Von Stefan Sasse
Ich habe in der Vergangenheit öfter festgestellt, dass Linke vor allem deswegen für Volksabstimmungen sind, weil sie denken ihre eigenen Ziele damit durchsetzen zu können. Man zitiert dann gerne Zahlen wie fast 80% der Deutschen, die einen Mindestlohn wollen oder 90%, die den Rückzug aus Afghanistan wünschen. Stets ignoriert wurden satte Mehrheiten für Forderungen wie die Wiedereinführung der Todesstrafe (gerne auch nur für Sexualstraftäter), härtere Gesetze gegen Migranten oder Minarettverbote. Die Abstimmung um Stuttgart21 legt schonungslos offen, wo Demokratiedefizite in Deutschland liegen. Dass beispielsweise die Interessen des Großen Geldes über wesentlich mehr Durchsetzungskraft verfügen als die derjenigen, die über dieses Geld nicht verfügen war auch im Falle Stuttgart21 offenkundig, obgleich es sich noch in Grenzen hielt, vergleicht man es etwa mit der hyperaggressiven Lobbyarbeit von Steuersenkern in den USA (siehe Zeit). Etwas überraschender für manche mag sein, dass es auch ein krasses Demokratiedefizit auf der Linken offenbart hat, besonders was das Akzeptieren der Niederlage angeht. Anzeichen dafür gab es bereits im Vorfeld. Hermann Zoller, der für die NachDenkSeiten mehrmals über Stuttgart21 schrieb, beklagte im Vorfeld exzessiv die Wahlwerbung der Gegenseite. Seine Vorwürfe waren dabei völlig abstrus, bezogen sie sich doch praktisch ausschließlich darauf, dass die Gegenseite überhaupt Werbung machte. Was in einem demokratischen Prozess völlig normal sein sollte, wurde mit praktisch religiösem Eifer verfolgt.
Dass keine Missverständnisse auftreten: ja, die Gegenseite verfügte über deutlich mehr Geld und Unterstützung als die S21-Gegner. Das prinzipielle Recht auf Werbung in eigener Sache aber besitzen beide Seiten, und selbstverständlich ist in einem Wahlkampf niemand verpflichtet, Positionen der Gegenseite aufzuklären. Absurderweise verlangte man gerade das. So attackierte Zoller (siehe hier) nicht nur die Plakate der Pro-S21-Bewegung und verlangte, dass diese nicht mit den 1,5 Milliarden Ausstiegskosten operierten, sondern griff auch die SPD dafür an, in Reaktion auf eine Info-Broschüre der Grünen diese Zahl erneut in den Raum zu werfen. Solcherlei Gefühlslagen finden sich auf Seiten der ach so kritischen Gegenöffentlichkeit ständig, wie etwa die Kommentarspalte beim Spiegelfechter unter meinem letzten S21-Artikel beweist. Auch Albrecht Müller beklagt "den Einsatz obskurer und irrationaler Schlagworte". Von ihm ist das besonders unaufrichtig, denn er ist ein Fachmann für politische Werbung. War die Selbstpräsentation der SPD als Partei des Friedens anno 1972 etwa weniger obskur und irrational? Als ob die CDU damals für Krieg eingetreten wäre. Es ist eben politische Werbung und kein wissenschaftliches Analyseblatt.
Und genau das ist das Problem. Der Linken geht es nicht um Volksabstimmungen per se, oder um Demokratie, oder um "kritisch" sein. Sie wollen gewinnen. Wo sie es nicht tun, wittern sie sofort Manipulation, Verrat und Korruption. Dabei ist der Fall bei S21 so klar wie nur wenige. Die Baden-Württemberger sind nun einmal mehrheitlich konservativ. Dass eine schweigende Mehrheit zum Bahnhofsbau existieren könnte, wie etwa Tanja Gönner das postuliert hatte, war keine völlig abwegige Behauptung, und sie hat sich als richtig herausgestellt. Das Wahlergebnis mit seinen fast 20% Differenz ist so eindeutig, dass der Vorwurf von "Manipulation" auf Wahlplakaten zur Erklärung dafür nicht nur absurd, sondern schlicht von einer weltfremden Arroganz geprägt ist. Über 10% der Baden-Württemberger sind in diesem Weltbild also so unglaublich dumm und einfältig, dass sie sich von ein paar "obskuren und irrationalen Schlagworten" auf Plakaten beeindrucken lassen? Wow. Ein Glück gibt es die linke Elite voller kritischer Subjekte, die einen unermüdlichen Kampf um die Köpfe führen. Das ist eine so lächerliche Hybris, dass ihre eigene Machtlosigkeit nicht wirklich verwundert.
Vor allem die Verabsolutierung der eigenen Meinung als "Wahrheit" hat mit kritischem Denken nicht das Geringste zu tun. Nur ein Beispiel: kein Mensch weiß, wie hoch die Ausstiegskosten für S21 geworden wären. Wirklich niemand. Vielleicht 1,5 Milliarden, vielleicht nur 350 Millionen, vielleicht irgendwas dazwischen. Die 350 Millionen sind - vielleicht - die realistischere Zahl, aber ich habe in diesem Wahlkampf keine besonderen Bemühungen der "Ja-"Bewegung feststellen können, diese bekannt zu machen. Tatsächlich sah ich sie auf keinem einzigen Werbeplakat. Aber wie die meisten Menschen auch kann ich unmöglich nachprüfen, welche Zahl die realistischere ist, schließlich bin ich kein Stadtplaner. Ich kann nur die glaubhaftere Alternative wählen. Glauben aber ist nicht wissen. Deswegen die Forderung aufzustellen, die Gegenseite dürfe nicht mit der hohen Einschätzung Wahlkampf machen ist völlig absurd. Wie so oft geriert das so genannte "kritische Denken" der Linken zu einer reinen Ideologie-Show. Das Wort hat überhaupt keinen Wert mehr. Es ist mittlerweile nur noch ein Ausdruck, um "uns" von "denen" zu unterscheiden. Genau dasselbe ist das Geplapper von Demokratie und Mehrheiten. Nicht nur werden Mehrheiten nur dann akzeptiert, wenn sie sich mit den eigenen Positionen decken, auch demokratische Entscheidungen werden nur noch dann angenommen, wenn sie im eigenen Sinne ausfallen. Und das hat nichts mit Demokratie zu tun, und nichts mit aufgeklärtem, kritischen Denken. Es ist die Verabsolutierung der eigenen Position.
Zum Teil hast Du recht, zum Teil aber auch nicht.
