Dienstag, 6. April 2010

Konkurs in Kabul

Ein wenig Kaffeesatzleserei zum Osterende

Da hat er dem Westen ja ein dickes Ei ins Osternest gelegt, der gelegentlich spöttisch auch als “Bürgermeister von Kabul” titulierte afghanische Präsident Hamid Karsai. Nur durch westliche Intervention überhaupt ins Amt gelangt, unter Verdacht, durch Wahlmanipulation an der Macht geblieben zu sein und den Drogenhandel nicht ernsthaft zu bekämpfen – diese vermeintliche Marionette des Westens begehrt nun auf.

Der Westen wolle ihn schwächen, wäre gar gegen Wahlen in Afghanistan, so Karsai in seinen jüngsten Vorwürfen. Im Falle einer Fortsetzung dieser Politik  würden die Taliban eine “legitime Widerstandsbewegung” werden, drohte er. Zudem kündigte er nach einem Treffen mit 1.500 Stammesführern in Kandahar an, die kommende NATO-Offensive in dieser Region mit seinem Veto blockieren zu wollen, sollte sie von der lokalen Bevölkerung nicht gestützt werden. Auch wenn das US-Militär Karsais Statements bisher herunterspielt, so äußerte sich Präsident Obamas Sprecher, Robert Gibbs, doch besorgt.

Diese Entwicklung weist manche Parallelen zum Fall des einstigen südvietnamesischen Präsidenten Ngo Dinh Diem auf, der 1963 gestürzt wurde, nachdem er wegen Korruption, exzessiver Herrschaftsausübung und eines beabsichtigten Kontaktes mit Ho Chi Minh für die USA nicht mehr tragbar war. So wird auch der Regierung Karsai regelmäßig Korruption vorgeworfen, Nepotismus ist ebenfalls breit vertreten und nun spricht der afghanische Präsident gar von einer möglichen Legitimierung der Taliban. In Washington und den Regierungssitzen der Verbündeten dürfte langsam die Frage auftauchen, wohin Karsai eigentlich steuert.

Will er wirklich nur mit markigen Worten seinen Rückhalt im Volk stärken oder plant er, eigene Wege zu gehen? Will er gar das Lager wechseln? Gerade letzteres scheint eine Überlegung wert, da Hamid Karsai durchaus seine Zukunft nach Abzug der ausländischen Truppen im Auge haben könnte: Der Krieg (auch zu Guttenberg nennt ihn ja nun faktisch so) läuft – trotz aller Verstärkungen – nicht so wie geplant und die Stimmung der Afghanis neigt mit jedem toten “Kollateralschaden” mehr dem Lager der Aufständischen und Taliban zu, also warum sollte das derzeitige Staatsoberhaupt vor dem Hintergrund einer möglichen Niederlage der Allianz nicht versuchen, möglichst zu “retten, was zu retten ist”? Ins Exil kann er ja immer noch gehen …

Beim historisch bewanderten Chronisten ensteht durch diesen  zunehmenden Kurswechsel der Eindruck: “Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.”
Vielleicht sollte sich auch die politische Führung in Berlin langsam mit diesem Gedanken vertraut machen.

[fb]

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