Ohne Worte, Ohne Worte.
In Reutlingen sollte ein Jugendprojekt durchgeführt werden: eine simulierte Wahl. Als die Leute erkannt haben, dass die Wahlzettel fast einen Meter lang werden, weil alle 31 Parteien drauf sind, wollte man "nur die zehn wichtigsten" draufpacken. Diese Vorauswahl geriet heftig in die Kritik. Man kann sich natürlich darüber streiten, ob die Splitterparteien tatsächlich irgendeine Bedeutung haben, aber wenn es sie gibt muss man sie halt auch wählen können - wenn Vorauswahlen getroffen werden bedeutet dies letztlich, dass auch neue Ansätze und Ideen unter dem Teppich bleiben, weil nie jemand davon hört. Ich denke, die 5%-Sperrklausel bewahrt uns so oder so vor dem ganzen Zeug.
Heribert Prantl hat einen tollen Artikel zum Thema "Schäubles feuchte GG-Änderungsträume" geschrieben (natürlich sagt er das nicht so). Ich zitiere einfach mal einen Absatz:
Das Grundgesetz kann schon stolz darauf sein, was man ihm wieder alles zutraut. Ein paar kleine Änderungen - und schon gibt es angeblich die Rivalitäten zwischen den Elite-Einheiten GSG 9 und KSK nicht mehr; ein paar kleine Änderungen - und schon wird die Ausrüstung der Marine besser, funktioniert die Versorgung reibungslos, schwimmen die Kampfschwimmer schneller, erschrecken die Piraten nachhaltiger. Schäuble benutzt die Piraterie als Enterhaken, um zu erreichen, was er schon immer wollte: den umfassenden Einsatz der Bundeswehr als General-Sicherheitstruppe.
Die LINKE hat ihr Wahlprogramm vorgestellt. Die SZ charakterisiert es als "linker als links", da hätten "nicht mal die Kommunisten was dran auszusetzen". Das ist natürlich Quatsch, denn auch mit dem neuen Wahlprogramm kriecht der Sozialismus nicht herein, aber das Programm zielt doch ziemlich deutlich auf Opposition. Das ist kein Wunder, denn die Machtperspektiven sind auch, nun ja, begrenzt. Deswegen sollte man nicht allzusehr auf das Zahlengeplärr achten (zwei Millionen neue Jobs und mehrere hundert Milliarden Konjunkturprogramm), sondern eher auf andere Inhalte, denn die meisten Forderungen - das geben Lafontaine und Gisy unumwunden zu - sind ohnehin nur Verhandlungsmasse für Koalitionsverhandlungen. Wichtiger ist vielmehr, dass die LINKE weiterhin jede Koalition ausschließt, wenn die Bundeswehr sich nicht sofort aus ihren Auslandseinsätzen zurückzieht - eine vollkommen illusorische Forderung, die sich - wenn mir die Propheterei erlaubt ist - in vier Jahren spätestens noch als ganz schöner Stolperstein erweisen dürfte.
In der Telepolis findet sich ein Artikel, in dem der Autor sich aufrichtig darüber entrüstet dass die Bundeswehr bereits bei Minderjärhigen Werbung macht. Ich sehe die Sache etwas gelassener als der Autor: es gibt keinen legalen Grund, der Bundeswehr Werbung zu verbieten; wir alle wissen, dass der Verein es mehr als nötig hat. Das Problem, staunenden 11jährigen Panzer und Helikopter zu zeigen kann ich nicht sehen; in dem Alter hätte ich das auch cool gefunden, und die Bundeswehr will Leute als Zeitsoldaten gewinnen, was man am besten vor dem Wehrdienst macht, also wenn sie noch minderjährig sind. Wenn man nicht will, dass die Gesellschaft militarisiert wird - und die Gefahr besteht durch solche Werbung durchaus - dann muss man mit Zivilicourage und Aufklärung dagegen vorgehen und nicht der Bundeswehr verbieten, ihr teueres wie nutzloses Spielzeug mal Spazieren zu fahren und begucken zu lassen. Pazifismus oder nicht, das ist eine private Entscheidung. Wie man die Bundeswehr später einsetzt ist eine andere Frage, und hier muss kritisches Denken geschult werden, was sicher nicht gelingt wenn man Tage der Offenen Tür bei den Feldgrauen verbietet.
Im Le Monde Diplomatique wurde ein länglicher Artikel von Joseph Stiglitz veröffentlicht, der noch mal schön erklärt, warum die aktuelle Krisenbewältigungspolitik schädlich ist und welche Lösungsansätze es gibt. Lesenswert!
Auf SpOn findet sich ein Interview mit einem Professor, der den Job wegen Bologna hingeschmissen hat und auch kein Blatt vor den Mund nimmt. Dass das Ganze beim Spiegel erscheint ist außergewöhnlich, die Jungs scheinen tatsächlich bemerkt zu haben, dass sie dabei waren, die BILD niveautechnisch auf der Rennstrecke nach unten zu überholen.
Der Spiegelfechter macht sich Gedanken zu Parteienkonstellationen zur Bundestagswahl vor dem Hintergrund der oben angesprochenen Wahlprogramme von LINKEn und Grünen. Sehr lesenswert!
Den Artikel beim SPIEGELFECHTER habe ich auch gelesen und mich über die klare Wahlempfehlung für eine CDU/FDP-Regierung gewundert.
