Allmählich geht mir die Schönschreiberei und "Ich kenne keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche"-Rhetorik in den Mainstreammedien zum Thema Afghanistan echt tierisch auf den Keks. In der aktuellen SZ ist schon wieder so ein Beispiel: weil die SPD jetzt, vornehmlich aus wahltaktischen Gründen, einen Abzug zwischen 2013 und 2015 fordert, gerät die Autorin völlig aus dem Häuschen, salbadert von Volkspartei und Oppositionskurs, und erklärt wie generell brandgefährlich so eine Festlegung ist. Immerhin, er verwendet nicht ein einziges Mal das Wort "Populismus", das muss Selbstbeherrschung gekostet haben.
Ernsthaft: als ich schrieb, dass die Forderung "Sofort raus aus Afghanistan" Unsinn ist und dafür so herbe Kritik geerntet habe, hatte ich im Kopf dass wohl mindestens ein Jahr notwendig ist, um halbwegs vernünftig aus Afghanistan abzuziehen. Dass eine Forderung, in drei bis fünf Jahren abzuziehen für SZ-Autorin Susanne Höll mit "jetzt" übersetzt werden könnte, habe ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Wenn dieser Zeitraum als "jetzt" gilt, ja, dann bitte seid gestern abgezogen.
Ich möchte Frau Höll nichts unterstellen, aber mal zum Mitschreiben: 2013 bis 2015, veranschlagen Steinmeier und Gabriel. Dann wird die Bundeswehr zwölf beziehungsweise vierzehn Jahre am Hindukusch sein. Was, in aller Welt, glauben die Befürworter des Einsatzes eigentlich noch gewinnen zu können? Einen Blumentopf? Den spendier' ich ihnen. Was man in zehn Jahren mit Militär in einem Land nicht schafft, bekommt man auch in vierzehn nicht hin, ganz besonders dann nicht wenn das Militär gegen Rebellen mit selbstgebastelten Bomben und AKs antritt, also gewissermaßen mit Schießpulver gegen Steinzeitmenschen. Die NATO-Militärmaschinerie ist den afghanischen Rebellen (die hierzulande immer noch eilfertig als "Taliban" subsumiert werden, weil es dann in Ordnung ist, sie abzuknallen) dermaßen grotesk überlegen, dass sie eigentlich schon längst hätte gewonnen haben müssen, besonders weil sie im Gegensatz zum sowjetischen Einsatz ja nicht einmal von einer anderen Supermacht aufgerüstet werden.
In Deutschland rechtfertigt man den Einsatz meist mit dem zivilen Aufbau, inzwischen genügt meist ein Verweis auf die Bündnispflichten oder das Brechstangenargument, dass über den Abzug zu diskutieren nur den Taliban hilft. Ja doch, sicher. Die Unsinnigkeit dieses Vorwurfs erkennt Höll immerhin, und sie verweist darauf dass es für Steinmeier, sollte er 2013 Kanzler werden (aber klar) dann ein "Glaubwürdigkeitsproblem" geben könnte, sollte er den Termin dann doch nicht halten können, er hätte dann "sein Wort gebrochen". Oh nein, und wenn er den Abzug ankündigt und in der Legislaturperiode dann nicht macht nicht? Wenn ich mir die Liste der gebrochenen Wahlversprechen ansehe, die schwarz-gelb allein in den ersten vier Monaten akkumuliert hat und nach denen kein Hahn kräht frage ich mich langsam wirklich, was diese völlig überzogene Aufmerksamkeit auf das "Wort" von Politikern soll, das ja nicht einmal ein Versprechen, sondern eine Absichtserklärung ist. Wer hätte denn je einen Politiker nach dem gemessen, was er in der Opposition gefordert hat? Das tut man ja nicht einmal Westerwelle an.
Völlig widersinnig aber ist der Vorwurf, die SPD würde mit einem solchen Abzugsbegehren ihren Volksparteistatus aufs Spiel setzen. Erstens hat sie den gar nicht, und zweitens wüsste ich nicht wie anders als so man bei einer Ablehnungsrate des Einsatzes in der Bevölkerung von 70-80% man sich als "Volkspartei" bezeichnen will. Aber diese Frage wird nicht gestellt, "Volkspartei" heißt in diesem Milieu oft nur "vertreten was wir für richtig halten".
Deshalb: hört endlich auf, mit Scheuklappen über Afghanistan zu reden, als hinge die Existenz der westlichen Welt von diesem Land ab. Fast niemand versteht Afghanistan wirklich, und wir sind dort offensichtlich nicht gewollt. Der Einsatz verfolgt keinen Sinn mehr, er produziert nur Leichen, Kosten und Skandale. Aber ich vermute eh, dass die SPD sich bald verwundert die Augen reibt, weil Guttenberg einen Abzug zwischen 2011 und 2013 ankündigt und die Medien sich dann vor Begeisterung über die Weitsicht und Größe dieses einzigartigen Politikers überschlagen. Bestimmt auch Susanne Höll.
Ernsthaft: als ich schrieb, dass die Forderung "Sofort raus aus Afghanistan" Unsinn ist und dafür so herbe Kritik geerntet habe, hatte ich im Kopf dass wohl mindestens ein Jahr notwendig ist, um halbwegs vernünftig aus Afghanistan abzuziehen. Dass eine Forderung, in drei bis fünf Jahren abzuziehen für SZ-Autorin Susanne Höll mit "jetzt" übersetzt werden könnte, habe ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt. Wenn dieser Zeitraum als "jetzt" gilt, ja, dann bitte seid gestern abgezogen.
