Montag, 25. Mai 2009

Zehn Jahre Kosovokrieg

Die NachDenkSeiten haben auf einen Artikel von Franziska Augstein in der SZ aufmerksam gemacht, der an den Kosovokrieg vor 10 Jahren erinnert und eine äußerst kritische Bilanz zieht. Ich kann absolut unterschreiben, was Franziska Augstein sagt, und möchte mich auch gar nicht weiter mit ihrer Bilanz beschäftigen. Dieser Post soll stattdessen enthalten, was meiner Meinung nach nicht gesagt wurde.
Der Kosovokrieg war sicherlich ein von profunden Machtinteressen getriebenes Unternehmen, aber völlig vergessen wurde in meinen Augen der historische Aspekt des Krieges, die Grundlagen gewissermaßen, denn der Kosovokrieg befindet sich in einer historischen Kontinuität deutscher Außenpolitik, wie beispielsweise Matthias Küntzel in seinem Buch "Der Weg in den Krieg" sehr gut darstellt.
Deutschland und Serbien verband nie eine besonders gute Beziehung. Der scharfe Nationalismus des Serbiens vor dem Ersten Weltkrieg, der mit auslösend für diesen Krieg und die dadurch folgende Niederlage Deutschlands wurde schaffte dem kleinen Land wenig Freunde im Reich, und auch später taute diese Beziehung nicht auf. Stattdessen unterhielten die Deutschen gute Beziehungen zu Albanern und, besonders, Kroaten (dies kann man heute noch an der Asylstatistik ablesen: in Deutschland gibt es kaum Serben, aber viele Kroaten und Albaner). Die Geburt des Vielvölkerstaats Jugoslawien betrachtete man immer misstrauisch, war dieser doch serbisch dominiert und so deutscher Einflussnahme weitgehend entzogen, und ein Ziel deutscher Außenpolitik war deswegen seit jeher die "Balkanisierung" des Balkan und somit die Zersplitterung des serbischen Machtbereichs zugunsten kleinerer, Deutschland gewogener Staaten.
Dasselbe Ziel - Schwächung Serbiens und Schaffung eines deutschlandfreundlichen Staats - verfolgte man auch im Kosovokrieg. Deutschland war, entgegen der offiziellen Regierungslinie, nach der man nur widerstrebend in den Krieg zog, einer der Hauptakteure im innerparteilichen Kampf der NATO um die Frage, ob man intervenieren solle. Anfangs waren die Deutschen relativ auf verlorenem Posten gegen die USA, Frankreich und England, aber als es den Deutschen gelang, sich Madelaine Albright und den Rest der Clinton-Administration gewogen zu machen verschob sich das Gewicht zunehmend, ehe Frankreich und England ihren Widerstand aufgaben und auf die Kriegslinie einschwenkten. Der Kurswechsel von schwarz-gelb zu rot-grün veränderte diese Linie der deutschen Außenpolitik nicht im Mindesten; Fischer und Schröder nutzten die von Kohl und Genscher gelegten Grundlagen fast unverändert und steuerten Deutschland auf Kriegskurs. Es kann als wahrscheinlich gelten, dass auch Lafontaine den Kriegskurs mitgetragen hätte, wäre er dem nicht durch Rücktritt zuvorgekommen und hätte so nicht seinen eigenen Mythos geschaffen.
Auch der Bruch des Völkerrechts durch den Militärschlag ohne UNO-Mandat kommt nicht von ungefähr. Im Gegensatz zum Golfkrieg 1991 war in Russland eine große Ernüchterung über die Zustände eingetreten, und man würde nicht noch einmahl eine solche Militäraktion des Westens hinnehmen - ein Veto Russlands wie auch Chinas im Sicherheitsrat war absehbar.
Die Politik, die nach dem zu erwartend einfachen Sieg im Kosovo folgte, war ebenfalls voll auf dieser Linie: ohne irgendwelche lästigen Konferenzen und Kompromisse abzuwarten, stellte man alle Ruder im Kosovo auf Unabhängigkeitskurs, indem man die Vertreibung der Serben und ihre Benachteiligung zuließ, die D-Mark (und später den Euro) als Zahlungsmittel einführe und eigene Institutionen schuf. Es ist auch nur folgerichtig, dass Deutschland das erste Land war, das 2008 den Kosovo nach der Ausrufung der Unabhängigkeit anerkannte (ein Schritt, der heute noch nur - widerstrebend - von rund einem Drittel aller Staaten nachvollzogen wurde).

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