Donnerstag, 17. Januar 2008

Subventioniert, Abkassiert [Update]

In NRW herrscht Aufregung. Nokia hat verkündet, dass es das dortige Werk dichtmacht. 3300 Arbeitsplätze weg. So weit, so gewöhnlich der tollen globalisierten Wirtschaftswelt, die ständig in Politik und Klatschblättern bejubelt wird. Nokia war da eigentlich bisher immer ein Good guy, der freundliche Konzern aus dem Norden, so ein bisschen wie Ikea, nur mit Technik. Trotzdem sorgt das gerade für einen Riesenaufschrei. Warum? Die Ankündigung, wegen der "zehnmal niedrigeren" Lohnkosten nach Rumänien zu gehen (was für eine stupide Phantasiezahl) kann es nicht sein, das haben andere auch schon getan. Und dass die Lohnkosten bei Nokia einen winzigen Bruchteil der Kalkulation ausmachen hat man auch anderswo schon erlebt.
Nokia hat Subventionen erhalten. 60 Millionen Euro hat NRW ihnen bezahlt, damit sie ihr Werk bei ihnen aufstellen. Weitere 28 Millionen gab es als technische Fördermittel. Beides in den 12 Jahren seit 1995, macht pro Jahr 7,3 Millionen Euro, pro Mitarbeiter 22.000 Euro. Das ist mehr das doppelte eines Jahresgehalts über der aktuellen Armutsgrenze von 10.000 Euro pro Jahr, die dem Konzern in den Rachen geworden wurden. Nun ist die Frist abgelaufen, nach der NRW seine Fördermittel wegen Fehlverhaltens des Konzerns - wie etwa seine Zelte abzubrechen und nach Rumänien zu gehen, da der Konzern sich auf die Erhaltung der Arbeitsplätze langfristig verpflichtet hatte - zurückfordern konnte. Und quasi auf den Tag genau macht Nokia den Laden dicht. Zufall? Wohl kaum.
Der EU-Kommissionspräsident Barosso indessen fordert in schleimigen Worten, dass das Ganze positiv gesehen werden solle, schließlich könnten im Export wieder Arbeitsplätze in Deutschland entstehen. Das wird sicher ein Trost sein für die 3300. Diese sind zum Erhalt der Arbeitsplätze Nokia in den vergangenen 12 Jahren auch mehrfach entgegengekommen, beim Entgelt, bei den Arbeitszeiten, überall sind sie eingeknickt. Zum Dank tritt Nokia sie nun kräftig in den Allerwertesten. Sein Ruf ist Nokia dabei relativ egal.
Das Beispiel zeigt, wieder einmal, dass es vergebliche Liebesmühe ist, den Multis irgendwie entgegenzukommen. Sie werden betrügen, abkassieren, erpressen und lügen, und am Ende wird der ehemalige Angestellte genauso der Gelackmeierte sein wie der Ministerpräsident Rüttgers (CDU), der jetzt mit Müntefering'schem Vokabular Nokia als "Subventions-Heuschrecke" beschimpft. Es ist Zeit, dass aus all diesen Vorfällen endlich eine Konsequenz gezogen wird. Aber die steht nicht aus. Stattdessen wird immer über neue Steuergeschenke und Subventionen nachgedacht, um im "Wettbewerb" mit anderen EU-Staaten die Firmen anzulocken. Die sind dafür indessen viel zu clever und nehmen alle diese Geschenke mit, ohne die versprochene Gegenleistung zu erbringen.

Nachtrag: 33 Millionen Euro Subventionen zahlt Rumänien auch noch drauf. Wie genau, ist hier erklärt.

4 Kommentare:

  1. Nu fragt man sich natürlich woher der gute Ruf kommt. Von der beschissenen Technik kanns nicht sein.

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  2. Unternehmen lassen sich ja nicht an einem Standord fesseln.
    Aber weshalb man ihnen quasi noch die Umzugskosten plus Unterhalt spendiert um innerhalb der EU die Arbeiter und Staaten gegeneinander auszuspielen ist ein Rätsel.


    Aber so ist , es reicht nicht wenn ein Werk gut läuft und rentabel ist, es muss immer mehr sein. Mehr Rendite , mehr Gewinne, mehr Subventionen ...

    Komischerweise schreit hier aber kein INSM , kein Prof. Sinn, kein Prof. Oberender nach weniger Staat.

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  3. Rechnen müsste man können. Es sind 2200 Euro pro Arbeitsplatz und Jahr. Das kommt schon über die Lohnsteuer wieder rein. Dazu kommt noch die Gewerbesteuer, die sich auch kein Weltkonzern wegrechnen kann, die ist nämlich Umsatzabhängig. Was bleibt? Pure Polemik.

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  4. Rechnen müsste man können? Es wird mir doch keiner erzählen, dass jemand nicht rechnen kann (heutzutage, mit Taschenrechner!)! Das ist absichtlich so falsch dargestellt worden, um ordentlich auf Nokia einprügeln zu können! Dazu kommt, dass unterschlagen wird, dass Nokia den Standort schon 1987 von der tiefverschuldeten Standard Elektrik Lorenz (bis 1961 Graetz) gekauft, also den Standort 20 Jahre weitergeführt hat!

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