AntwortenLöschenSich darüber zu beklagen dass die GEgenseite offensichtlich einen reinen Schätzwert als echte ermittelte Kosten augibt ist legitim, die eigenen ebenfalls nur geschätzten Ausstiegskosten nicht ins Rennen zu bringen demnach nur konsequent. Aber ich wohne nciht im Ländle, kann also vom Wahlgebahren der einzelnen Seiten nur das beurteilen was im TV oder im Netz zu finden ist.
Zum Demokratieproblem: ich denke eher dass Demokratie ein Problem ist, denn was unterscheidet dann die Volksabstimmung von einer einfachen Volksvertreterwahl? Die LINKE hat ein irres Gedöns um die Findung eines Programmes gemacht, aber für den Wähler ist das Programm so wurst wie irgendwas. Ich weiß dass Umfragen im Bekanntenkreis nicht repräsentativ sind, aber ich kenne kaum jemanden der auch nur ein Programm gelesen hat gleich von welcher Partei. Also geht es um was anderes, was Du ja an anderer Stelle schon hervorragend analysiert hast.
Dennoch ist Wahlkampf ja nicht völlig unwichtig, sonst müssten wir keinen machen. Das heißt nicht dass ich alle Menschen für dumm halte sondern dass ich mir der manipulativen Kraft hinter der Werbung bewußt bin ohne zu glauben ich sei dagegen gefeit. Und wenn wir davon ausgehen dass die vielen Wahlkampfgelder nciht aus dem Fenster geworfen sind ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei der Repräsentantenwahl: wer viel spenden kann unterstützt die Meinung seiner Wahl, das gilt für Parteien wie auch für Interessengruppen.
Mich würde interessieren wie man diesen überdurchschnittlichen Einfluss des Kapitals eindämmen könnte. Vorstellbar wäre ein fester Etat in gleicher Höhe und ein Spendenverbot, statt dessen die Möglichkeit an einen zentralen Verteiler zu spenden.
Insgesamt ein sehr emotional geschriebener Artikel der in seinem Tonfall an die Feminismusdebatten des Freidenkers erinnert.
Klar ist Wahlkampf wichtig! Ich denke der Einfluss des Geldes lässt sich vor allem durch mehr Transparenz eindämmen. Es bräuchte ein größeres Interesse der Wähler an solchen Vorgängen und eine aggressivere Aufklärung. Ich denke das hilft besser als künstliche Beschränkungen, die eh wieder umgangen werden.
AntwortenLöschenJa, emotional war ich hier. Ich hoffe das zählt nicht zu negativ ;)
Zunächst einmal: Recht haben will jeder! Auch glaubt jeder, er sei im Besitz der endgültigen Wahrheit. Das geht durch alle politischen Lager und alle Bevölkerungsschichten. Ob am Stammtisch, im Parlament oder auf der Lohnarbeit. Ideologie ist immer und überall. Das war schon immer so.
AntwortenLöschenDer Titel Deines Beitrages ist nicht nur sehr provokant gewählt, sondern im neoliberalen Zeitalter, in der Konservative und Liberale, Finanzakteure, Spekulanten, Konzerne, Banken usw. (allesamt KEINE Linken!) Kriege um Ressourcen führen (Irak, Afghanistan, Libyen), für weltweite Armut und Hungerlöhne sorgen (Flexibilisierung, Globalisierung, Deregulierung) und die Weltwirtschaftskrise mit verursacht haben, deren Folgen wir in den nächsten jahren alle erleben dürfen - ja, im Rahmen dessen, ist der Titel Deines Beitrages völlig absurd!
Ein echtes Problem mit der Demokratie, mit den Interessen der Mehrheit und dem Wohl des Volkes haben Banker, Liberale, sog. "Ökonomen", Konservative und Manager. Warum Du in diesem heutigen Zeitgeist ein Linken-Bashing veranstaltest, weißt wohl nur Du allein.
Kompliment, alles prägnant auf den Punkt gebracht.
AntwortenLöschenNun schmeiß doch nicht gleich alle Linken in einen Topf. Ich bin auch links und trotzdem deiner Meinung und grüble nicht über eine S21-Verschwörung nach :)
AntwortenLöschenIst ja nicht so, dass alle Linken nun unter die Verschwörungstherethiker gegangen sind.
Auch @Epikur
Ja, aber das ist es doch. Ist ja nicht so, als gäbe es keine echten Missstände, gegen die es anzugehen geht. Da ist es doch völlig unnötig und kontraproduktiv, Verschwörungstheorien über S21 nachzuhängen. Diese Leidenschaft wäre an anderen Stellen viel nötiger.
Btw halte ich es für Quatsch, dass es in Libyen und Afghanistan um Ressourcen geht aber das ist ein anderes Thema.
warum? Weil es einfach stimmt. Dass die Gegner ebenfalls Probleme haben bestreite ich ja gar nicht.
AntwortenLöschenAch Herr Sasse, wenn es doch nur so wäre. Wenn die „Linken“ (wer immer auch damit gemein sein soll) doch nur Probleme mit dieser Demokratie hätten. Aber die haben sie ja gar nicht. Sie glauben doch in Wirklichkeit an das Funktionieren Derselben. Und wenn sie dann mal wieder eine Klatsche verpasst bekommen, wie jetzt in BW, ja dann ist der Frust groß und es wird, wie immer in solchen Fällen, nach Schuldigen gesucht. Und die findet man immer bei den Anderen, oder es ist auf einmal wieder das „System“, das man aber bis dato sonst immer in den Himmel gehoben hat (Volkswille, oberster Souverän, Mehrheitsmeinung usw.) und nach einer kurzen Frustphase auch wieder weiter machen wird.
AntwortenLöschenIn so weit ist Ihr Beitrag eigentlich nur ärgerlich und nicht der Rede wert. Wenn nicht der Kommentar von Epikur um 16.11 Uhr wäre. Er stellt die Dinge vom Kopf auf die Füße. Sehen sie, werter Herr Sasse, da schreibt z. B. bereits 1986 ein in Österreich geborener Professor einer renommierten deutschen Universität in den „Wirtschaftspolitischen Blättern“ u.a.:
„Das demokratische Mehrheitsprinzip zählt zu den am wenigsten überzeugenden und mit schwersten Einwänden belasteten Kollektiventscheidungsprozessen und gehört auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen. Nicht nur aus humanitären Gründen (Lynchen ist die reinste Form unmittelbarer Demokratie), sondern weil mathematisch nachweisbar sei, dass Inkonsistenzen vermieden werden können, wenn Entscheidungsrechte hinsichtlich sozialer Zustände nicht mehr allen Individuen offenstehen (...). Konflikte lassen sich vermeiden, wenn nicht mehr alle überall mitzubestimmen haben“.