Ich möchte Frau Höll nichts unterstellen, aber mal zum Mitschreiben: 2013 bis 2015, veranschlagen Steinmeier und Gabriel. Dann wird die Bundeswehr zwölf beziehungsweise vierzehn Jahre am Hindukusch sein. Was, in aller Welt, glauben die Befürworter des Einsatzes eigentlich noch gewinnen zu können? Einen Blumentopf? Den spendier' ich ihnen. Was man in zehn Jahren mit Militär in einem Land nicht schafft, bekommt man auch in vierzehn nicht hin, ganz besonders dann nicht wenn das Militär gegen Rebellen mit selbstgebastelten Bomben und AKs antritt, also gewissermaßen mit Schießpulver gegen Steinzeitmenschen. Die NATO-Militärmaschinerie ist den afghanischen Rebellen (die hierzulande immer noch eilfertig als "Taliban" subsumiert werden, weil es dann in Ordnung ist, sie abzuknallen) dermaßen grotesk überlegen, dass sie eigentlich schon längst hätte gewonnen haben müssen, besonders weil sie im Gegensatz zum sowjetischen Einsatz ja nicht einmal von einer anderen Supermacht aufgerüstet werden.
In Deutschland rechtfertigt man den Einsatz meist mit dem zivilen Aufbau, inzwischen genügt meist ein Verweis auf die Bündnispflichten oder das Brechstangenargument, dass über den Abzug zu diskutieren nur den Taliban hilft. Ja doch, sicher. Die Unsinnigkeit dieses Vorwurfs erkennt Höll immerhin, und sie verweist darauf dass es für Steinmeier, sollte er 2013 Kanzler werden (aber klar) dann ein "Glaubwürdigkeitsproblem" geben könnte, sollte er den Termin dann doch nicht halten können, er hätte dann "sein Wort gebrochen". Oh nein, und wenn er den Abzug ankündigt und in der Legislaturperiode dann nicht macht nicht? Wenn ich mir die Liste der gebrochenen Wahlversprechen ansehe, die schwarz-gelb allein in den ersten vier Monaten akkumuliert hat und nach denen kein Hahn kräht frage ich mich langsam wirklich, was diese völlig überzogene Aufmerksamkeit auf das "Wort" von Politikern soll, das ja nicht einmal ein Versprechen, sondern eine Absichtserklärung ist. Wer hätte denn je einen Politiker nach dem gemessen, was er in der Opposition gefordert hat? Das tut man ja nicht einmal Westerwelle an.
Völlig widersinnig aber ist der Vorwurf, die SPD würde mit einem solchen Abzugsbegehren ihren Volksparteistatus aufs Spiel setzen. Erstens hat sie den gar nicht, und zweitens wüsste ich nicht wie anders als so man bei einer Ablehnungsrate des Einsatzes in der Bevölkerung von 70-80% man sich als "Volkspartei" bezeichnen will. Aber diese Frage wird nicht gestellt, "Volkspartei" heißt in diesem Milieu oft nur "vertreten was wir für richtig halten".
Deshalb: hört endlich auf, mit Scheuklappen über Afghanistan zu reden, als hinge die Existenz der westlichen Welt von diesem Land ab. Fast niemand versteht Afghanistan wirklich, und wir sind dort offensichtlich nicht gewollt. Der Einsatz verfolgt keinen Sinn mehr, er produziert nur Leichen, Kosten und Skandale. Aber ich vermute eh, dass die SPD sich bald verwundert die Augen reibt, weil Guttenberg einen Abzug zwischen 2011 und 2013 ankündigt und die Medien sich dann vor Begeisterung über die Weitsicht und Größe dieses einzigartigen Politikers überschlagen. Bestimmt auch Susanne Höll.
Lt. Jürgen Elsässer erhalten die Taliban ihre Waffen von China, Russland und sogar, so seltsam das klingt, von den Amerikanern. Siehe Elsässers Vorträge über Afghanistan (Quelle: sein Blog, YouTube).
AntwortenLöschenMan ändert offensiv die Rethorik, so erinnere ich mich an eine Anne Will Sendung, in der die Moderatorin die Runde mit dem Schlusswort verabschiedete: "Die Deutschen wollen keinen Krieg, man muss versuchen, ihnen diesen Krieg besser zu erklären" (Sinngemäß)
AntwortenLöschenWie das geht, zeigt uns die letzte Panorama Sendung vom 21.10.2010 ich habe sie in meinem Blog verlinkt und kurz kommentiert (siehe Linkunterlegung in meinem Namen)
Bitte!
AntwortenLöschenMehr!
Absätze!
Danke. ;)
"Wenn Banken Geld nach dem Gewinnmaximierungsprinzip schöpfen und verteilen wird es oft für destruktive Zwecke eingesetzt."
AntwortenLöschenDer Staat reguliert nicht nur den Markt, sondern setzt auch durch die Entlohnung des öffentlichen Dienstes, die Standards für die Privatwirtschaft.
Der Abbau von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst, geschieht nicht aus Effizienzgründen, sondern um die Standards für die Entlohnung zu drücken.
Nur Schizophrene halten Hayek für einen Wirtschaftswissenschaftler.