Donnerstag, 9. Oktober 2008

Fundstücke 09.10.08, 20.14 Uhr

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Die Wacht am Rubikon
Spiegelfechter - Zum Glück haben die GröKaZ ihre absolute Macht durch Niederlagen der sogenannten Volksparteien bereits eingebüßt. Für eine Verfassungsänderung benötigen sie nicht nur die 2/3 Mehrheit des Bundestages, sondern auch die 2/3 Mehrheit des Bundesrates – dies wären 46 der insgesamt 69 Stimmen. Die Bundesländer, in denen die GröKaZ entweder alleine oder gemeinsam regieren, bringen es jedoch zusammen nur auf 41 Stimmen. Die Zustimmung mindestens eines Bundeslandes mit Regierungsbeteiligung einer Oppositionspartei wäre also nötig, um das Gesetz durch den Bundesrat zu bringen. Die GRÜNEN sind im Senat der Hansestädte Bremen und Hamburg vertreten, die zusammen sechs Stimmen im Bundesrat haben. Leitende Politiker der GRÜNEN haben aber eine Zustimmung zur Gesetzesänderung im Bundesrat bereits ausgeschlossen. Die vier Stimmen des Landes Berlin werden laut Äußerungen des SPD-Innensenators Körting sogar gegen die Gesetzesänderung stimmen. Auch in der SPD ist der Verfassungsbruch umstritten. Die Entscheidung liegt somit bei den Ländern, in denen die FDP mit an der Regierung beteiligt ist. Dies sind Baden-Württemberg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mit jeweils sechs Stimmen im Bundesrat. Die FDP-Vorsitzenden dieser Länder haben sich allerdings bereits öffentlich gegen eine Zustimmung ausgesprochen. Wenn keines der genannten Bundesländer umkippt, wird das Gesetz am Widerstand des Bundesrates scheitern und das ist gut so. Mit der Wahlschlappe in Bayern und der möglichen Rot-Rot-Grün Koalition in Hessen droht die Große Koalition sogar die einfache Mehrheit im Bundesrat zu verlieren. Dies ist ein Sieg der Demokratie. Es kommt zwar selten vor, dass LINKE, GRÜNE und FDP sich in einer Frage einig sind, aber gerade beim Thema Bürgerrechte eint diese Parteien doch mehr, als sie trennt. Auch unter diesem Gesichtspunkt kommt der Diskussion um eine Links-Tolerierung in Hessen eine besondere Rolle zu. Hessen wäre das entscheidende Mosaiksteinchen, um die gesetzgebende Mehrheit der Großen Koalition im Bundesrat zu torpedieren.
Anmerkung: Lesebefehl!
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"Konsum lenkt die Menschen ab"
SpOn - Der amerikanische Linksintellektuelle Noam Chomsky über die Krise des Kapitalismus, die Rhetorik Barack Obamas und die Rolle der Religion in der US-Politik.
Anmerkung: Lesebefehl!
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Amtshilfe per Schützenpanzer
Freitag - Neben verfassungsrechtlichen Bedenken sprechen auch praktische Erwägungen gegen dieses Vorhaben. Unverkennbar leistet es der Militarisierung der inneren Sicherheit Vorschub. Schleichend, Schritt für Schritt, droht das Militär das Zivile zu usurpieren. Statt einer dringend gebotenen "Verpolizeilichung" des Militärs kommt es zu einer fortschreitenden Militarisierung der Polizei. Tendenziell verdrängt wird die bislang geltende strikt zivile Logik des Polizeieinsatzes durch die Bedingungen, die ein militärischer Einsatz notgedrungen mit sich bringt. Dies ist vor allem deshalb ein Grund zur Sorge, weil der Gebrauch polizeilicher Gewalt ausnahmslos dem Prinzip der Verhältnismäßigkeitsprinzip unterliegt, während das Militär gemeinhin einen eigentümlichen Hang zu exzessiver Gewalt aufweist.
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Profite mit Krediten
jW - Weil Hedgefonds auf risikoreiche, exotische und gegen den Haupttrend gerichtete Anlagen setzen, sind sie als Anlagen für Witwen und Waisen nicht zugelassen. Versicherungen dürfen in Hedgefonds auch heute nur mit kleinen Quoten investieren. Diese Art Anlage ist also nicht für das breite Publikum gedacht, sondern richtet sich an Personen und Institutionen, die große Beträge übrig haben. Sie sind fast immer als geschlossene Fonds konzipiert. Es werden, anders als bei offenen Publikumsfonds, nach dem Einsammeln der Gelder keine weiteren Investments in den Fonds zugelassen. Wichtiger ist noch, daß das in den Fonds gesteckte Geld in der Regel auch für einen längeren Zeitraum festgelegt ist und nicht vorfristig wieder zurückgegeben werden kann. Die Regeln ermöglichen es den Hedgefonds-Managern, viel flexibler mit den ihnen anvertrauten Mitteln umzugehen. Sie treten am Kapitalmarkt wie Raubritter überraschend auf und verschwinden auch ebenso plötzlich.
