Donnerstag, 15. April 2010

Die Steuerreform als Ziel aller Träume?

Von Stefan Sasse

Kollege Feynsinn hat in seinem Beitrag "Mittelschicht im Schacht" geschrieben:
Daß die versprochene “Steuern-runter”-Zirkusnummer weder finanzierbar noch durchsetzbar ist, hätte schon vor der Wahl jeder wissen können, der bis drei zählen kann. 
Das halte ich für einen kapitalen Denkfehler. Denn auch schon vor der Wahl war das, abgesehen von den FDP-Hanseln und einigen Wirtschaftswaisen-Betonköpfen, der überwiegenden Mehrheit vollkommen klar. Ich denke, die Mehrheit der FDP-Wähler hat sich nur klar verrechnet, was das Verhalten ihrer Partei nach der Wahl anging. Sie wählten die Blau-Gelben nicht, weil sie von dem Steuermodell etwas erhofften, sondern als Protestwahl und zur Verhinderung einer Großen Koalition. Sie waren also ziemlich naiv, aber nicht so naiv nicht zu wissen, dass die Steuerreform in der FDP-Wunschvariante blanker Unfug ist. 
Sie gingen wohl einfach nur davon aus, und hier waren sie extrem naiv, dass dies auch der FDP-Führung klar war und die Steuerreform unter dem üblichen Wahlkampfgeplapper abzulegen sei. Sie hatten gewissermaßen die Rechnung ohne das standhafte Opportunistenmännchen Westerwelle und seine Spießgesellen gemacht, die nichts so sehr fürchten und zu widerlegen versuchen wie den Ruf der FDP als Umfallerpartei. Dementsprechend halten sie auch so starr an den dämlichen Konzept fest, und meiner Meinung nach sind die in letzter Zeit so brutal gefallenen Umfragewerte der FDP genau auf dieses Phänomen zurückzuführen: "Mensch, die meinen das ja tatsächlich ernst! Das kann man ja sagen, aber doch nicht machen!" Tja, die Ernüchterung ist schmerzhaft für beide Seiten.

11 Kommentare:

  1. dem kann ich nicht zustimmen.in meinem verwandten und bekanntenkreis gab es einige die fdp wählen wollten,wg steuersenkungen.obwohl sie nur einkommen von 2500 bis 3000 haben.das dann die zuschläge versteuert und die gebühren erhöht und einrichtungen geschlossen werden war ihnen egal.was sie dann gewählt haben ist mir nicht bekannt.ich habe jedenfalls versucht sie zu informieren

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  2. Ich muss Anonym zustimmen. Ich arbeite für eine Straßenzeitung und weiß, dass z.B. viele H4-Bezieher in meiner Region die FDP gewählt haben. Auch heute warten noch viele, die ich kenne, sehnsüchtig auf die Steuersenkungen, die sie gar nicht betreffen, da sie überhaupt keine Einkommenssteuer zahlen. Nur das ist in sehr, sehr viele Köpfe nicht durchgedrungen. Ich rede meistens gegen die Wand.

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  3. Also wie immer: jedes Volk hat die Regierung, die es verdient...

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  4. Ich neige dazu, den beiden Vorkommentatoren zuzustimmen. Die paar Hanseln, die ich kenne, die FDP gewählt haben, haben als Grund auch die erwarteten Steuersenkungen genannt. "Freibier für alle" wirkt eben bei geistig minderbemittelten sehr häufig...

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  5. Natürlich haben sich auch viele potenzielle Wähler von den "Rot-Rot-Grün"-Kampagnen der Bürgerlichen verunsichern lassen. Dann halt gar nicht gewählt, oder als vermeintlich geringeres Übel eben die Liberalen. Und vielleicht kommt ja doch ein bisschen Steuersenkung dabei rum.

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  6. "Wirtschaftswaisen"

    Ein Freudscher Vertippsler der ins Schwarze trifft :D

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  7. Das ist durchaus kein Vertippser. Ich bezeichne die eigentlich immer so. :)

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  8. Hm, naja, ich denke, man muss hier differenzieren. Der schwarz oder gelb wählende Springer-Leser hat das vielleicht wirklich geglaubt.
    Und außerdem muss man zugestehen, dass sich die Steuersenkungen der FDP schon finanzieren ließen, wenn sie wirklich vollkommen frei nach ihren Vorstellungen verfahren könnten, aber dann durch drastische Kürzungen der Sozialleistungen. Und das denke ich, ist auch die Taktik und vielleicht auch das, was sich viele FDP-Wähler wünschen: die Steuern so viel, wie sioe es durchkriegen, zu senken und ungerechter zu machen (Stufensystem) und dann als "Sachzwang" die Sozialleistungen so weit zu senken, wie es die Union zulässt.

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  9. Es ist wirklich traurig, dass die FDP jetzt meint, mit dem Beharren auf ihr gegebenes Wahlversprechen auch noch moralisch punkten zuz können. Da kann man nur frei nach Lichtenberg sagen:
    "Ein Wahlversprechen abzugeben ist eine größere Sünde, als es zu brechen."

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  10. Ich denke ganz allgemein sollte man mal die Rolle der Medien in diesem Kontext diskutieren. Westerwelle wurde ganz systematisch in den Monaten vor der Wahl von den konservativen Medien zu einem "seriösen" Politiker gemacht. Was er schlicht nie war. In Wahrheit ist Westerwelle noch genau der, der er während seiner Big-Brother-Zeit war. Ein politischer Hasardeur. Da die entsprechenden Lobbys aber Schwarz-Gelb um fast jeden Preis wollten, wurde aus diesem Leichtmatrosen ein politisches Schwergewicht gemacht.
    Eine kritische Auseinandersetzung mit dem vollkommen albernen Wahlversprechen der FDP hat kaum stattgefunden. Sogar der grosteske Nonsens, den Westerwelle z.B. auf dem FDP-Parteitag von sich gab, wurde positiv kommentiert.

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  11. Ich gehe auch davon aus, dass die Wähler so "kompliziert", wie in dem Beitrag vermutet, nicht gedacht haben. Den Wählern war es schlichtweg egal, ob das nun finanzierbar ist oder nicht. Sie hörten nur "Steuersenkungen". Und das reichte schon. Sieht man ja auch an den gemachten Erfahrungen einiger Vorposter mit mutmaßlichen FDP-Wählern. Es ging - und geht - eben um die Wurst. Immer.

    Irgendwo auch entlarvend. Aber eigentlich haben wir das ja schon immer gewußt. Nur jetzt noch besser.

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