Der Name dieses Professors ( emeritus ) lautet Dr. Christian Seidl. Er ist einglühender Verfechter der Lehren seines großen Meisters Joseph A. Schumpeter (Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie) und gehört zu diesem Verein von Wirtschafts“wissenschaftler“, die sich um von Hayek und Co gescharrt haben. Ja, den Splitter im Auge der „Linken“ aber den Balken bei den neoliberalen Zerstörern nicht sehen wollen, darauf hat Epikur zurecht hingewiesen.
Und dann noch der Satz: „Das prinzipielle Recht auf Werbung in eigener Sache aber besitzen beide Seiten.“ Natürlich, das prinzipielle Recht. Jedes Kind besitzt in dem Moment, in dem es aus dem Mutterleib gepresst das Licht der Welt erblickt, prinzipiell das Recht auf Leben (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte). Auch die Schildkröte besitzt im Wettbewerb mit Krähe und Affe prinzipiell das Recht, als erster die Spitze des Baumes zu erreichen. Tja, frommer Wunsch. Aber in der Realität? Sie wissen es natürlich. Nettes Tothauargument, aber mehr auch nicht.
Ich für meinen Teil halte es da mit Günter Gaus, dem hoffentlich auch von Ihnen noch respektierten Autor und Journalisten. Der schrieb nämlich am 23. August 2003 in der Süddeutschen einen schönen Artikel mit dem Titel: „Warum ich kein Demokrat mehr bin“. Der kommt der Realität bei Weitem näher wie ihr Beitrag hier. Und wenn Sie nur einen Moment ihren Blick von dem Schauspiel „Volksbefragung zu Stuttgart 21“ dem realen Leben zuwenden würden, dann könnten Sie in diesem Augenblick in Karlsruhe verfolgen, wo hier wer Probleme mit der Demokratie hat. Da sollen die wenigen Rechte, die das Parlament in Fragen der Finanz- und Wirtschaftspolitik überhaupt noch hat, mit einem Federstrich beseitigt werden und auf einen geheimnisvollen 9er-Ausschuss übertragen werden. Ja und wenn Sie sich dann noch Grundsätzlich mit dem Thema „diese Demokratie“ auseinandersetzen möchten, dann empfehle ich Ihnen das Buch von John Ralston Saul, „Der Markt frisst seine Kinder“. Schönen Tag noch.
Bravo. Die Debatte muss einfach hin zu politischen Inhalten (was wollen wir?) und hin zum Framing dieser (wie verkauft man sie am besten). Policy und politics. Aber konstruktiv bitte und vorwärtsgerichtet.
AntwortenLöschen@Reinhard: Deine Kritik kommt von einem grundsätzlichen Verwechseln von Demokratie und Republik.
AntwortenLöschenmanchmal glaub ich du willst uns mit solchen einträgen einfach nur veralbern.
AntwortenLöschen"Wo sie es nicht tun, wittern sie sofort Manipulation, Verrat und Korruption. Dabei ist der Fall bei S21 so klar wie nur wenige."
es kamen erst letztens noch neue fakten gegen s21 ans licht und bei dir ist er "so klar wie nur wenige"?
natürlich wittert man manipulation und korruption. weil sie ja auch bei s21 stattgefunden hat. alles schon wieder vergessen?
du sagst zwar etwas anderes, aber du erkennst anscheinend wirklich keinen unterschied zwischen der weitverbreiteten propaganda, die teils hochrangige politker die ganze zeit betrieben haben (inkl. neuem schimpfwort), der groß angelegten alles-wird-gut-möchtegern-schlichtung und der folgenden medialen aufmerksamkeit und dem bisschen besserer werbung welche die s21 gegner betreiben konnten.
sonst würdest du es ja nicht immer gleichberechtigt als 2 seiten einer medaille hinstellen, denn das sind sie ja wohl nachweißlich nicht.
sehr nett auch der wink mit dem zaunpfahl man solle gefälligst den mund halten, nach der volksabstimmung. wieso genau willst du dann noch andere in sachen demokratie kritisieren, wo du dich damit selber undemokratisch verhältst?
achja: zur "schweigenden mehrheit" empfehle ich dir mal den neusprech blog.
Demokratisch als das zu definieren, was mehrheitlich entschieden wird, ist keine zureichende Definition. Demokratisch ist z.B. auch Minderheitsmeinungen zu schützen. Und da ist noch das Paradoxon der Demokratie, bei dem sich die Mehrheit auch für die schlechteste und dümmste Variante entscheiden kann. Und was soll der Hinweis, die eigene Meinung als "Wahrheit" hinzustellen, sei kein kritisches Denken. Denkt nur der kritisch, der alles für richtig und/oder falsch hält und es unterlässt, seine eigenen Überzeugungen oder Erkenntnisse zu verteidigen. Alles ist ohnehin Vermutungswissen und insofern immer nur Annäherung an Wahrheiten. Wahrheit als Absolutum ist verstandesmäßig gar nicht fassbar, und als Kriterium kritischen Denkens völlig unerheblich. Der Versuch des Artikels "Die Linke" zu marginalisieren ist mindestens ebenso unkritisch und eine völlig einseitige Betrachtungsweise mit der offensichtlichen Absicht, sie als politische Option auszuschließen. Was daran demokratisch sein soll, ist nicht erkennbar?
AntwortenLöschensry für offtopic, aber must read:
AntwortenLöschenhttp://www.salon.com/2011/11/29/ron_pauls_phony_populism/singleton/
"A Ron Paul America would make the Reagan Revolution look like the New Deal."
Auch kurz Offtopic: Der Fazit-Ticker funzt nicht. Ist deren RSS-Feed kaputt, oder hast du ihn unsauber eingebunden?
AntwortenLöschenNeue Fakten? Neue Schätzungen. Das ist nicht gleichbedeutend mit neuen Fakten. Aber darum geht es überhaupt nicht. Klar haben die Gegner Propaganda für ihre Position getrieben, genau wie Ausstiegsbefürworter auch. Die Gegner waren besser darin. Und ich bleibe dabei: die Eindeutigkeit des Wahlergebnisses zeigt, dass den Wählern all das egal war. Period.
AntwortenLöschenMinderheitenmeinungen schützen? Wo ist bei S21 die Minderheitenmeinung nicht geschützt? Was packt ihr denn plötzlich für Argumente aus? Euch will ich sehen wenn ein allgemeiner Mindestlohn von 10 Euro per Volksabstimmung durchgesetzt würde. Müsste man dann auch plötzlich die Minderheitenmeinung schützen?
Und der Artikel bezieht sich auf die Linke als Bewegung, nicht als Partei.
Ich weiß nicht warum der nicht geht.
