Samstag, 2. Januar 2010

Anfängerkurs Parteiengeschichte der BRD

Manchmal hat man das Gefühl, den hätte die Journaille dringend nötig:
Wenn sie [CSU und SPD, Anm. d. Autors] ihren Absturz nicht bremsen können, wird das Machtgefüge, wie es sich nach dem Krieg austariert hat, nachhaltig durcheinandergeraten. In SPD und CSU stehen zwei von drei Volksparteien auf der Kippe.
- Stefan Braun, SZ
Jungs, zum Mitschreiben: dem ersten deutschen Bundestag gehörten neun (!) Parteien an. Diese Zahl reduzierte sich bis in die 1960er Jahre durch die Integrationskräfte der CDU und die Marginalisierung der KPD auf drei; sie stieg 1983 auf vier und 2005 auf fünf. In den Landtagen gilt dieses Schema ohnehin nicht; dort sind häufig mehr und andere Parteien vertreten. Ich weiß, dass es Braun um das Drei- bzw. Viertparteiensystem geht, das den meisten Menschen als "natürlich" erscheint, es aber schlicht nicht ist. Prinzipiell ist das Fehlen einer sechsten Bundestagspartei, die das rechtskonservative Spektrum abdeckt eigentlich nur der Unfähigkeit dieser Klientel zuzuschreiben, eine mit der LINKEn vergleichbare Alternative aufzustellen; das Chaos der Freien Wähler, die gescheiterte Verbürgerlichung der NPD oder der rapide Untergang der Schill-Partei zeigt das deutlich. Ihr wenn auch zeitlich begrenzter Erfolg zeigt, dass es Potential für eine solche Partei gibt; und ich rechne auch mit einem Erscheinen innerhalb der nächsten zwei oder drei Legislaturperioden, sollten die Volksparteien es nicht aus irgendeinem Grund schaffen, stärkere Integrationskräfte zu beweisen, wofür ich aber gerade keinen Anlass sehe.

15 Kommentare:

  1. Das mag ich an Deinen Texten: Keine Scheuklappen. Untypisch deutsch.
    In der Tat stellt sich die Frage nach einem ernstzunehmenden Gegenpol zur Linkspartei. Natürlich werden sofort ein paar ganz politisch Korrekte aufschreien. Aber das Problem ist in der Tat die versäumte Integrationsleistung der letzten Jahrzehnte, die sich irgendwann rächen wird.

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  2. Ist die FDP nicht diese rechtsextreme Partei?

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  3. Wozu eigentlich noch mehr Parteien? Was sollen sie bringen? Sollen sich zukünftig noch mehr ausrangierte nutzlose EX-Politiker an lebenslager exorbitant hoher Staatsversorgung bis zum Abtauchen in die Grube zu Lasten der Steuerzahler erfreuen können? Gibt es davon nicht schon heute genug davon? Denkt mal auch bitte an die Schuldenbremse!

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  4. Parteien werden zur Willensbildung benötigt. Sieh dir mal Kopenhagen an: 193 Stimmen in Konsens zu bringen ist fast unmöglich. Dazu kommt, dass nicht jeder Experte für alles sein kann - man aber über hochkomplexe Sachen abstimmen muss.

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  5. @Anonym1: Nein, die FDP ist vielleicht extreme Klientelpartei einer gewissen Bevölkerungsschicht, aber ihre politische Positionierung (Rechte der Homosexuellen, Integration, Innere Sicherheit etc.) sind alles andere als rechts.

    Aber Stefan du hast völlig recht: Ich warte eigentlich auch schon seit Jahren auf eine Haider-Partei oder SVP in Deutschland - auch wenn ich natürlich froh bin, dass sie es noch nicht geschafft haben :-)

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  6. Auch schon wieder so viel Schubladendenken...
    Schwarz-Weis... Links-Rechts... Braun-Rot... Nazis-Kommis...
    Dabei gibt es, wie bei allem, doch auch noch soviel dazwischen.
    Was ist mit den Neoliberallalas? Wo gehören die den zu? Die Wirtschaftsliberalen? Sind die Mitte? Was ist eigentlich "Die Mitte"? Das Zentrum?... Zentrum? Hatten wir doch auch schon mal. Waren die nicht - in unserer Rechts-Links-Nomenklatur - eher rechts angesiedelt?
    Ich denke schon, da ein Mehr an Parteien durchaus seinen Sinn hat. Müssen die kleiner gewordenen Großen doch eher Koalitionen eingehen und können nicht mehr so einfach "durchregieren". Dabei kommt es natürlich auch auf einen vernünftige Wahl des Koalitionspartners an. Allmählich merkt auch das Merkel, das es bei der jetzigen Wahl doch etwas ins Klo gegriffen hat. Aber das ist eben Demokratie :D

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  7. "Ist die FDP nicht diese rechtsextreme Partei?"

