Von Stefan Sasse
Die FDP hat sich offiziell von ihrem rechtspopulistischen Anti-Euro-Kurs verabschiedet. Nachdem bereits am Sonntag bei Günther Jauch Absetzbewegungen veranstaltet wurden, ist es nun offiziell: Philip Rößler hat niemals, nie, antieuropäische Ressentiments abgelassen. Der Artikel in der Welt war ein Produkt eines anderen FDP-Vorsitzenden gleichen Namens. Schuld ist allein der Berliner Landesverband, der ohne Absprache mit der Bundespartei mit europafeindlichen Parolen auf Wählerfang ging. Man reibt sich verwundert die Augen über diese neuerliche Kehrtwende der Liberalen, aber man sollte sie nicht für ihre Wankelmütigkeit schelten: besser sie finden zum Guten zurück, als dass sie aus falsch verstandener Prinzipientreue ständig im rechtspopulistischen Nirvana herumgurken. Das war letzte Woche noch eine realistischere Vorstellung, als sie es sich heute eingestehen will.
Jetzt, so wird es verlautet, ist "die FDP eine proeuropäische Partei mit der notwendigen wirtschaftspolitischen Vernunft". Aha. Schon immer gewesen, selbstverständlich, aber solche Rituale gehören zum Politbetrieb dazu. Die interessante Frage ist eigentlich, was die FDP zu der Kehrtwende bewogen hat. War es tatsächlich die Wahlschlappe in Berlin, wo mit dem Europa-Thema so gar nicht Kasse zu machen war? Eigentlich erscheint das nur wenig realistisch. Zwar wird nach jeder Wahl betont, welche regionalen Besonderheiten sie doch habe, aber Berlin lässt sich tatsächlich nicht verallgemeinern. Ist es also möglich, dass Angela Merkel - deren ungewohnt scharfe und direkte Kritik einen Weckruf dargestellt haben muss - hinter den Kulissen mehr Druck gemacht hat als offen erkennbar war? Möglich ist es. Die offenen Spekulationen über eine schwarz-rot-grüne Vernunftkoalition dürften bei diversen Leuten angekommen sein. Und da die SPD als conditia sine qua non Neuwahlen ausgegeben hat, ist die Attraktivität dieser Art von Bündnis weder für Schwarz noch für Gelb von großem Wert.
Am Wichtigsten ist wohl, dass sich für die FDP das ganze Ausmaß ihrer Krise erneut drastisch gezeigt hat. Sie hat als Marke so vollständig verkackt, dass es kaum zu fassen ist. Nicht nur hat Westerwelle sie auf einen Ein-Themen-Kurs gebracht, der völlig losgelöst von jeglicher Realität ist (gibt es ernsthaft jemanden außerhalb von FAZ und Handelsblatt, der ernsthaft Steuersenkungen will?). Die FDP hat in den letzten zwei Jahren außerdem das Kunststück fertig gebracht, als Regierungspartei vollkommen unglaubwürdig zu werden. Unseriosität hat einen Namen, und er ist FDP. Da kommt nicht einmal die LINKE mit. Die FDP ist eine Gefahr, ein Querschläger des Politbetriebs. Sie ist die neue CSU, nur dauerhaft. Wo die CSU punktuell den Querschläger spielt, um ihr Gewicht in die Waagschale zu werfen und damit inzwischen auch reichlich Erfahrung hat, dreht die FDP vollkommen durch. Sie ist ein völlig unberechenbarer und unzuverlässiger Faktor geworden.
Sicher dass die FDP aus ihrer Sicht einen Flip-Flop hingelegt hat? Mir scheint eher die glauben, die ganze Zeit einen "konsequent proeuropäischen Kurs mit der nötigen wirtschaftlichen Vernunft" gefahren sind: Griechenland muss maximal bluten für ihre Sünden zum Wohle der europäischen Großbanken, schließlich gebietet das die wirtschaftliche Vernunft. Systemisches Risiko, wirtschaftliches Chaos kommt in deren Denkmodellen nicht vor und wird wenn eh als Hebel zum Anzuehen der Dauenschrauben verwendet.
AntwortenLöschenMir scheint, du unterschätzt die Macht des ideologischen Gefängnisses in das die FDP sich verrannt hat: Jahrelang als DIE Europapartei schlechthin geriert, schließlich ist man auch Freund von neoliberaler Globalisierung... Das geben sie sicher nicht so leicht auf, sie glauben selbst dran. Jetzt fängt der Euro an zu platzen, doch die nötigen Schritte sind für FDP schlichtweg nicht in ihrer Gedankenwelt akzeptabel. "Wirtschaftliche Vernunft" bedeutet bei der FDP genau das Gegenteil, weil sie mit ihrer Analyse des Problem völlig daneben liegen.
Erstaunlich wie sehr man ein Wörtchen drehen kann, ohne dass keiner mehr weiß wovon eigentlich die Rede ist. Vernunft jedenfalls sieht anders aus. Die Verwendung des Begriffs zeigt seine wahre Bedeutung, das, was dort eigentlich stehen sollte: dogmatisch begründete Unvernunft.
AntwortenLöschenwieso sollte die linke eigentlich unseriöser sein als andere parteien?
AntwortenLöschenEs gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Höhe der Benzinpreise, der tatsache das die hohen Benzinpreise auf Spekulation zurück zu führen sind, und der Tatsache das die FDP gegen jede Finanzmarktregulierung ist.
AntwortenLöschenSollten die Benzinpreise über 1,70 Euro steigen wird die CDU trotz ihrer Fianzmarkttransaktionssteuer vernebelungstaktik auch in Richtung in FDP gehen.
Das Auto ist 'heilig' in Deutschland.
Woher wissen eigentlich alle, daß es da nur um Polemik und Wahlkampfmanöver ging, nur weil ein Politiker mal die Wahrheit ausgesprochen hat?
AntwortenLöschenFür die Griechen selbst wäre das Beste: Ausstieg aus dem Euro, sofort, und dann bankrott. Warum ist jeder der das ausspricht Anti-Europäisch?
Den "Rettungsschirm" als "Rettung Griechenlands" zu bezeichnen, ist der absolute Hohn.
Diese "Rettung" vernichtet die Wirtschaft und knebelt die Griechen in einer Spirale des Elends.
Nach einem Bankrott könnten die Griechen wenigstens neu anfangen. In 10 Jahren wären sie vielleicht schon wieder gut im Kommen.
Beispiele gibts genug: Argentinien, Rußland, die Türkei...
Statt dessen malen die Medien ausnahmslos Horrorvisionen an die Wand, und setzen den Euro komplett mit Europa gleich...
Sind unsere Medien so sehr mit den Banken verbunden, daß nur noch im Interesse bestimmter Kreise berichten?