Von Stefan Sasse
Seit Peer Steinbrück Kanzlerkandidat der SPD ist, häufen sich Berichte über Unsauberkeiten aus seiner Vergangenheit. Die bekannte Geschichte seiner Nebeneinkommensmillion mit Vorträgen und Interviews gehört dazu, sein Spendenaufruf für ein Schachturnier ist ein weiteres. Und er ist nicht der Einzige; noch immer fasziniert Wulff so sehr, dass sein Spendenaufruf für ein irgendetwas nicht originär bundespräsidentiales (schon wieder vergessen was) es in die Spalten der Nachrichten schafft. Nun ist Korruption von Amtsträgern in einem Land, das sich immer noch beharrlich weigert ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung einzuführen oder die UNO-Konvention gegen Korruption zu unterschreiben nicht gerade auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber bitte, können wir vielleicht nicht übertreiben? Es gibt Korruption, die ein Problem ist, und es gibt kleine Vorteilnahmen, die einfach normal sind und auch keinen Schaden ausüben. Sich mit letzteren zu beschäftigen ist groteske Zeitverschwendung und lenkt von wichtigen Dingen, besonders ersteren. Als Steinbrück noch ein Hinterbänkler war, gerade frisch aus der Bundesregierung geflogen, in der seine vornehmste Aufgabe das Verhindern einer ordentlichen Finanzregilierung war, machte er massiv Geld mit Vorträgen bei eben diesen Finanzdienstleistern. Das interessierte damals außer Lobbycontrol und der Blogosphäre kaum jemanden, obwohl die Frage, wer um Gottes Willen höhere fünfstellige Beträge für einen Vortrag von Peer Steinbrück ausgibt, durchaus im Raume hätte stehen können.
Dazu kam es aber nicht, vielleicht, weil man damals andere große Geschichten hatte. Jetzt, wo Peer Steinbrück Kanzlerkandidat ist, sind solche Vorwürfe natürlich wieder sexy. Das soll kein Vorwurf dagegen sein, das zu thematisieren, denn spät ist besser als nie. Ärgerlich ist nur, dass es schon wieder um die Höhe der Einkommen als solches geht, weil man als Linker aus irgendeinem Grund kein Geld haben darf - und nicht um den Gestank, den die Arbeitgeber Steinbrücks ausströhmen. Dasselbe haben wir auch bei Gerhard Schröder und Wolfgang Clement. Beide haben sich so offensichtlich bestechen lassen, dass alles, was fehlt ein Versuch des Absetzens von der Steuer ist. Bei beiden interessiert es in den Medien niemand. Dabei haben sie das große Summen dabei bewegt und die internationale Politik gleich mit (Schröder) und das Land fundamental verändert (Clement). Trotzdem: Schweigen. Stattdessen dürfen wir uns die zehnte Bobbycar-Geschichte von Wulff anhören.
Der absolute Höhepunkt diesen Unfugs stellt der Vorwurf an Steinbrück dar, sein Spendenaufruf für ein Schachturnier in Funktion des Finanzministers und unter Nutzung des Ministeriums stelle ein Vergehen gegen die politische Hygiene des Amtes dar. Technisch gesehen darf Steinbrück tatsächlich sein Amt nicht benutzen, um Werbung für private Ereignisse zu machen. Aber mal ernsthaft, ein Schachturnier?! Der Mann spielt gerne Schach. Vermutlich kennt er ein paar Leute dort. Erlitt die Republik Schaden, weil er auf dem Briefkopf "Finanzminister" stehen hatte, um dem Spendenaufruf etwas mehr Nachdruck zu verleihen? Wollen wir wirklich eine derart überwachte Welt für Politiker schaffen, in der die nicht einmal ein bisschen für Hobby werben dürfen, während wir andererseits die großen Sachen durchgehen lassen, weil sie zu kompliziert sind oder zu große Interessen berühren? Das kann doch wohl nicht der Ernst sein. Lasst den Kerl sein Schachturnier promoten, und lasst Wulff sein Bobbycar annehmen. Verfolgen wir mit unserer Zeit und Energie lieber die Dinge, die es sich zu verfolgen lohnt. Und da finden wir auch bei Steinbrück Interessanteres als Schach.
"Beide haben sich so offensichtlich bestechen lassen, dass alles, was fehlt ein Versuch des Absetzens von der Steuer ist."
