Wann immer die überzogenen Gehälter der Spitzenamanager gegeißelt werden geistert eine Wortkombination durch die Debatte: leistungsgerechte Bezahlung. Mit bemerkenswerter Penetranz versucht ein Konsortium von Lobbyisten landein, landaus durch die Talkshows tingelnd uns klar zu machen, dass Gehälter von mehreren Millionen im Jahr irgendetwas mit Leistung zu tun hätten. Thomas Wieczorek, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler und freier Autor, hat sich des Mythos angenommen und deklassiert ihn vollständig. Unsere Spitzenamanger bekommen nämlich nicht nur obszön viel Geld, nein, sie verdienen es nicht einmal im wahren Wortsinn.
Ein Paradebeispiel hierfür ist Jürgen Schrempp; dessen Karriere als Daimlerchef wird von Wieczorek ausführlich beschrieben. Schrempp ist es gelungen, in seinen zehn Jahren (in denen er übrigens über 80 Millionen Euro verdient hat, womit er eher zu den Geringverdienern der Branche zählt) Kontrolle über den Daimler-Konzern eine Fusion mit Chrysler gehörig in den Sand zu setzen und 95 Milliarden Euro Firmenwert zu vernichten. Um das noch einmal klarzumachen, die Firma war nach seiner Führung 95 Milliarden weniger wert als zuvor. Allein durch die Ankündigung seines Rücktritts stieg die Daimler-Aktie um 5%. Dieser Mann, der seine Firma fast ruiniert hat, ging natürlich mit goldenem Handschlag, wie so viele Versager vor ihm. Schrempp ist allerdings nicht arbeitslos, wie es jeder Arbeiter wäre, der über zehn Jahre die Maschinen an seinem Arbeitsplatz kaputtshreddert. Er darf neue Firmen in den Abgrund führen.
Dieser Wahnsinn hat Methode, und Wiezcorek zeigt mit beeindruckender analytischer Weitsicht und akribischer Genauigkeit auf, wie es den Managern gelingt, trotz offensichtlicher Inkompetenz und schweren Fehlern immer wieder viele, viele Millionen zu kassieren. Das große Netz der Aufsichtsräte ist dafür der Hebel Nummer 1. Allein anhand einiger weniger Unternehmen, die Wiezcorek exemplarisch herausstellt, wird leicht deutlich wie vernetzt die Manager untereinander in den Führungsgremien ihrer jeweiligen Firmen sind. Auf diese Art genehmigen sie sich gegenseitig Phantasiegehälter und decken sich im Falle allzu offensichtlichen Versagens, wie es ständig vorkommt. Eine ganze Public-Relations-Industrie voller bezahlter Mietmäuler gibt ihnen dafür das nötige intellektuelle Fundament. Die Dürftigkeit ihrer Weltbilder wird exemplarisch immer wieder Hans-Werner Sinn, dem Chef des ifo-Instituts deutlich, dessen Aussagen und Prognosen sich bisher in Bausch und Bogen als vollkommener Mist erwiesen haben, der aber trotzdem beständig ganz oben mitmischt und seine gekaufte Meinung ständig durch den Blätterwald rieseln lässt.
Dies ist exemplarisch für die gesamte Zunft. Eine bestenfalls zweitklassige Oberschicht träufelt das Odeur des Erfolgs, der sich an kurzfristigen Aktiensprüngen nach oben abzeichnen soll, über ihr eigenes Versagen. Firmen werden zugrundegerichtet, und wie die Heuschrecken ziehen sie von Firma zu Firma, bis sie sich irgendwann auf ihr Altenteil zurückziehen.
Thomas Wieczoreks Buch ist so wichtig, weil es leicht verständlich und auf vergleichsweise wenig Raum das Kunststück schafft, dem Leser einen fundierten Eindruck des Treibens in den Vorstandsetagen zu vermitteln. Eine parasitäre Elite lebt auf Kosten der Allgemeinheit und vernichtet tausende von Arbeitsplätzen, und dafür wird sie auch noch gefeiert und mit absurdesten Gehältern belohnt. Bücher wie dieses müssen gelesen werden, damit Hans-Werner Sinn (pars pro toto für all die Mietmäuler) endlich zum Schweigen gebracht werden können und eine nachhaltige Wirtschaftspolitik beginnen kann – auch in den Vorständen.
Aufklärungsarbeit tut Not für die menschen im Lande. Die Hoffnung aber, daß sich irgendetwas ändert habe ich aufgegeben. dafür sind die Machtstrukturen zusehr festgezurrt und mit hunderten und tausenden Mietclaqueuren in den Medien untermauert
AntwortenLöschenDer Artikel bringt es auf den Punkt. Danke.