AntwortenLöschenChapeau. "Verabsolutierung" ist zutreffend und griffig. Das ist unvermeidlich im linken Weltbild begründet und die AM/NDS ist so auf dem schiefen Dampfer und gefangen in seiner paranoiden Sicht, dass man das gar nicht kommentieren braucht ... ich wollte das twittern, aber ich hab echt keine Worte gefunden. Aber auch du erlagst/erliegst dieser Rechtfertigungsschwäche. Paradebeispiel Atomkraft ... auf die Schnelle hab ich diesen Eintrag gefunden http://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2007/01/deutschland-und-der-atomausstieg.html - du wirfst der Gegenseite Manipulation vor und versuchst zu begründen, warum die Mehrheit "höchstwahrscheinlich" anti ist. Das ist aber fern der Realität. Bis zu Fukushima (und vllt jetzt auch schon wieder) gab es eine deutliche Mehrheit, 60-80%, für Atomkraft und Laufzeitverlängerung, in praktisch jeder Befragung, von welcher Seite auch immer. Das ist Fakt, da kommt man nicht vorbei. Das wollen Linke/Grüne nicht wahrhaben und beharren auf das Gegenteil, sei es, dass sie Fakten ignorieren, sie interpretieren oder den Manipulations-Joker ziehen.
AntwortenLöschenHowever ... wo liegt das Problem? In der Art und Ausgestaltung unserer Demokratie / Marktwirtschaft ... ich hab das für Atomkraft damals breiter ausgeführt ... über die grundsätzlichen Fragen hat das Volk doch keine Entscheidungsmacht. Die wurden von Politikern qua Kompetenz eigenwillig entschieden, im Glauben es sei zum Wohle des Volkes. Haftungsbegrenzung, Gefahrenanalyse ... damit hat man niemanden belasten wollen. Heute gibt es vollendete Tatsachen, die jeden Bürgerwillen beeinflussen. Die eigentlichen und wichtigen Fragen spielen bei der Entscheidungsfindung keine Rolle. Genauso bei S21 ... von einer demokratischen Entscheidung hätte man ganz am Anfang sprechen können, wenn Kosten transparent gewesen wären oder insb. wenn Bürger einen Sinn für 4 Milliarden gehabt hätten, die sie hätten zusätzlich tragen müssen ... heute sind die Kosten nicht spürbar - das wird doch eh von Steuermitteln bezahlt und kostet uns doch eigentlich keinen Cent mehr. Also her mit dem schönen neuen Bahnhof. Man hat ja eh schon angefangen. Und Geld aus der EU gibts noch obendrauf, ansonsten würde das ja woanders hinfließen.
Machtkonzentration beim Staat und kollektive Persilscheine machen jede Demokratie und Marktwirtschaft zur Farce.
"Klar haben die Gegner Propaganda für ihre Position getrieben, genau wie Ausstiegsbefürworter auch. Die Gegner waren besser darin."
AntwortenLöschenaber das ist doch nicht mal im ansatz vergleichbar. die dimensionen von denen wir hier reden sind doch viel zu unterschiedlich. die eine seite hat maximal facebook, twitter, eine homepage und leute die diese in ihrer freizeit betreuen. evtl. noch ein paar ehrenamtliche oder arbeitslose oder wasweißich. die andere seite dagegen hat, symbolisch gesprochen, ganze PR abteilungen zur verfügung.
wieso trotzdem gleichsetzen und so tun als ob?
@Tobias: Hab keine belastbaren Zahlen in der Atomfrage. Aber wie soll das deiner Meinung nach ablaufen? Ich halte das Repräsentationsprinzip für den richtigen Ansatz, generell gesprochen.
AntwortenLöschen@Anonym: Weil die Kritik letzten Endes heuchlerisch ist. Die Linken schreien dagegen, dass die anderen sich der Mittel bedienen, die sie gerne selber auch einsetzen würden, aber mangels Geld nicht können. Das Problem das ich habe ist schlicht, dass diese Kritik nicht ernst gemeint ist, dass an den Gegner Maßstäbe angelegt werden, die man selbst einzuhalten nicht bereit ist. Schau dir doch nur mal die Dauerkommentare auf dem Spiegelfechter an. Die schreiben allen Ernstes, dass die Medien böse sind, weil sie keine unterschiedlichen Meinungen bringen, und drohen gleichzeitig damit den SF nicht mehr zu lesen weil sie mit mir nicht übereinstimmen. Völlige Heuchelei.
@Stefan
AntwortenLöschenHier ist ne schöne Übersicht: http://www.buerger-fuer-technik.de/body_zustimmung_zur_kernenergie.html
Du musst das Repräsentationsprinzip favorisieren, weil die Allmacht, die du dem Staat geben willst, de facto nur so funktioniert. Direkte Demokratie ist bei der politischen Entscheidungsflut qua Kompetenzen undenkbar. Gleichzeitig willst du aber die Schwächen nicht sehen und redest dir ein solche Umfragen und Volksentscheiden repräsentieren den Bürgerwillen. Du bist voll im Mainstream und hast deine Seelenruhe - im Gegensatz zu linken Utopisten, die schier verzweifeln.
Schön, schön, aber wie funktioniert dein Utopia?
AntwortenLöschenStefan, das weiß du doch. Entmachtet den Staat ... Im übrigen, im Moment gibt's ja Dresche für Amazon, weil es das Sozialsystem ausnutzt. Was für eine groteske Sicht der Dinge das wieder so zu deuten ... wie es im SF geschieht ... als würde eine FMW nicht funktionieren, weil Menschen so übel seien und Heil dem Sozialstaat, weil er die unfreien Opfer schützt. Da steht man sprachlos davor. Merkt man denn nicht, dass man sich solche Zustände erst DURCH den allmächtigen Staat geschaffen hat. Soviele Gesetze kann man gar nicht machen, dass man selbstgeschaffene Konsequenzen wieder ausbügelt. ... Lange Rede ... man zieht falsche Schlussfolgerungen, redet sich Dinge ein, die auf völlig falschen Voraussetzungen fußen. Genausowenig wie Amazon ein Negativbeispiel für FMW ist, sind unsere pseudo-demokratischen Abstimmungen Ausdruck von Demokratie.
AntwortenLöschenWenn schon, dann haben alle Politiker aller Parteien ein Demokratieproblem. Warum? Als der Lissabon-Vertrag verabschiedet wurden, sollten doch alle EU-Mitgliedsländer diesen ratifizieren. Irland hielt eine Volksabstimmung ab.
AntwortenLöschenDer Vertrag wurde abgelehnt. Wie waren denn da die Reaktionen der Partei-Granden von CDU, FDP und SPD?
Es musste noch mal abgestimmt werden. Und ich hatte den Eindruck, dass da so lange abgestimmt worden wäre, bis man endlich das richtige Ergebnis hatte. Demokratie?
