). Senkt man die Löhne dieser Gruppen, senkt man auch die Steuereinnahmen. Der IWF hat diesen Zusammenhang in einer internen Studie nachgewiesen. An Griechenland kann man Ihn aktuell sehen.

      "durch (geradezu ausnahmslose) staatliche Ineffizienz nur Ressourcen verschwenden"
      Stimmt die gesetzlichen Rentensysteme sind in der Verwaltung teurer.

      In manchen Bereichen ist der Staat ineffizient. Allerdings heißt das nicht, dass er es in allen wäre. Wenn sie ab und zu Ihre ideologische Brille abnehmen würden, würden sie das erkennen.

      "Marktkräfte führen zu sinkenden Preisen"
      Warum sollte das zwangsläufig so sein? Das kommt auf die Ware an, auf die Produktiviätsentwicklung, auf die Nachfrage, auf die Knappheit der Ressourcen die für die Produktion benötigt wird, etc. Die Liste ist sehr lang.

      Haben sie ein paar Quellen in denen man die Wirtschaftstheorie nachlesen kann, der sie anhängen?

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    2. "Stimmt die gesetzlichen Rentensysteme sind in der Verwaltung teurer."
      Das stimmt nicht. Die Rentenversichung gibt 1,4% Verwaltungskosten an, das ist sehr gering.
      Bitte googeln mal nach den Einmalkosten und den Verwaltungskosten von Riesterrenten, die liegen um Faktoren höher.

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  2. Mal zu deinen 8 Punkten:
    Bei 1) ist ja der keynesianische Multiplikator angesprochen, über den ich auch grad einen Artikel geschrieben habe. Bei aller Unsicherheit kann man doch davon ausgehen, dass dieser Multiplikator in Boomzeiten nahe 0 ist. Sparen, wenn die Wirtschaft brummt, ist darum möglich und ungefährlich.
    2) halte ich für überhaupt kein Argument.
    Bei den andern Punkten stimme ich dir mehr oder weniger zu. Ich persönlich halte eine Form der Schuldenbremse schon für sinnvoll, das Problem liegt in den Details. Siehe auch Erzwingt die Schuldenbremse eine Negativspirale nach unten?

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    1. 1) Mir geht es ja auch nicht um die Möglichkeit der Ausgabenreduktion. Die ist klar möglich, wie du das ja auch beschreibst. Das ist ja auch die keynesianische Idee - zusammen sind die Ausgabenkürzungen im Boom und die Ausgabensteigerungen in der Krise 0. Mein Argument ist lediglich, dass das "Sparen" keine Überschüsse anhäufen kann, die sich dann zur Schuldenreduktion nutzen lassen. Was sehr wohl möglich ist ist der Verzicht auf eine Ablösung der Altschulden, was einer Schuldenreduktion gleichkommt, aber eben nicht dasselbe ist.
      2) Ich habe zugegeben zu wenig Fachwissen um dir zu widersprechen; aber so lange du mir nicht erklärst warum es kein Problem ist bleibe ich bei meiner Meinung ;)
      Ich halte normale parlamentarische und öffentliche Kontrolle für die effektivste Art der Schuldenbremse.

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    2. > Ich halte normale parlamentarische und öffentliche Kontrolle für die effektivste Art der Schuldenbremse.

      Ich nicht. Aber die Schweiz hat da einen interesannten Ansatz.

      Es geht bei der Schuldenbremse übrigens nicht um Schuldenabbau. Sogar Neuverschuldung ist in der Schweiz zulässig. Aber nur sehr beschränkt, so dass die prozentuale Schuldenquote gemessen am BIP nicht weiter aus dem Ruder läuft.

      Ein "Grundstock an Staatstiteln" bleibt also weiterhin erhalten und ist kein Widerspruch zu einer Schuldenbremse.

      Im übrigen ist der hauptsächlich stabilisierende Faktor des Staates auch weniger seine Verschuldung (die ist eher Mittel zum Zweck), sondern das Konstant-halten seiner Ausgaben auch im Falle eines kurzen Abschwunges (sofern es wirklich nur ein kurzer Abschwung ist).

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  3. @Tobias Fuentes

    Ein herrlich satirischer Artikel in dem die völlig verdrehte und realitätsverdrängende Welt der Ordoliberalen dargestellt wird.

    Wunderbar auch der Abschluß mit: "Wir haben ständig Inflation, selbst bei 0%. Marktkräfte führen zu sinkenden Preisen (....) das ist gerade der Wohlstandstreiber."

    Einfach nur geil..... :D

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  4. Huch, das war gar keine Satire? Schade..hatte Qualität als solches.

    Da du das anscheinend ernst meinst, endet die Kommunikation hier. Ich habe es aufgegeben mit Wesen zu reden, die nicht auf dieser Welt (Erde, Milchstraße), bzw. Realität, sondern in einem durch unbeirrbaren Glauben entstandenen Parallel-Universum leben. Dem Glauben kann man mit Argumenten und Tatsachen halt nicht beikommen.

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    1. Versuch's doch mal. Wo und warum liege ich falsch? Ich brenne darauf es zu erfahren.

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  5. @ Anonym (13:17 Uhr)

    “Never wrestle with pigs. You both get dirty and the pig likes it.”

    (George B. Shaw)

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  6. "Gleichzeitig framen sie erfolgreich die linken Parteien - SPD, Grüne ..."

    Guter Text.
    Aber SPD und Grüne als Linke Parteien? Welche Parteien sind nochmal für die Agenda 2010 verantwortlich und stehen auch heute noch dazu?

    Der Autor sollte die Verortung dieser beiden Parteien als >links< in Zukunft vermeiden, da sonst sein Urteilsvermögen angezweifelt werden könnte und in diesem Zusammenhang andere richtige Einschätzungen an Glanz verlieren könnten...

    Grüße
    Duderich

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    1. Der Autor ist sich der Gefahr bewusst, bezeichnet die Parteien mangels besserer Begriffe aber trotzdem als links.

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    2. ... womit deren Politik in Regierungsverantwortung gemeint ist und nicht deren Wahlversprechen...

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    3. Die politische Definition von rechts und links ist nicht absolut. Genauso wenig wie der Begriff der politischen Mitte. In den USA gilt teilweise als "links", pardon: "liberal", was hier rechts von der Union steht. Deswegen sind SPD und Grüne Mitte-/Links-Parteien, CDU und FDP Mitte-/Rechts-Parteien.

      Die Einordnung von Stefan Sasse ist so betrachtet richtig.

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  7. "Wohl gemerkt, kann - bei keinem dieser Themen gibt es einen Automatismus in die eine oder andere Richtung."

    Dieser Satz ist eine wirklich zentral. Er geht in jeder wirtschaftspolitschen Diskussion unter. Nur weil etwas in einer bestimmten Situation gut ist, ist es nicht in jeder Situation gut. Niemand kommt auf die Idee im Sommer eine Winterjacke zu tragen, nur weil es im Winter eine gute Idee war.

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  8. > 1) Der Staat kann nicht seine Ausgaben reduzieren und dann mehr Geld zur Verfügung haben, wie dies ein Privatbürger tun kann ("schwäbische Hausfrau"). Reduzierung von Staatsausgaben bedeutet, dass andere Sektoren weniger Geld haben - und damit aller Wahrscheinlichkeit nach weniger Steuern bezahlen, was zu weniger Steueraufkommen für den Staat führt. Das heißt nicht, dass der Staat nicht Ausgaben kürzen kann und manchmal sollte - es heißt nur, dass das Mittel zur Erhöhung des zur Verfügung stehenden Betrags schlecht geeignet ist.

    Diesen Punkt kann ich nicht nachvollziehen: Wenn ein Privater seine Ausgaben reduziert, erhalten auch einige weniger Geld, die vorher mehr erhielten.

    Umgekehrt steht Geld, dass der Staat in bisherigen Bereichennicht ausgibt, für andere Staatsausgaben zur Verfügung oder dient der Senkung des Schuldenstandes oder der Steuern. In den beiden letzteren Fällen, hat das Geld dann jemand anderes zum Ausgeben. Unter dem Strich geht keine Kaufkraft verloren. Umgekehrt kann der Staat durch Schuldenmachen keine Kaufkraft aus dem nichts erschaffen, zumindest nicht mittel- bis langfristig (höchsten kurzfristig, durch Gelddrucken, dass er ausgeben kann, bevor sich die Preise angepasst haben; aber das ist keine richtige Kaufkraft, sondern eher eine die Marktteilnehmer in die Irre führende Illusion). Deshalb stellt sich ja auch bei keynisianischer antizyklischer Politik die Frage: Woher das Geld nehmen? Die Kaufkraft müsste aus dem Ausland kommen. Denkbare Quellen wären also zum Beispiel Kriege.

    Auf die Geldmenge kann es jedoch Einfluss haben, denn der Staat gilt, zumindest bei uns, als unfehlbarer Schuldner und erhält daher immer bei den Geschäftsbanken Kredit - die das (Giral-)Geld mit den Staatstiteln als Sicherheit erst neu erschaffen. Private Gläubige sind unsicherer, besonders in Zeiten mit schlechten Wirtschaftsaussichten. Hinzu kommen Eigenkapitalvorschriften für andere Sicherheiten als Staatstitel.

    Diese Auswirkungen auf die Geldmenge sind freilich eine Konsequenz des Fiat-Money-Teilreserve-Systems. Dabei ist, es muss nochmal betont werden, die Zentralbank nur bedingt notwendig, um Geld durch das Aufkaufen der Staatsschulden neu zu schaffen, das meiste im Umlauf befindliche Zahlungsmittel schaffen die Geschäftsbanken unabhängig und brauchen dafür nur sehr beschränkt Zentralbankgeld.






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    1. Wenn der Staat eine Investition nicht durchführt, um von dem so freiwerdenden Geld Schulden abzubauen, so verlieren diejenigen, die dadurch Arbeit gehabt hätten, an Kaufkraft. Kaufkraft, die durch die Schuldenrückzahlung nirgends hinzugewonnen wird. Oder übersehe ich da was?

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    2. Ja, das würde so auch auf wegfallende private Kunden zutreffen.

      Die Kaufkraft die der Staat nicht mehr nutzt, sondern nun von Privaten ausgegeben wird, erzeugt dann die Arbeitsplätze/Gewinne halt anstatt bei vorherigen Handelspartner des Staates bei den Unternehmen, die nun die gestiegene Kaufkraft der privaten Bedienen.

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    3. Was ich bei deiner Theorie nicht verstehe ist, woher die Privaten die Kaufkraft nehmen. Wo kommt die denn her, nur weil der Staat sie nicht ausgibt?

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    4. Auf die Geldmenge kann es jedoch Einfluss haben, denn der Staat gilt, zumindest bei uns, als unfehlbarer Schuldner und erhält daher immer bei den Geschäftsbanken Kredit - die das (Giral-)Geld mit den Staatstiteln als Sicherheit erst neu erschaffen. Private Gläubige sind unsicherer, besonders in Zeiten mit schlechten Wirtschaftsaussichten.

      Das ist ein wichtiger Punkt, denn er beleuchtet, wie sehr der Staat in Konkurrenz zu Privaten tritt. Er bietet dem Kapitalmarkt eine Sicherheit, die von den Bürgern geliehen ist. Private Unternehmen müssen eine weit höhere Risikoprämie als der Staat bieten, damit sie Kapital geliehen bekommen um Investitionen durchzuführen. Doch gerade diese Investitionen schaffen das meiste Wachstum, wird das Investitionsverhalten doch von Knappheitsüberlegungen geleitet. Der Staat dagegen investiert nach demokratischen Mehrheiten und Organisationsfähigkeit seiner Bürger. Das führt weit eher zu Verschwendung (siehe Schneller Brüter, Magnetschwebebahn, BER, etc.).

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    5. > Was ich bei deiner Theorie nicht verstehe ist, woher die Privaten die Kaufkraft nehmen. Wo kommt die denn her, nur weil der Staat sie nicht ausgibt?

      In dem er sie ihnen nicht wegnimmt ;-)

      Die Frage ist ja umgekehrt: Woher erhält der Staat seine Kaufkraft? Über seine Einnahmen (evt. die Aufnahme neuer Schulden) oder die Neuschaffung von Geld.

      Geld kann der Staat neuschaffen (oder von Geschäftsbanken schaffen lassen), aber dadurch ja nicht neue Kaufkraft, denn durch Gelddrucken entsteht noch nicht mehr Produktivität.

      Allerdings kann ein Zusammenbruch der Geldmenge die Wirtschaft in eine Schockstarre fallen lassen, in der immer mehr Wirtschaftstätigkeit reduziert wird, und ist daher zu vermeiden; liegt daran, dass die Geldmenge zum Begleichen von nominalen, schuldrechtlichen Ansprüchen zu knapp wird und daher die Wirtschaftsteilnehmer aus der Bahn wirft

      @ In Dubio: Ja, da hast du Recht.

      Allerdings ist der Staat durchaus auch eine Art "Fels in der Brandung", wenn er mit seinen Ausgaben Konjunkturzyklen nicht mitmacht.

      Man muss bloß zwei Fehler vermeiden:

      1. gezielt "kontrazyklisch" handlen zu wollen, in dem der Staat versucht in wirtschaftlich schlechten Phasen nennenswert seine Ausgaben zu erhöhen

      2. Wenn dieser "Konjunkturzyklus" keiner ist, sondern ein mehr als 10 Jahre langes mehr ausgeben als einnehmen, dann läuft etwas falsch. Das ist dann kein Überbrücken einer kurzen Schwächephase. Damit würde man sich selber etwas vormachen.

      Der Verlgeich mit einem Unternehmen ist hierbei gar nicht mal so schlecht: Es ist nicht insolvent, weil es mal 2 oder 3 Jahre rote Zahlen schreibt. Auch wäre es nicht unbedingt klug in dieser Zeit Zukunftsinvestitionen zu unterlassen oder die zu erhaltende Infrastruktur zu vernachlässigen (insbesondere wenn eine solche Unterbrechung beim Instandhalten oder Vorhalten unterm Strich teurer ist, als etwas beständig und möglichst konstant durch zu finanzieren).

      Aber wenn ein Unternehmen ein grundsätzliches Strukturproblem hat, zu ineffizient ist, dauerhaft an den Bedürfnissen vorbei produziert oder aus sonst irgendwelchen Gründen dauerhaft nur noch rote Zahlen schreibt, dann ist das kein kurzer Konjunkturzyklus, den man überbrücken will. Redet man ihn sich so schön, dann verschleiert man damit nur ein ernstes Problem. Man nennt dies auch Insolvenzverschleppung. Wobei es nicht unbedingt Insolvenz seien muss. Vielleicht reicht auch ein Ausmisten an überflüssigen Ausgaben um wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt (unterm Strich, also im Mittel über mehrere Jahre) zu kommen.

