Mittwoch, 23. November 2011

Guttenbergs Rückkehr

Von Stefan Sasse

Die ganze Berichterstattung und Spekulation über einen Comebackversuch Guttenbergs ist Teil eines Spiels. Es ist das Lieblingsspiel der Journalisten und der meisten ihrer Leser: wird Promi XY den Regeln gemäß agieren oder nicht? Bricht er aus? Wenn ja wo? Man kann dieses Spiel im Fußball beachten, wenn über neue Trainer spekuliert wird. Man kann es in der Filmbranche sehen, wenn ständig neckisch irgendwelche Regisseure oder Schauspieler nicht ausgeschlossen werden. Und man sieht es in der Politik, wenn irgendwelche Leute nicht kandidieren wollen ("Ich bin kein Präsidentschaftskandidat"). Solcherlei Spiele halten die Schlagzeilen voll, man kann bekannte Gesichter hinsetzen und hat Spaß dabei, weil jeder versteht worum es geht. Ähnlich leichte Berichterstattung über den Europäischen Rettungsschirm? Undenkbar. Ich halte es für ausgemachte Sache, dass Guttenberg ein Comeback starten will, oder dass Peer Steinbrück Kanzlerkandidat werden will. Das Zieren gehört nur zum Spiel. Da Guttenberg sich schon zu seiner kurzen aktiven Zeit als wahrer Meister der öffentlichen Inszenierung gezeigt hat ist es natürlich besonders ergiebig, sein Spiel zu beobachten. 

Da ist zum Einen der von vielen Medien im besten Boulevardstil hervorgehobene Erscheinungswechsel. Die Rundbrille und die gegeelten Haare sind verschwunden. Guttenberg sieht dadurch nicht mehr aus wie ein etwas zu alt geratener BWL-Student. Allein auf den Fotos wirkt er nun natürlicher, geerdeter, biederer. Das passt zur Botschaft, dass er quasi verstanden hat, Reue zeigt und neu anfängt. Weniger glamourös als vorher. Clever also. Zweiter Punkt: Auftritte als "distinguished statesman" in irgendwelchen atlantischen Think-Tanks. Das dient zweierlei Zielen. Einerseits präsentiert sich Guttenberg als kompetenter Mann und setzt damit die Plagiatsaffäre vollkommen von der Amtsführung ab. Das Narrativ des kompetenten Ministers wird bestärkt, während der Rücktritt als Folge einer persöhnlichen Verfehlung davon klar abgetrennt wird. Zum Zweiten handelt es sich dem Anspruch nach ja um eine akademische Einrichtung, was ihm gleichzeitig hilft, die Bedeutung der Plagiatsaffäre herunterzuspielen. Ebenfalls clever inszeniert. 

Der ganze Rest verläuft nach Drehbuch. Der "erste öffentliche Auftritt" in Halifax, außerhalb der deutschen Arena, ist gleichzeitig ein Testballon. Die massive wie positive öffentliche Berichterstattung über ein von seiner pragmatischen Bedeutung her völlig irrelevantes Ereignis dient als wichtiger Gradmesser für Guttenberg. In der nächsten Zukunft wird die Frequenz öffentlicher Auftritte steigen. Die Frage ist, wann er seinen ersten Sprung zurück über den Atlantik macht. Zur Inszenierung gehört, dass man ihn bittet. Ein Auftritt in einer Talkshow böte sich an. Keinesfalls darf es wirken, als wöllte er zurück. Er wird erklären, wie glücklich er gerade in den USA ist und wie gut der Abstand zur Politik tut. Seine Anhänger in der CSU werden gleichzeitig vehement für seine Rückkehr trommeln. Nachdem diverse Schlagzeilen über Forsa-Umfragen, in denen satte Mehrheiten für Guttenbergs Rückkehr in die Politik stehen lanciert wurden, kann er sich erstmals wieder leicht mit der politischen Bühne verbinden (in der Talkshow, in der zum ersten mal wieder in Deutschland aktiv war, gerierte er sich dezidiert unparteilich und als "Experte" für irgendwas). 