Das Verhalten dieser Politiker war also nicht besser als das Verhalten, das du jetzt bei den Linken anprangerst. Überhaupt. Greifst du hier alle Linken an? Hat sich Gysi beschwert? Hat sich Wagenknecht beschwert? Hat sich Lötzsch beschwert? hat sich Ernst beschwert? etc.
Oder hat sich nur eine einzelne Person der Linken beschwert?
Tu also nicht so, als ob man das der ganzen Partei die Linke zuschreiben kann. Nicht die Linke hat ein Demokratieproblem sondern nur einige wenige der Partei die Linke.
Aber danke für diesen Beitrag. Linken-Bashing pur (allein die Überschrift).
@Tobias: Du erzählst mir wie man in dein Utopia kommt (weg mit dem Staat), aber nie, wie es da dann zugeht.
AntwortenLöschen@Anonym: Grrrrrrrrrr...nicht die LINKE (Partei) sondern die Linke (als Geisteshaltung, Bewegung, Selbstzuschreibung). Und nein, mit Demokratie hat dein Beispiel nicht das geringste zu tun. Das bezweifle ich auch gar nicht. Alles was ich sage ist: die Linken würden es exakt genauso machen, wenn damit nur ihre eigenen Sachen durchgesetzt würden.
Dann lies mal Mises, Hayek, Rand, Rothbard und co. Wir haben ein mixed system von Freiheit und Intervention und der Mainstream ist, das Versagen auf Freiheit zu schieben. Mach dich locker und denke logisch. Hat etwa die Zeit der ind. Rev. Armut geschaffen oder überwunden? Gäbe es heute oder prinzipiell Kinderarbeit, wenn es keine Arbeitsschutzgesetze gäbe? Die Antworten des Mainstreams sind absurd. PS ... du gibts mir aber wirklich immer Gelegenheit so abzuschweifen, ich will das gar nicht. Weißt wieviele Linke beim Lesen denken, das sei geplant und du seist ein U-Boot?
AntwortenLöschen"Chapeau. "Verabsolutierung" ist zutreffend und griffig. Das ist unvermeidlich im linken Weltbild begründet.."
AntwortenLöschenSo viel zum Thema Verabsolutierung... zumal der OF auch zu den Linken zählt. Aber was solls, wenn man den Bösen kennt, hat der Tag Struktur.
Gilt offensichtlich auch für einige der hier kommentierenden: Wer nicht für uns ist, ist dagegen -- weil zu doof, gekauft, manipuliert, oder was auch immer. Grade bei den Kommentaren im Spiegelfechter gabs da antworten, die ich so nie erwartet hätte -- *Der Autor schreibt nicht nach der herrschenden Meinung, also darf er nie wieder hierschreiben*.
Dabei übersehen einige, dass viele ihrer Argumente doch gar nicht widersprochen wird. Hier gehts nicht um den Bahnhof an sich (der mMn auch absoluter Mist ist), sondern um die Aktzeptanz einer Volksabstimmung sowie die Wahlwerbung dafür.
Dass Volksabstimmungen weitestgehend eine Farce in Deutschland sind? Lange bekannt, sei es wegen verfassungstechnischer Hürden (Quorum, thematische Eingrenzung, etc.), niedriger Wahlbeteiligung (5x% bei einer Volksabstimmung sind top, das wäre auch in der Schweiz viel), "Manipulation" durch PR (wo fängt eigentlich Wahlwerbung an und hört PR auf? PR sind immer die anderen? Wäre ja ma 'ne interessante Frage...), grenzdebile Formulierung auf dem Wahlzettel...
Alles nix neues, da jetzt 'ne große Nummer draus zu machen, halte ich in diesem Fall für etwas grotesk. Grundsätzliches Problem ist eher, dass man das in breiten Teilen der Bevölkerung wohl hinnimmt, weil es nicht interessiert oder nicht stört, im blinden Vertrauen auf Autoritäten von Politik, Wirtschaft, Medien oder weiß der Teufel wem. Der Bahnhof wurde demokratisch geplant, der Bahnhof ist Fortschritt, ohne Bahnhof kein Fortschritt -- kompletter Bullshit, das kann man nur glauben, wenn man es glauben will. Und Kosten? Ja, vllt zu teuer, aber besser wir verpulvern die Kohle, sonst geht die eh nur nach Berlin und Griechenland... und das von denselben Leuten, denen sonst Einsparungen nicht weit genug gehen können. Für die brauch es keine Manipulation...
Ebenso stört mich bei den NDS und vor allem von Müller der Vorwurf, das wäre alles gesteuerte Manipulation. Die Aussage empfinde ich ja fast schon als euphemistisch, denn dann könnte man theoretisch dem Meinungsführer abräumen und alles würde gut (oder zumindest besser) werden. Problem ist eher, dass viele Medienschaffenden gar keinen großen Meinungsführer und Manipulator brauchen, viele glauben das wirklich, viele sind Mitläufer. Die Probleme liegen tiefer...
Und die Reaktionen hier zeigen mir überdeutlich, dass es auf Seiten der Linken offenbar ähnlich dogmatisch zugeht, ohne jeden Funken für differenzierte oder Selbstkritik. Wer nicht dafür ist, kriegt die Hucke voll...
Ich fürchte, Stefan, Du hast nicht einmal im Ansatz verstanden, um was es bei der Kritik von Albrecht Müller eigentlich geht (über die Alternative möchte ich eigentlich lieber nicht nachdenken ...). Es geht hier einmal mehr um sein altes Thema Meinungsmache, die gezielte Steuerung - und Manipulation - der öffentlichen Meinung durch Massenmedien (und die wirtschaftlichen Interessen, die sie auf die eine oder andere Weise steuern).
AntwortenLöschenDu scheinst zu glauben, für Demokratie reiche es schon aus, dass die Leute nur frei ihr Kreuzchen machen können. Müller wirft aber die Frage auf, wie demokratisch und frei Abstimmungen noch sein können, wenn sie durch gezielt gestreute Desinformation und gezielt geschürte Stimmungen statt durch Sachargumente entschieden werden. Dass die Adressaten dafür "unglaublich dumm und einfältig" sein müssen, ist eine Legende, wie Du mit einem kurzen Blick in die Geschichte ohne weiteres auch selbst hättest feststellen können.
Du erkennst zwar, dass die Pro-S21-Seite "über deutlich mehr Geld und Unterstützung als die S21-Gegner" verfügte (gemeint ist hier wohl publizistische Unterstützung), gehst darüber aber nicht einfach nur mit einem Schulterzucken hinweg ("Es ist eben politische Werbung und kein wissenschaftliches Analyseblatt."), sondern beschimpfst sogar diejenigen als arrogant und weltfremd, die in Frage stellen, ob unter diesen Bedingungen die Abstimmung noch fair und an Sachargumenten orientiert sein konnte. Du unterstellst als Kritik am Ergebnis, was eine Kritik am Verfahren sein sollte.