      Und im internationalen Handel kann ein Staat und seine Volkswirtschaft nach außen eventuell wie ein großes Unternehmen betrachtet werden: Ein kurzes Defizit- ok. Dauerhaft ein Problem. Außer man hat viele Naturressourcen wie die USA und dazu eine ausreichend entwickelte Wirtschaft, ein Rechtssicherheit ermöglichendes Justizsystem und damit Aussicht auf starkes Wirtschaftswachstum in der Zukunft...

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    6. Allerdings ist der Staat durchaus auch eine Art "Fels in der Brandung", wenn er mit seinen Ausgaben Konjunkturzyklen nicht mitmacht.

      Genau diese Theorie ist nachhaltig gescheitert, drei Jahrzehnte keynesianische Konjunktursteuerung belegen das. Deswegen zeigt sich der neoliberale Ansatz des in der Konjunkturpolitik neutralen Staates überlegen. Tatsächlich reduzieren die Staaten in Krisen ja nicht ihre Ausgaben, das ist ein Mythos. Deutschlands längste Rezession der neueren Geschichte dauerte von 2002 bis 2005. In dieser Zeit verringerte der Staat keineswegs seine Ausgaben, sondern hielt sie weitgehend konstant. Doch ohne die Reformen der Agenda 2010, die insbesondere den Arbeitsmarkt flexibilisierten, wäre eine kräftige Erholung, wie sie von 2006-2008 stattfand, nicht möglich gewesen.

      Keynes hatte seine Theorie unter dem Einfluss der Weltwirtschaftskrise 1929-1932 entwickelt, ohne seine praktische Relevanz unter demokratischen Einflüssen getestet zu sehen. Tatsächlich nimmt der Staatsanteil in Keynes Theoriemodellen stets einen kleinen Anteil ein. Der Brite konnte sich in seiner Zeit nicht vorstellen, dass der Staatssektor irgendwann fast 50 Prozent der Wirtschaftsleistung konsumieren würde. Zu Zeiten Keynes hatte der Staat im Verhältnis zum BIP kaum Schulden und der Staatsanteil lag bei 15-20 Prozent der Wirtschaftsleistung. Eine Ausweitung von 10%, wie der legendäre Ökonom sie oft unterstellte, konnte natürlich einen erheblichen Akzelerator-Effekt bewirken. Wollte Deutschland heute einen Hebel von 10% der Wirtschaftsleistung ansetzen, so müsste der Staat 250 Milliarden Euro in einem Jahr aktivieren. Dies hält selbst die Linkspartei für ausgeschlossen. Man begnügt sich heute mit 1-2 Prozent der Wirtschaftsleistung, was jedoch nur ein leichtes Rülpsen verursacht.

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    7. "Genau diese Theorie ist nachhaltig gescheitert, drei Jahrzehnte keynesianische Konjunktursteuerung belegen das."

      Aus diesem Grund nennt man diese 3 Jahrzehnte die Goldene Zeit des Kapitalismus? Oder meinen sie die letzten 30 Jahre. Dort wurde versucht die neoliberale Politik zu etablieren. Ist sie gescheitert, wurde auf die keynsianische zurückgegriffen.

      "Doch ohne die Reformen der Agenda 2010, die insbesondere den Arbeitsmarkt flexibilisierten, wäre eine kräftige Erholung, wie sie von 2006-2008 stattfand, nicht möglich gewesen."
      Die Frage ist, zu welchem Preis. Die Exportüberschüsse stiegen (und müssen jetzt in Form von Rettungsschirmen geschützt werden), der Binnenmarkt stagnierte und man ist sehr exportabhängig.
      Der deutsche Weg funktioniert nicht für alle Länder gleichzeitig.

      "Man begnügt sich heute mit 1-2 Prozent der Wirtschaftsleistung, was jedoch nur ein leichtes Rülpsen verursacht."
      Wohl war. Man sollte versuchen Krisen durch vernünftige Marktregulierungen zu vermeiden. Dann braucht man sich auch nicht mit Konjunkturprogrammen herumzuschlagen.

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  9. 2) Staatsschulden übernehmen eine wichtige Rolle im Finanzwesen, weil sie einen relativ großen, verlässlichen Grundstock an Investitionsmöglichkeiten bieten. Würden sie komplett abbezahlt werden, wäre dies verheerend. Einen gewissen Grundstock an Staatsschulden braucht es für die Stabilität. Wie hoch dieser Grundstock ist, steht dagegen zur Debatte.

    Das freilich ist ein Argument. Sogar unabhängig von der Notwendigkeit von Staatsschulden als Sicherheit für (Giral- und Zentralbank-)-Geld zur Stabilisierung der Geldmenge.
    Allgemein kann der Staat, durch vermeiden prozyklischer Handlungen, ein stabilisierender Faktor in der Wirtschaft sein, auf den sich andere Wirtschaftsteilnehmer verlassen können. Es muss bloß in Maßen erfolgen, damit der Staat nicht durch seine Eigenschaft als "sicherer, harter Fels in der Brandung" nicht jede wirtschaftliche Dynamik und Wettbewerb und damit den Fortschritt erstarren lässt.

    Auch sollte eine solche "Stabilitätspolitik" nicht mit dem Versuch gleichgesetzt werden, gezielt "kontrazyklisch" zu Handeln. Nicht nur ist es schwer Wirtschaftszyklen genau zentralplanersich abzupassen, womit man unfreiwillig prozyklisch werden könnte. Vor allem ist, selbst wenn das kein Problem wäre, auch kontrazyklische Politik ein Unsicherheitsfaktor - denn wenn der Staat mehr Kaufkraft haben will, muss er sie anderen wegnehmen. Es steigen also entweder die Steuern oder potentielle private Kreditnehmer erhalten plötzlich stärkere Konkurenz durch den Staat auf dem Kreditmarkt oder es wird neues Geld gedruckt (mehr als durch Wirtschaftswachstum angemessen) und damit durch höhere Inflation die ganze Preis- und Finanzplanung der vielen Marktteilnehmer durcheinandergebracht. Dazu ist Inflation auch noch de facto ebenfalls eine Steuer auf Geldvermögen, neben den der Inflation originären Nachteile.

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    1. Ich stimme dir zu. Bestimmte kontrazyklisch Effekte lassen sich aber auch anders erreichen. Beispielsweise waren nach der alten, bis 1972 gültigen Rentenformel die Renten an die Lohnentwicklung angepasst worden - mit drei, vier Jahren Verzögerung. Das wirkte kontrazyklisch. Ließen sich nicht mehr solche Mechanismen einbauen? Theoretisch gesehen könnte man sogar die Schuldenbremse dafür nutzen, indem sie elastisch an irgendeinem Marker ausrichtet.

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    2. Ja, so einen Automatismus halte ich in diesem Falle für sinnvoll - auch weil er dem politischen Alltagsgeschäft hoffentlich etwas entzogen ist. Eine Abänderung einer grundsätzlichen Regel muss öffentlich rechtfertigt werden -anders als Details der Haushaltsposten, bei denen man schnell etwas aublähen kann.

      Warum hatte man 1972 überhaupt diese Rentenformel geändert?

      Wollte da eine Regierung ein Wahlgeschenk bereiten und hat die Rentenanpassung ein paar Jahre vorgezogen?

      Nicht sehr weitsichtig.

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    3. @ Techniknörgler

      Ich versuche mal, zwei Beispiele, einmal Staatsschuldenrückzahlung und einmal Staatsschuldenumschichtung durch Aufnahme eines neuen Kredites zu vergleichen.

      Nehmen wir einfach mal an, es gehe um 100 Mio €, diese sind überschüssige Haushaltsmittel. Jetzt unterscheide ich zwei Fälle: Im 1. Fall setzt der Staat die 100 Mio € überschüssige Haushaltsmittel dazu ein, die Staatsschulden um 100 Mio € zu reduzieren.
      Im 2. Fall setzt der Staat die 100 Mio € nicht zur Schuldenreduktion ein sondern er schichtet Schulden um, d.h. er zahlt Schulden zurück, indem er einen neuen Kredit dafür aufnimmt, und hat so 100 Mio € für Investitionen zur Verfügung.

      1. Rückzahlung
      Zahlt der Staat aus Steuereinnahmen die 100 Mio € an einen privaten Gläubiger zurück, dann kann der Staat logischerweise diese 100 Mio € nicht selber ausgeben, es sei denn, er würde neue Schulden aufnehmen, wovon wir jetzt aber mal nicht ausgehen. Es geht ja um Schuldenrückzahlung, nicht um Umschichtung. Der private Gläubiger hingegen hat 100 Mio € mehr und kann diese entweder selber investieren oder weiterverleihen. Die Frage ist aber, ob der das macht und ob das überhaupt geht. Hier unterscheide ich nochmal zwei Fälle.

      1.1. 100 Mio € als Kredit zur Verfügung stellen
      Der private Gläubiger entschließt sich, das Geld als Kredit zur Verfügung zu stellen, das heißt, er muss Kreditnehmer suchen, die bereit sind, 100 Mio € als Kredit aufzunehmen. Bei den Summen, um die es in der Regel bei Staatsschulden geht, sind das durchaus beträchtliche Investitionen. Das heißt, einen oder mehrere Kreditnehmer, die 100 Mio € als Kredit aufnehmen wollen, die muss man auch erstmal finden! Denn ein ganz großer Kreditnehmer fällt in diesem Beispiel ja aus! Der Staat nämlich! Wir hatten ja gesagt, dass der Staat die Schulden zurückzahlt und KEINE Umschichtung, also keine neuen Schulden aufnimmt.

      1.2 100 Mio € nicht als Kredit sondern zum Konsum
      Der private Gläubiger entschließt sich, 100 Mio € nicht als Kredit auf dem Markt zur Verfügung zu stellen, sondern dieses Geld irgendwie zu konsumieren.
      Realistisch gesehen handelt es sich ja nicht um den einen privaten Gläubiger, sondern in solchen Fällen oft um Pensionsfonds oder irgendwelche Investitionsfonds, die das Geld dann an ihre Kunden auszahlen.
      Diese Kunden, die "End"-Gläubiger, haben dann alle ein bischen mehr Geld in der Tasche. Im Falle eines Pensionsfonds wird dieses Geld eben über mehrere Jahre gestreckt und steht eben nicht auf einen Schlag zu Verfügung.
      Daraus folgen aber wieder zwei Fragen: Geben die "End"-Gläubiger, die das Geld jetzt teilweise oder ganz auf dem Konto haben, dieses Geld überhaupt aus? Und zweitens, wofür geben sie es aus? Welche Qualität hat ihr Konsum als Investition. Denn selbst wenn viele kleine private Endgläubiger gewisse Summen für Güter ausgeben, sich also neue Autos, Tauchausrüstungen oder Eigentumswohnungen oder Urlaube leisten, hat dieser Konsum nicht dieselbe Qualität wie gute staatliche Investitionen in Bildung, Infrastrukur oder Forschung o.ä.
      Wenn 10.000 Endgläubiger je 10.000€ ausgeben, hat das nicht dieselbe Wirkung wie wenn der Staat 100 Mio € ausgibt.

      Tatsächlich ist es so, dass jeder Euro, den der Staat spart, das BIP um 90 ct bis 1,70€ reduziert. Sagt der IWF.
      Siehe: http://lostineu.eu/die-kosten-des-sparwahns/


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    4. (II. Teil, Antwort auf Techniknörgler)

      2. Umschuldung der 100 Mio € Staatsschulden
      Angenommen, der Staat betreibt keine Schuldenreduktion sondern schichtet einen Kredit nur um. Das heißt, der Staat zahlt die hier angenommenen 100 Mio € an die privaten Gläubiger zurück, und nimmt gleichzeitig einen neuen Kredit über 100 Mio € auf.
      Dadurch stehen dem privaten Gläubiger natürlich wieder 100 Mio € zur Verfügung. Siehe 1.1

      Aber auch der Staat hat noch 100 Mio €, denn er hat ja den Haushaltsüberschuss von 100 Mio € nicht zur Reduktion von alten Staatsschulden verwendet. Die alten Staatsschulden hat er ja umgeschuldet. Jetzt kann der Staat die 100 Mio € zu Investitionen verwenden.


      Staatsschuldenreduktion verstärkt in Krisenzeiten eben die Krise. So einen Unsinn darf man nicht machen.

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    5. ... aber Ihnen ist schon klar, dass ein Faktor unter 1 de facto Verschwendung des Öffentlichen Sektors bedeutet (sunk costs)?

      Mit Ihren Prämissen werten Sie, was falsch ist, den wissenschaftlich will man das ja gerade erst herausfinden. Private Investitionen sind schwierig, Konsumausgaben nicht umbedingt vernünftig, während staatliche Investitionen vernünftig sind. An diesen Determinanten Ihres Modell lässt die Empirie doch erhebliche Zweifel. Der Unternehmenssektor ist nach wie vor der mit Abstand investivste einer kapitalistischen Volkswirtschaft. Jedoch liegt die private Investitionsquote trotz einer sehr hohen Sparquote auf einem historisch niedrigen Niveau von 16%, eine Steigerung um 10%-Punkte würde dem Niveau zu Beginn der 1970er Jahre entsprechen.

      Sie verkennen zudem den Markt für Kapital. Aufgrund der hohen Staatsverschuldung ist enorm viel "Sicherheitskapital" auf dem Markt, was ein wesentlicher Teil privater Anleger dem Risikokapital vorzieht. Damit attrahiert der öffentliche Sektor Kapital, das anders wachstumsfördernder eingesetzt werden könnte. Die Risikoprämien, die Unternehmen am Anleihemarkt zahlen müssen, steigen. Da nicht jede Investition jedoch hohe Zinsen abwirft, unterbleiben solche, die sich nicht zu marktgängigen Zinsen refinanzieren lassen. Damit schädigt der Staat mit seiner Verschuldungspolitik das Wachstumspotential der Volkswirtschaft.