Anmerkung: Sehr interessanter Hintergrundartikel.
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Wenn's ums Geld geht
FTD - Zocken war gestern, heute zählt Sicherheit. Die ersten Investmentbanker retten ihre Ersparnisse - ausgerechnet auf Konten der Sparkassen.
Anmerkung: Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.
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Die langen Schatten des Schwarzen Freitag
Freitag - Ohne aus der 1929 in den USA einsetzenden Finanzkrise, der eine Krise der realen Wirtschaft folgte, unmittelbare Schlüsse für die heutige (Noch-)Finanzkrise ziehen zu wollen, lässt sich aus Hoovers vergeblichen Bemühungen doch resümieren, dass staatliche Intervention in Form von Finanzspritzen an Banken und Unternehmen allein nicht ausreicht, die Krise zu bewältigen. Statt Hoovers Spontanhilfen waren es die Aufsicht und Kontrolle besonders betroffener Wirtschaftsbereiche und die mittelfristige Abkehr von der neoliberalen Wirtschaftspolitik, die Roosevelt den Erfolg brachten. "Wunder" im Sinne der Wiederherstellung der ökonomischen Prosperität, wie sie die USA in den neunziger Jahren erlebte, sind allerdings auch davon nicht zu erwarten.
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Bundesregierung glaubt noch an Markt
taz - Das schlimme Werkzeug aus der Folterkammer des Kommunismus erfreut sich neuerdings großer Beliebtheit. Viele Politiker, denen man es nie zugetraut hätte, können mittlerweile der Verstaatlichung von Banken etwas abgewinnen. Selbst EU-Kommissar Günter Verheugen, der einst der liberalen FDP angehörte, schließt diese Möglichkeit nicht mehr aus. In den USA, in Island und in Großbritannien haben die Regierungen bereits Banken sozialisiert.
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Domino mit Steinbrück
Freitag - Die gegenwärtige Krise bringt nicht nur Banken an den Rand des Einsturzes. Das finanzkapitalistische Beben rüttelt auch am wirtschaftsliberalen Glauben. Beherzt wird nach dem Staat gerufen, Regulierung und Kontrolle gehören zum neuen Standardrepertoire einer politischen Szene, deren Gebetsmühle eben noch in die Gegenrichtung lief. Das ist die gute Nachricht der Krise. Die schlechte: Die Politik stolpert den Ereignissen hinterher, kaum in der Lage, den Märkten tatsächlich Paroli zu bieten.
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Anlagetipps von Glos und Steinbrück
TP - Vor allem in Zeiten von Börsencrashs kann es hochinteressant sein, sich die Wirtschaftsteile der Zeitungen aus den letzten Wochen noch einmal durchzulesen. Zum Beispiel den Artikel "Blutige Anfänger" in der Wochenzeitung Die Zeit. Dort versammelten Christoph Hus und Olaf Wittrock mahnende Äußerungen von Politikern und Wirtschaftsführern, die betonten, wie wichtig der massenhafte Aktienkauf sei.
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Gedrängt und getrieben
Freitag - Der Tatbestand der Erpressung ist unübersehbar, erst betreiben die Banken ihre Geschäfte ohne staatliche Kontrolle, und wenn dann durch eine Mischung aus Missmanagement und Spekulation der Zusammenbruch droht, ist der Staat gefragt. Man hat den Eindruck, dass diejenigen, die so handeln, eines genau wissen: Wenn ihnen der Kollaps droht, müssen sie gerettet werden, weil sie strategisch einen derartigen Stellenwert besitzen.
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Die Tabubrüche der Retter
FTD - Mehr als ein Jahr dauert die Finanzkrise nun schon an, und sie wird immer heftiger. FTD.de gibt einen Überblick über die Kuriositäten der Krise.
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Schwarzer Montag, schwarzer Dienstag, ...
TP - Eine europäische Lösung lehnte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) weiter ab. "Wir wollen in Deutschland die Kontrolle und Zugriffsmöglichkeiten haben, wenn wir mit Haushaltsmitteln, also auch mit Steuergeldern, in einer Bürgschaftsposition stehen", stellte der Finanzminister klar. Dem pflichtete auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer Regierungserklärung bei. Sie betonte die Notwendigkeit eines gemeinsamen und kohärenten Vorgehens in der Europäischen Union. Doch mit dem Alleingang mit der Komplettgarantie für private Spareinlagen hatte sie den Mitgliedsländern erst am Sonntag massiv vor den Kopf gestoßen (Auch Europa versucht, seine Banken zu retten). In einem europäischen Binnenmarkt stelle sich in dieser Situation die Frage, wie nationale Aktionen mit europäischen zu verzahnen seien, sagte Merkel. "Darauf müssen wir uns in Europa verlassen können", sagte sie, nachdem sich Europa gerade auf die Deutschen nicht verlassen konnte.
