Donnerstag, 27. August 2009

Tauwetter in den Medien?

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe das Gefühl, dass nach den Jahren der neoliberalen Eiszeit langsam wieder ein Tauwetter einsetzt in den Mainstreammedien der Republik. Es scheint, als leite die Krise eine Renaissance des kritischen Journalismus ein, denn die Missverhältnisse lassen sich einfach nicht mehr unter den Tisch kehren. Bislang kommt es noch zu keiner Aufarbeitung der Vergangenheit; stattdessen wird allerorten so getan wie bei der SPD, als habe man schon immer gewarnt. Natürlich könnte mich dieses Bauchgefühl auch täuschen, keine Frage.
Nichts desto trotz habe ich es. Das geht sogar so weit, dass ich SpOn wieder lese. Als Beispiele für dieses empfundene Tauwetter möchte ich die breite und freundliche FAZ-Berichterstattung über die hessische Intrige anbringen, die Selbstkritik der Journalisten in der Welt, die Kritik an der Bahnprivatisierung von Jörges, der sogar seinen Irrtum eingestand, kritische Berichterstattung bei der SZ über die unkritische Berichterstattung bei der BILD und vieles mehr.
Vielleicht täuscht der Eindruck. Ich hoffe, dass er es nicht tut. Eine Rückkehr der Medien zu ihrer ureigenen Aufgabe ist mindestens genausodringend notwendig wie bei den Banken. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Was sind eure Eindrücke?

Anmerkung: Michael Schöfer hat sehr ausführlich reagiert.

25 Kommentare:

  1. Mit der Aussage wäre ich vorsichtig, und wenn es so wäre, ist es wohl eher einem simplen Opportunismus geschuldet.

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  2. Wem das geschuldet ist, ist eigentlich wurscht. Hauptsache die tun es wieder.

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  3. was bringt es, wenn es hier und da kritisches gibt, wenn die Masse mit Tittytainment abgelenkt wird?!

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  4. Sehe ich überhaupt nicht so, ein paar Nebelkerzen, mehr nicht.

    Hätten wir vor 30 Jahren so eine Wirtschaftskrise gehabt, mit so einem kriminellen Darlehen für die Banken, hätten die "Qualitätsmedien" offen zur Revolution gerufen. Stattessen konfuses Schweigen, alle haben sich dem System unterworfen, nur noch Rhetorik von politikern und Journalismus.

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  5. Tauwetter?
    Wut und Hass soll erzeugt werden.
    Der vermeintlich Aufgeklärte erliegt einer Täuschung.

    Nichts hilft der Industrie mehr als eine sicherheitspolitische Krise.

    Als wenn jemals ein Brief der Königin so mir nix dir nix aus dem Prinzessinnepalast verschwinden könnte.
    Als hätte Ackermann keine PR-Berater/Medienfuzzies und so weiter...
    ;)

    Und die Diskussion um die freie Presse auf einmal finde ich richtig niedlich...
    So ein verzweifelter Versuch etwas schön zu reden...

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  6. Nee, Kollege:
    "Wem das geschuldet ist, ist eigentlich wurscht. Hauptsache die tun es wieder."
    Das sehe ich so wie "PolitikBasis" und "alman" - das sind Nebelkerzen, weiter nichts. Geschuldet dem diffusen Unmut, der langsam auch bei den etablierten Medien wahrgenommen wird. Die dürfen es sich ja nicht gänzlich mit dem Publikum verderben, sondern müssen wenigstens ab und zu so tun, als würden sie die Interessen ihrer Leser/Zuhörer/Zuseher vertreten und nicht die der Werbekunden.
    Deine angesprochene "Renaissance" würde ich zwar sehr begrüssen, aber ich sehe sie leider nirgends.

    Beste Grüße
    Frank

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  7. Ich glaub, Du freust Dich zu früh. Das ist nur die Deko auf der Suppe. Die Suppe ist die gleiche.

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  8. Die Hoffnung stirbt zuletzt....und Irren ist menschkich...würde man sagen wenn man eine possitive Grundhaltung hat.... aber...einmal ist keinmal....die Zeit wird es zeigen wie ernst es die Printmedien mit ihrer Kritik meinen!!!
    An sich sollten viel mehr Journalisten sich in die Richtung wie Nikolaus Brender äussern....dürfen....oder...können und wollen!!!

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  9. Es taut gerade soviel, dass es hinreicht, nicht auch den letzten Rest an Glaubwuerdigkeit noch zu verspielen. Ueberzogene Einseitigkeit faellt irgendwann selbst dem Duemmsten unangenehm auf.

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  10. @ Roger:

    Leider ganz Deiner Meinung :-( Derlei ist doch nur Augenwischerei.

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  11. Ich sehe es so, wie der Freidenker. Tauwetter. Ob mehr daraus wird, wird man sehen.

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  12. Einen Tag wird berichtet, dass die Autohändler die großen Profiteure der Abwrackprämie sind, 3 Tage darauf sind angeblich 30% von der Insolvenz bedroht und 30.000 Jobs in Gefahr.

    Tauwetter in den Medien ? Mir kommt es eher so vor, dass man sich jeden Tag ein Thema nimmt und eine mehr oder weniger frei erfundene Geschichte drum herum strickt in der Hoffnung der Leser hat alles bisher gesagte schon vergessen.

    Mir fehlt auch weiterhin ein festbeißen und aufklären - zum Beispiel auch hinsichtlich der Wirtschaftskrise. Derzeit hechelt man doch nur von einer Schlagzeile zur nächsten - wirkliche Resultate hat es bisher nicht gegeben.