      Der Staat investiert ja nicht mehr, wenn ihm eine dauerhafte Verschuldung untersagt wird. In der jungen Bundesrepublik war der Öffentliche Sektor in den Jahren zwischen 1949 und 1960 außerordentlich investiv, ohne sich nennenswert zu verschulden. Das Argument sticht nicht. Zudem sind öffentliche Projekte weit öfter von Fehlallokationen, also von Verschwendung gekennzeichnet. Der Staat plant weit häufiger zu groß oder zu klein, aktuelles Beispiel ist der Flughafen BER, der mit einer Kapazität von 26 Millionen Passagieren bereits bei seiner Inbetriebnahme voll ausgelastet sein wird. Andere Beispiele sind die vielen, in den letzten Jahren entstandenen Regionalflughäfen, die viel zu groß dimensioniert sind. Das wiederum ist das Schlimmste für eine Volkswirtschaft, die Verschwendung von Resourcen.

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  10. 3) Der Staat muss genauso wie Privatbürger auch Schulden machen, um größere Anschaffungen zu tätigen (Autobahnen bauen etc.). Das Geld zu sparen und dann alles auf einmal zu bezahlen ist keine Option.

    Ein valider Punkt.

    4) Der Staat kann nämlich überhaupt nicht im eigentlichen Wortsinne sparen, das heißt, Geld auf die Seite legen. Die Summen, in denen der Staat operiert und in denen er "sparen" würde, würden das System mit Liquidität fluten und damit das Finanzsystem destabilisieren. Dazu würden sie dem Wirtschaftskreislauf entzogen und Rezession fördern. Große Geldvorräte des Staates sind unerwünscht.

    Äh, sind die beiden Aspekte jetzt nicht etwas widersprüchlich?

    5) Daraus folgt, dass der Staat immer im Hier und Jetzt finanziert wird. Reicht dazu die Einnahmenseite nicht aus (und das tut sie normalerweise allenfalls für die anfallenden Kosten für den Betrieb des Staates und nicht für neue Projekte), so muss er Schulden aufnehmen.

    Neue Schulden sind aber die andere Extreme zur massenhaften Geldhortung durch den Staat. Neue Schulden meint natürlich Schulden, die nicht zur Rückzahlung alter Schulden dienen.

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    1. Du hast völlig Recht, das ist ein widersprüchliches Problem. Radikalismus in eine der beiden Richtungen aber scheint mir keine Lösung.

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  11. 6) Der Staat bezahlt Schulden ständig zurück. Die meisten Schuldverschreibungen sind auf fünf bis zehn Jahre begrenzt. Die Gesamtschulden ändern sich nur absolut nach unten, wenn der Staat weniger neue Schulden aufnimmt (um etwa alte Kredite abzulösen). Dies ist aber wegen der davon abhängenden Investoren nicht immer erwünscht.

    In wie fern sind die Interessen "der Investoren" in diesem Fall unserer aller Interessen? Bei Investitionen, die der Produktion von neuen Werten dienen, haben wir alle was davon. Bei "Investitionen", die nur der Rendite auf Kosten der Allgemeinheit (Zinsen aus Staatshaushalt) dienen, liegen im Interesse der Gläubiger des Staates. In wie fern liegt es im Interesse aller Wirtschaftsteilnehmer?

    7) Der Staat kann seine Schuldenquote (nicht die absolute Zahl) reduzieren, wenn die Wirtschaft wächst. Die Schuldenzahl bleibt gleich, aber die gestiegene Wirtschaftsleistung macht die Belastung insgesamt kleiner. Dies ist der normale Weg, mit dem der Staat seine Schulden langfristig unter Kontrolle hat (oder eben auch nicht).

    Yep, siehe Schweiz. Das geht. Und wäre auch sinnvoll. Denn neue Schulden machen, um die Staatsausgaben konstant zu halten (nicht auszubauen, also nicht anti-zyklisch im Sinne von Konjunkturprogrammen) ist eine Sache, die der Stabilisierung dienen kann. Wenn jedoch dauernd neue Schulden gemacht werden, dann läuft etwas schief. Im all zu großen Umfang würde man bei privaten Unternehmen nicht umsonst von Insolvenzverschleppung reden: Man verbraucht mehr, als neues reinkommt - das kann nicht gut sein.

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    1. 6) Das ist die Frage, was? ^^ Kann man nur im Einzelfall entscheiden, oder?

      7) Absolut, und ich stimme dir völlig zu, dass das nicht funktionieren kann. Genausowenig kann ein reiner auf Schudlenabbau fixierter Austeritätsprozess funktionieren, der diesen Stabilisierungsfaktor außer Acht lässt.

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  12. 8) Ein letzter, gefährlicher Weg ist Inflation. Ist der Staat in seiner eigenen Währung verschuldet, kann er prinzipiell die Inflation anheizen und die Schulden so loswerden. Alternativ kann die Zentralbank schlicht Staatsschulden aufkaufen, wenn diese auf dem freien Markt nicht attraktiv sind. Beides hebelt den normalen Marktmechanismus aus.

    Yep, vor allem ist eine solche de-facto Steuer auf Geldvermögen etwas, dass hauptsächlich den Durchschnittsbürger trifft.

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    1. Was aber unter Umständen eine valide Option sein kann. Das Problem ist vielmehr, dass sich die politisch gewollte und herbeigeführte Inflation nur schwer kontrollieren und einhegen lässt - ein bisschen wie ein Waldbrand zur Forstkontrolle...

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  13. Ausgerechnet der erste Punkt ist eines der größten und mit am meisten verbreiteten Missverständnisse und Fehlannahmen.

    Die andere Punkte, insbesondere die Ankerfunktion zur Stabilisierung (im Rahmen und ohne Selbstüberschätzung des Staates und seiner Zentralplaner), sind mE nach zutreffend.

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  14. > Die andere sind Steuersenkungen und Subventionen.

    Subventionen natürlich, aber wenn auch Steuersenkungen als "Geld ausgeben des Staates mit vollen Händen" bezeichnet werden, wird es zu einer nutzlosen Kategorie. Wenn jeder durch den Staat ausgegebene Euro als von Politikern ausgegeben betrachtet wird, aber auch jeder Euro, der den Bürgern von ihrem privaten Verdienst erst gar nicht genommen wird, dann gibt es überhaupt gar keinen Unterscheidung mehr zwischen Staatsausgaben/Staatsgeld und privater Kaufkraft - alles würde der Politik zugeordnet werden. Damit wird die Kategorie beliebig und verliert all ihre Aussagekraft. Wir hätten eine Staatsquote von 100% - direkt aus der Definition folgend. Ob der Staat etwas einzieht (als Zwangsabgabe/Steuer) oder nicht - es würde als gleich betrachtet werden, als sei es egal. Dadurch wird es aber nicht egal.

    Möchte man zwischen den beiden Sachen differenzieren um faktisch bestehende Unterschiede zwischen staatliche und privater Kaufkraft analysieren, dann muss man zwischen den beiden Sachen differenzieren. Klingt trivial - ist es auch.

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    1. Hast völlig Recht, da habe ich mich wesentlich zu unscharf ausgedrückt.

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  15. Sehr geehrter Herr Sasse,

    "Alternativ kann die Zentralbank schlicht Staatsschulden aufkaufen, wenn diese auf dem freien Markt nicht attraktiv sind. Beides hebelt den normalen Marktmechanismus aus."

    Von welchem Währungssystem sprechen Sie ? Was meinen Sie mit Marktmechanismus ?

    Weder in den USA noch in Europa darf die Zentralbank am Primärmarkt Staatsanleihen kaufen. Dennoch unterscheidet sich der Primärmarkt in den USA und in Europa fundamental: In den USA wird der Zins für Staatsanleihen auf dem Primärmarkt im Zusammenspiel mit der Zentralbank politisch bestimmt (entgegen weitverbreiteten anderen Gerüchten). In Europa wurde vor Ankündigung der OMT durch die EZB der Zins für Staatsanleihen ausschließlich durch die "Märkte" bestimmt. Nunmehr sind auch in Europa diese Zeiten vorbei, allerdings möglicherweise nur vorübergehend bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Schuldnerländer endgültig ruiniert sind.

    Die Mutter aller Staatsfinanzierung in Fiat-Money Systemen ist ein Überziehungskredit bei der Zentralbank. Davon gibt es dann verschiedene Abwandlungen; OMT in Verbindung mit dem Potential von EFSF/ESM, am Primärmarkt zu agieren ist die am weitesten reduzierte Form, hebelt aber die Märkte bereits erfolgreich aus. Ausgaben und Steuern sind reine Mittel, Geld in den Kreislauf einzubringen und Geld dem Kreislauf wieder zu entziehen

    Wenn Ihnen das alles spanisch oder chinesisch vorkommt, kann ich es Ihnen nicht verdenken.

    Sie finden entsprechende Erläuterungen zum Thema im Netz unter Modern Money Theory.

    Mit freundlichen Grüßen

    E.J.

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    1. Da kenne ich mich zu wenig aus, um fundiert antworten zu können.

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    2. Bei soffisticated mitlesen :

      http://soffisticated.wordpress.com/

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  16. Der Artikel geht von einer fehlgeleiteten Annahme aus. Keynes, der Urvater der Theorie über Konjunktursteuerung mittels Staatsverschuldung, begründete seinen Ansatz mit der antizyklischen Ausgabenpolitik des Staates. Auf dieses Theorie beriefen sich Generationen von linken Politikern und Wissenschaftlern. In den 1990er Jahren wurde jedoch zunehmend klar, dass eine solche Konjunkturpolitik nicht demokratischen Gepflogenheiten kompatibel war, die Politik scheiterte stets an dem zweiten Satz Keynes, wonach in Boomphasen Schulden zurückzuzahlen wären.
    Dies bedeutete das Scheitern des Keynesianismus, was zwar zum Siegeszug des Neoliberalismus führte, was die eingefleischten Anhänger jedoch niemals eingestehen wollten. Man suchte nach neuen Begründungen und fand sie zuerst darin, dass es ja echte Boomphasen seit den 1970er Jahren gar nicht mehr gegeben hätte. Diese Theorie trug jedoch aus naheliegenden Gründen nicht weit und so sind die Vulgärkeynesianer nun bei der Theorie angekommen, dass eine bestimmte Staatsverschuldung, die mit dem Wirtschaftswachstum zunimmt (oder manchmal sogar vorangeht) durchaus wünschenswert sei. Man erkennt schon: Keynesianer können von ihrer Theorie nicht lassen und ändern deshalb die Begründung.
    Was sind Staatsschulden und warum leihen Private dem Staat Geld? Mit der Begehung von Anleihen verpfändet der Staat zukünftige Steuereinnahmen. Private sind nur solange bereit, Staaten Kapital zu leihen, wie sich die Staaten als fähig erweisen, die Staatsschulden aus Steuermitteln bezahlen zu können. Schwindet dieses Vertrauen, so schwindet auch die Bereitschaft, Kapital zu verleihen. Dafür sind heute Griechenland, Spanien, Italien und Portugal beredete Beispiele. Die Bürger sind nämlich nicht so dumm, das Spiel nicht zu durchschauen, dass der Staat mit neuen Krediten alte ablöst. So ist die heutige Staatsschuldenkrise keine Verschwörung der Finanzmärkte, sondern die Konsequenz aus verlorenem Vertrauen.
    In einer Welt ohne Staatsschulden gäbe es nicht nur weniger Anlagemöglichkeiten für Private. Dieses Argument ist ohnehin sehr relativ. Was haben die Bürger von Anleihen, die nicht mal die Inflationsrate abdecken oder wegen der Ausgabenpolitik des Staates so riskant geworden sind, dass das Verlustrisiko die Risikoprämie übersteigt? Ohne Staatsschulden könnte in Deutschland der Einkommensteuertarif um 5-8 Prozentpunkte sinken, jeder Bürger wäre wohlhabender, zumal ein Drittel der deutschen Zinszahlungen an Ausländer gehen. Die Leistungen für Arbeitslose könnten verdoppelt oder die Renten um 20 Prozent erhöht werden.
    Durch Rücknahme der Staatsschulden würden also dauerhaft höhere Staatseinnahmen generiert, was implizit der renommierte Harvard-Professor Rogoff in einer aufsehenserregenden Studie nachgewiesen hat. Und es ist kein Naturgesetz, dass Ökonomien stetig wachsen, dies ist abseits des Staates an Bedingungen geknüpft. So lässt sich z.B. nachweisen, dass zwischen 1980 und 2000 das deutsche Wirtschaftswachstum fast ausschließlich auf der Zunahme der Staatsverschuldung beruhte. Jeder Ökonom weiß jedoch, der Wohlstand einer Nation definiert sich aus den Vermögenswerten abzüglich der Schulden.

    Deutschlands Bevölkerung schrumpft, sie wird älter und damit weniger produktiv und innovativ. Es ist lediglich eine Frage der Zeit, wann das schuldenneutrale Wachstum zum Erliegen kommt. Dann steigt aber, wie selbst die Keynesianer festgestellt haben, der relative Schuldenstand und erdrosselt erst recht die Wirtschaftskraft. Wir sitzen also, wie die meisten westlichen Ökonomien, auf einer demographischen Zeitbombe. Es ist höchste Zeit, umzusteuern.

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    1. Wie groß ist denn überhaupt der Anteil von Normalbürgern am Staatsanleihenmarkt? Deren "Durchschauen" oder nicht "Durchschauen" ist doch gegenüber den institutionellen Anlegern total egal.
      Und ich kann mangels Fachkenntnissen nicht Rogoff beurteilen, aber mir erscheint es, ich lebe lieber mit Staatsschulden im Wohlstand des Jahres 2000 als ohne in dem des Jahrs 1980.

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    2. "Ohne Staatsschulden könnte in Deutschland...."

      Das stimmt aber nur unter der Annahme, dass die Staatsausgaben in den vergangenen Jahren nicht sinnvoll eingesetzt wurden. Ist dies nicht der Fall, hätten sie auch früher durch Steuern finanziert werden müssen.

      "Mit der Begehung (gemeint ist vermutlich: Begebung?) von Anleihen verpfändet der Staat zukünftige Steuereinnahmen."

      Auch das stimmt nur, wenn diese Mittel nicht produktiv eingesetzt wurden, das Volkseinkommen also nicht erhöht haben.

      Sie trauen dem "Staat", also den von den Bürgern gewählten Politikern und den von ihnen eingesetzten Beamten einfach nicht zu, Mittel sinnvoll zu verwenden. Ich bin das nicht so pessimistisch.


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    3. @Stefan Sasse

      ich lebe lieber mit Staatsschulden im Wohlstand des Jahres 2000 als ohne in dem des Jahrs 1980.

      Das liegt an Deinem Alter. 1980 hatte Deutschland schon ein sehr hohes Wohlstandsniveau und in den letzten 15 Jahren sind die Einkommen breiter Schichten ja auch relativ nicht gestiegen. Der Unterschied: damals hatten wir weniger Schulden.