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Nach der CSU verliert auch die CDU an Rückhalt
Heise - Das Wahldebakel in Bayern offenbarte nicht nur die Krise der CSU. Nach einer Forsa-Umfrage für den Stern und RTL bröckelt nun nach der SPD auch die CDU. Danach würden jetzt nur noch 33 Prozent der deutschen Wahlberechtigten CDU oder CSU wählen, 4 Prozent weniger als letzte Woche.
Die SPD kann einen Prozentpunkt gewinnen und liegt bei 27 Prozent. Gewinner sind die FDP, die mit jetzt 13 Prozent zwei Punkte mehr erzielen und zu der vor allem müde CDU-Wähler überwechseln, die Grünen kommen auf 9 Prozent (+1), die Linken halten sich bei 13 Prozent.

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"Der Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung!"
TP - "Marktwirtschaft ist aus sich selbst heraus sozial!" oder "Der Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung!", verkündet Merz und will damit den weiteren Abbau von Regulierungen und gesellschaftlicher Solidarität legitimieren und durch das Prinzip Hoffnung ersetzen, das den rational Handelnden durch den gläubigen Raffer ersetzt, der sich für die moralische Avantgarde hält. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, wer in der besten aller möglichen Welten des freien Kapitalismus keinen Erfolg hat, ist halt selbst schuld, darf aber nach den Kapitalismus-Priestern hoffen, dass es irgendwann schon anders werden wird, wenn man nur schön ruhig bleibt, keine Veränderung einklagt und die freie Marktwirtschaft nicht einschränkt. Man darf wohl annehmen, dass solche Erbauungsbücher nur für die eigene Klasse geschrieben werden. Die aber ruft nun nach dem Staat, um das Vertrauen herzustellen, das der wildgewordene Kapitalismus zerstört hat, und nach den staatlichen Geldern, die die Banken und das Finanzvermögen schützen sollen.
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SPD will aus Krise Kapital schlagen
FTD - Die SPD will die Finanzkrise zum Wahlkampfthema machen und damit die Gunst der Wähler zurückgewinnen. Der designierte Partei-Chef Franz Müntefering sieht in der Krise sogar die Chance für eine Renaissance der Sozialdemokratie.
Anmerkung: Und angesichts der Unterstützungskampagne der Medien dürfte das sogar gelingen. Zum Kotzen.
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Die Kunst des Schrumpfens
FTD - Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und Flexibilität sind in der Rezession wichtiger als panisches Sparen
Anmerkung: Warum kommen all diese vernünftigen Artikel erst jetzt? Warum?
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Die sicherste Versuchung
FTD - Der neueste Coup aus dem Hause Schäuble soll Sicherheit in jeden PC bringen: Die Bundes-E-Mail. Doch es gibt ein kleines Problem.
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Das Spiel ist aus
FR - Sie müssen alle 30 oder 50 global systemrelevanten Banken teilverstaatlichen. Die Banken werden, ob sie wollen oder nicht, mit Staatsknete rekapitalisiert. Sprich, der Staat führt den meist viel zu hoch verschuldeten Banken Eigenkapital zu und erhöht somit den Puffer. Im Gegenzug erhält er Vorzugsaktien und weitgehende Eingriffsrechte. Gleichzeitig garantieren die Staaten für beispielsweise ein halbes Jahr alle Verbindlichkeiten dieser Banken. Um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen, sollten Banken und Börsen für ein paar Tage geschlossen bleiben.
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"Alles, was schießt"
FR - Bundesjustizministerin Zypries verteidigt den Bundeswehreinsatz im Innern - und will nicht nachbessern.
Anmerkung: Zypries ist wieder einmal ein Paradefall für den Verfall der SPD.
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Sternzeichen Google
FR - Basti mag Emails nicht besonders. Sie sind ihm zu langsam, weil man immer so lange warten muss, bis sie beantwortet werden. Mit seinen Freunden tauscht sich der 17-Jährige nur über den Instant Messenger ICQ aus. Was für Mittdreißiger zum zentralen Kommunikationsmittel geworden ist, sehen Jugendliche längst als veraltet an: Schon 2005 hat eine Studie des "Pew Internet & American Life Project" ergeben, dass Jugendliche nur noch Emails schreiben, wenn sie mit Erwachsenen kommunizieren.
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"Seehofer wird eine kurze Laufzeit haben"
FR - Der linke Urbayer über den kommenden Ministerpräsidenten, seine Sympathie für den netten Verlierertypen Beckstein und warum er schon lange davon träumt, den Superreichen das Handwerk zu legen.
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