Sonntag, 17. Juni 2007

SPD auf Kreuzzug

Wie sehr die Linke die SPD an die Wand drückt, lässt sich auch an der Heftigkeit der Äußerungen ablesen, mit der diese die Linke attackiert. Den Preis für die größte Geschmacklosigkeit darf sich der Bayer Ludwig Stiegler an die Brust heften:
Stiegler warf der Linken vor, deren Wurzeln lägen in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) der früheren DDR. "Gerade am 17. Juni werden wir nicht vergessen, wie brutal die SED mit Hilfe der sowjetischen Macht den freien Willen der Arbeiterbewegung unterdrückt hat.“

Jeder Sozialdemokrat müsse wissen: "Als die sich heute Linke nennenden Post-SED-ler noch mächtig waren, haben sie jeden Sozialdemokraten unnachsichtig verfolgt“, sagte Stiegler.
Machen wir uns noch einmal klar: Stiegler referiert auf ein Ereignis, das 1953 stattfand und von einer Riege bereits damals alter Männer beschlossen wurde. Die meisten heutigen Abgeordneten und Mitglieder der Linken waren damals noch nicht einmal geboren, geschweige denn so alt, als dass sie die Ereignisse auch nur hätten verstehen können. Bedenklich also, dass die SZ diesen Kommentar lapidar mit "ungewohnter Heftigkeit" abtut - den Aufschrei müsste man sich vorstellen, würde die Linke bezüglich beispielsweise der CDU folgende Aussage treffen:
[Beliebiger Abgeordneter, den niemand kennt] warf der CDU vor, ihre Wurzeln lägen im katholischen Zentrum (Zentrum) des früheren Kaiserreichs. "Gerade am 30. Januar sollten wir nicht vergessen, wie freudig das Zentrum mit den rechtsextremen Parteien für das Ermächtigungsgesetz der Nazis gestimmt hat."
Jeder Linke müsse wissen: "Als das sich heute CDU nennende Zentrum im Parlament saß, hat es die Nazis vorbehaltlos unterstützt."
Oder:
[Beliebiger Abgeordneter, den niemand kennt] warf der SPD vor, ihre Wurzeln lägen bei der MSPD des früheren Kaiserreichs. "Gerade am 4. August sollten wir nicht vergessen, wie freudig die SPD für den Burgfrieden und den Ersten Weltkrieg gestimmt hat."
Jeder Linke müsse wissen: "Als die SPD damals die Macht hatte, den Krieg zu verhindern, hat sie stattdessen freudig dafür gestimmt."
Beide Aussagen weißen in etwa den gleichen Sinngehalt auf. Trotzdem würden beide einen gewaltigen Aufschrei provozieren (wahrscheinlich heftiger als Raabs RAF-Collage), man würde sie als Beweis für was auch immer man der Linken anlastet hernehmen.
Nicht, dass die Linke nicht auf eine gewisse Art auch die Nachfolgepartei der SED ist und damit Verantwortung trägt: es geht um das Niveau, mit dem hier ein direkter Kausal- und Personalzusammenhang hergestellt und impliziert wird, die SED von 1953 sei identisch mit der Linken von heute. Stattdessen wäre ein vernünftiger und sachlicher Umgang mit der Verantwortung durch die Linke wünschenswert, die sich in diesem Fall tatsächlich vorwerfen lassen kann und muss, die Verbrechen der DDR (und anderer realsozialistischer Staaten) zu verharmlosen und bagatellisieren.



2 Kommentare:

  1. Auch Stiegler wird einsehen müssen, dass man nie nun drittstärkste Partei nicht einfach mit der SED gleichsetzen kann und die Sache damit gegessen ist.

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  2. Zu den genannten Unregelmäßigkeiten in der Geschichte der SPD fällt mir nur ein: "Wer hat uns verraten? - Sozialdemokraten!"

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