AntwortenLöschenAlso ganz sicher werden deren Gehälter als Betriebsausgaben gewinnmindernd steuerlich geltend gemacht!
" wer um Gottes Willen höhere fünfstellige Beträge für einen Vortrag von Peer Steinbrück ausgibt" - das ist in der Tat die Frage.
AntwortenLöschenEr habe den Banken dort nichts anderes gesagt als jetzt, alle Vorträge wären öffentlich und jetzt noch einsehbar, sagte Gabriel im Fernsehen. Hat das schon jemand nachgeprüft?
Wer sich über einen fünfstelligen Betrag für einen Vortragenden aufregt, kennt die Tarife nicht. Das ist kein Vergehen, nur sollte man aus der eigenen Ahnungslosigkeit keinen Aufreger machen. Für Bill Clinton wurde kurz nach Ende seiner Amtszeit bis zu 1 Million US-$ gezahlt und für einen bekannten Unternehmensberater wie Reinhard K. Sprenger zahlt man eben auch fünfstellige Beträge. Dafür erhält man zeitweise eine gute Show und einiges Nachdenkenswertes. Genau dafür engagiert man schließlich einen Vortragenden. Liebe Linke, die Honorare für Steinbrück sind absolut üblich auch außerhalb des politischen Zirkus, abseits von jedem Geruch, damit Einfluss kaufen zu wollen.
AntwortenLöschenLeider macht sich auch Stefan Sasse eine Wortwahl zu eigen, die einfach unflätig ist. Bei Bankangestellten und Bankmanagern paschal von "Gestank ausströmen" zu schreiben, ist unter jedem Niveau. Vielleicht einfach mal in ein Messi-Haus gehen, um zu wissen, mit was der Autor vergleicht.
Steinbrück, das ist ja schon vielfach überliefert, hat den Bankern dabei nicht nach dem Mund geredet (das kann der Hanseat auch gar nicht), er hat einfach seine Eloquenz versilbert. Das ist nullkommanull ehrenrührig.
Wie war das eigentlich mit der Fußballweltmeisterschaft 2006? Als über die Vergabe im Jahre 2000 befunden wurde, hatte sich die Bundesregierung tatkräftig eingeschaltet, Bundesunternehmen agierten als Sponsoren. Es läuft nunmal so, dass sportliche Ereignisse von der politischen Spitze eines Landes mitpromotet werden müssen, sollen sie im Land veranstaltet werden. Auch eine Schachweltmeisterschaft ist ein Tunier, das in Deutschland stattfinden darf.
Auch wenn andere noch mehr bekommen, bleibt die Frage: Warum?
LöschenBei einem Unternehmensberater kann man ja mit viel guten Willen noch relevante Informationen vermuten, aber bei einem abgehalfterten Politiker?
Gut, bei Fußballern und Showmenschen sind die "Tarife" rational auch nicht erklärbar. Dort aber steht, wenn es gut läuft, ein Umsatz dahinter. Bei Politikern sind es mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kontakte die er noch hat.
Es geht also um Einfluss, Lobbyismus, nicht um das "Versilbern" von Eloquenz, sondern von politischen Einflussmöglichkeiten. Wofür sonst hätte Scharping seine "Honorare" damals verdient. Scharping und Eloquenz?
Nicht die Wortwahl von Stefan Sasse ist "unflätig", sondern das, was diese "Volksvertreter" tun.
Zugegeben, das war etwas polemisch. Mir geht es nicht um die Summe an sich; dass Spitzenleute so was kriegen, ist relativ normal, und in einer Welt, in der Balltreter Millionen bekommen können Finanzminister gerne Zehntausende haben. Das ist nur Recht und billig.
LöschenEs stinkt nicht, dass Steinbrück mit Vorträgen Geld verdient; er muss sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, dass neben der vielgerühmten hanseatischen Sprödigkeit (ich kanns schon nicht mehr hören) eventuell auch ein Dankeschön für seine Politik dahintersteckt. Kann, muss nicht. Deswegen ja auch mein Argument: gebt lieber Clement und Schröder eins auf die Birne, oder Merz, bei denen isses sonnenklar.
Hast mich überzeugt, ich stimme dem hier zu, mit Ausnahme des Fehlers Schach-WM: http://www.sueddeutsche.de/politik/nebeneinnahmen-des-spd-kanzlerkandidaten-es-braucht-keine-steinbrueck-klausel-1.1485303
LöschenIch halte es für völlig akzeptabel, dass Steinbrück Banken zu Spenden für ein Schachturnier drängt.