Bei der Lektüre Deines Artikels könnte man auf die Idee kommen (mir ging es so), dass Du unter Demokratie einen rein formalen Vorgang verstehst, der sich darin erschöpft, ein Kreuz auf ein Stück Papier zu machen. Wie es zu der zugrunde liegenden Entscheidung gekommen ist und ob diese durch gezielte Manipulation beeinflußt war, scheint Dich nicht zu interessieren, eine Art schulterzuckendes "c´est la guerre ...", von den doppelten Standards, die Du dabei an die beiden Seiten anlegst überhaupt nicht zu reden. Wie gesagt, ich hoffe, dass der Eindruck täuscht, denn ansonsten wäre Deine Position in dieser Sache nicht arrogant oder weltfremd, sondern gefährlich.
(Ich mußte mich hier wirklich beherrschen, um nicht in den gleichen Tonfall wie der Artikel zu verfallen, aber geifernde Polemiken sind nicht meine Sache ...)
@Moto
AntwortenLöschen"Du unterstellst als Kritik am Ergebnis, was eine Kritik am Verfahren sein sollte."
Ich lese bei den NDS-Artikeln keine Verfahrenskritik, sondern Ergebnis- und PR-Kritik. Auf die Verfahren geht Stefan eigentlich nur am Rande ein und er sagt ja auch in einem Kommentar: "Ich denke der Einfluss des Geldes lässt sich vor allem durch mehr Transparenz eindämmen. Es bräuchte ein größeres Interesse der Wähler an solchen Vorgängen und eine aggressivere Aufklärung. Ich denke das hilft besser als künstliche Beschränkungen, die eh wieder umgangen werden."
Transparenz ist für mich eine der wenigen Möglichkeiten, irreführender und falscher (Wahl)werbung und PR zu begegnen. Was willst du sonst machen, nur noch faire und an Sachargumenten orientierte Werbung, PR, etc zulassen? Wer soll denn bestimmen, was darunter fällt und was nicht? Es ist einfach, Manipulation und Propaganda zu schreien, was ja auch nicht komplett aus dem Nichts gegriffen ist. Nur wird man damit nicht den Problemen gerecht, zu denen ökonomische und publizistische Konzentrationen führen. Und Lösungen findet man erst recht nicht, außer das alle Jubeljahre mal 'nen empörter Aufschrei durch die Bevölkerung geht.
Noch was ... wo ich grad was zur vielbeschworenen Macht der Konsumenten gelesen habe ... wenn man demütig den Finger auf sich selbst zeigt und sich einredet wir hätten ja selber schuld und könnten was ändern, indem man nur noch Produkte ohne Kinderarbeit aus der Dritten Welt und mit nachgewiesenen Sozialstandards kauft... genauso ein Irrglaube, hoffnungslose Überschätzung der eigenen Möglichkeiten, da falsche Ursachenanalyse. Zu solchen Gutmenschen zählst du dich doch auch nicht unbedingt. Du weißt, dass die fundamentalen Probleme woanders liegen. Aber das Mehrheitsvotum bei S21 betest du übertrieben an - trotz der langen Schlange von de facto autoritärer Kompetenzentscheidungen im Vorfeld, die eine wirkliche Abstimmung über S21 schon aushebelten. Ich verstehe dich dich insofern nicht, wie gehabt.
AntwortenLöschenOT: Hab gesehen, dass du auf Twitter ne Frage hattest, weil Baring meinte, die NSDAP war ne Linkspartei.
AntwortenLöschen-> Eventuell hat er das von Haffner, in Anmerkungen zu Hitler schreibt er, dass Hitler links von Papen & Co stand und dass die Gesellschaft der DDR und Sowjetreich ähnlich war.
Und merkwürdigerweise waren die zwei wohl dicke Kumpels.
@ Brad 01.24 Uhr
AntwortenLöschenRichtig, "PR-Kritik" ist Albrecht Müllers Thema, aber PR ist Verfahren, eine Methode, um ein bestimmtes Ergebnis herbeizuführen. Stefan behauptet aber (so lese ich es), dass Müller nur einfach ´rumjammert, weil die K21-Fraktion keine Mehrheit bekommen hat, und das, weil er seine (Gegen-)Meinung als absolute Wahrheit verabsolutiere, wofür ich keinerlei Belege sehe. Müller kritisiert hier, was er immer kritisiert hat: einseitige (Des-)Information und Meinungsmache durch Massenmedien im Interesse des "Großen Geldes" (wie Stefan es ausdrückt).
Mein Punkt ist nicht, etwas zuzulassen (oder nicht), sondern dass die Kritik an der Art der Meinungsmache legitim war und die polemischen Unterstellungen, mit denen Stefan hier arbeitet, neben der Sache liegen. Wenn es Stefan in diesem Artikel tatsächlich um "Transparenz" gegangen ist, besteht ja noch Hofffnung. Er hat dieses Anliegen dann allerdings sehr gut hinter einem dicken Wall an Polemik versteckt ...
@moto
AntwortenLöschen"gezielt geschürte Stimmungen " waren doch auf der Gegenseite genauso zu sehen. Die Medien haben monatelang über teils völlig hysterische Proteste berichtet. Die politische Energie war eigentlich auf Seiten der Gegner, zumindesgt die medial dargestellte. Aber man muss halt akzeptieren: Leute, die besonders laut schreien, sind noch längst nicht die Mehrheit oder das Volk, auch wenn sie es noch so oft als rhetorisches Mittel einsetzen.
@ Anonym 7.50 Uhr
AntwortenLöschenDeshalb habe ich in meinem ersten Post von "doppelten Standards" gesprochen. Stefan findet nichts dabei, wenn die S21-Fraktion mit höchstwahrscheinlich maipulierten Zahlen Stimmung macht ("Es ist eben politische Werbung ..."), polemisiert aber gegen die K21-Seite, sie sei intolerant und "verabsolutiere" die eigene Meinung.
Darüber hinaus sind die beiden Seiten aber eben auch deshalb nicht gleich, weil die eine Seite über wesentlich mehr Geld und damit wesentlich mehr Möglichkeiten verfügte, "Meinung einzukaufen" (wobei das natürlich nicht wortwörtlich zu verstehen ist). Die Frage, die Müller stellt, ist die ob unter solchen Bedingungen die Abstimmung noch fair sein kann. Leute, die laut schreien, tun das eben unter Umständen auch deshalb, weil sie keinen Lautsprecher (in Form von Massenmedien) haben ...