      10 Prozent der deutschen Staatsverschuldung (200 Mrd. EUR) liegt direkt in den Händen nicht-finanzwirtschaftlicher Institute. Nach den Zahlen von Eurostat liegen darüberhinaus 55 Prozent bei ausländischen Investoren.

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    4. @CitizenK

      Mein Staatsverständnis ist, dass sich der Staat auf das beschränkt, wo er Kompetenz besitzt. Das trifft auf viele Bereiche nunmal nicht zu.

      Auch ein Unternehmen, das Kredite zur Finanzierung einer Investition aufnimmt, verpfändet zukünftige Erträge, nämlich die Erträge der Investition. Das ist ein Prinzip. Ein Finanzier will an dem partizipieren, was er finanziert.

      Dass der Staat vor allem Investitionen nicht ordentlich finanzieren kann, zeigt sich ja permanent. Es beginnt schon damit, dass er aus demokratischer Notwendigkeit Kosten stets zu niedrig und Erträge zu hoch ansetzt. Es setzt sich damit fort, dass Staaten sich konsequent weigern, eine angemessene, weil detaillierte Buchführung zu implementieren.

      Nach einer älteren Studie wurden mehr als die Hälfte der Mittel aus dem Solidarpakt I nicht für Investitionen in Ost-Deutschland, sondern für Konsumausgaben (Sozialtransfers) verwandt. Sie haben Recht, das hätte aus Steuermitteln bezahlt werden müssen. Wurde es aber nicht und zwar aus dem immer gleichen Grund: die tatsächlichen Kosten von Staatstätigkeit zu verscheiern.

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    5. @InDubio: Schon, aber das Wachstum in diesen Jahren hat ja durchaus für Verbesserungen besonders an Technik gesorgt.

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    6. ... deswegen ist ja die Lebensqualität nicht sonderlich gestiegen. Außerdem übersiehst Du völlig, dass Schulden Kosten verursachen: wir müssen höhere Steuern zahlen, behalten also von unserem Einkommen weniger zur eigenen Verfügung übrig. Oder wir erhalten weniger Leistungen, was sich ebenfalls monetär niederschlägt. Wie Du's drehst und wendest: Steigt das BIP nicht schneller als der Schuldenstand, hast Du mit Zitronen gehandelt.

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  17. "Schulden sind schlecht, und man will sie schnellstmöglich loswerden, wenn man sie hat. Das ist nachvollziehbar, denn die Schulden haben keinerlei positiven Effekt auf den, der sie hat - stattdessen muss er Zinsen bezahlen, umso mehr je mehr Zeit er sich mit der Rückzahlung lässt." Selbst diese Begründung der schlechten Reputation von Schulden aus der privaten Lebenserfahrung ist oberflächlich und so nicht zu halten. Ermöglichen Schulden nicht auch im Mikro-Ökonomischen Umfeld, im Privatwirtschaftlichen und in den Haushalten, eine Einkommenserhöhung, wenn sie Investiv genutzt werden? Bringt eine neue Maschine nicht erst die Kapazität für größere Aufträge? Oder wie sieht es aus mit dem kreditfinanzierten (mittels Schulden) gebauten Eigenheim, mit dem sich die schäbische Hausfrau früher oder später die monatlichen Mietzahlungen erspart? Ja, auch das ist eine Seite der Schulden im Kleinen, von der man von "der besten aller Bundesregierungen seit de"m Beitritt nichts hört...

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    1. Ermöglichen Schulden nicht auch im Mikro-Ökonomischen Umfeld, im Privatwirtschaftlichen und in den Haushalten, eine Einkommenserhöhung, wenn sie Investiv genutzt werden?

      Eine beliebte Begründung, die jedoch wegen ihrer Pauschalität falsch ist. Im Gegensatz zu Privaten und Unternehmen sind Staatsschulden nicht an eine bestimmte Investition gekoppelt. Der Staat bilanziert auch ganz anders, er hat eine kameralistische Buchführung, die noch aus dem Merkantilismus stammt. Er betrachtet Einnahmen und Ausgaben, statt Aufwendungen und Erträge (in den USA ist das anders!). Eine Investition muss üblicherweise mit Eigenkapital unterlegt sein und das Darlehen läuft in Abhängigkeit von den Erträgen der Investition. Auf solche ökonomischen Betrachtungen verzichtet der Staat.

      Deswegen zahlen wir heute noch Zinsen für die Finanzierung des Hochschulbaus in den 1970er Jahren, obwohl die Universitäten längst baufällig geworden sind. Eine private Investition funktioniert so nicht. Das schafft keinen Wohlstand, denn das Vermögen einer Gesellschaft definiert sich nach den Werten abzüglich den Schulden.

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    2. Deine Kritik scheint mir hauptsächlich eine Formalie zu sein. Letztlich ist es doch egal, wie das was definiert wird, entscheidend ist, was rauskommt. Und wie hättest du denn den Hochschulausbau finanziert?

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    3. Hätte man also die Hochschulen damals nicht bauen sollen? Dann hätte ich möglicherweise keinen Platz bekommen und würde heute weniger Steuern zahlen. Das Volkseinkommen, aus dem die Zinsen bezahlt werden, ist in toto gewachsen, allerdings sehr ungleich verteilt. Ob die, denen der Zuwachs zufloss, diesen auch verdient haben, wäre zu diskutieren.

      Der Hinweis auf die "Baufälligkeit" (suggeriert Geldverschwendung) gehört zum von Stefan Sasse so genannten "Narrativ" - das kann er nicht lassen ;-) und zum "Framing" das ist neu.

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    4. Ihre Einwände zeigen doch nur, dass das Argument (wir machen das wie bei Unternehmen auch...) nicht funktioniert. Denn dem Staat fehlt die Bereitschaft, sich an die Regeln zu halten. Und es zeigt, dass Sie eine gehörigen Portion Egoismus besitzen. Man kann ja rechtfertigen, dass ein Teil des Hochschulausbaus über Kreditaufnahme finanziert wird. Dann müssen diese Befürworter jedoch mit der gleichen Beharrlichkeit darauf drängen, die Kredite konsequent zurückzuführen, damit später Neuinvestitionen durchgeführt werden können. So bedienen Sie sich einfach: lass andere den Ausbau finanzieren, ohne dass ich auch nur ein Scherflein beitrage und später entsprechend Steuern entrichte.

      Ich halte von solchem Egoismus nichts, er schränkt die Möglichkeiten meiner Kinder ein. Während Sie nämlich in neuen Einrichtungen studieren konnten, müssen meine Kinder mit den abgewetzten, heruntergekommenen Sachen auskommen.

      Es gäbe Alternativen, das sauber zu lösen.
      (1) Der Staat stellt endlich seine Bilanzierung auf moderne Rechnungslegung um. Darin werden Schulden den Investitionsobjekten zugeordnet und an ihre Laufzeit angepasst. Kredite, die nicht zugeordnet werden können, müssen schnell getilgt werden. Dann wären Sie ehrlich, denn Sie müssten tatsächlich den Staatskonsum bezahlen, den Sie fordern, statt sich einen schlanken Fuß zu machen.

      (2) Es werden Studiengebühren (zeitlich mit dem Studium oder nachgelagert) erhoben, so dass die Investitionssumme auf 1 Generation (20 Jahre) verteilt wird. Das würde dafür sorgen, dass diejenigen, die tatsächlich die Hochschulen nutzen, diese auch bezahlen. Und es würde dafür sorgen, dass sich junge Menschen sehr genau überlegen, was sie studieren. Und nicht einfach zur Uni gehen, weil sie gerade nichts Besseres zu tun haben.

      (3) Es wird eine auf eine Generation befristete Sonderabgabe erhoben. Dazu müsste allerdings zuerst der Soli abgeschafft werden. Eine solche Abgabe würde dafür sorgen, dass gerade Hochverdienende die Kosten tragen.

      Eine ausufernde Staatsverschuldung ist jedoch nicht notwendig, um einmalig Bildung zu finanzieren.

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    5. @InDubio: Sorry, da muss ich deutlich widersprechen. Wie ich im Artikel dargelegt habe kann der Staat nicht einfach mal ein paar Jahre für den Hochschulausbau zurücklegen und sparen, damit à la Bausparvertrag nur ein Teil über Schulden finanziert wird. Und wenn wäre es eh nur ein Bruchteil. Die Studiengebühren können nie im Leben die Kosten decken, höchstens (!) die laufenden Kosten, und selbst das wohl nicht. Ansonsten wären sie so hoch, dass das Studieren nur für Reiche interessant ist. Ich kann euch deine Abschreckungsidee nicht teilen; die meisten Leute wissen zu Anfang durchaus, was sie wollen, und stellen vielleicht zwischendurch fest, dass sich ihre Prioritäten geändert haben oder sie es sich anders vorgestellt haben - ein völlig normaler Prozess. Leute wechseln ja auch ihre Jobs.
      Zu 3) stimme ich dir zwar zu, verweise aber wieder auf den Artikel von mir: es ist politisch wesentlich leichter durchsetzbar, das schuldenfinanziert zu machen als über eine Abgabe.

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    6. Gegen nachgelagerte Studiengebühren habe ich nichts. Wohl aber gegen die Studienfachwahl nach voraussichtlichem Verdienst.
      Erstens: Viele erfolgreiche Menschen raten, das zu studieren, wofür man sich wirklich interessiert. Dann kommt der Berufserfolg oft auch auf einem anderen Gebiet. Man lernt ja nicht nur ein Fach, sondern wissenschaftliches Arbeiten - hoffentlich.
      Zweitens: Der "Schweinezyklus" ist Ihnen sicher auch ein Begriff. Am Anfang meines Studiums sagte unser Kultus(!)minister, mit Lehrern könne er "die Straßen pflastern". Kurz nach Ende suchte seine Behörde Lehrer mit Stellenanzeigen, warb sie von anderen Bundesländern ab.

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    7. @Stefan Sasse

      Wieso ein paar Jahre sparen? Wie Unternehmen auch, verschafft sich der Staat Handlungsspielraum, wenn er Kredite tilgt. Das hat die Schröder-Regierung mit den Einnahmen aus den UMTS-Lizenzen gemacht, das machen die Skandinavier, wenn sie Haushaltsüberschüsse erwirtschaften. Ein Staat, der Überschüsse fährt, kann mit dem Hochschulbau beginnen.

      Du musst Dir schon klar werden, wie Bildung finanziert werden soll. Mit einem dauerhaften Defizit? Gegen Unendlich funktioniert das nicht, das ist Mathematik. Ansonsten sind noch Besserverdiener in der Verlosung, die ohnehin den Großteil der Staatslast tragen. Diese haben nur in den meisten Fällen heute einen Hochschulabschluss, finanzieren also de facto die Bildung. Nur ist die Abgrenzung nicht sauber, ein Teil der Akademiker ist eben nicht in der Lage, eine nennenswerte Bildungsrendite zu erwirtschaften. Das ist für die Gesellschaft rausgeschmissenes Geld. So wird die Schicht, die die Hochschulbildung tragen kann, noch dünner statt breiter. Sorry, das führt never zu einer soliden Staatsfinanzierung.

      Hm, in meinem Studium waren durchaus ein paar (meist Mädels), die studiert haben, bis sie etwas Besseres gefunden hatten. Die eine flog leider erst im Examen raus und versaute mir nebenbei im Mündlichen eine etwas bessere Note durch eine hirnrissige Themenwahl. Meine in Spanien lebende Schwester bat mich vor Kurzem um Vermittlung einer Absolventin, wo man sich bald gefragt hat, wofür das Mädchen studiert hat. Angeblich wollte sie umbedingt nach Deutschland. Selbstredend hatte sie eine Power wie eine Schlaftablette.

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    8. @CitizenK

      Wenn die Studierenden später die Kosten für ihr Studium abtragen müssen, wird dies schon ihre Wahl beeinflussen.

      Richtig, das Wesentliche, was man im Studium lernt, ist strukturiertes Arbeiten. Von dem einmal gelernten Wissen kann man bestenfalls 3-5 Jahre zehren. Aber: der Berufserfolg hängt davon ab, wie man an eine Sache rangeht. Wer ein Studium einfach als die Verlängerung der Schulzeit ansieht, wird keine Karriere machen. Ich habe unzählige Lebensläufe studiert, warum jemand stecken bleibt, dafür findet sich schon sehr früh die Begründung.

      Beispiel, was ich mal vorliegen hatte: Der Kandidat hatte nach 6 Semestern erfolglos das Vordiplom seines ersten Studienfachs abgebrochen (offensichtlich stieg er erst aus, nachdem er endgültig durch alle Klausuren gefallen war). Anschließend begann er ein neues Studium. Man hätte jetzt erwartet, dass der Kerl etwas Gas gibt, doch mitnichten. Nach 7 Jahren hatte er es mit schlechtem Abschluss geschafft. Anschließend dauerte es zwei Jahre, bis er auf niedrigem Niveau den Berufseinstieg schaffte. Selbstredend, nach zwei Wechseln war er arbeitslos. Das hat nichts mit den Ungerechtigkeiten des Lebens zu tun, dieser Mensch hat den Sinn des Lebens nicht verstanden und lebte ohne Ziel.

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  18. "Und nicht einfach zur Uni gehen, weil sie gerade nichts Besseres zu tun haben."

    Tolle Einschätzung. So Professionell, wissenschaftlich und faktenbezogen. Hut ab!

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    1. Ja, diese Frage muss man sich bei manchem Studierenden stellen. Wie kommt es sonst, dass knapp halb soviele junge Menschen Germanistik studieren wie BWL? Oder nahezu genauso viele Erziehungswissenschaften wie Elektrotechnik, obwohl es dafür noch gar nicht ausreichend Stellen gibt? Oder warum gibt es weit mehr Anglizisten als Bauingenieure, obwohl heute jeder im mittleren Management hervorragend Englisch spricht und Übersetzer nicht benötigt werden? Warum gibt es so elend viele Juristen, trotzdem die Verdienstaussichten eher bescheiden sind?

      Die einzig plausible Antwort: weil für manchen Studierenden die späteren Erwerbsmöglichkeiten nicht das Hauptmotiv sind.

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    2. Oh nein, wie schlimm, Leute studieren das woran sie interessiert sind und nicht dass wo sie am Ende am meisten verdienen. Das Ende ist nah!!111!

      Oder wie soll ich das verstehen?