AntwortenLöschenIst der SPIEGELFECHTER ein Neoliberaler habe ich mich da gefragt bis mir dämmerte worauf SPIEGELFECHTER hinaus will - Eine CDU/FDP-Regierung kann nichts reparieren - Im Gegenteil, die führt die gescheiterte neoliberale Politik nach der Bundestagswahl weiter als hätten wir keine Finanzkrise.
Das dies natürlich zu massiver "sozialer Unruhe" führt das kalkuliert der SPIEGELFECHTER gelassen mit, und hofft, dass nach diesen - widerrum verlorenen - 4 Jahren eine sozialdemokratisierte SPD und eine gefestigte Linkspartei die Regierung stellen, und diesmal dank massiver Proteste der Bevölkerungsgruppen die für die Bankengeschenke von 500 Milliarden-Euro (!nicht wörtlich zu nehmen) "blutig bezahlen mußten".
Das Problem das ich damit habe ist folgende: Wieso es erst soweit kommen lassen? Können wir nicht jetzt schon für massive Proteste sorgen, die aus der CDU eine "christliche" Partei - im positiven Sinne - und aus der SPD eine echte soziale und demokratische Partei machen?
Ich gehöre übrigens zu denen, die sich nicht gelassen zurücklehnen können, und abwarten was sich in vier Jahren ergibt - Bei mir ist die Kacke bereits heute am Dampfen....wie bei mittlerweile hunderten im Land....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Du, ich hab mir bereits dieselben Gedanken gemacht. Das Problem ist, dass die SPD unter Müntefering und den Stones nur GroKo und Ampel offen hat, und dass sie die GroKo favorisiert. Das allerdings muss echt nicht nochmal ne Legislaturperiode sein, ES SEI DENN, die kommen zusammen nicht auf 2/3 Mehrheit. Die einzige andere Alternative, und da stimme ich Spiegelfechter einfach zu, ist derzeit schwarz-gelb. Ich würde mich freuen wenn es zu was anderem käme, aber derzeit schaut es einfach nicht so aus.
AntwortenLöschenWieso "Stolperstein"? Das ist einer meiner Gründe, die Linken zu wählen. In die Opposition werden sie sowieso wandern, denn mit der jetzigen SPD-Spitze ist definitiv keine Koalition möglich.
AntwortenLöschen@Oeffinger Freidenker
AntwortenLöschenTja, dann müssen wir uns halt damit abfinden, dass Westerwelle Außenminister wird, und der Neoliberalismus so weite macht als hätten wir dank ihm kein zweites 1929 erlebt :-(
Übrigens was die Linkspartei angeht, da hat heute Nachdenkseiten auch eine Analyse vorgelegt, die insgesamt sehr interessant ist.
Die legen es gar nicht darauf an mitzuregieren, sondern wollen unser Land aus der Opposition nach links wenden:
"[...]Jedenfalls kann niemand der Linken mehr vorwerfen, sie habe keine Vorschläge.
Sie hat eher so viele, dass sie kaum mehr ein geschlossenes Bild abgeben. Sie hat zwar nicht auf einen Realitätsbezug (schon gar nicht in ihrer Analyse der Krise) verzichtet, aber auf einen Bezug zu irgendeiner Regierungsbeteiligung. Doch wer dem Programm das vorwirft, verkennt, dass es dieses Ziel gar nicht verfolgt.
Die Linke setzt auf eine ganz andere Strategie: Sie setzt auf eine Stärkung, damit die anderen Parteien reagieren, weil sie um ihre Wählerinnen und Wähler fürchten.[...]"
Quelle und kompletter Text:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=3935#more-3935
Ich stimme übrigens Albrecht Müller zu, ein zurück zu alten Werten - egal ob Staatssozialismus/-kommunismus oder Neoliberalismus/Liberalismus kann es nicht geben, insgesamt müssen wir wohl eher auf eine Wiederbelebung einer Variante von Keynes hoffen - auch nicht 1:1, aber etwas komplett Neues ist derzeit - außer vielleicht in Lateinamerika wo Morales und Chavez den "demokratischen Sozialismus" umsetzen wollen, der nichts mit dem autoritären Staatssozialismus alter Prägung zu tun haben soll - nicht in Sicht :-( ;-)
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Auch wenn viele Karl Marx zitieren, dann sollte man erwähnen, dass Marx auch einmal von über sich gesagt haben soll: "Ich bin kein Marxist", d.h. sogar der alte Marx war nicht so borniert ideologisch wie Lenin, Stalin und andere autoritäre Staatssozialisen/-kommunisten zusammen - Dies nur am Rande zum näheren Verständnis warum ich einen Schnitt zwischen "demokratischem" und "undemokratischem" Sozialismus/Kommunismus mache - Übrigens letzterer ist mausetot seit dem Ende der Sowjetunion - China und Kuba praktizierten wohl nie diese Version des Sozialismus/Kommunismus, was vielleicht auch der Grund ist warum China heute eine Mischung aus Neoliberalismus und autoritärem Staatssozialismus bevorzugt und Kuba mit Venezuela und Bolivien einen komplett neuen Weg gehen will....den "demokratischen Sozialismus". Uns hilft dies aber auch nicht weiter, da - zumindest ich - nicht auf irgend eine Utopie warten kann, sondern besser heute als morgen etwas Neues erwarte, da wie bereits erwähnt die Kacke.....
Ich fürchte auch. Vergleiche auch meinen heutigen Beitrag :) Und danke für denk Link.
AntwortenLöschen@Anonym: Es ist ein Stolperstein für eine Regierungsbeteiligung - eine Wertung war nicht intendiert :)
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