Einige Interviews werden kommen, in denen "unangenehme Fragen" es ihm ermöglichen, Reue über die Dissertation zu zeigen und gleichzeitig mit Verweis auf die, an der er gerade schreibt, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Im so öffentlich durchgeführten Säuberungsritual wird sichergestellt, dass das Plagiat keine Bedeutung mehr hat. Spätestens in zwei Jahren wird es dann so weit sein, dass Guttenberg "überraschend" nach Deutschland zurückkehren und eine aktivere Rolle in der CSU übernehmen kann. Ich wäre wirklich aufrichtig überrascht, wenn er substantiell von diesem Drehbuch abweichen oder es von Seiten der medialen Berichterstattung her irgendwelche unvorhergesehenen Probleme geben sollte. Guttenberg wird im Verlaufe dieses Drehbuchs zuverlässig jene Schlagzeilen generieren, die die meisten anderen Politiker nicht schaffen können: eine unschlagbare Verbindung von Politik und Yellow Press, Glamour und Demokratie. Man kann sich darüber ärgern, aber ich würde mich ernsthaft wundern wenn es nicht so kommt.

17 Kommentare:

  1. Da gibt es keinerlei Widerspruch von mir- die Frage ist am Ende höchstens, ob es wirklich 2 Jahre dauert oder er schon früher- rechtzeitig zum Wahlkampf in D- wieder auftaucht.

    Es ist mir immer noch unbegreiflich, dass so eine Type - nachweislich ohne persönliche Leistung - immer noch als künftiger Kanzlerkandidat gehandelt wird...

    Hoffen wir, dass er noch lange lange auf der anderen Seite des großen Teichs bleibt, denn mit guten PR-Beratern kann er ein Comeback leider wirklich schaffen. Der Großteil des deutschen Michels ist leider so dumm und würde ihn noch wählen.

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  2. Was heißt ohne persönliche Leistung? Der Mann ist 24/7 Selbstinzenierer. :)

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  3. The Return of The King - das geht so:

    Geduld, EINMAL muss die Kanzlerette erst noch ran, also Wahlen 2013 -> Mutti

    Dann, wenn der neoliberale Staub auf dem letzten Häuschen liegt und die Menschen darunter kaum noch atmen können – dann, ja dann kommt ER:

    Unser aller KÖNIG Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr VON UND ZU GUTTENBERG.

    Er wird sein Amt 2017 antreten. Danach folgt eine lange und glückliche Regentschaft über das entzückte deutsche Volk. Die Wahlen 2021 nimmt er spielend und mit Hilfe seiner irdischen Sponsoren aus der Wirtschaft und deren Speichellecker in Politik und Medien stehen die Chancen auch für 2025 allerbestens. Spätestens dann wird in Deutschland wieder die repräsentative Monarchie eingeführt.

    Deutschland kann aufatmen. Der Retter naht. Liebe Landsleute, bewahrt Ruhe, Mutti bereitet doch schon alles vor!

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  4. Der Titel dieses Artikels erinnert mich ein wenig an Badmam...

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  5. Jo, es gab ja schon adlige (TM) Kanzler in deutschen Demokratien. Das ging bekanntermaßen aus. Geschichte wiederholt sich, nur nicht so selten, wie Platon annahm.

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  6. In naher Zukunft werden wir es erleben, die Inszenierung eines "Helden" durch die Medien. Das wird ein Lehrstück in Sachen GANZ GROSSE PR.