@Tobias: Ich verstehe völlig, welche Problemursachen du erkennst. Was mich interessieren würde ist wie deine staatsfreie Gesellschaft aussieht und funktioniert, denn um die Frage drückst du dich immer.
AntwortenLöschenDass Müller die Meinungsmache kritisiert verstehe ich durchaus. Ich bin nur der Meinung, dass er im Falle S21 schlicht über das Ziel hinausschießt. Es ist eine Frage, ob man es schlecht findet dass eine Seite über mehr Geld und Einfluss verfügt, und eine andere, daran gleich grundlegende Zweifel für Demokratiefähigkeit zu knüpfen. Ich finde schlicht, dass er übertreibt, nicht dass die Kritik generell unberechtigt ist oder dass Demokratie ein formales Kreuzchenmachen sei.
Ach Stefan, ich drücke mich um nichts. Vermeintlich harte Nüsse reizen mich doch. Ich will doch nicht den Staat abschaffen, ich argumentiere nicht aus der Anarcho-Ecke. Die Misere liegt aber im omnipotenten Staat, und du denkst als Etatist völlig statisch - das gilt es aufzubrechen. Man macht eine Gesellschaft nun mal nicht gerechter und wohlhabender, je stärker man Gutes aufzwingt und Wohlfahrt ausbaut. Man beseitigt keine relative Armut durch regulierende Zwangsmaßnahmen. Damit provoziert man exakt die gegenteiligen Effekte. Linke können nur auf abstraktes Gefasel ausweichen, wenn sie erklären sollen warum der Ausbau des Wohlfahrtsstaates mit steigender Armut und Arbeitslosigkeit einherging. War on poverty, war on drugs - wenn sich der Staat was zur Aufgabe gemacht hat, ging der Schuss konsequent nach hinten los. Du gehst stillschweigend davon, dass ein Rückzug des Staates zur Katastrophe führt, und das lässt dich die falschen Fragen stellen. Vom extremen provokativen Standpunkt aus ... wie soll ich wissen, wie eine völlig freie Gesellschaft aussieht, wir haben sie noch nie probiert. Ob man sich schließlich doch für S21 entschieden hätte, das weiß keiner.
AntwortenLöschenDu tust es schon wieder! Hör auf mir zu erzählen, warum das was du mir zu glauben unterstellst böse ist und sag mir wie es bei dir läuft! :)
AntwortenLöschenSo ein Quatsch. WAS soll bei mir konkret laufen. Ich hab deine abstrakte Frage so konkret beantwortet wie es nur geht, mit der Wirkungsweise und Konsequenz menschlichen Verhaltens, über die Realitätsnähe lässt sich streiten, da hab ich aber wie de facto dargestellt die besseren Karten. Anders geht es nicht. Wenn dir konkrete Beispiele vorschweben, dann nenn sie. Ansonsten kann ich solche Sachen in den Raum werfen: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1467-6435.2007.00382.x/full wenn es dich mehr befriedigt.
AntwortenLöschen*lach* Ich verstehe deine Kritik. Was ich nicht verstehe ist, was du an die Stelle setzt. Du sagst du bist kein Anarcho. Wie verläuft die Gesellschaftsordnung in dieser staatszurückhaltenden Welt? Ich verstehe, was du nicht willst, aber ich verstehe nicht was du willst.
AntwortenLöschenAn die Stelle eines pseudo-demokratischen korporatistischen Kapitalismuszwitters? Eine Gesellschaft freier Bürger, wie es gleichermaßen der Anspruch von libertären und kommunistischen Anschauungen ist, der beiden Extreme, hier definiert als anarchistische. Während eine kommunistische Gesellschaft aber rein auf erstrebenswerter Utopie gründet, basiert eine libertäre auf einfach zu schaffenden Voraussetzungen. Ob ich diesen extremen Schritt letztlich will, das weiß ich nicht. Muss ich auch nicht. Libertäre streben zunächst eine liberale Gesellschaft an, mit einem starken Staat, im Sinne von eng begrenzten Aufgaben, denen konzentriert nachzukommen ist. Kommunisten geben sich mit einer sozialistischen Gesellschaft zufrieden.
AntwortenLöschenIch verstehe insofern deine Frage einfach nicht. Du kommst aus dem dicksten Mainstream und es kommt offenbar gar nicht in den Sinn, dass es einen Tellerrand gibt. "was du an die Stelle setzt" ... die Frage ergibt nur dann einen zirkelhaften Sinn, wenn du nicht akzeptieren kannst, dass es ohne Staat gar nicht die Probleme gäbe, für deren Lösung du nur den Staat vorstellen kannst.
@Tobias: Stefans Frage ist doch einfach: Werde konkret!
AntwortenLöschenWenn der Staat sich größtenteils zurückziehen soll, wer oder was organisiert/reguliert/bestimmt dann das Zusammenleben oder Interagieren zwischen Menschen, Institutionen, Gemeinschaften etc.?
Schwebt dir so etwas wie eine dezentrale und personale Regierungsform vor, bei der, ähnlich wie im Mittelalter, die Fama, also der persönliche Ruf, ausschlaggebend für erfolgreiches und friedliches Zusammenleben ist?
Und was sind denn diese "einfach zu schaffenden Voraussetzungen"?
Skyclad
AntwortenLöschenDer liberale Staat organisiert die Kernvoraussetzungen des Zusammenlebens: Sicherheit/Verteidigung, Rechtssystem - so simpel, Rücknahme staatlichen Einflusses auf diese Grundbedingungen - dazu bedarf es eines Konsenses, und um den streiten wir. Er muss weder das Bildungswesen organisieren noch Energiefragen regeln und was weiß ich. Solche Aufgaben hat er an sich gerissen, es ging davor ohne ihn, und das besser. Er mag in Ausnahmefällen intervenieren, bei Umweltfragen, Großprojekten etc. Wenn die Koordination so besser laufen würde, worüber man gewiss auch immer streiten kann. Er kann Tiefseebohrungen verbieten, meinetwegen Rohstoffe rationieren - das ist alles vorstellbar. (Heute sind solche Interventionen pervertiert un dkorrumpiert, weil das nicht die Ausnahmen, sondern die Regeln sind, und Lobbyismus Selbstverständlichkeit ...) Von dieser Seite muss man das doch mal betrachten, und nicht gleich von der noch abstrakteren freiheitskritischen linken Position. Das ist der Knackpunkt, und pardon, wie ich dazu immer wieder Milton Friedman zitiere: "Underlying most arguments against the free market is a lack of belief in freedom itself".