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    3. Tja, jetzt haben Sie gerade bestätigt, was Sie zuvor verneint haben. Das passiert, wenn das Argument von hinten kommt.

      Wie schaut's denn nun aus? Sollen Studenten über höhere Steuerzahlungen später für die Kosten ihrer Ausbildung aufkommen? Dann müssen sie in der Lage sein, ein höheres Einkommen zu erzielen. Das ist nicht mit jedem Studiengang möglich. Just for fun - dafür ist die Gesellschaft, die Solidargemeinschaft nicht da.

      Sie müssen sich schon überlegen, wie Sie argumentieren wollen.

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    4. Ich hab hier doch gar nichts verneint.

      "Just for fun - dafür ist die Gesellschaft, die Solidargemeinschaft nicht da."

      Du wirst nicht unermüdlich mit den oberflächlichen Betrachtungen weiterzumachen, also das was ich dir ursprünglich eigentlich sagen wollte. Ohne Betrachtung ob deine Annahme, wer studieren kann der muss sämtliche Finanziellen Nachteile später indirekt (und vor allem: selbst) ausgleichen, tatsächlich stimmt, und ob es überhaupt schlimm wäre wenn nicht, macht das ganze hier null Sinn.

      Aber um die Frage zu beantworten: am Ende dürften die Vielverdiener die Gerinverdiener wohl sowieso ausgleichen, Steuermässig. DAS bedeutet Solidargemeinschaft.

      Freie Bildung ist doch ein beliebtes und gängiges Ideal für eine Gemeinschaft, solange man nicht als einzigstes Kriterium das Geld hernimmt, so wie du.

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    5. So, dann sind wir also dabei, dass die BWLer die Anglizisten aushalten sollen. Warum? Weil sich Anglizisten die Freiheit nehmen, zu studieren, was sie wollen, während BWLer darauf schauen, dass sie Staatsbürger werden, die dem Staat später viel zurückgegeben können. Entschuldigung, Ihr habt ein ziemlich verquorenes Bild von Solidarität.

      Der solidarische Gedanke kommt aus der Familie. Eine Familie trägt einen, wo dies notwendig ist, nicht um Flausen zu ertragen. Wenn jemand just for fun studieren will, soll er gefälligst die Kosten dafür selber tragen. Das Ganze muss schließlich bezahlt werden. Free Rider gibt es wahrlich genug.

      Ich habe gezielt Fächer studiert, die mir ein konstant hohes Einkommen verschaffen. Genauso hat es meine Schwester praktiziert. Ich habe durchaus eine Bereitschaft, damit Menschen zu unterstützen, die aufgrund limitierter Möglichkeiten schlechter gestellt sind und einen sehr hohen Anteil zum Gemeinwohl beizutragen. Was ich nicht bin, das Lebensmodell von Leuten zu finanzieren, die meinen, zu einer solidarischen Gesellschaft sollen immer nur andere beitragen.

      Wenn ich mich dereinst zur Ruhe setze, werde ich ein Studium beginnen, auf das ich mich schon früh gefreut habe. Zum Broterwerb jedoch wäre es eine schlechte Wahl gewesen.

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    6. Am Ende läuft es also auf die Klassiker "Ich habe das so gemacht, das kann nur gut gewesen sein" und "diese Schmarotzer!!11!" hinaus. Was ist das denn für eine Argumentation?

      Doof auch, dass der Sinn eines Studiums nicht ist zu einem "möglichst produktiven Teil der Gesellschaft" (das darfst du mir gern mal genau definieren) zu werden, sondern sich Wissen anzueignen und die Ausbildung einer gebildeten, sozial kompetenten, erfahrenen und gefestigten Persönlichkeit. Das ist keine Ausbildung.

      Dass mag Bologna heute pervertiert haben (ich schätze mal an das findest du auch toll, aber damit studieren musstest du nicht), aber nichtmal da wurden einfach mal diverse "unproduktive" Wissenschaften rausgeworfen wie du das anscheinend gern hättest. Hast du irgende Privatfehde zwischen dir und sämtlichen Geisteswissenschaften laufen oder was?

      Du kannst mir jedenfalls nicht erzählen dass die Ausbildungskosten in einem deiner flausigen Studienfächer so hoch wären, dass man im gesammten Leben (!) das nicht indirekt "zurückzahlt".

      Nebenbei: Ich kenne und habe auch noch nirgends einen Studiengang über Anglizismus gesehen. Ich nehme mal an du meinst Anglistik, dann hieße es wohl Anglistiker.



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    7. Am Ende läuft es also auf die Klassiker "Ich habe das so gemacht, das kann nur gut gewesen sein" und "diese Schmarotzer!!11!" hinaus. Was ist das denn für eine Argumentation?

      Die Natürliche. Würden, wie in früheren Zeiten und heute noch in den meisten Staaten üblich, die Studierenden bzw. deren Eltern und Angehörigen die Kosten der weiterführenden Ausbildung tragen, so würde das familiäre, das solidarische Umfeld den jungen Leuten gehörig Beine machen, genau so zu handeln, wie ich es beschrieben habe. Die Entkoppelung von jenen, die etwas bezahlen und jenen, die es in Anspruch nehmen, führt zu der Laissez Faire-Haltung.

      (..) sondern sich Wissen anzueignen und die Ausbildung einer gebildeten, sozial kompetenten, erfahrenen und gefestigten Persönlichkeit.

      Wie oben an CitizenK geschrieben lernt man im Studium dauerhaft nur, strukturiert, also "produktiv" zu arbeiten. Das erlernte Wissen ist nach 3-5 Jahren weg, vergessen, veraltet. Soziale Kompetenz wird im Kindergarten und in der Schule erlernt, Hochschulen sind dafür der falsche Ort. Sonst sollte man einen Großteil des Prekariats genau dorthin schicken.

      Du kannst mir jedenfalls nicht erzählen dass die Ausbildungskosten in einem deiner flausigen Studienfächer so hoch wären, dass man im gesammten Leben (!) das nicht indirekt "zurückzahlt".

      Das hättest Du an Stefan Sasse schreiben sollen, der genau so argumentiert: die Kosten der Hochschulen seien so hoch, dass sie nicht durch Studiengebühren, verteilt auf eine Generation, zu tragen wären.

      Du übersiehst meinen argumentativen Ansatz. Irgendjemand muss für die Kosten der Bildung aufkommen. Naheliegender Weise sollten das jene sein, die direkt davon profitieren. Deswegen bin ich zwar prinzipiell für Studiengebühren, lasse mich jedcoh - siehe oben - von anderen Alternativen überzeugen, die keine dauerhafte Staatsverschuldung beinhalten. Es ist jedem unbenommen, zu studieren was er mag. Solange er für die von ihm verursachten Kosten aufkommt.

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    8. Hier die Lösung der Bildungsfinanzierung für dich in Kürze zum nachdenken : ist aber Nobelpreispflichtig ...

      Persönliche Bildungszertifikate (neues Geld), das alle Kosten (-arten) der jeweiligen Ausbildungen (Doppik für Schulen und Universitäten)sammelt und mit dem Abschlusszertikat durch den Arbeitgeber des Absolventen steuerrechtlich und handelsrechtlich / EU-weit abgeschrieben werden kann. Die verschiedenen Ausbildungsgänge, Zertifikate werden EU-weit systematisiert und durch AfA bestimmt. Wer abschliesst hat ein persönliches handelbares Gut auf den Zertifikat.
      enjoy your thinking !

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  19. Wenn es zutrifft,"dass die BWLer die Anglizisten aushalten", dann darum, weil die BWLer für ihre Arbeit viel Kohle erhalten. Wenn ich Sie richtig verstehe("die mir ein konstant hohes Einkommen verschaffen"), dann könnte das auf Sie zutreffen. Doch warum kriegen BWLer soviel Kohle, wo doch fast jeder der ernsthafte Arbeit leistet, die Erfahrung gemacht hat, dass die BWLer Sand im Getriebe, wenn nicht Gift im Betrieb sind. Welchen Nutzen bringen denn BWLer der Gesellschaft, neben der Tatsache, dass sie aufgrund ihres hohen Einkommens ordentlich Steuern zahlen (wenns wahr ist)? Was erfinden die BWLer? was produzieren sie? Ok ich übertreibe, es soll mal einen gegeben haben, der einen Ablauf verbessert haben soll.

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  20. Mehr Geld als BWLer erhalten Wirtschaftsingenieure oder Mathematiker. Tatsächlich wachsen in hochkomplexen Volkswirtschaften vor allem die Anforderungen an Organisation und Management. Betriebswirtschaftslehre ist die Lehre von der Organisation von Prozessen. Die Spreizung bei der Bezahlung von Absolventen der Betriebswirtschaft läuft wie bei einigen anderen Studienfächern zwischen Durchschnittseinkommen und Verdiensten von 100.000 - 150.000 EUR. Sie ist also sehr groß und abhängig von Werdegang, Erfahrung und Know-how. Dafür können Universitäten nur sehr bedingt etwas.

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  21. Nun sind ja Hochschulen, die heute ja fast alle "Universitäten" heißen (eine "Technische" Universität ist aber eigentlich ein Widerspruch in sich), keine Berufsschulen. Dabei dienen diese auch der Erzielung eines höheren Einkommens, sind aber kostenlos. Das Verursacher-Prinzip bei den (Aus-) Bildungskosten ließe sich nach unten verlängern. Soll dann auch für die Oberstufe dann wieder Schulgeld bezahlt werden? Auch schon in der Grundschule lernt man Dinge, die das BIP nicht steigern wie Musik, Zeichnen oder Waldtiere.

    Worauf ich hinauswill: Vielleicht sollten wir "Bildung" allgemein doch als Gemeinschaftsaufgabe auffassen. Damit ziehe ich mein eigenes Argument für nachgelagerte Studiengebühren wieder in Zweifel.

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  22. Okay, kann man auch so sehen. Damit haben wir aber ein Entscheidungsproblem. Bei den Staatsausgaben haben wir mit 47% Staatsquote heute das Niveau erreicht, das in Deutschland von Mitte der 70er Jahre bis zur Wiedervereinigung galt. Zur Bewältigung der einigungsbedingten Kosten schnellte der Anteil zeitweise auf über 50 Prozent hoch, aber das war eine Sondersituation. Wenn wir also zusätzliche Bildungskosten von 2-3 Prozent des BIP unterbringen wollen, müssen wir an anderer Stelle abrüsten. Was schlagen Sie vor?

    Auch schon in der Grundschule lernt man Dinge, die das BIP nicht steigern wie Musik, Zeichnen oder Waldtiere.

    Das stimmt nicht. Bildungsnahe Schichten sind vielfältiger interessiert und seltsamerweise korreliert das Einkommen mit der kulturellen Bildung. Ich beispielsweise, keineswegs künstlerisch begabt, kann etwas mit Francisco de Goya, Hieronymus Bosch oder Diego Velázquez anfangen, sie ggf. sogar unterscheiden. Ich behaupte mal, die meisten mit einem Einkommen zwischen 500 und 1.500 EUR im Monat können das nicht, soweit sie nicht zufällig großes Interesse an Kunst haben.

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  23. Dass Korrelationen nichts über Ursachenzusammenhänge aussagen, muss ich einem "Studierten" doch hoffentlich nicht erklären.

    Das Interesse an Kunst, überhaupt an Kultur, hängt selbstverständlich mit der Bildung und auch mit Einkommen und Status zusammen, das muss ich im Einzelnen nicht aufführen.

    Was daran echt ist und was Statussymbol ist eine Frage, die mich schon lange beschäftigt. Deshalb bitte ich um Nachsicht für eine Anekdote dazu aus meiner Kindheit: Reich gewordener Spediteur mit Volksschulbildung kann der Tochter Internat finanzieren - und sind stolz darauf, dass die Tochter die angeführte Unterscheidung - es waren natürlich andere Maler - treffen kann. Die Eltern hatten die Namen der Maler noch nie gehört.

    Das führt zur Frage der öffentlichen Finanzierung von Kultur, die ja hauptsächlich von den oberen Schichten genossen (oder vielleicht auch nur konsumiert?) wird. Opernaufführungen werden pro Platz und Abend mit rund 70 Euro subventioniert. Wo bleibt hier das Verursacherprinzip?

    Das Thema hier ist die staatliche Kreditaufnahme. Diese könnte man bekanntlich auch durch Erhöhung der Einnahmen reduzieren. Wenn wir die Hochkultur erhalten und nicht bei den Benachteiligten sparen wollen, müssen die Opern- und Konzertbesucher halt auch mehr Steuern zahlen.

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    1. Traurig. Ich gebe Ihnen so viele Handlungsalternativen, öffne Wege, stimme zu, worüber man alles mit mir reden kann - nur damit Sie mir wie gehabt am Ende völlig phantasielos das Lied von den Steuererhöhungen vor den Latz knallen. Seien Sie bitte ehrlich: hatten Sie bisher einen so außerordentlich fairen Diskussionspartner? Sie haben leider in vollem Umfange erwartungsgemäß reagiert, wo ich Sie unterschwellig hingeführt habe.

      Schluss mit Fairness. Wie erwähnt hatten wir die meiste Zeit in der jüngeren Geschichte eine Staatsquote zwischen 43 und 47 Prozent (vor 1970 war sie niedriger). Nur Mitte der 1990er bis zur Jahrtausendwende war dies signifikant höher, das war gleichzeitig die Phase, wo Deutschland langsam in wirtschaftlicher Agonie versank und der Spruch vom "kranken Mann Europas" die Runde machte. Heute befinden wir uns bereits wieder am oberen Rand dieser gesellschaftlich akzeptierten Spanne, man kann davon ausgehen, dass Ihre Vorstellungen der Ausweitungen der Staatsquote um 2 - 3 Prozent nicht mehrheitstauglich sind, mit welcher Begründung auch immer. Wir leben in keiner Sondersituation wie kurz nach der Wiedervereinigung, auch wenn der Soli uns noch daran erinnert.

      Sie können von mir aus herzlich gern die bestenfalls ein paar hundert Millionen Euro bei der Kultur sparen, für die sich seltsamerweise immer linke Parteien eingesetzt haben. In London, nicht gerade ein billiger Standort, kann ich für weniger als dem hiesigen Preis in Theater und Konzerte gehen. Auf solche Art von Subventionierung kann ich gerne verzichten. Was allerdings nicht Ihr Problem löst, soweit Sie nicht Millionen mit Milliarden verwechseln.

