Samstag, 28. Juni 2008

Israel und die Linken

Die Beziehung zwischen der deutschen Linken und Israel ist eine komplizierte wie zwiespältige Sache. Auf der einen Seite steht man aufgrund der großen Distanz zur nationalsozialistischen Vergangenheit den Juden an und für sich freundlich gegenüber und müsste für sämtliche ihnen zugute kommenden Handlungen Unterstützung offerieren. Gleichzeitig jedoch geriert sich der Staat Israel auf eine Art und Weise, die eine Unterstützung schwierig macht – zuzüglich weiter, historisch verankerter Probleme.

Zuerst möchte ich auf letzte eingehen. Zeit seiner Gründung war Israel ein enger Verbündeter der USA (und umgekehrt), weswegen es sich zwangsläufig nach der Logik des Kalten Krieges in Antagonie zur Sowjetunion begab. Dieser Logik folgend, wurden die arabischen Staaten zu Verbündeten der Sowjetunion – trotz der starken Differenzen, die ein solches Bündnis eigentlich unmöglich machten (der ausgeprägte Atheismus des Sowjetsystems beispielsweise, der ja auch im Afghanistankrieg Niederschlag fand). Der Nahe Osten gehörte zur inneren Peripherie des Kalten Krieges, und entsprechend wurden auch die Interessen in der Region wahrgenommen.

Kehren wir zurück zum Ausgang des Zweiten Weltkriegs. Während sich die deutsche Linke als im Großen und Ganzen „sauber“ präsentieren konnte – wurde sie doch unter dem Nationalsozialismus ebenso verfolgt wie die Juden - , hatten insbesondere die konservativen Kräfte (und in eingeschränktem Maße die damals noch nationalliberal geprägte FDP) starke Kontinuitäten zur NS-Zeit aufzuweisen, waren eher revanchistisch angelegt und integrierten NSDAP-Mitglieder großzügig in ihren Reihen (was hier auch nicht verurteilt werden soll; vermutlich war dieser Schritt absolut notwendig). In der generellen „Don’t mention the war“-Stimmung, die damals herrschte, war ein Engagement für Israel eher unwahrscheinlich, allein schon wegen der faktischen Schuldanerkennung und der Möglichkeit von Reparationen. Aus Gründen der Logik des Kalten Krieges engagierten sich auch die Linken nicht übermäßig für den neuen jüdischen Staat, dem „Zionismus“ und „Imperialismus“ vorgeworfen wurden.

Später gelang es den Konservativen dann, sich die Unterstützung für Israel auf die Fahnen zu schreiben – ein Coup, der Deutschlands Ansehen in der Welt deutlich erhöhte und die oppositionelle wie sowjetbeeinflusste Linke in eine fast automatische Gegnerschaft brachte.

Soweit der historische Exkurs. Welche Konsequenzen aber hat das heute? Zum einen wird immer wieder der Vorwurf erhoben, unter den Linken herrsche ein „linker Antisemitismus“, der sich in einer generalisierten und pauschalisierten Kritik an Israel manifestiere; die Linken erkannten mithin das Existenzrecht Israels – ein Eckpfeiler deutscher Außenpolitik – nicht an. Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen und unter Berücksichtung der oben aufgeführten historischen Prämissen auch nicht unnachvollziehbar.

Hier liegt jedoch auch gleichzeitig ein Problem. Zwar bekennt sich beispielsweise die LINKE reflexhaft zum Existenzrecht Israels und der deutschen Schuld, ist jedoch in Fragen der Israelpolitik noch immer janusköpfig. Zu gerne verfällt man in alte Muster und kritisiert den „Imperialismus“ Israels. Dies stellt eine beständige Achillesferse der deutschen Linken dar, die von ihren Gegnern auch gerne ausgenutzt wird. Es bedarf hier einer eindeutigeren Positionierung. Ich behaupte nicht, dass Israel kritikunwürdig wäre. Tatsächlich finde ich gute Teile seiner Politik extrem verwerflich, sei es das äußerst aggressive Vorgehen gegen die Palästinenser und den Libanon, sei es die Diskriminierung von Homosexuellen oder Pazifisten oder der starke Einfluss der Orthodoxen auf die Gesetzgebung. Allerdings braucht es auch ein klares Bekenntnis zum Existenzrecht Israels, das über ein entsprechendes Lippenbekenntnis hinausgeht. Deutschland hat eine besondere Verantwortung gegenüber Israel, und es ist selbstverständlich falsch, dies mit blinder Gefolgschaft und kritklosem Abnicken gleichzusetzen. Aber bisweilen würde man sich klarere Täne für Israel und gegen den arabischen Terrorismus wünschen, als das bisher der Fall ist. Die Araber sind keine Heiligen, und viel von ihrer aktuellen Situation ist ihnen selbst geschuldet.

2 Kommentare:

  1. Naja, ich habe damals nicht gelebt, aber Jutta Ditfurth schreibt in ihrer Meinhof-Biografie das die deutschen Linken bis zum Sechs-Tage-Krieg auf der Seite Israels standen. Dies taten sie sehr fest, aber sehr naiv und uninformiert - da war die Kritik an der Sowjetunion stärker damals.

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  2. Achja, meine Empfehlung als Lesestoff zum Thema Nahost-Konflikt:
    http://www.countercurrents.org/chazelle230608.htm

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