Donnerstag, 6. Oktober 2011

Zum Elend des deutschen Geschichtsfernsehens

Von Stefan Sasse

Man muss vermutlich dankbar dafür sein, dass die Welle der deutschen Fernsehfilme zu irgendwelchen zeitgeschichtlichen Themen inzwischen vorbei ist. Losgetreten wurde sie von "Der Untergang", dicht gefolgt von Filmen wie "Die Flucht", "Die Gustloff" und "Die Luftbrücke". Es gibt noch weitere Melodrame etwa über die Hamburger Flut, aber die vier erwähnten scheinen mir die aussagekräftigsten für das Problem zu sein, das hier besteht. Man muss es sagen wie es ist: die Machart der Filme ist stets professionell, spannend und mitreißend, die Botschaft dagegen ist revisionistische Kacke. Man verzeihe mir die harte Wortwahl, aber man kann es kaum netter sagen. Was hier präsentiert wird, erinnert in seiner süß-harmlosen Dramatik frappant an die Unterhaltungsbranche der Nazi-Zeit und in der politischen Botschaft an die Hochphase des Kalten Krieges in den 1950er Jahren und das stete konservative Amalgam der Relativierung des Dritten Reiches. Sehen wir uns die Filme kurz an.

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3 Kommentare:

  1. Sehr gutes Thema, sehr guter Text. Ergänzend gehören in diesen Kontext noch die Filme "Dresden" und das "Flammeninferno" sowie der in 2009 ausgestrahlte Film "Krupp - eine deutsche Familie", und das Buch "Atemschaukel" von Herta Müller.

    Interessant ist dabei, wie weit sich dieser öffentliche Diskurs mittlerweile vom akademischen entfernt hat. Von den Mitscherlichs über Raul Hilberg und Hannah Arendt bis hin zu den stärker auf das individuelle Subjekt fokussierten Forschungen, wie sie von Christopher Browning und Daniel Goldhagen initiiert wurden, um schließlich in der aktuellen Täterforschung zu münden, herrscht ein Konsens, so verschieden die betreffenden Thesen auch sind: Die Deutschen waren sich bewusst, was um sie herum passierte, und begegneten dem Geschehen mit einem Verhalten, das in den meisten Fällen zwischen aus Zustimmung gespeister Passivität und aktiver Beteiligung schwankte, jedoch nur äußerst selten von Missbilligung oder gar Widerstand getragen war.

    Der populäre Diskurs über den Zweiten Weltkrieg (und in seinem Schatten der Diskurs über den Holocaust und die Schuld der Deutschen) ist mehr und mehr bestrebt, durch die Betonung deutschen Leidens deutlich zu machen, dass die Deutschen in und nach dem Krieg mehr als genug gelitten und es daher nicht verdient hätten, obendrein auch noch mit Fragen nach der Schuld oder nach der Shoah belästigt zu werden. Dresden gegen Auschwitz, die »Flucht« gegen die Todesmärsche – wer wagt es, den ersten Stein zu werfen? Dies wird in den einleitenden Sätzen auf der Webseite zur Fernsehsendung »Planet Wissen« in exemplarischer Form deutlich. »14 Millionen Deutsche verlassen Ende 1944 ihre Heimat, werden deportiert oder in die Flucht geschlagen. In unzähligen Trecks drängen Flüchtlingsströme aus den ehemaligen deutschen Gebieten Ostpreußen, Pommern, Brandenburg und Schlesien in den Westen. Schlecht ausgerüstet, ohne ausreichende Lebensmittel und den militärischen Kräften schutzlos ausgeliefert, begeben sich die Deutschen auf einen Leidenszug quer durch das zerstörte Land.« »14 Millionen« – mehr als doppelt so viele wie jene berühmten 6 Millionen –, leidend, verhungernd, vergewaltigt, in einem zerbombtem Land. Dass nicht wenige von diesen 14 Millionen für Hitler gestimmt, ihre jüdischen Nachbarn denunziert, sich an deren Deportation bereichert und begeistert für den »totalen Krieg« gebrüllt haben, fällt da kaum ins Gewicht.

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  2. 1. http://de.wikipedia.org/wiki/Dresden_(Film)- ZDF 2006

    2.http://de.wikipedia.org/wiki/Krupp_%E2%80%93_Eine_deutsche_Familie (ZDF März 2009)

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