    Naja, jenseits aller Scherze, die FDP ist schon eine Klientelpartei, aber sie bedient nicht die Masse, noch nicht mal mehr die sogenannte besserverdienende Mittelschicht, sondern wie fast alle großen Parteien indirekt nur noch die Superreichen. Da könnte man der Linkspartei noch viel eher unterstellen, eine Stammtischpartei zu sein, nur eben eine linke. Und hier könnte man meines Erachtens ein entsprechendes Gegenstück rechts erwarten, eben ohne gleich rechtsextrem zu sein. Die Linkspartei ist schließlich auch nicht die MLPD. Naja, zumindest nicht offiziell...

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  8. Rechts und links sind Schlagwörter. Links ist eher progressiv-liberal, rechts eher konservativ-autoritär. Was 1848 links war wäre heute ziemlich rechts...- es ist einfach kürzer als solche Wortungetüme ;)
    Die FDP ist aber sicher keine rechtsextreme Partei. Sie hatte solche Tendenzen zu Beginn der Geschichte der BRD, als es einen starken nationalliberalen Flügel gab, aber der ging unter oder integrierte sich in die CDU, als die FDP sich der SPD öffnete - was für die FDP damals ein überaus schmerzhafter Prozess war. Ende der 1980er Jahre kamen solche Tendenzen dann wieder auf - Möllemann - wurden aber von Westerwelle ziemlich unterdrückt und spielen heute m.E. keine Rolle mehr.

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  9. Also wenn ich mir das Lambsdorff-Papier und dessen Auswirkungen bis heute zum Nachteil der Menschen anschaue, dann würde ich die FDP schon als rechtsextreme bzw. faschistische Partei bezeichnen. Nur anstelle des Judensterns ist eben ein zu niedriger Kontostand das diskriminierende und ausgrenzende Element.

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  10. Ich möchte auf einen Fehler bezüglich der Parteienanzahl im Bundestag hinweisen. Seit 1990 befinden sich 5 Parteien im Bundestag.
    Die PDS war zwischen 1990 und 2005 entweder aufgrund der erzielten Direktmandate oder durch überschreiten der 5%-Hürde (1998) im Bundestag vertreten. Die Wahl 2002 wäre fast daneben gegangen, weil durch die Aktion -Kohl muß weg- viele PDS-Wähler der SPD ihre Stimme gaben. Da kamen nur die Abgeordneten Petra Pau und Gesine Lötsch über Direktmandate in den Bundestag.
    Danach zog „Die Linke“ 2005 mit 8,7% und 2009 mit 11,9% in den Bundestag ein.

    Dazu ein hübsches „Spielzeug“:

    http://wahlarchiv.tagesschau.de/flash/index.shtml

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  11. Wenn ich mir die Konstellationen in manchen Kommunalparlamenten angucke, wo sich (nach Abschaffung der 5%-Hürde) oft eine Vielzahl von Parteien und Gruppierungen tummeln, die dann noch eine höchst diffuse Zusammenarbeit an den Tag legen, weiß ich nicht, ob noch mehr Parteien im Bundestag unbedingt sinnig sind. Im übrigen räumen doch die CDU-Rechten dieses Feld ziemlich erfolgreich ab.

    Aber was das "rechte" Parteienspektrum anbelangt, dürfte sich in NRW in diesem Jahr was tun. Allein es bleibt die Frage, wie groß die "Pro"-Bewegung insgesamt wird. Sie weiß zumindest sich regional schon Gehör zu verschaffen.

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  12. Welche KPD wurde in den 1960ern marginalisiert? Die in westdeutschland nicht. Die KPD wurde nicht politisch an den rand gedrängt, sie wurde 1956 verboten, zahlreiche mitglieder und sympathisanten verfolgt und eingesperrt.

    Bis 1968 gab es wegen der kommunistenverfolgung zwischen 20000 bis 30000 gerichtsverfahren, die nicht selten mit einer haftstrafe endeten. Da erscheint mir der begriff »marginalisierung« arg verharmlosend!

    Ansonsten stellt sich zum SZkommentar des herrn Braun die frage, ob es in einer demokratie sinnvoll ist, das machtgefüge bestimmter parteien zu sichern. Offenbar sind journalisten der bürgerlichen presse damit überfordert, wenn sie anstatt nur bis drei auch mal bis fünf oder gar bis neun zählen sollen.

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  13. Die KPD erlitt bereits in den 1950er Jahren vor ihrem Verbot einen rapiden Bedeutungsverlust. Das meinte ich mit marginalisiert.

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  14. Warum schreibst Du das in Deinen text nicht einfach rein? Ein Brandenburger hat weiter oben in diesem faden angemerkt, daß die LINKE im grunde »schon immer« im Bundestag vertreten war, wenngleich auch nicht immer als fraktion. Der text hätte viel besser werden können, wenn Du etwas präziser gewesen wärest, schade.

    Übrigens waren es ausgerechnet leute aus der FDP, die in den 50er jahren gegen das KPDverbot waren, denen war vermutlich klar, daß diese partei ohnehin ihre bedeutung verloren hat und eine demokratie so was aushalten muß.

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  15. Um ehrlich zu sein hab ich schlicht nicht dran gedacht; ich hab das nur eben aus dem Kopf runtergeschrieben.

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