Montag, 15. Dezember 2008

Fundstücke 15.12.2008, 15.38 Uhr

So hehandelt der Staat seine Kontrolleure
Lawblog - Ausweise von Prozessbesuchern werden also kopiert. Vielleicht nicht überall, aber im Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der militanten gruppe in Berlin. So steht es in diesem Prozessbericht. Ich frage mich, was wohl passiert, wenn ein interessierter Zuschauer keinen Ausweis dabei hat. Und sich auch weigert, seine Personalien abzugeben. Man braucht wahrscheinlich nicht lange zu raten. Er darf nicht rein. Vielleicht wird er danach sogar beschattet.
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Verwanzte Ärzte, belauschte Journalisten

SZ - Das geplante BKA-Gesetz schränkt den Vertrauensschutz stark ein - die Länder könnten dies noch verhindern.
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"Koch ist ein Wirtschaftslobbyist und Marktradikaler"

SZ - Die Hessen-SPD erklärt die Zeit der Selbstkasteiung für beendet und verlegt sich fortan aufs Attackieren. Spitzenkandidat Schäfer-Gümbel gibt schon mal eine Kostprobe.
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Amerikaner und (fehlende) Notausrüstung
USA erklärt - Ein Problem ist das Image. Sich zu viele Gedanken über den persönlichen Katastrophenschutz zu machen, rückt einen schnell in eine Ecke mit den Leuten, die Atombunker im Garten bauen, wegen des Y2K-Bugs Hamsterkäufe unternahmen oder angesichts von Peak Oil das Ende unserer Zivilisation erwarten. Muss man sich wirklich einen Vorrat an Lebensmitteln zulegen, die 25 Jahre halten? Das Desinteresse kennen wir auch aus Deutschland, wo ein Gutachten des Bundestages erhebliche Lücken bei der Vorsorge fand. Und das, obwohl der tagelange Stromausfall im Münsterland vor drei Jahren so dramatische Folgen hatte.
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Brandbrief an Merkel
Weißgarnix - Während in diesen Stunden das korporatistische Deutschland bei der Bundeskanzlerin über die Krise diskutiert, schreiben andere Leute an Frau Merkel einen Brief. Solche Briefe sind zumeist der Versuch der Einflussnahme von Lobbyisten. In diesem Fall ist der Brief anders zu bewerten. Er stammt vom Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM). Das Handelsblatt hat den Brief exklusiv. Das ist eine schöne Sache. Denn eigentlich ist dieser Brief an den Bundeswirtschaftsminister und einige seiner Kollegen aus den Bundesländern gerichtet. Aber mit der exklusiven Veröffentlichung in Leitmedien wie dem Handelsblatt wird sichergestellt, dass ihn auch die Bundeskanzlerin und der interessierte Rest der deutschen Öffentlichkeit mitbekommt. Das ist sinnvoll: Wer verläßt sich schon darauf, dass der Bundesschnarchminister Michael Glos etwas mitbekommt? Der Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung nicht. Aber was schreibt er nun?
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Die anal-erotische Finanzkrise

Weißgarnix - Keynes haben wir gehört, Marx haben wir zu Wort kommen lassen, es ist an der Zeit ein drittes intellektuelles Großkaliber aus dem Stall zu holen, um der Finanzkrise auf die Schliche zu kommen. Der Bursche, um den es heute geht, ist allerdings kein Ökonom und kein Freizeitphilosoph, sondern einer, der im wahrsten Sinne des Wortes ins Innerste der Dinge vorgedrungen ist. Ihr ahnt es bereits, liebe Freunde: die Rede ist von Sigmund Freud.
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Teure Saisonarbeiter
SZ - Viele Bundesländer stellen Lehrer nur noch befristet ein, um sie über die Sommerferien zu entlassen und sich so Gehalt zu sparen. Diese Praxis kostet die Arbeitslosenkasse Millionen.
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Der Mittelstand lässt sich klaglos ruinieren

LZ - Es ist schon erstaunlich, wie lautlos weite Teile des deutschen Mittelstands ihren ökonomischen Ruin hinnehmen. Was bindet die Mehrheit dieser diffusen Schicht immer noch an die neoliberalen Denkmuster der Globalisierung und totalen Marktvergötzung? Bei höheren und höchsten Beamten, bei Spitzenpensionären ist die Bindung an die herrschenden Verteilungs- verhältnisse durch ihre Luxusversorgung leicht erklärbar, aber was fasziniert die vielen mittleren und Kleinunternehmer, die Selbständigen und Freiberufler, vom Rechtsanwalt bis zum Gastwirt, vom Arzt bis zum Taxifahrer, noch an diesem erodierenden Finanzsystem? Ein Blick auf ihre Umsätze, auf ihre private Altersvorsorge, die dahinschmelzenden Depots müsste doch ein Umdenken, Protest und Widerstand erzwingen. Doch nichts. Stille.
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Gesundbeter am Ende

HH - Ein Hund, den man zum Jagen tragen muss, flößt keinem Wiesel Angst ein. Genauso wenig kann ein Konjunkturprogramm, das einer unwilligen und unvorbereiteten Regierung abgetrotzt wird, Mut einflößen. Finanzminister und Kanzlerin haben alles getan, um den Staat ohnmächtig in die Krise schlittern zu lassen. Bis es nicht mehr ging, haben sie behauptet, ein Rezessionsrisiko gebe es nicht. Über Konjunkturprogramme brauche man daher nicht nachzudenken. Der Wirtschaftsminister, der auf Eventualpläne gedrängt hatte, wurde genötigt, der Häresie abzuschwören. Als Leugnen nicht mehr ging, improvisierte man ein Konjunkturprogrämmchen, dessen planlose Beliebigkeit es zur Wirkungslosigkeit verdammt.
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Pessimist zur rechten Zeit
FTD - Wer die Wirtschaftsentwicklung 2008 am besten vorausgesagt hat - und wer daneben lag.
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Zu schön

FR - Es ist eigentlich zu schön, um wahr zu sein: Bernard Madoff, einer der renommiertesten Berater der US-Regierung in Fragen der Finanzmarktregulierung, Ex-Chef der Technologie-Börse Nasdaq und bis vergangene Woche Star-Investor, hat seine Lebenslüge gestanden. Mittels eines simplen Schneeball-Systems soll er Anleger um sagenhafte 50 Milliarden Dollar geprellt haben. Mitten in New York. Solche Schneeball-Systeme kannte man bislang vor allem aus Albanien, wenngleich die Dimension von Madoff unerreicht ist.
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Das Publikum wendet sich ab

SZ - Der Rettungsschirm für die Banken beläuft sich auf 480 Milliarden Euro. Eine Kontrolle der Politiker wäre jetzt nötig, fehlt aber völlig.
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Zurück aus der Wildnis

FTD - Keynes' Thesen sind in den Vereinigten Staaten wieder in aller Munde. Die Politik sollte darauf achten, dass die Theorie nicht missbraucht wird.
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