Meines Erachtens fehlt vielen Theorieansätzen ein wichtiger Aspekt: Wir die Bürger sind der Staat. Ich möchte mal exemplarisch Tobias letzten Beitrag zum liberalen Staat umschreiben. Ich ersetze hier einfach Staat durch Wir.
AntwortenLöschenWir organisieren die Kernvoraussetzungen des Zusammenlebens: Sicherheit/Verteidigung, Rechtssystem - so simpel, Rücknahme unseres Einflusses auf diese Grundbedingungen - dazu bedarf es eines Konsenses, und um den streiten wir. Wir müssen weder das Bildungswesen organisieren noch Energiefragen regeln und was weiß ich. Solche Aufgaben haben wir an uns gerissen, es ging davor ohne uns, und das besser. Wir mögen in Ausnahmefällen intervenieren, bei Umweltfragen, Großprojekten etc. Wenn die Koordination so besser laufen würde, worüber man gewiss auch immer streiten kann. Wir können Tiefseebohrungen verbieten, meinetwegen Rohstoffe rationieren - das ist alles vorstellbar. […] "Underlying most arguments against the free market is a lack of belief in freedom itself".
Gerade dieser Satz: »Wir müssen weder das Bildungswesen organisieren noch Energiefragen regeln und was weiß ich. Solche Aufgaben haben wir an uns gerissen, es ging davor ohne uns, und das besser [nur mit uns (d. Säz.)*].« macht die Widersprüchlichkeit überdeutlich.«
In Tobias Original: »Er muss weder das Bildungswesen organisieren noch Energiefragen regeln und was weiß ich. Solche Aufgaben hat er an sich gerissen, es ging davor ohne ihn, und das besser [nur mit uns (d. Säz.)*].« Hier sind Staat und Wir eine Dichotomie und damit ist evident: Nicht wir regieren uns, der Staat regiert uns!
Es müßte eine Entscheidung (Konsens) innerhalb der Linken getroffen werden. Wollen wir eine Gesellschaftsordnung, in dem wir der Staat sind, wir uns regieren? Oder in einer Gessellschaft, in dem ein Staat (rudimentär) uns regiert?
(Und was sich aus diesem Ansatz ergibt, weiß ich auch noch nicht) :-)
Aber zumindestens dies: Was die politische Elite auszeichnet, ist doch ihre Haltung zum Staat: Der Staat bin ich. Es wäre naheliegend, diesem eine linke Politik entgegenzusetzen: Der Staat sind WIR!
* wem ging es besser? Uns.
Die Tour de France gewinnst Du nur mit Doping.
AntwortenLöschenEs gibt Leute, denen ist das völlig egal und es gibt Leute, die glauben immer noch an
einen sportlich fairen Wettkampf und wundern sich, dass die meisten Fahrer nie auf dem Siegerpodest stehen.
Stuttgart21 war von Anfang an gedopt und hatte nie einen fairen Wettkampf und das Ergebnis stand daher schon vorher fest.
Daraus ein Demokratieproblem der linken Bewegung abzuleiten, ist mit Verlaub bullshit.
Man muss einfach feststellen, dass unter den gegebenen Umständen die Mittel nie ausreichen werden, um den Mächtigen und Reichen an den Karren zu pinkeln; nennen wir es doch die Erkenntnis der eigenen Hilflosigkeit.
Für mich ist das eher der Beweis, wie im Kapitalismus Meinungen gesteuert und gekauft werden. Diesen Zustand als korrekt darzustellen ist mit Verlaub s.o..
"Man macht eine Gesellschaft nun mal nicht gerechter und wohlhabender, je stärker man Gutes aufzwingt und Wohlfahrt ausbaut. Man beseitigt keine relative Armut durch regulierende Zwangsmaßnahmen. Damit provoziert man exakt die gegenteiligen Effekte. Linke können nur auf abstraktes Gefasel ausweichen, wenn sie erklären sollen warum der Ausbau des Wohlfahrtsstaates mit steigender Armut und Arbeitslosigkeit einherging."
AntwortenLöschenDiese Kausalität müssen sie erst einmal anhand verschiedener Sozialstaaten belegen (gibt es empirische Studien dazu?). Relative Armut muss steigen, wenn die Einkommensverteilung stark ungleich verteilt ist. Denn dann muss ein Großteil der 50% Einkommen, welche unter dem Median liegen unter 60% des Medianeinkommens besitzen, um die hohen Einkommen darüber zu finanzieren. Die Ungleichheit bei den Einkommen wird aber nicht durch den Sozialstaat generiert, sondern durch die Steuerpolitik. Warum ein Sozialstaat zwingend Arbeitslosigkeit bringen soll ist mir ebensowenig klar. Werden durch diese Ausgaben nicht auch Arbeitsplätze, gerade auf dem Binnenmarkt geschaffen? Eine soziale Sicherung hat des Weiteren den Vorteil, dass Effekte von Wirtschaftskrisen gedämpft werden, da die Kaufkraft durch Massenarbeitslosigkeit nicht dramatisch wegbricht.
Anonym 7.50 Uhr
AntwortenLöschensagte:
"Darüber hinaus sind die beiden Seiten aber eben auch deshalb nicht gleich, weil die eine Seite über wesentlich mehr Geld und damit wesentlich mehr Möglichkeiten verfügte, "Meinung einzukaufen" (wobei das natürlich nicht wortwörtlich zu verstehen ist)."
Doch, das kann man durchaus wörtlich verstehen. Ich habe in mehreren PR-Agenturen gearbeitet, darunter einer, die insbesondere PR für Wirtschaftsverbände und auch für eine bestimmte Partei gemacht hatte, die in ihrem Namen ein großes "C" trägt. Die Deals sind ganz einfach: "Ihr nehmt diesen Artikel in den redaktionellen Teil, und wir schicken euch einen netten Anzeigenauftrag herüber, sagen wir, ein ganzseitiges Inserat." Da wird der Anzeigenleiter angerufen, und der drückt das dann locker beim Chefredakteur durch, auch wenn dieser damit ein Problem hat. Im Zweifelsfall gibt es ein "klärendes Gespräch" mit dem Verlagsleiter. Wenn der Kunde potent genug erscheint, ist die Sache im Nullkommanix geritzt.
Anonym 7.50 Uhr sagte:
AntwortenLöschen>Wenn der Kunde potent genug erscheint, ist die Sache im Nullkommanix geritzt.<
Kann ich bestätigen. Wenn´s mit dem Auftraggeber und der Werbung nicht paßt, bucht die Agentur eben Werbung für einen Kunden, die sie im Portfolio hat. Große Läden haben da Möglichkeiten.
Hierzu möchte ich auf ein Zitat von mir verweisen:
AntwortenLöschenhttp://ad-sinistram.blogspot.com/2011/12/sit-venia-verbo.html