      Damit bleibt die von mir gestellte Frage offen, um die Sie sich auf den ausgetrampelten Pfaden der Steuererhöhung wie ein uralter Pfadfinder um Tretminen herumlavieren wollten: wie wollen Sie mehr Ausgaben für Bildung finanzieren, wenn Sie sich nicht dauerhaft verschulden dürfen und Ihnen die Leute bei neuen Steuern auf die Barrikaden gehen - in Form von Stimmenentzug, Verlagerung von Einkommen, Schwarzarbeit und vielen anderen Maßnahmen auf der Liste, die umfangreicher ist, als Politiker und linke Phantasten sich das vorstellen können.

      Sind Menschen an der Spitze, weil sie fachlich hervorragend oder vielfältig interessiert sind? Ich denke, es hat viel mit Option 2 zu tun, was begründet, dass Musik und Kunst in der Schule durchaus einen sittlichen Nährwert besitzen. Oder meinen Sie, damit soll lediglich der Stundenplan aufgefüllt werden?

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  24. Nanu. Aha. Von Ihrer FDP heißt es doch immer, der Sozialstaat sei aufgebläht, weil er die Mittelschicht füttert, statt sich allein auf die "Bedürftigen" zu konzentrieren?

    Für die Kommunen und die Länder (auch "Staat") sind Millionenbeträge durchaus relevant. Wenn man die Steuern nicht erhöhen will, muss man die Opernhäuser schließen oder Eintrittspreise kostendeckend gestalten - was auf das Gleiche hinauslaufen wird. Ich will aber gar nicht bei der Kultur sparen. Und dass Musik und Kunst wesentlich zur Persönlichkeitsentwicklung, ist mir durchaus klar. Ich will die aber auch für die Kinder, die sie sich bisher nicht leisten können.

    Offenbar haben Sie einen inneren Norqvist-Schwur geleistet. Für dessen Anhänger gilt ja auch "Schluss mit Fairness". Für mich heißt das: Schluss mit Diskussion.



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    1. Sie wollen jetzt nicht wirklich wissen, was ich alles streichen würde, um aus dem umfangreichen Wohlfahrtsstaat Deutschland wieder den Sozialstaat zu machen, der seine Leistungen auf die unteren 20 Prozent der Gesellschaft konzentriert? Es ging ja auch nicht darum, was ich tun würde, um die Ausgaben für Bildung zu erhöhen, das können Sie bereits lange oben nachlesen.

      Wir sind uns einig, dass der Staat die Kultur mit einem nennenswerten Millionenbetrag fördert (der allerdings nur einen Bruchteil der Ausgaben ausmacht, die wir für die Bildung benötigen). Dennoch kostet mich der Besuch vergleichbarer kultureller Einrichtungen in New York, San Francisco, Chicago, Boston oder London weniger als in Deutschland. Und während hierzulande die Träger der Kultur traditionsgemäß Verluste schreiben und private Anbieter wie STELLA pleite gehen, erzielt man in den USA oder UK Gewinne. Wo gehen die Subventionen hin? Offensichtlich an einen Teil der Leistungsanbieter wie Darsteller, unserem Hang zum Perfektionismus und für staatliche und kulturelle Bürokratie. Mehrwert generiert das nicht.

      Der Unterschied zwischen mir und Linken ist der Respekt. Der Begriff kommt im linken Spektrum nicht vor, dort dominieren "soziale Gerechtigkeit" und "Solidarität". Der Respekt vor dem anderen und seinen Interessen ist nachrangig oder sogar nicht diskutabel. Erkennt man ein vermeintliches Problem, so besteht in allen Modellen die Lösung darin, diese mit Steuern auf andere Gruppen zu erhöhen. Sie argumentieren genauso. Sie respektieren nicht die Tradition in Deutschland und das, was dahinter steckt. Viele Deutsche wollen weniger Steuern zahlen, ein hoher Anteil sieht das heutige Niveau als akzeptabel an und ein verschwindender Teil befürwortet höhere Steuern, vor allem, wenn es sie selber trifft.

      Das stützt meine Argumentation und unterminiert Ihre. Der Respekt gebietet, von einer konstanten Staatsquote auszugehen. Und mein Verständnis von Respekt verlangt natürlich, dass ich Sie ernst nehme, auch wenn ich manchmal eine lockere Sprache pflege.

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  25. Noch eine Überraschung: Respekt vor Traditionen? Ist die FDP nicht vielmehr für Flexibilität? War der Liberalismus nicht eine Bewegung gegen diese Art von Respekt? Warum dann der Kampf gegen die Zünfte. Diese hatten nebenbei, auch ihre guten Seiten. Ein Teil davon lebt in der Apothekerzunft ja fort und da von den sogenannten Liberalen auch verteidigt, aber das nur nebenbei.

    Ihr Verständnis von "Respekt" ist, mit Verlaub, absurd, um nicht zu sagen: pervertiert. Respekt habe ich vor Menschen, ihrem Verhalten (auch ihren Leistungen, ja!) nicht vor "Traditionen", schon gar nicht vor solchen.

    Dabei hat sich die deutsche Tradition, was die Rolle des Staates angeht, längst in Richtung USA und UK gewandelt. Für Sie noch nicht genug. Für mich schon viel zu viel. Reagan und Thatcher sind für mich eher abschreckende Beispiele als Vorbild. Übrigens In der deutschen Tradition genoss ein Staatsbeamter einst "Respekt" - mit vielen negativen Auswirkungen, gewiss. Aber der Wirtschaft hat das eher genutzt, schon zu Zeiten von Willem Zwo und später der IG Farben. Und durch die List der Vernunft auch den Arbeitern, wegen Bismarck.

    Ihre Revision geht in Richtung Angelsachsen, meine eher in Richtung Skandinavien. Ich will, dass der Kapitalismus gezähmt wird, Sie wollen ihm eine Schärpe umhängen. Da werden wir uns wohl nicht einig werden.


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  26. Ich glaube, jetzt vergaloppieren Sie sich etwas. Ich hatte vom Respekt vor vielem geschrieben, auch vorm Respekt vor jenen, die bereits heute hohe Steuern zahlen und sich dagegen wehren, diese weiter zu erhöhen. Die hohe Steuerlast trifft ja einen Großteil der Deutschen, gegen die Sie versuchen würden, Ihre Ansichten durchzudrücken, weil Sie nicht bereit sind, Abstriche zu machen. Wo gibt es so etwas?

    Ein Arbeitnehmer, der sich eine Eigentumswohnung leisten will, geht kaum zu seinem Chef und fordert deswegen eine Gehaltserhöhung. Ein Unternehmen im Wettbewerb (kein Strom, keine Bahn, kein Pharma!!!) kann nicht einfach die Preise erhöhen, weil man eine große Erweiterungsinvestition plant. Man muss schauen, ob und wie man sich etwas leisten kann und anderes zurückstellen. Nicht so beim Staat, nach Ihrer Ansicht. Gibt's einen neuen Bedarf, gibt's halt einen Aufschlag auf die Steuerschuld. Problem erkannt, Problem gebannt.

    Ich frage mich, woher Sie den Eindruck haben, wir hätten uns in Richtung UK und USA entwickelt, eher haben die Amerikaner doch zuletzt Elemente europäischer Sozial- und Wirtschaftspolitik übernommen. Selbst das Steuersystem ist so kompliziert wie das Deutsche. Wie gesagt, die Staatsquote ist so hoch wie in den 1970er, 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre sowie seit Anfang dieses Jahrtausends. Ich habe bisher kein substanzielles Argument von Ihnen gehört, warum Sie das prinzipiell ändern wollen. Schließlich bedeutet es auch immer, wenn Sie für den Staat zusätzliche Einnahmen abzweigen, dass Bürger und Unternehmer weniger haben.

    Ronald Reagan ist seit Jahren tot, Magret Thatcher dämmert leider dahin. Deren Regierungszeit war vor über 30 Jahren, bevor die Welt durch den Fall des Eisernen Vorhangs und die Explosion der Globalisierung umgewälzt wurde. Selbst bei den Torys finden sich heute gerade noch Versatzstücke des Thatcherismus. Ich befürworte weder eine Revision deutscher Politik Richtung Angelsachsen, noch in Richtung Skandinavien, das gehört nicht zu diesem Land. Die Deutschen sind weder so familiär wie Skandinavien, unter dessen Bedingungen allein so ein großer Wohlfahrtsstaat funktioniert, noch so Shareholder getrieben wie Amerikaner und Briten. Das ist mein Respekt vor Geschichte, Kultur und Einstellungen meiner Landsleute. Und es ist das, was ich bei Ihnen leider nicht erkenne. Sie bekennen ja auch, Sie wollen aus den Deutschen Skandinavier machen ohne zu fragen oder nur zu schauen, ob die das wollen.

    Respekt vor Traditionen bedeutet Respekt vor Geschichte, Kultur und Religionen. Das scheint nicht in Ihrem Wertekanon zu stehen. Warum nicht? Und es wäre mir neu, dass die FDP dagegen zu Felde gezogen wäre. Und vor welchen Leistungen haben Sie Respekt? In dem Moment, wo sie erbracht wurde, ist sie doch schon Geschichte. Menschen bauen ihr Leben aber auf Vergangenem auf, wenn sie nach 15 Jahren im Job aufgrund früher erworbener Meriten in Schule, Studium und Karriereanfang Vorstandsposten erklimmen oder mit lang aufgebauten Ersparnissen sich ein eigenes Haus leisten. Wann ist etwas bei Ihnen Leistung und wann Vergangenes (Tradition)?

    Nochmal zurück auf Anfang: ich hatte im Verlauf der Debatte zahlreiche Möglichkeiten genannt, anhand des Beispiels Bildung eine langfristig solide Finanzierung hinzubekommen. Sie bieten mir Verschuldung ohne Rückzahlung oder Steuererhöhungen (natürlich für die "Reichen"). Kompromiss und Einigung hängt an der Menge von Möglichkeiten, die im Spiel sind.

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    1. Mich würde zuallererst mal interessieren, wie jemand mit einem so "gefestigten" Weltbild auf die Idee kommt, sich "In Dubio" zu nennen.

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    2. Ist das relevant? Wann hat man ein gefestigtes Weltbild (hat eigentlich fast jeder, denn ein "Weltbild" gründet auf einem Wertesystem). Ist man sehr eindimensional, wenn man sich zur Lösung eines Problems eine Reihe, sehr unterschiedlicher Handlungsalternativen vorstellen kann?

      Im Bereich der Bildung hatte ich mich mit folgenden Lösungen einverstanden erklärt:
      a) Studiengebühren, davon in den Ausprägungen parallel oder nachgelagert
      b) Sonderabgabe (unter der Prämisse natürlich, dass nicht zusätzlich die Sonderabgabe Soli erhoben wird)
      c) (Teil-) Kreditfinanzierung, wobei die aufgenommene Anleihe gemäß Nutzungsdauer, also 20 Jahre, aus dem Steueraufkommen getilgt werden.

      Was ist die linke Vorstellung? Steuererhöhung. Hatte ich etwas übersehen? Zu meinem Job gehört es, in Alternativen zu denken, schließlich lässt sich selten der eine Lösungsweg in Reinkultur verwirklichen. Bei linken fehlt mir jede echte Flexibilität.

      "In Dubio" heißt ja vollständig "In Dubio pro Reo". Schon von Kindheit an hat mich der Film "Die 12 Geschworenen" fasziniert. Die Rolle von Henry Fonda besteht nicht darin, eine Linie zu verfolgen, er zeigt Alternativen auf, wie der Mord sich anhand der festgestellten Indizien auch abgespielt haben könnte. Der Mord wird nicht aufgeklärt, es geht um die rechtliche Würdigung, ob ohne begründeten Zweifel tatsächlich kein anderer Täter in Frage kommt.

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    3. Oh, ich bin weder unflexibel noch ein Feind guter Traditionen.

      Zurückkehren würde ich zu der Tradition, dass die Reallöhne nicht stagnieren oder gar sinken, wenn das Volkseinkommen insgesamt steigt.

      Positiv stehe ich auch zu der Tradition der Arbeitnehmerrechte aus der Zeit, als die Soziale Marktwirtschaft ihren Namen noch verdiente und Arbeitnehmer nicht nur als Kostenfaktoren gesehen wurden. Als Unternehmen noch ausgebildet haben, sogar über Bedarf. Als man noch nicht - trotz hoher Exportüberschüsse -den "Standort" auf Kosten der Arbeitnehmer "entlasten" wollte.

      Gut finde ich ebenfalls die Tradition, dass in einem Gemeinwesen extremer Luxus erst akzeptiert wird, wenn die Grundbedürfnisse aller erfüllt sind. Die Definitionsprobleme sind mir bewusst, sie sind aber nicht unlösbar.

      Flexibel reagieren würde ich auf die Entwicklung, dass die Einkommen aus Unternehmenstätigkeit und Vermögen überproportional gestiegen sind und diese Disproportion stärker ausgeprägt ist als in vergleichbaren Ländern.

      Diskutieren wir also über die auch von Ihnen akzeptierte Sonderausgabe. Wenn es dabei gerecht zugeht, bin ich dabei. Gerechtigkeit verstehe ich dabei als Fairness im Sinne von John Rawls. Das führt zu einer höheren Erbschaftsteuer. Auch die Einwände dagegen sind mir geläufig.

      Rawls gilt bekanntlich als Liberaler, nicht als Linker. Ich schlage daher vor, dass Sie auf diesen Teil der Polemik gegen mich verzichten.

      .

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    4. Also das Fass machen wir jetzt nicht mehr auf. Doch nebenbei steht in Ihrem Wunschkatalog keine Begründung für eine höhere Staatsquote. Es gibt natürlich keine Umfrage, was die Deutschen als Staatsquote akzeptieren würden, die von mir aufgezeigte Geschichte zeigt jedoch, dass das in der Größenordnung liegen dürfte, wo wir derzeit sind.

      Der Soli wird weit einseitiger von Besser- und Topverdienern gezahlt, da die Progression durch die prozentuale Ausgestaltung der Abgabe verstärkt. Das dürfte in Ihrem Sinne sein. Stellt sich nur die Frage, wie Sie den Einahmeausfall aus dem Soli kompensieren.

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    5. Verständlich, dass Sie jetzt aussteigen.

      Aber irgendwie auch schade, jetzt, wo`s konkret und damit interessant würde und wir gemeinsam in bundesdeutschen Traditionen schwelgen könnten:
      http://www.wohlstand-für-alle.de/html/auftrag.htm#LudwigErhard



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    6. Das wäre doch neu, dass ich kneife, oder? Nur heißt das Thema "Staatsausgaben und Staatsschulden" und nicht "Was wir ohne Zwänge tun würden". Sie bieten mir als Lösungsmöglichkeit immer nur "wir erhöhen die Steuern" an. Nochmal die Frage: tun Sie das im Privaten auch? Sie haben zusätzliche Wünsche, also erhöhen Sie Ihr Einkommen?