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  7. QED: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,799596,00.html#ref=rss

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  8. @ stefan

    Naja, mit der nachweislich fehlenden persönlichen Leistung spiele ich vor allem auf seine Dissertation an. Ich bin fest davon überzeugt, dass er wirklich nicht plagiiert hat... weil er schlicht und ergreifend jemand anderen hat schreiben lassen. Nicht nur ein Blender sondern ein ausgewiesener Betrüger also. Aber lassen wir das lieber ;-)

    In Guttenberg zeigt sich die Sehnsucht der Deutschen nach dem Kaiser, leider, leider.

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  9. Kaiser oder König - Hauptsache, er ist adelig. Und die Grundvoraussetzung erfüllt der Schmierenkomödiant ja. Der Rest ist konzertierte Public Relations, wie zuvor schon richtig geschrieben wurde. Von der neoliberalen Demokratie ab in die repräsentative Monarchie. Die Weichen werden gerade gestellt. OMG=(!

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  10. Was viele Menschen übersehen sind Guttenbergs transatlantische Seilschaften. Der Zweitgutachter seiner Schummelarbeit kam von der CSU-nahen
    Hanns Seidel Stiftung, die wiederum eng mit seinem neuen Arbeitgeber Center for Strategic and International Studies (CSIS) kooperiert.
    http://tinyurl.com/65c7tme

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  11. Jetzt ist er ja erstmal noch 'ne Zeit lang in den Staaten und wenn er mal in Florida vorbeischaut, lad ich ihn zum Alligator-Feeding ein.
    Mit kleineren Portionen hab ich das schon getestet, ... die sind total verrueckt nach Weisswurscht in Lederhosen.

    Ansonsten stimme ich zu. Womit ich zur 'Last Line of Defense' werde. ;-)

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  12. Na abwarten, ich denke es wird nicht so leicht werden, wieder so eine Einheitsjubelfront aufzubauen. Kann mir gut vorstellen, dass Faz und FTD skeptisch bleiben und die eher "linken" Blätter sowieso. Auch seine politischen Gegner werden vermutlich wehrhafter sein.

    Ich denke, die Chancen stehen ebenfalls gut, dass er über seine Eitelkeit stolpert. Diese Überinszenierung könnte zum größeren Problem werden als die Doktorarbeit.

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  13. ....was für eine Qualifikation muss man/frau denn haben, um in diesem Land hier ins Kanzleramt zu gelangen......?
    ...GAAAAR KEINE......

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  14. Im medialen zeitalter ist das was er treibt cool, schlicht und einfach, es passt völlig und seine vermeintlichen anhänger werden ihn dafür lieben wenn seine inzenierung funktioniert. das gibt jede menge symphatiepoints...

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  15. Schauen wir uns die Auflagen der Yellow-Press an, die Einschaltquoten des Verblödungs-Fernsehens, dann wissen wir, dass die Schlafschafe langsam aber sicher zur Schlachtbank geführt werden. Die Transatlantiker haben sich einen neuen Verführer heran gezüchtet und wenn die Zeit reif ist sprich auch die letzte Bastion (D) im maroden Euro-Verbund sturmreif geschossen ist, werden sie ihn präsentieren. Der Boden wird bereitet: Bundeswehr zur Söldnertruppe, die willenlos überall einsetzbar ist, eine total überschuldete Nation, die in der Anarchie versinkt und ein immer faschistischer werdendes Europa sind der beste Nährboden für den 3. großen Krieg.– Den letzten, denke ich.

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  16. Und schon kommt der verschaerfte Gel-Druck: http://tammox.blogspot.com/2011/11/gelback.html

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  17. Na sowas, der Karl Theodore macht einen auf Franz Josef, sogar beim Gewicht folgt er seinen Spuren.

    Der Franzl hat uns vor viel Unbill bewahrt, kaum war er weg, schon war alles anders und Europa konnte sich über Deutschland hermachen was das Zeug hält.
    Lasst ihn doch mal machen den vorerst auf und davon Theodor, vielleicht hat er ja doch eine Vision und Rückgrat, das wär schon alles was wir in Teutschland dringend benötigen.

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