Montag, 12. Januar 2009

Fundstücke 12.01.2009

McKinsey macht Politik
NDS - Jürgen Rüttgers ist in seiner politischen Karriere dafür berüchtigt, dass er knallharte konservative Politik betreibt und sich durch populistische Vorstöße ein dynamisches, meist noch soziales Image gibt.
Vor einer Woche machte er mal wieder mit der tollen Idee eines „Deutschlandfonds“, einem100-Milliarden-Euro-Schutzschirm für krisengeschüttelte Unternehmen einen publizistischen Vorstoß. Wer nun denkt, Rüttgers hätte einen so riesig dimensionierten Fonds intensiv mit Fachleuten diskutiert oder Gutachten eingeholt, um ein durchdachtes wirtschaftspolitisches Konzept vorzulegen, der irrt gewaltig. Nichts dergleichen ist geschehen.
Jetzt erfahren wir, dass ihm die Unternehmensberatungsfirma McKinsey in Person von Jürgen Kluge diesen Floh ins Ohr gesetzt hat.
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Steinmeiers Konzept - alles nur Show

NDS - Vor wenigen Tagen hat Kanzlerkandidat Steinmeier einen „Wachstums- und Stabilitätspakt“ der SPD verkündet und in die Koalitionsgespräche eingebracht. Auf welchem Niveau die Koalitionsrunde über dieses Konzept diskutierte, hat die Süddeutsche Zeitung plastisch beschrieben. Dass die von Steinmeier aus dem Hut gezauberten Vorschläge zur Bekämpfung der Rezession aber nicht wirklich ernst gemeint waren, sondern vor allem darauf abzielten, möglichen SPD-Wählern ein bisschen roten Sand in die Augen zu streuen, zeigte sich im Verlauf dieser Woche. Die SPD räumte ohne den geringsten Widerstand eine sozialdemokratische Position nach der anderen wieder ab.
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Krise stärkt neoliberale Positionen

ad sinistram - Schon seit einem Jahrzehnt, wahrscheinlich aber schon viel länger, predigt die deutsche Presse den Lohnerhöhern, also denen, die die Löhne ihrer Klientel erhöhen wollen, dass dies ein Vorhaben sei, was der deutschen Wirtschaft schade. In den letzten zwei Jahren, angestachelt durch den Wunsch der Reformer, ihre Reformen mögen fruchten - zumindest aber fruchtbar aussehen -, hat man das mit der Metapher des noch "zarten Pflänzchens" umschrieben, als welches der vermeintliche Aufschwung anzusehen, und welches, weil es so zart und schwach wäre, nicht mit allzudicken Früchten - also nennenswerten Lohnerhöhungen - zu beschweren sei, sofern es nicht abknicken solle.
Anmerkung: Roberto spricht ein sehr wichtiges Problem an.
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Tödlicher Polizeischuss auf Schwarzen
SZ - Ein Handyvideo zeigt, wie ein Polizist einen auf dem Boden liegenden schwarzen Jugendlichen in den Rücken schießt. In Kalifornien ist es deshalb zu schweren Ausschreitungen gekommen.
Anmerkung: Wichtig ist, dass der Verdacht herrscht, der Polizist habe seine Waffe mit dem Taser verwechselt. Das ist der beste Beweis für die Gefahren der "nicht-tödlichen Waffen", denn sie setzen die Hemmschwelle für den Einsatz deutlich nach unten.
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Hoovern und brüningen
Politik und Kunst - Was sind die Gründe dafür, dass sozialdemokratische Visionen (ich rede von Sozialdemokratie, also nicht von Peer Steinbrück!) in der Krise nichts Wert sind? Warum sind konservative Konzepte so attraktiv? Denn die Konzepte, die die Konservativen – ich rechne auch new labour und Agenda-Sozialdemokratie dazu – andienen, haben, seit Hoover und Brüning so furchtbar gescheitert sind, ja nun wahrlich nicht an Plausibilität gewonnen.
Anmerkung: Lesebefehl!
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Erst die Dividende streichen

FR - Der Rettungsschirm für die Unternehmen ist ein heikles Unterfangen. Nur sehr selektiv, mit strikten Auflagen darf geholfen werden.
Anmerkung: Robert von Heusinger hat mal wieder Recht. Lesenswert!
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Neu im Kino: Good by Reagan

FTD - Mit der Vorliebe zu Steuersenkungen leisten sich Deutschlands neue Konjunkturpolitiker denn auch international eher eine kuriose Sonderposition. Ob bei OECD oder EU-Kommission: überall wird diagnostiziert, dass solche Entlastungen am wenigsten geeignet sind, die Nachfrage rasch anzukurbeln. Und so ähnlich formuliert es auch der IWF in seinem neuen Paper zum Thema: "Some countries are considering broad based tax cuts. For reasons explained earlier, the marginal propensity to consume out of such tax cuts may be quite low." A suivre.
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"Ich weiß es nicht genau"

FTD - Natürlich, erklärt Blessing, wäre es schöner gewesen, wenn das Kapital aus der Privatwirtschaft gekommen wäre: "Aber das Leben ist kein Wunschkonzert", sagt er lächelnd. Nun wird der Staat mit 25,1 Prozent Miteigner an der neuen Bank. Die Komplettübernahme der Dresdner durch die Commerzbank soll laut Blessing in den kommenden Tagen über die Bühne gehen. Der Bund erhält dafür Aufsichtsratsmandate. Wie lange diese staatliche Beteiligung bestehen soll, kann der 44-Jährige nicht sagen. "Ich bin aber sicher, dass ich es noch erleben werde." Dass die Übernahme der Dresdner Bank nun eigentlich voll durch den Steuerzahler bezahlt wird, stört Blessing nicht. Schließlich würde der Bund ja Zinsen bekommen. Zudem werde die Commerzbank nun in der Lage sein, in der Rezession weiter ausreichend Kredite zu vergeben. Dennoch überrascht er auf die Frage, ob er die Dresdner rückblickend noch einmal kaufen würde mit der Aussage: "Ich weiß es nicht genau."
Anmerkung: Geballte Fachkompetenz! In die Politik mit dem Mann!
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Allmählich stellt sich die Systemfrage

Tagesspiegel - Banker müsste man sein. Dann ginge man einfach einkaufen und wenn man merkt, dass das Geld für den prall gefüllten Warenkorb nicht reicht, lässt man beim Staat anschreiben. Da der Staat nichts außer unserem Geld hat, zahlen wir alle mit 18,2 Milliarden Euro, dass die Commerzbank, die nur noch vier Milliarden Euro wert ist, sich die Dresdner Bank leisten kann. Sollte ich dasselbe bei meinem nächsten Aldi-Einkauf versuchen, würde ich des Geschäfts verwiesen und, wenn ich Pech habe, der Polizei übergeben. Aber leider haben meine paar fehlenden Kröten keine das System stabilisierende Wirkung. Und deshalb gilt für mich wie für die meisten von uns die Alltagsvernunft, für Commerzbankchef Martin Blessing der Irrsinn des globalisierten Kapitalismus.
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