...es ist nun einmal so, dass dieses Land von korrupten Verbrechern regiert wird......dies wäre lediglich durch eine blutige Revolution zu ändern, aber dazu ist der Michel einfach mal zu träge...
AntwortenLöschenAls wenn das wichtig wäre - Steinbrück und Kanzler...Ob Unfug oder nicht. Es steht fest, Steinbrück ist Bilderberger, sollte mich wundern, wenn der NICHT Kanzler werden würde...war bisher immer so.
AntwortenLöschenMan kann ganz einfach Stimmung gegen jemanden machen, ganz nach dem Motto: Gib ihnen dass, was sie wollen - danach wird sich er etwas Erhellendes passieren, wetten? Steinbrück wird Kanzler, nicht durchs Volk oder Wahlen, nö, durch die Beschlüsse der Nichtgewählten!
weil man als Linker aus irgendeinem Grund kein Geld haben darf - und nicht um den Gestank, den die Arbeitgeber Steinbrücks ausströhmen. Dasselbe haben wir auch bei Gerhard Schröder und Wolfgang Clement. Beide haben sich so offensichtlich bestechen lassen
AntwortenLöschenDu sagst es doch selbst: Geld macht bestechlich! Niemand sagt, dass Linke arm sein müssen, aber es gibt Dutzende Bespiele, wie Linke durch Geld korrumpiert wurden. Insofern sollte die Frage von Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit im Zusammenhang mit finanzieller Bestechlichkeit immer wieder gestellt werden.
@CitizenK / @Stefan Sasse
AntwortenLöschenEs geht nicht darum, dass andere mehr bekommen. Es gibt einen einen Markt für Vorträge, Unternehmen heuern solche meist an, zu diesen und diesen Anlässen. Reinhard K. Sprenger habe ich ein paar Mal gehört. Es geht in solchen Vorträgen nicht um die Lösung operativer Probleme. Nie. Dafür werden Berater engagiert, die direkt in das Unternehmen gehen und mit den Beschäftigten zusammenarbeiten. In Vorträgen geht es um rund eine Stunde gute Show mit ein paar tieferen Einsichten - die man gelten lässt oder nicht.
Also, bei Sprenger ging das so:
Was ist Ihnen wichtig im Leben? Dazu lasse ich die Beteiligten oft eine Liste erstellen, wo sich vorneweg die üblichen Verdächtigen Familie, Freunde, Hobbys befinden. Dann lasse ich eine zweite Liste erstellen: Womit verbringen Sie Ihre Zeit? Dort steht fast immer der Beruf, Mitarbeit in Gremien etc. Diese zweite Liste ist die Ehrliche.
Der Wert der Vorträge bemisst sich nach dem Unterhaltungswert und der Eloquenz des Kandidaten. Prominenz ist auch ein paar Silbertaler wert. Da spielt Steinbrück in einer anderen Liga wie die meisten Ex-Politiker. Von daher sind diese Vorträge absolut harmlos, sie begründen keine Abhängigkeit, dafür sind sie allein zu weit gestreut. Wie soll ein Ex-Finanzminister auch abhängig von einem Institut sein, wenn 90% seiner Aufträge von anderen kommen und er gegen sein Publikum in Maßen stänkert (übrigens auch ein Stilmittel von Rhethorik).
@ In Dubio
LöschenSteinbrück hat einen gewissen Unterhaltungswert. Kavallerie und so. Aber Scharping, Riester, Gerster und so weiter -eine "Show" für Manager, die sich wirklich gute Unterhaltung locker leisten können? Ich würde eher dafür zahlen, die nicht anhören zu müssen.
Leider wieder ausgewichen. So wird das nichts mit dem Liberal-sozialen Diskurs hier.
@CitizenK
AntwortenLöschenIch bezweifle, dass Scharping oder Gerster den Tarif von Steinbrück haben. Für einen geübten Profiredner muss ich schon einen 4-stelligen Betrag hinblättern. Und nebenbei: jeder hat Gelegenheit im Netz zu schauen, was Steinbrück auf solchen Veranstaltungen so von sich gegeben hat.
Absolute Zustimmung. Der Artikel bringt es auf den Punkt. Und man fasst sich über die Arbeitsweise unserer Medien an den Kopf... Wonach bestimmen die ihre Prioritäten der Berichterstattung?
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