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  13. Rein gefühlsmäßig sehe ich es so wie der Freidenker ... aber wir kennen alle die Spruchweisheit von der Schwalbe und dem Sommer.

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  14. tauwetter?

    bei der faz füllt es nur die seiten [wie auch gestern von schäuble, der 20. teil der reihe "die zukunft des kapitalismus" (sic!)]. das gilt auch für die leserbriefe, die in der krise auch mehr geworden sind.

    aber inhaltlich? es ist immer noch der gleiche sülz.

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  15. Vielleicht hast Du doch Recht. Dieser wunderbare Text von Prantl lässt hoffen: http://www.blaetter.de/artikel.php?pr=3148

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  16. So offensichtlich wie während des letztjährigen Georgienkrieges wurde es den Mainstreammedien noch nie vorgeführt, wie groß die Diskrepanz zwischen diesen und ihren Konsumenten mittlerweile ist. Selbst die FAZ konnte nicht anders und musste reihenweise Georgien-kritische Leserbriefe veröffentlichen. Während die politische und publizistische Elite des Westens noch kräftig die Kalte-Kriegs-Trommel rührte und Russland als den großen Bösen aus der finsteren Steppe darstellte, dämmerte es dem aufgeklärten Volk schon lange, dass hier ein Propangandakrieg geführt wird. Das geschnittene Thomas Roth Interview mit Putin war dann der Höhepunkt der traurigen "Verarsche". Mittlerweile hat man Russland durch die Hintertür rehabilitiert. Nein, Tauwetter ist das nicht. Nur können sie nicht mehr ganz so plump wie früher.

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  17. Kurt aka Roger Beathacker hat es meines Erachtens richtig formuliert. Es geht schlicht darum, dass man nicht den letzten Rest an Glaubwürdigkeit verliert.

    Gruß
    Caana

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  18. Nun, die Zeit des Georgienkrieges würde auch noch nicht in das von mir beschriebene Tauwetter fallen.

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  19. Was die verantwortlichen der Redaktionen erkennen, ist die Tatsache, dass sie durch das Internet einer Öffentlichkeit ausgesetzt sind, die sie nicht mehr ignorieren können. Wer hat den vor den Zeiten des Internet die Medien wirksam kritisiert?
    Die gewachsenen Verflechtungen von Politik, Medien und Wirtschaft lassen sich nicht so einfach zurückdrehen. Eine Katastrophe großen Ausmaßes könnte wie ein Schwert wirken, dass den Knoten durchschlägt, wobei das kaum wünschenswert ist, denn der "Kollateralschaden" wäre immens. Man spielt uns noch immer das Theaterstück von den "freien Medien" vor und zündet ein paar klitzkleine Nebel-Teelichter, um uns damit zu beschäftigen. Ob die heutigen, gut bezahlten, in bequemen Sesseln sitzenden Journalisten überhaupt in der Lage wären, eine neue Ära einzuleuten wage ich zu bezweifeln, würde mich abert dennoch gerne eines Besseren belehren lassen.

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  20. Der Georgienkrieg stellt für mich aber ein Einschnitt dar. Anschließend war einigen wohl klar, dass man nicht weiter aus dem Glashaus schreiben kann.

    Dennoch kein Tauwetter. Solange die angepassten Journalisten lieber bei Lachs und Kaviar einen G8-Gipel obrigkeitstreu kommentieren, anstatt sich auf der Straße umzuhören, was wirklich passiert, wird dieses System immer weiter an Glaubwürdigkeit verlieren. Da helfen auch keine Anne-Will-Betroffenheitssofas.

    Weil sich die Journalisten nicht einer tabubrechenden Konfrontation stellen, verpassen sie den Zug der Geschichte und es wird einst heißen: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben."

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  21. Die BILD log erst gestern wieder, dass Lafontaine angeblich zurück zur SPD wolle. Springer ändert sich erst nach der Enteignung oder Sprengung des Hochhauses der Schande.

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  22. @ freidenker: Sry, Schöfer finde ich jetzt auch nicht unbedingt erhellender, eher noch mehr Chaos und Unübersichtlichkeit in Bereichen, die imho doch mal klargestellt werden müßten.

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  23. Ach, die wollen doch nur, dass der Steinmeier nicht so schlecht abschneidet, dass er und seine Bande dann von seiner Partei vom Hof gejagt werden. Dafür spielt dann Ackermann mal wieder den bösen Buben usw. Alles nur, um den gemeinen SPD-Wähler zu überreden, wählen zu gehen. Selbst BILD macht SPD-Werbung, indem sie Lafontaine Interesse an ihr unterstellt.

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  24. Ich bin da skeptisch. Meines Erachtens liegt das vor allem an der Wahlkampfzeit. Da suchen sich die Blätter ein paar Themen, die das eine oder das andere Lager schlecht dastehen lassen, um den Kampf ein wenig anzufachen bzw. von bestimmten anderen Dingen (Merkels Vergangenheit, vereinbarter Arbeitsplatzabbau nach der Wahl, Berlusconisierung etc.) abzulenken.

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  25. wo jetzt? Das LINKE-Bashing geht munter weiter, die Verherrlichung von Merkel als "ruhige Lotsin durch die Krise", Banken werden noch immer systemrelevant bezeichnet.

    Die lügen munter weiter, vielleicht etwas subtiler. Wes Brot ich ess, dess Lied ich sing, so einfach ist das. Die können auch gar nicht anders, weil dann die wahren Lenker dieses Landes erstmal ihre asoziale Agenda verwerfen müssten.

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