AntwortenLöschenVom Autor ist übrigens ein neues Buch erschienen mit dem leider sehr zutreffenden Titel "Die verblödete Republik" - oder so.
AntwortenLöschenja, ist ja alles gut und richtig, doch wie will man die bagage zum teufel jagen?
AntwortenLöschenDie Frage ist auch gut, Wieczoreck meint, dass man erst einmal die geistige Analphabetisierung der hier lebenden Mehrheitsbevölkerung durchbrechen sollte, weg von BigBrother, Bertelsmann, INSM & Co.
AntwortenLöschenDas wäre zumindest einmal ein Anfang ;-)
Nur, ehrlich, wie soll man die gewollte Analphabetisierung der Bevölkerung stoppen, wenn ein Großteil der privaten Medien in den Händen von Bertelsmann (RTL, RTL II, teils VOX, Stern, Brigitte, Brockhaus, GEO, teils Spiegel, dutzende Verlage) und Springer (BILD, Welt) liegen? Ist mir leider ein Rätsel. Der ohnehin schwachbrüstige öffentliche Rundfunk wird ja mit Verweis auf vermeintliches EU-Recht schon im Internet massiv beschnitten.
AntwortenLöschenwww.demokratie-ist-wichtig.de
Ach ja, ich vergaß die FTD.
AntwortenLöschen@www.demokratie-ist-wichtig.de
AntwortenLöschenIch weiß es ja auch nicht, aber andererseits gibt es immer Alternativen - nur überzeugte Neoliberale - zu denen wir beide offensichtlich nicht gehören - glauben nicht an Alternativen ;-)
Die Zeit wird zeigen, ob ein "Change" kommt ;-)
Oder frei mit James Bond:
"Sag niemals nie!"
Danke für den Tipp! Das Buch werde ich mir bei Gelegenheit mal zu Gemüte führen. Nicht, dass ich das in der Zusammenfassung Angesprochene, nicht schon längst gewusst/geahnt hätte.
AntwortenLöschenZum Thema "Netz der Aufsichtsräte" hier eine kleine Darstellung von Erwin Pelzig:
http://www.timsieber.de/wordpress/?p=71
Tut mir leid, das Video wurde anscheinend gelöscht und ich konnte keinen alternativen Link finden. Wirklich seltsam, so viele Pelzig-videos z.T. genauso alt oder älter als jenes sind anscheinend kein verstoß gegen die Nutzungsrichtlinien von Youtube....
AntwortenLöschenAlles schoen und gut ..ich lese gerade dieses buch ..die verbloedete Rep....
AntwortenLöschennur was er so schreibt aendert auch nix.. es ist alles nur eine aufzaehlung der veschieden Misstaende...
ich bin etwas enttaeuscht davon ...
na ja ich lese mal weiter... vielleicht wird es ja noch besser...
Wie man all diese Trottel packen kann? Das ganze gesamte Volk muß aufstehen und denen die Stirn bieten, aber weil keiner was tut, können sie mit uns machen, was immer sie wollen.
AntwortenLöschenThomas Wieczorek, warum gibt es nicht mehr von Ihrer Sorte? Wie können Sie die Menschheit wach rütteln, damit all das, was hier passiert und abgeht, allen erreicht?
Was kann ich tun?
Diskutieren. Reden. Aufklären.
AntwortenLöschenIch habe gerade das Buch "Euroland, wo unser geld verbrennt aus 2010" gelesen. Es passt zu dieser Kriese, es zeigt deutlich und allgemein verständlich auf, wer an dem EUROSystem profitiert und wer verliert. Im Buch fasst der Autor in sehr interessanter Art u. Weise allgemein zugängliche Informationen zusammen und erklärt bzw. weist nach, wer und wie in diesem Land sowie im EuroRaum die Bevölkerung ausgeplündert wird. Dabei trifftet der Autor in keinem Fall in Polemik ab und bleibt sachlich.
AntwortenLöschenDieses Buch sollte in der derzeitigen EURO-Kriese "die Fibel" für den aufgeklärten Bürger sein. Leider treffen Argumente aus "die verblödete Republik" all zu häufig auf die breite Masse der Bürger zu, für die das Vorabendprogramm im TV (auf allen Sendern) schon eine Herausforderung darstellt.
Viele Grüße an den Autor, unbedingt weitermachen - vielleicht ist in diesem Land noch nicht alles verloren !