      Die Staatsquote zur Zeit Ludwig Erhards lag bei 33% und damit ein Drittel (!) unter dem heutigen Niveau. Wollen Sie die öffentlichen Ausgaben soweit senken? Schon damals warnte der legendäre Wirtschaftsminister, den Staat zuviel regeln zu lassen. Glauben Sie tatsächlich, Ludwig Erhard würde in Zeiten einer Staatsquote von 47% predigen, die öffentlichen Ausgaben weiter zu erhöhen um "Wohlstand für alle" zu schaffen? Sahra Wagenknecht von der Linkspartei meint: ja, aber die LAG von Oskar Lafontaine hatte schon immer so ihre eigenen Ansichten und Interpretationen.

      Nebenbei: die Linkspartei hat sich zu den "wahren" Erben Willy Brandts ausgerufen, inzwischen beruft man sich auf Ludwig Erhard. Beide verfolgten zu ihrer Zeit nicht umbedingt die gleichen Ziele und hegten eher sehr unterschiedliche Ansichten. Beide zu okupieren nährt den Verdacht, Images ohne Inhalte sich aneignen zu wollen.

      P.S.: Ludwig Erhard war bekennender Neoliberaler...

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  27. Okay, reden wir über Gott und die Welt.

    Zurückkehren würde ich zu der Tradition, dass die Reallöhne nicht stagnieren oder gar sinken, wenn das Volkseinkommen insgesamt steigt.

    Wie meinen Sie das? Die Bruttolöhne, die vom Arbeitgeber gezahlten Entgelte, sind von 1990 bis 2003 teilweise kräftig gestiegen und niemals gefallen (Seite 552). Von 2003-2006 waren diese tatsächlich leicht rückläufig, allerdings befand sich Deutschland von 2002-2005 in einer tiefen Rezession, wo eben auch nicht das Volkseinkommen steigt. Anders verhält es sich mit den Nettolöhnen, sie sanken von 1993 bis 1997. Doch für die Spreizung zwischen brutto und netto ist ausschließlich die Steuer- und Abgabenpolitik des Staates verantwortlich, schließlich hatten die Arbeitnehmer gleichzeitig kräftige Lohnsteigerung erzielt. Dabei lagen stiegen sowohl die Lohnsteuer als auch die Sozialabgaben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer schneller als die Löhne. Man muss schon wissen, wen man schlagen muss.

    Ich gehe davon aus, Sie sind Anhänger der Philosophie gleiche Arbeit, gleicher Lohn. Dann habe ich ein kniffliges, reales Beispiel für Sie:
    Erika L. arbeitet als Reinigungsfachkraft für ein großes Serviceunternehmen. Sie erhält den tariflichen Lohn von 8,82 EUR die Stunde und kommt damit auf einen monatlichen Lohn von 1.430 EUR. Erika's Freundin Yeliz R. ist fest angestellt bei dem spezialisierten Telekommunikationsunternehmen ECB. Das allgemeine Gehaltsniveau ist sehr hoch und Yeliz hat ein Gehalt von 2.300 EUR vereinbart. Sie liegt damit immer noch deutlich am unteren Ende bei den Einkommen in dem Unternehmen. Erika empfindet es als ungerecht, dass Yeliz so hoch entlohnt wird. Was wäre zu tun, um Ihren Erfordernis Genüge zu tun? Die Tarife des Gebäudereinigungshandwerks wird entsprechend deutlich angehoben oder es muss sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer nicht mehr Lohn erhalten als tariflich vereinbart.

    In der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte entließen deutsche Unternehmen kaum Mitarbeiter trotz hoher Verluste. Das entspricht eigentlich nicht den Vorurteilen Linker zum Shareholder Value-Gedanken. Bereits seit 2008 ist die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze höher als die Anzahl der Bewerber. Setzt man das Argument und die Forderung der Gewerkschaften von 2005/2006 um, so müsste nun jungen Schulabgängern auferlegt werden, zwingend einen Ausbildungsplatz anzunehmen. Argumente gelten immer in beide Richtungen. Und im Gegensatz zu allen anderen führenden Industrieländern haben deutsche Unternehmen die Zahl der - besser bezahlten - Industriearbeitsplätze erhöht, statt sie wie Amerikaner, Portugiesen oder Franzosen zu exportieren. Rund 5 Mio. Menschen wechseln jährlich den Job, die meisten aufgrund arbeitnehmerseitiger Kündigung. Das ist ein großes Ungleichgewicht, was oft Unternehmen schädigt.

    Die Weltbank definiert absolute Armut mit einem Einkommen von $1,25 pro Tag, das wäre auf Deutschland gewendet monatliche Einkünfte von 28 EUR. Die relative Armut definiert sich in Deutschland mit etwa 940 EUR. Spätestens bei dieser Grenze müssen Grundbedürfnisse als gedeckt gelten. Laut Bericht der Bundesagentur für Arbeit (Seite 108) erhalten Bezieher von Arbeitslosengeld 2 im Schnitt 808 EUR pro Monat, worin Sozialversicherungsleistungen eingeschlossen sind. Das derzeitige Niveau der Grundsicherung gilt nach herrschender juristischer Meinung als verfassungskonform. Darüber hinaus wird exessiver Luxus eher in Nord- und Südamerika, in Südeuropa sowei in Russland und Teilen Asiens ausgelebt. Wobei Deutsche im Schnitt als weniger luxuriös gelten und die reichsten Deutschen als sehr zurückhalten bekannt sind.

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  28. Die soziale Ungleichheit in vielen anderen Ländern ist sehr viel krasser als in Deutschland, das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass sie sich in den letzten im Vergleich zum OECD-Durchschnitt am meisten geöffnet hat. Auch seriöse Institute sagen, dass der Zuwachs am Volksvermögen fast ausschließlich den oberen 10 Prozent zugutekommt.

    Die Grundsicherung in vielen anderen Ländern ist schlechter als in Deutschland, teilweise gibt es sie gar nicht, auch das ist wahr. Allerdings gab es sie in besserer Qualität in der Zeit, die ich mit "Tradition" meine.

    Die Verbesserung der Ausbildungslage hat mit der demographischen Entwicklung zu tun. Auch haben manche Unternehmer inzwischen begriffen, dass sie qualitativen Nachwuchs brauchen. Warum nicht früher? Soviel Einsicht kann man eigentlich erwarten.

    Dass es in der letzen Wirtschaftskrise keine Entlassungwelle gab, hatte auch (nicht nur, zugegeben) mit dem Eingriff des bösen Staates zu tun: Kurzarbeitergeld, Abwrackprämie. Das wissen Sie doch auch.

    Zur Reallohnentwicklung habe ich widersprüchliche Statistiken gefunden. Lt. destatis gibt es eine leichte Steigerung, lt. Böckler-Institut einen geringen Rückgang. Nicht erfasst sind jedenfalls die Scheinselbständigen mit Werkverträgen. Und wenn man die Managergehälter herausrechnet, kommt keine Steigerung heraus.

    Zustände, wie sie bei LIDL und ALDI bekannt geworden sind, gab es zu Zeiten Ludwig Erhards jedenfalls nicht. Schlecker hat gelernt, leider zu spät.

    Der Ehrlichkeit halber möchte ich nicht verschweigen, dass manche Beobachtungen mich irritieren. Dass teure Smartphones und Kameras in manchen Schulklassen schon Standard zu sein scheinen, spricht nicht für eine breite Verarmung. Aber das ist für mich auch nicht der Maßstab.

    "Gott und die Welt" würde auch eine Vermögensabgabe bzw. eine Vermögens- und Erbschaftsteuer umfassen. Die wollen nicht nur Wagenknecht & Co. und die würde unser Land nicht umwerfen. Aber das ist ein weites Feld.

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    1. Zur sozialen Ungleichheit: ich hatte in den letzten Jahren immer geschrieben, das wäre in Deutschland ein Anpassungsprozess. Der Gesamtvergleich der Zahlen gibt mir im Trend recht. In den letzten Jahren ist die Ungleichheit bei Ländern, die unter dem OECD-Mittel lagen, deutlich gestiegen, während bei den über dem Schnitt liegenden Staaten Stagnation und Rückgang der Ungleichheit gemessen wird. In einer internationalen Welt nivelliert sich alles.

      Deutschlands Vermögensverteilung ist ungleich, allerdings ist das das Wesensmerkmal von Vermögen. Es findet sich konzentriert, wobei die Konzentration in Deutschland niedriger ist als beispielsweise in Skandinavien. Der umfangreiche Steuer- und Wohlfahrtsstaat kann Vermögenskonzentrationen nicht verhindern oder verlangsamen.

      In jungen Jahren hielt ich sehr lange die umfangreiche soziale Sicherung für richtig. Es sprachen jedoch zunehmend starke Indizien dafür, dass er ursächlich für die kontinuierliche Zunahme der Sockelarbeitslosigkeit (ein Begriff, der heute aus dem Sprachgebrauch verschwunden ist) war. Soziale Sicherheit hat nicht die Aufgabe, Erwerbslosigkeit zu konservieren, sondern zu verhindern und abzubauen.

      Deutschland hat im Vergleich zu den meisten Industrieländern relativ wenig getan zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes. Die Abwrackprämie war mit rund 5 Milliarden EUR auf eine (Teil-) Branche konzentriert, ein wesentlicher Teil der deutschen Automobilhersteller konnte aufgrund des Produktportfolios gar nicht profitieren. In den meisten west- und mitteleuropäischen Ländern gibt es entsprechende Regelungen, dennoch hatte das Kurzarbeitergeld nirgends so einen durchschlagenden Erfolg. Dazu muss es betriebsinterne Gründe geben.

      Sie überschätzen den Einfluss von Managergehältern. Gerade bei großen Unternehmen liegt ihr Gewicht bei den Personalkosten im Promillebereich. In einer Statistik über 32 Millionen abhängig Beschäftigte ist dsa nicht messbar. Bei der Ausbildung ging es mir um die Argumentation. Wer eine Partei für ein Ungleichgewicht in enge Haftung nehmen will, muss dieses Argument im Zweifel auch gegen sich gelten lassen. Genauso lassen sich an dem von mir erzählten Beispiel mit der ungleichen Entlohnung der Sinn von Prinzipien überprüfen. Genau solche Relationen sind am Arbeitsmarkt die (sinnvolle) Norm, nicht etwa die Ausnahme.

      Die Albrechts waren schon immer, wie sie waren. Und ich habe mir sagen lassen, der überlebende Karl Albrecht sei sehr betagt. Dennoch ist das kein Spiegelbild der deutschen Wirtschaft.

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    2. Argumente gelten in beide Richtungen, einverstanden. Ausgangspunkt war der Zusammenhang von Staatsschulden und Staatsausgaben. Öffentliche Kredite sind Vorgriffe auf künftige Steuereinnahmen, richtig.

      Meine Heimatstadt hat auch dieses Jahr wieder Kredite aufgenommen, um dringende Schulsanierungen durchzuführen und Jugend- und Kulturprojekte zu erhalten. Ich finde das richtig. Andere Städte müssen Einrichtungen (Hallenbäder, Musikschulen) schließen, weil sie kein Geld mehr haben und auch keines mehr aufnehmen können. Stellen für Schul-Sozialarbeiter, Beratungsstellen (Verbraucher, Schuldner) werden ausgedünnt, Jugendzentren geschlossen. Manche Städte können nicht mal ihre Straßen noch vernünftig reparieren.

      Ist das Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können oder wollen? Meine Frage an Sie: Wie kommen wir da heraus ohne eine Erhöhung der Staatsquote und/oder Umschichtung bei den Steuereinnahmen? Meine Einschätzungen mögen nicht immer stimmen, aber Sie unterschätzen die Bereitschaft vieler Menschen, notfalls in einer Kraftanstrengung wie einstmals beim Lastenausgleich mitzutun - wenn es dabei fair zugeht. Das sollte diskursiv unterstützt werden, anstatt den Egoisten in ihrer Anti-Staats-Propaganda zu applaudieren. Und die Einsicht wecken, dass uns manche Sparmaßnahmen vor allem bei Jugend und Kultur langfristig teuer zu stehen kommen. Die USA mit ihrer maroden Infrastruktur und den vollen Gefängnissen als Menetekel.

      J. K. Galbraith mit seiner (These von der öffentlichen Armut bei privatem Reichtum war aus amerikanischer Sicht ein Linker. Dass in Deutschland ausgerechnet von der Linkspartei Ludwig Erhard sowie die Freiburger-Thesen-FDP als Referenz genannt werden kann - und dafür kaum Widerspruch, sondern häufig Nachdenklichkeit und verblüffte Zustimmung erntet, sollte zu denken geben.


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    3. Ich hatte es schon früher geschrieben, ich habe prinzipiell nicht viel dagegen einzuwenden, Investitionen teilweise kreditfinanziert durchzuführen. Der Staat vermeidet jedoch schon in seiner Buchführung eine Koppelung von beidem. Und auch der entsprechende Grundgesetzartikel, der die Kreditaufnahme auf die Höhe der Investitionen begrenzt, wahrlich eine sehr lockere Regelung, musste in der Geschichte oft umgangen werden. Der Staat ist für solche ökonomische Handeln offensichtlich nicht fähig.

      Wie also finanzieren? Wie alle anderen Wirtschaftssubjekte auch, in dem zwangsläufig auf andere Leistungen verzichtet oder diese outgesourct (veräußert) werden. Als im Zuge der Deutschen Wiedervereinigung die Staatsquote auf über 50 Prozent erhöht werden musste, stagnierte die Wirtschaftsleistung, während sich die Weltkonjunktur im Boom befand, stieg die Arbeitslosigkeit und die öffentlichen Transferausgaben. Das kann man als Widerstand von Wirtschaft und Gesellschaft deuten. Deswegen unterschätze ich nicht die Bereitschaft der Menschen, sich am Gemeinwesen zu beteiligen, wie auch? Nur stehen zwischen Reden und Handeln bei uns Menschen immer auch ökonomische Überlegungen.

      Die USA haben so viele Menschen in Gefängnissen, weil sie ein rigides Strafrecht haben. Für alles und jedes werden die Bürger de facto lebenslang weggesperrt. Es ist logisch, dass das zu einem hohen Anteil von Gefängnisinsassen führt. Europäer haben da eine andere Philosophie, wobei wir ja auch überlegen was wir weiter kriminalisieren können: Prostitution, Steuerhinterziehung, schlechte Unternehmensführung.

      Wie beurteilen Sie eigentlich den Zustand der US-Infrastruktur? Und wie vergleichen Sie sie?

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    4. Die Frage überrascht mich auch wieder.

      US-Infrakstruktur: Marode Stromnetze, einstürzende Brücken, extreme Unterschiede zwischen öffentlichen und privaten Schulen und bei der Gesundheitsversorgung zwischen Arm und Reich, Studium nur mit reichen Eltern oder hoher Verschuldung, Glaubenskrieg um eine allgemeine Krankenversicherung, Gated Communities usw. . Dinge, die auch der Präsident anspricht. Aber wahrscheinlich ist der für Sie auch schon zu "links". Dass viele Amerikaner ihn sogar für einen "Kommunisten" halten, spricht für sich.

      Und Sie sehen so gar keinen Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Kriminalität, nicht mal eine Korrelation? Der weit überproportionale Anteil der Schwarzen in den Gefängnissen ist also genetisch bedingt? Ich dachte, wir führen eine ernsthafte Diskussion.

      Ihre Einschätzung von Sozialabgaben als Quasi-Steuern ist nicht richtig. Gezahlt werden sie ja nur von einer bestimmten Gruppe, sind also per Definition keine Steuern. Und von Verzinsung ist bei Steuern schon gar nicht die Rede.

      "Investitionen" sind nicht nur aus Beton oder Metall, sondern auch die in Köpfe. Aber nicht nur Wissen, auch Haltungen, Einstellungen und daraus resultierende Verhaltensweisen. Sprich: Bildung. Dass dies bei allem Gerede um die "Wissensgesellschaft" noch nicht so gesehen wird, ist für mich deprimierend. Da hilft auch die Umstellung von Kameralistik auf doppelte Buchführung (übrigens in vielen Kommunen schon der Fall) nicht viel.

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  29. Man, wird hier viel geschrieben... schon seltsam, wie hier die Themen verschwimmen. Trotzdem ein paar kleine Anmerkungen:

    - "Nochmal die Frage: tun Sie das im Privaten auch? Sie haben zusätzliche Wünsche, also erhöhen Sie Ihr Einkommen?"
    Ja!!! Wenn ich mit meinem Geld nicht hinkomme, und Sparen meine Lebensqualität zu sehr einschränkte, würde ich versuchen den Job zu wechseln. Natürlich unter der Prämisse, dass meine Ausbildung dafür ausreicht und der Arbeitsmarkt alles in allem Aufstiegsmöglichkeiten eröffnet.

    - "Die Staatsquote zur Zeit Ludwig Erhards lag bei 33%..."
    Die Steigerung der Staatsquote liegt ausweislich dieser Zahlen
    http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Monatsberichte/2012/07/Inhalte/Kapitel-5-Statistiken/5-1-10-entwicklung-der-staatsquote.html
    allein am Anstieg der Ausgaben in der Sozialversicherung. Die Investitionen sind sogar rückläufig!!! Das heißt, ihre Lösung bestünde in einem weiteren Absenken der Sozialtransfers. Das muss man dann auch so ehrlich sagen. Der Anstieg der Sozialtransfers "könnte" aber auch daran liegen, dass wir immer noch so viele Arbeitslose / Mehrarbeitsuchende (Aufstocker) haben. Solange diese Zahl nicht signifikant fällt und wir die Leute nicht verhungern lassen wollen, ist an dem Ende der Staatsquote nicht viel zu machen.

    - Bruttolöhne gestiegen? In der Zeit seit 2000 gab es wenige Jahre, in denen die Bruttolöhne ausgereicht hätten, um die Inflation auszugleichen. Toller Anstieg... Außerdem: Was ist dagegen zu sagen, wenn der Verteilungsspielraum, also der Produktivitätszuwachs, an die Arbeitnehmer weitergegeben wird? Im Gegenteil, dadurch würden mehrere Probleme gelöst werden: Der Konzentrationsprozess von Reichtum würde verringert, der Binnenkonsum gefördert, Die Lebensqualität der Angestellten erhöht und die Sozialversicherungen entlastet (!!) genauso wie der Staatshaushalt.

    Ich verstehe grundsätzlich nicht, wieso man nicht automatisch ins Grübeln kommt, wenn man die Staatsschulden dem Geldvermögen in Europa gegenüberstellt:
    http://de.statista.com/statistik/daten/studie/215460/umfrage/privates-geldvermoegen-und-staatsschulden-in-ausgewaehlten-laendern-europas/
    Damit sollte doch wohl einiges klar werden:
    1. Die Staatsschulden haben wir nicht bei den Marsianern sondern bei uns selbst.
    2. Wollen wir die Schulden wirklich abbauen, ist doch wohl klar, wo das Geld dafür herkommen kann/muss, nämlich von uns.
    3. Da offensichtlich ist, dass dieses Geldvermögen nur zu einem geringen Teil in der Hand der "Normalverdiener" ist und Einschnitte dort automatisch zu einem Rückgang des Konsums führen, muss man an die ran, die sehhhhr viel haben.
    4. Wo soll das Geld denn sonst angelegt werden, wenn nicht in Staatsanleihen? Alles an die Börse? Das wäre doch eine klassische Blase. Es strömt immer mehr Geld an die Börsen, dadurch steigen automatisch die Kurse, der Gegenwert steigt aber nicht ansatzweise so stark. Dann braucht mal einer sein Geld (z.B. für die Rente)M und zieht es ab. Was passiert dann?
    Dann ins Ausland? Argentinien? Griechenland? Vielleicht Japan? Tolle Aussichten!

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    1. Ein bisschen Originalität hätte Ihren Fragen schon gut getan, die - das können Sie sich möglicherweise vorstellen - ich schon oft so beantwortet habe. Etwas Abwechslung freut einen dann schon. Gut, es geht bei Ihnen etwas ungeordnet zu.

      Wenn ich mit meinem Geld nicht hinkomme, und Sparen meine Lebensqualität zu sehr einschränkte, würde ich versuchen den Job zu wechseln.

      ... dann verstehe ich das Gejammere über stagnierende Löhne nicht. Wenn man mehr braucht, holt man es sich. Wessen Einkommen dennoch stagniert, ist damit entweder zufrieden oder kann am Markt aufgrund geringer Fähigkeiten nicht mehr erzielen. Somit könnten wir uns Ausführungen zur Entwicklung des Lohnniveaus und zu Mindestlöhnen sparen. Oder haben Sie gerade Unsinn erzählt?

      Sozialabgaben sind Quasi-Steuern, weswegen in internationalen Statistiken dies so gewertet wird. Niemand erhält mehr Gesundheitsleistungen, weil er höhere Krankenversicherungsbeiträge leistet. Genauso verhält es sich bei der Pflege. Und der Rentenanspruch bleibt bei Zahlung ungewiss in der Höhe, wobei die Einzahlungen von Besserverdienern schlechter verzinst werden als die von Geringverdienern. Das war jedoch nicht das Thema, sondern ob man sich auf Ludwig Erhard beziehen kann zur Ausweitung der Staatsquote, wenn der schon bei 33% ein Problem gesehen hat.

      Ja, selbstverständlich sind die Investitionen seit drei Jahrezehnten rückläufig. Der Staat hat seit den 1970er Jahren seine stetig wachsenden Steuereinnahmen in Sozialausgaben investiert. Das ist doch kein Beleg, dass zu wenig Steuern bezahlt werden! Die Staatsquote ist nicht etwas Gott Gegebenes, sie ist ein gesellschaftlicher Konsens. Will der Staat sie erhöhen, nimmt er mir als Bürger etwas weg. Damit muss ich einverstanden sein! Mir ist auch nicht bekannt, dass in den letzten 40 Jahren Menschen in Deutschland verhungert wären, weil die Ausgaben zu gering waren. Eher ist es doch ein Problem, wenn der Staat für die Verwaltung von Langzeitarbeitslosen soviel ausgibt wie an Transfers gezahlt wird.

      Was ist dagegen zu sagen, wenn der Verteilungsspielraum, also der Produktivitätszuwachs, an die Arbeitnehmer weitergegeben wird?

      Einiges. Woher kommt der Produktivitätszuwachs? Warum sind die Deutschen die produktivsten Arbeitnehmer der gesamten Eurozone? Weil sie am besten ausgebildet sind? Da sagen Pisa-Studien seit einem Jahrzehnt etwas anderes. Weil wir so hoch gebildet sind? Angeblich sollen doch beispielsweise Spanier super ausgebildet sein, ohne jedoch ihre Produktivität besonders angehoben zu haben. Die Produktivitätsentwicklung in Deutschland hat viel mit der hohen Kapitalausstattung deutscher Unternehmen zu tun. Dann gehören diese Gewinne aber nicht den Arbeitnehmern, sondern dem Kapital.

      Entweder Sie nennen 10, 20 gewerbliche deutsche Unternehmen nebst Branchen, deren Produktion Sie über den Binnenmarkt ankurbeln wollen oder Sie lassen mal das Gerede vom Binnenmarkt. So bringt die Diskussion nichts.

      Ich weiß auch nicht, woher Sie den Blödsinn sinkender Sozialtransfers hernehmen. Die Sozialausgaben Deutschlands liegen heute bei 800 Milliarden Euro, knapp ein Drittel allem, was wir erwirtschaften. 1990, im Jahr der Wiedervereinigung, betrug der Wert 23%. Die privaten Sozialausgaben sind dagegen seitdem von 3,1% auf 3,0% des BIP leicht gefallen. Daraus kann man nicht zwingend eine Notwendigkeit zu mehr Sozialem des Staates ableiten. Nebenbei: zu Zeiten Ludwig Erhards gab es statistisch weit mehr Arme als heute, obwohl damals doch die Marktwirtschaft noch sozial war (sagt Sahra Wagenknecht).

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  30. Mehr als die Hälfte der deutschen Schulden liegen bei ausländischen Investoren, konnten Sie oben nachlesen. Warum sollte ein deutscher Vermögender, der keine Staatsanleihen hält, unter Berücksichtigung ihres Arguments (Die Staatsschulden haben wir nicht bei den Marsianern sondern bei uns selbst.) für die Tilgung besonders herangezogen werden? Er hat bisher nicht mehr als andere profitiert, warum soll er mehr als andere zahlen?

    Sie kennen auch nur börsennotierte Unternehmen, oder? Die Kapitalgesellschaft war schon 1600 die Anlageform, die wirtschaftlichen Fortschritt ermöglichte. Da weiß man, wo Wohlstand herkommt.

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  31. Im Wirtschaftsteil der neuen ZEIT finden sich gleich zwei interessante Artikel zum Thema:

    Ein leitender Mann Boston Consulting Group hält die steigenden Staatsschulden für ein Schneeballsystem. Ein Schuldenschnitt sei unausweichlich, ebenso aber auch eine Reduzierung der Staatsausgaben und eine Senkung der Staatsquote. (Was er allerdings nicht erwähnt: Dass der Schuldenschnitt inzwischen überwiegend auf Staatskosten erfolgen müsste).

    Ein anderer Artikel zeigt, dass staatliche Interventionen der "Löwen"-Staaten Afrikas bessere Ergebnisse bringen als eine "freie" Marktwirtschaft.

    Spannend dabei: Der BCC-Mann empfiehlt eine Art Runden Tisch mit Regierung, Wirtschaft, Gewerkschaften und Kirchen für die Sanierung. Etwas Ähnliches hat die Regierung in einem der afrikanischen Staaten gemacht - offenbar mit Erfolg. Früher hieß das mal "Konzertiere Aktion" - erinnert sich noch jemand?

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  32. @CitizenK

    Dieser Weg wurde schon früher empfohlen, wurde aber mit Hinweis auf die kurz- und mittelfristigen Konsequenzen von der Politik verworfen. Ein Schuldenschnitt ist selbstverständlich nur dann der richtige Weg, wenn die Verschuldung eine Höhe erreicht hat, wo sich ein Staat nicht mehr aus eigener Kraft von der Fessel befreien kann. Das trifft auf Griechenland zweifellos zu, auf Italien wahrscheinlich und auf Spanien demnächst. Das gilt nicht für Deutschland oder die USA und noch längst nicht für Frankreich. In diesen Ländern liegt es höchstens an der Haushalts- und Fiskalpolitik, solide zu wirtschaften.

    Im Falle Griechenlands hat die Politik sich entschieden, die Gläubiger trotz der festgestellten Überschuldung weitgehend schadlos zu halten und die Kosten der Staatsinsolvenz, die unvermeidlich ist, nach politischen Kriteren zu verteilen. Das ist nicht zielgerichtet, aber so agiert Politik selten.

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  35. Ein wirklich sehr interessanter Artikel. Die Staatsschuldenproblematik wird in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Vor der Finanzkrise galten Staaten / Staatsanleihen als sicherer Hafen in der Geldanlage. Seither hat sich diese Auffassung bereits geändert. Die einzelnen Staatsschuldenquoten der jeweiligen Länder kann / darf man nicht miteinander vergleichen. Sicherlich ist ein Vergleich bzgl. der Höhe sinnvoll, jedoch hat dies keine Aussagekraft über die Gefahr der jeweiligen Höhe. Ab einer gewissen Höhe können Staaten nicht mehr auf die Schulden reagieren vielmehr werden sie von den Schulden regiert … dies läuft solange bis das Vertrauen der Anleger endgültig verloren ist – anhand der Zinsen kann man dies beobachten. Am Ende geht der jeweilige Staat in die Insolvenz. Das Staaten zahlungsunfähig werden ist Gang und Gebe. In der Geschichte gab es mehr Staatsbankrotte als Beispiele von Staaten, welche ihre Schulden erfolgreich reduzierten. Ab wann der Zenit bei den Schulden überschritten ist, ist vom Vertrauen der Anleger abhängig. Dieses Vertrauen ist von der Wirtschaft (Vermögen der Volkswirtschaft, Wirtschaftspolitik) vom Wirtschaftsumfeld sowie von der Art der Verschuldung abhängig. Japan hat z.B. über 200 Prozent an Staatsverschuldung, für Japan ist dies aktuell keine gute Ausgangslage aber auch noch kein Problem (viel Handlungsspielraum, Deflationsphasen bzw. interne Verschuldung). Auf der anderen Seite wurden die meisten Länder bei solch eine Staatsschuldenquote bereits insolvent sein.

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